Retail Technologie Trends in den USA – Wir berichten aus New York
Die National Retail Federation Big Show in New York, auch kurz NRF 2020 genannt, ist DIE Konferenz und Messe für Handelstechnologien in Amerika. Hier trifft sich die Handelswelt, um sich über die neuesten Trends zu informieren, zugleich testen Anbieter die Akzeptanz ihrer Neuentwicklungen. Ich war zusammen mit Stephan Tromp, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland, dort vor Ort. Unser Fazit
Zuerst beginnt das Buzzword Bingo
Natürlich nutzt hier jedes Produkt AI Technologie, die richtig Guten sogar “Advanced AI”, es wird auf eine eigene Blockchain zugegriffen und selbstverständlich ist man “Ready for Quantum Computing”.
Ein gutes IT Verständnis ist hilfreich, um die richtigen Fragen stellen zu können und den wirklichen Kern der Lösungen zu beurteilen. So können die Werbeaussagen der Anbieter richtig interpretiert werden.
Unter Anwendung dieser Erkenntnis haben sich folgende Trends herauskristallisiert:
Computer Vision setzt sich durch
In den vergangenen Jahre wurden viele Lösungen gezeigt, die zur Verbesserung der Instore-Performance wie z.B. Out of Shelf Detection, Laufweganalyse oder Planogramm-Konformität eingesetzt wurden. Zur Generierung der notwendigen Informationen wurden verschiedene Technologien wie z.B. 3-D Sensorik, RFID oder digitale Regal-Pusher eingesetzt. Das führte oft zu einer entsprechenden Komplexität bei der Zusammenführung der Daten aus den verschieden strukturierten Quellen. Mittlerweile hat sich daher die digitale Bilderkennung durchgesetzt: Neue leistungsfähige Algorithmen nutzen die vorhandene Kamera Infrastruktur und können durch einfache IoT Kamera Module erweitert werden. Viele Informationen über den Store lassen sich aus einem System heraus generieren, die Perspektiven für weitere Anwendungsmöglichkeiten sind groß.
Die NRF 2020 macht die Welt zum Sensor
Viele Store-Einbauten werden durch Anreicherung mit IoT Funktionen intelligent: Elektronische Preisetiketten und Beleuchtung können sehen, Regalböden lernen fühlen. Eine besondere Innovation war im Bereich der Funktechnik zu beobachten: Ein neuer Bluetooth Funkchip, der seine Energie aus den bestehenden umliegenden Funknetzen bezieht. Dadurch sendet er permanent. Zudem können die Signale von einem handelsüblichen Smartphone empfangen werden. Eine Technologie mit großen Chancen für die Zukunft, auch wenn sie mit zusätzlicher Sensorik versehen wird.
Retail Analytics und künstliche Intelligenz (KI)
In diesem Jahr war erkennbar, dass Retail Analytics einen neuen Stellenwert gewonnen hat. Die Möglichkeit aus einem stationären Format die gleichen Erkenntnisse gewinnen zu können wie aus einem Onlineshop ist ein großer Hebel zur Verbesserung der Flächenrentabilität. Durch die bereits erwähnte verbesserte Sensorik und vor allem durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz werden komplett neue Erkenntnisse generiert. Die bereits bekannten Storemanager-Dashboards generieren nun wesentlich bessere Informationen, zugleich liefert die KI Handlungsempfehlungen für die verantwortlichen Entscheider. Bevorstehende Kassenschlangen und Out-of-Shelf Zustände oder drohende Überbestände im Frischebereich werden frühzeitig erkannt.
Ein vollkommen neuer Trend war bei der Generierung von Bildern für Onlineshops zu beobachten: Eine KI generiert lebensechte Bilder von Modellen in entsprechenden Kleidung, die nicht mehr als künstlich identifiziert werden können. So erübrigt sich das aufwändige Fotografieren im Studio mit entsprechender Kosteneinsparung.
Auch die verschiedenen Derivate der kassenlosen Stores a la Amazon go trafen auf großes Interesse, da diese Lösungen große Kosteneinsparungen versprechen.
Technologie trifft Erlebnis
In den vergangenen Shows stand oft mehr die Technologie als der Mensch im Mittelpunkt. Das war jetzt erstmalig anders: Die Anbieter haben den Shopper entdeckt. Intel hatte ausschließlich Anwendungen auf dem Stand, die auf das Thema Shopper Experience einzahlen. Auch Cisco hatte eine komplett analoge und digitale Shopper Journey am Beispiel des Weinkaufs in den Mittelpunkt gestellt. Von der Kundenaktivierung über die Lieferung bis zur Kundenbindung wurde gezeigt, wie Technik dabei Unterstützen kann. Was aber noch fehlt: Lösungen, welche die Stärke des stationären Handels durch multisensorische Ansprache der Shopper ausspielen.
Was war auf der NRF 2020 nicht zu sehen?
Mit großen Raketen Technologien haben sich die Aussteller diesmal zurückgehalten. Der Grund liegt auf der Hand: Auf Grund der Krise im Amerikanischen Handel fahren die Händler eher “auf Sicht” und suchen Lösungen mit kurzfristig einsetzendem Nutzen. Robotik oder intelligente Einkaufswagen waren daher die Ausnahme, denn bisher fehlen dafür auch valide Piloten.
Stephan Tromp hat übrigens das Innovation Lab dort in diesem Bericht noch einmal zusammengefasst.
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