Pilotprojekt: Lebensmittel per Drohne
Wingcopter und die Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) haben am 5.10.2023 den Startschuss für das Projekt „DroLEx – Drohnen-Lastenrad-Express-Belieferung“ gegeben. Unter dem Namen „LieferMichel“ ermöglicht das Pilotprojekt Bewohnerinnen und Bewohnern entlegener Ortsteile im hessischen Michelstadt, Gebrauchsgüter und Lebensmittel per Drohne und Lastenrad schnell und emissionsfrei nach Hause liefern zu lassen. Mit den Drohnenlieferungen soll die Nahversorgung in der Region nachhaltig verbessert werden.
Das Projekt wird vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) im Rahmen der Förderrichtlinie „Innovative Luftmobilität“ in Höhe von insgesamt rund 430.000 Euro gefördert.
Zu Beginn werden die zwei außerhalb Michelstadts liegenden Ortsteile Rehbach und Würzberg angeflogen. Bewohner*innen dieser Ortsteile können über die Website www.liefermichel.de Güter des täglichen Bedarfs wie haltbare Milch, Eier, Obst und Gemüse, Konserven und viele weitere ungekühlte Produkte bestellen und sich diese zu einem Wunschtermin nach Hause liefern lassen.
Die Bestellungen werden per Wingcopter an feste Landepunkte am Rande der Ortschaften geflogen, von wo aus sie per E-Lastenrad bis zu den Endkundinnen und -kunden gefahren werden. Zur Auswahl steht anfangs ein breites Produktangebot des örtlichen REWE-Markts. Weitere lokale Einzelhändler sollen im Verlauf des Projekts zur Plattform hinzugefügt werden.
Wissenschaftlich begleitet wird das Pilotprojekt durch die Frankfurt UAS, die den Dienst aus wirtschaftlicher und ökologischer Sicht evaluiert. Die Frankfurt UAS übernimmt auch die Lastenradfahrten. Sie besitzt eine tiefe Expertise im Bereich der Logistik auf der letzten Meile mit Lastenrädern und elektrischen Kleinfahrzeugen (LEV – light electric vehicles).
Neben der Stadt Michelstadt und REWE konnten Vodafone sowie Riese & Müller als assoziierte Projektpartner gewonnen werden. Das Mobilfunkunternehmen Vodafone stellt die nötige Mobilfunk-Infrastruktur zur Verfügung, damit die Wingcopter-Drohnen auf dem gesamten Flug eine sichere und stabile Verbindung zur Bodenstation haben. Die eingesetzten Lastenräder werden vom ebenfalls im Odenwald ansässigen E-Bike-Pionier Riese & Müller produziert und bereitgestellt.
In den betreffenden Ortsteilen haben in den vergangenen Jahren viele lokale Händler ihre Geschäfte geschlossen, sodass die Anwohner*innen gezwungen sind, zum Einkaufen nach Michelstadt oder in andere Orte zu fahren – teils deutlich über zehn Kilometer pro Strecke. Insbesondere für kleinere Besorgungen bis vier Kilogramm können LieferMichel-Nutzer*innen nun das Auto stehen lassen. Ein weiterer Vorteil: Der Flug mit den rein elektrischen Lieferdrohnen ist auch umweltschonender als die Fahrt per Pkw.
Basierend auf den Erfahrungen in Michelstadt soll ein nachhaltiges und beliebig skalierbares Geschäftsmodell entwickelt werden, um auch in anderen ländlichen Regionen Deutschlands die Nahversorgung durch eine schnelle, ökologisch sinnvolle und zuverlässige Auslieferung von Gütern des täglichen Bedarfs per Drohne zu verbessern. Denn obwohl in den letzten Jahren auf dem Land viele kleinere Geschäfte verschwunden sind, haben sich Lebensmittellieferdienste, die Bestellungen innerhalb weniger Minuten ausliefern, bislang auf urbane Räume beschränkt. Hier sehen die Projektpartner enormes Potenzial.
Das Förderprojekt läuft vorerst bis Ende 2023 und soll bei Erfolg fortgeführt werden.
Lebensmittel per Drohne: Was ich denke
Grundsätzlich ist dies ein sinnvolles Projekt, um ganz praktisch zu lernen, wie alternative Auslieferungsstrukturen funktionieren, welche Probleme auftreten und wie man diese beheben kann. Genau diese Erfahrungswerte lassen sich, zumindest bis heute, nicht verlässlich am grünen Tisch durchspielen. Und genau für solche innovativen Pilotprojekte sind Fördermittel gut eingesetzt.
Und doch will sich bei mir in Bezug auf das beliebig skalierbare Geschäftsmodell (noch) keine Begeisterung einstellen. Jedenfalls nicht in absehbarer Zeit in Deutschland. Ich selbst lebe und arbeite auf dem platten Land im westlichen Schleswig-Holstein. Mein nächstgelegener Rewe-Markt ist 13 Kilometer entfernt. Ohne Auto ist man hier aufgeschmissen, denn Supermärkte oder kleine Einzelhandelsunternehmen haben sich aus den meisten Dörfern schon lange verabschiedet.
Gäbe es eine Möglichkeit, mir ohne kräftigen Aufschlag, Lebensmittel nach Hause liefern zu lassen, würde ich es gern nutzen. Doch es gibt Gründe dafür, dass es solch ein Angebot in unserem 500-Seelen-Dorf nicht gibt. Es rechnet sich schlicht nicht. Die Wege sind zu lang und die Menschen hier gehören überwiegend nicht zu den innovativsten. Neues auszuprobieren und bei Gefallen regelmäßig zu nutzen, fällt vielen schwer. Und so wartet ein Anbieter auf die notwendige Skalierung recht lang, wenn sie überhaupt jemals eintritt.
Andererseits werden durch die Überalterung gerade hier im ländlichen Raum die Probleme nicht kleiner. Wie sollen ältere Menschen noch einen Supermarkt, einen Laden oder eine Apotheke erreichen, wenn sie keine Angehörigen haben, die sie hinbringen oder für sie einkaufen? Zukünftig muss der Handel zu den Menschen kommen und hier schließt sich der Kreis zu meinen ersten Ausführungen: Es ist wichtig, dass wir neue Konzepte testen, nicht nur für die Lieferung von Lebensmitteln und nicht nur für die Lieferung per Drohne.
Beitragsbild: Am 5. Oktober 2023 gaben die Projektbeteiligten den Startschuss für das Projekt DroLEx im hessischen Michelstadt, (C) Thomas Fedra
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