Standortfunktion am Smartphone: Wasch mich, aber mach mich nicht nass
In der digitalen Welt ist insbesondere uns Deutschen oftmals eine gewisse Ambivalenz eigen. Einerseits möchten wir bequeme und sinnvolle Services nutzen, andererseits möchten wir aber von unseren Daten so wenig wie möglich preisgeben. Da werden Dienste wie Googlemail oder Facebook fleissig genutzt, wenn es aber um die Erhebung unserer Daten von diesen Anbietern geht, reagieren wir empfindlich und zögern, die Standortfunktion einzuschalten. Doch es ist nun einmal so: „There is no lunch for free!“
Auch bei Location Based Services ist dieses Paradox sichtbar. Viele Nutzer stimmen zu, dass die Berücksichtigung des Orts mobile Services verbessern hilft. Doch sind diese Nutzer ebenso vorsichtig, wenn es darum geht, die Erfassung des Aufenthaltsorts durch das Smartphone zuzulassen.
Für den stationären Handel, der seine Kunden direkt am POS über ihre Smartphones erreichen will oder auch schon bevor sie den Laden betreten, ist die Kenntnis des Standorts ein wichtiges Kriterium für personalisierte und ortsbezogene Angebote. Ohne die Standortfunktion geht nicht viel.
Der LBS-Anbieter Skyhook Wireless hat eine Umfrage unter 1.000 US-amerikanischen Smartphone-Nutzern durchgeführt. Hierbei stimmten 83 Prozent der Befragten zu, dass der Standort existentiell für bestimmte Services oder Apps ist. Und doch hatten mehr als die Hälfte aller Nutzer von Wetter- oder Navigations-Apps ihre Standortfunktion abgeschaltet.
40 Prozent der Befragten gaben an, ihren Standort nur zögerlich oder gar nicht sichtbar zu schalten. 20 Prozent haben die Standort-Funktion sogar komplett abgeschaltet.
Warum teilen diese Nutzer nicht ihren Standort?
- 50 Prozent gaben als Hauptgrund den Schutz ihrer Privatsphäre an
- 23 Prozent sagten, sie würden den Mehrwert nicht erkennen können
- 19 Prozent sahen die Belastung des Akkus als Problem an
Warum schalten Nutzer die Standortfunktion aus?
- 63 Prozent wollen ihren Akku schonen
- 45 Prozent möchten ihre Privatsphäre schützen
- 20 Prozent wollen keine Werbung erhalten
Die Nutzer sind also sehr anspruchsvoll, wenn es um die Herausgabe ihrer Standort-Daten geht. Sie erwarten einen echten Mehrwert:
- 49 Prozent erwarten, dass der Standort korrekt ermittelt wird, doch nur drei Prozent würden eine App löschen, die hier ungenau arbeitet
- 47 Prozent wollen Standort bezogene Inhalte in den genutzten Apps
- 46 Prozent möchten relevante Angebote oder Coupons erhalten
- 34 Prozent wünschen sich eine personalisierte Kommunikation
Es ist nicht leicht, einmal verlorene Nutzer zurückzugewinnen. Daher ist es wichtig, schon bei der Installation und ersten Nutzung die First Time User Experience (FTUX) so gut wie möglich zu gestalten. Ein simples „Die App möchte Ihren Standort verwenden“ schreckt eher ab, wenn nicht klar ist, wofür genau die App diese Daten braucht.
Besser ist es, nach dem Einverständnis für die Nutzung der Standortdaten erst zu fragen, wenn sie auch tatsächlich benötigt werden und der Nutzer nachvollziehen kann, dass er für diesen (verbesserten) Service nun seinen Standort teilen muss.
Nutzer reaktivieren
Hat man Nutzer, die die Standortfunktion abgeschaltet haben, kann man versuchen, diese zum Einschalten zu bewegen. Hierfür segmentiert man die Nutzer in „location=on“ und „location=off“ und kann nun jeweils passende Nachrichten aussenden. Um die Nutzer des Segments „location=off“ zum Einschalten zu bewegen, muss man klar kommunizieren, was der Mehrwert für den Nutzer ist, wenn er die Funktion einschaltet.
Die Kampagne sollte nicht nur innerhalb der App gefahren werden. Auch über andere Kanäle kann dieser Mehrwert für den Nutzer kommuniziert werden: Newsletter, Webseite, Call Center, (papierhafte) Mailings etc. Und fügt man noch eine kurze Erläuterung bei, wie genau das Einschalten vorgenommen werden kann, sollte sich ein Erfolg der Kampagne einstellen.
Entscheidend ist, dass man den Nutzern einen nachvollziehbaren und attraktiven Grund bietet, der die gefühlten Nachteile (siehe obige Studienergebnisse) aufwiegt.
Der Artikel erschien zuerst auf mobile zeitgeist.
Liebe Heike,
ich will Deinem Artikel nicht widersprechen, aber ich finde, er ist unzureichend.
Die Zahlen sind interessant. Ich glaube aber, dass das Ergebnis sehr relativ ist. da der Fragensteller und die Fragen selbst nicht zu einer wirklichen Erkenntnis gereichen.
Das Thema Vertrauen spielt in unserer Gesellschaft auch im digitalen Bereich eine große Rolle. Wenn die amerikanischen Googles, Apples und Konsorten und kleine unbekannte Startups die Verantwortung für unsere sensiblen Daten haben sollen, dann habe ich große Zweifel, dass Vertrauen aufgebaut wird.
Das Problem ist nur, dass sich die, die eigentlich Herrscher über lokale Informationen sein sollten, im Tiefschlaf befinden.
Denn unsere Kommunen und Gemeinden, die Länder und der Bund müssten hier eigentlich voranschreiten und ihr ureigensten Aufgabe nachkommen, die Bürger zu schützen, indem sie sich dazwischenschalten. Da sie es nicht tun, überlassen sie den „Großen“ das Feld, die andere Interessen an den Daten der Nutzer haben.
Die Behörden erfüllen hier eindeutig nicht ihre Aufgabe.
Kommen wir zum Thema Kommunikation. Einer der großen Fehler bei LBS-Apps ist, dass sich die Veröffentlicher zu wenig Gedanken über das Marketing der jeweiligen App machen.
Wenn meine App kritische Bereiche bedient, dann muss ich damit ganz offensiv umgehen. Schon in der Konzeptphase muss ich einen Plan haben, wie ich dem Nutzer den Grund für das Aktivieren der Ortung plausibel mache.
Hier spielt der Datenschutz eine sehr große Rolle und auch der Mehrwert. Man sieht ja an den Zahlen, dass die Nutzer hier ein Problem haben. Warum lässt man das Thema Datenschutz beim Marketing der Apps völlig raus, wenn es doch so wichtig ist? Proaktives Handeln ist hier gefragt. Macht es richtig und sprecht darüber, schafft Vertrauen! Das ist ja kein Hexenwerk. Natürlich muss auch der Veröffentlicher der App Vertrauen bilden!
Und ich bin mir sehr sicher, dass deutliche Mehrwerte auch zu einer höheren Bereitschaft zur Aktivierung der Ortung führt. Aber das Auswerten der Daten für den Händler, um bessere Angebote zu unterbreiten, ist kein offensichtlicher Mehrwert. Da kommt bei mir sofort der Gedanke hoch, ach der will wissen, was ich kaufe, um mich dann mit dauernden Angeboten zu nerven. Nein, so funktioniert das nicht. Das ist zu kurz gedacht.
Leider muss ich feststellen, dass es unsagbar schwierig ist, bei den Handelnden das richtige Verständnis zu entwickeln.
Wir haben bei einem Projekt für das Land Berlin drei Monate mit diversen Datenschutzbeauftragten und Rechtsanwälten an der Datenschutzerklärung gesessen, um eine App wirklich sicher zu gestalten. Im Marketing wird darüber nicht gesprochen. Kein Wunder, dass da kein Vertrauen entsteht.
Ich könnte noch viel mehr dazu schreiben…!
Martin
Lieber Martin,
Du hast völlig recht. Danke für Deine Ergänzungen. Wir kennen uns ja schon lange und Du weißt, dass ich immer dafür kämpfe, die Kunden und nicht die unternehmenseigenen Anliegen in den Mittelpunkt zu stellen. Dazu gehört auch Transparenz über das unternehmerische Handeln, nicht nur beim Datenschutz, aber da eben auch. Es ist ein so umfassendes Thema, dass ich mit dieser Beschreibung einer Studie dazu nicht erschöpfend darstellen kann. Wenn Du magst, Du bist für Fachartikel bei uns immer willkommen. ;-)