Relevant Retail Podcast Folge 53: Erfolgreich Gründen im Handel
Gründen im Bereich Handel scheint sehr in Mode gekommen zu sein, allerdings sieht man viele Gründungen nicht im Kerngeschäft, sondern eher im Bereich der Technologie. Wir haben uns mit Simona Libner zusammengesetzt und ihre Geschichte im Interview festgehalten.
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Unsere Gesprächspartnerin zeigt auf, wie man mit Ideenreichtum, Esprit und Digitalisierung das Thema Gründen im Handel erfolgreich angehen kann.
Shownotes
Interview Simona Libner
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Termine:
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Die Wertschöpfungskette des Handels
Das Interview mit Simona Libner
Frank Rehme: Heute im Podcast, Simona Libner. Hallo Simona, grüß dich.
Simona Libner: Hey, Frank, grüß dich.
Frank Rehme: Ja, Simona, warum habe ich dich eingeladen? Ich fand unheimlich wichtig, dich mal hier im Podcast zu haben, nämlich aus folgendem Grund. Eigentlich dürfte es dich mit deinem Laden ja gar nicht mehr geben, wenn man den Unkenrufen der Medien momentan hört, dass Handel ja eh keine Zukunft mehr hat, stationärer Handel. Und du hast eigentlich selbst gegründet, aber bevor wir damit anfangen mit der Story, erzähl mal, wer bist du überhaupt? Was hast du so bis jetzt gemacht? Und wann bist du so in den Handel eingestiegen?
Simona Libner: Ja, mein Leben war ein bisschen holprig, ich wollte schon immer was anderes machen, wollte schon immer was mit Sprache machen. Ich wollte schon immer ins Radio, irgendwie sprechen, hatte keine wirklich guten Talente, würde ich so sagen. Und dann kam ich in den öffentlichen Dienst und fühlte mich da ziemlich verloren und einsam. Nach dem zweiten Kind bin ich fast Amok gelaufen, mir war langweilig. Mein Mann war in der Mode, der war auf allen Partys, war in Berlin, beschäftigte sich mit schönen Dingen. Und da habe ich gesagt: Ich drehe hier durch, ich kann jetzt hier nicht nur zu Hause bleiben.
Frank Rehme: Aber du ja jetzt nicht die klassische Ehefrau, die von ihrem Mann eine Boutique geschenkt kriegt, damit sie was zu tun hat.
Simona Libner: Auf gar keinen Fall.
Frank Rehme: So habe ich dich auch nicht kennengelernt.
Simona Libner: Es fing dann auch so ganz langsam an, dass ich so mit in den Showroom eingestiegen bin, die Leute mitberaten hatte und immer mehr Lust auf Klamotten bekommen habe.
Frank Rehme: Also ganz klar, für viele aus der Außensicht krumme Biografie, ist ja immer die, die Veränderung in verschiedene Branchen reinbringt. Ich meine, wenn ich mal zurückschaue, ich habe vor 42 Jahren in 1.000 Meter Tiefe im Bergwerk gearbeitet und heute mache ich auch ganz andere Dinge. Und insofern ist das immer eine gute Geschichte, wenn man mit anderen Erfahrungen auf einmal in eine Branche reinkommt, die da in der Branche eigentlich noch nie existiert haben, diese Erfahrungen. So, dein Mann, der Daniel, der war ja schon lange in der Mode unterwegs auch, und der hat, ja, ich sage mal, viel Erfahrung mitgebracht und der war mit Sicherheit auch guter Begleiter in der Zeit, oder?
Simona Libner: Er war auch sehr fordernd. Also es war ja so, wie sind wir überhaupt an unseren Laden gekommen? Das war ja ein reiner Glücksgriff. Wir wollten eigentlich auch nie einen Laden.
Frank Rehme: Der Laden ist in?
Simona Libner: In Meerbusch Lang.
Frank Rehme: Ja, genau.
Simona Libner: Da sind jetzt seit zwei Jahren hier im September.
Frank Rehme: Genau und für unsere Hörer, der Laden heißt?
Simona Libner: Fräulein, Mode und Wohnen.
Frank Rehme: So, ich frage jetzt mal, der Name Fräulein, also in der heutigen Zeit, der Emanzipationszeit, ist ja das Wort Fräulein das größte Unwort, was man irgendwo mit Frauen verbinden könnte?
Simona Libner: Genau
Frank Rehme: Aber du hast das bewusst gewählt. Wie kam das?
Simona Libner: Nein, ich habe es überhaupt auch wieder nicht gewählt, und zwar hat mein Mann gesagt: Ich habe so eine kleine Frau, das ist mein Fräulein.
Frank Rehme: Ah, okay, ja, genau.
Simona Libner: Das ist meiner Größe geschuldet.
Frank Rehme: Wir haben jetzt hier kein keine Optik dabei, also wir haben kein Video.
Simona Libner: Noch nicht.
Frank Rehme: Noch nicht, genau. Und kurz für die Hörer jetzt, deine Größe ist jetzt nicht ein 1,90 Meter, sagen wir mal so.
Simona Libner: Nein, ich bin so groß wie Madonna und Kylie Minogue, sage ich immer.
Frank Rehme: Ach so?
Simona Libner: Ja, die sind 1,50 und ich bin 1,50.
Frank Rehme: Okay, alles klar, dann wissen wir es jetzt, so. Und ihr habt in Meerbusch, habt ihr dann den ersten Laden aufgemacht.
Simona Libner: Ja genau. Also es war auch wirklich so eine Nacht- und Nebelaktion. 1.000 Sachen strömten auf uns ein, weil, es gibt da einen wunderschönen Platz, der Platz in ganz Meerbusch, in Meerbusch Lang und der war schon vergeben. Der war an einen Einzelhändler vergeben, der das schon im Familienbesitz hatte, sodass es aussichtslos war, diesen Laden zu bekommen. Und zack, war der zu vermieten. Und stell dir vor, der, der uns den vermietet hatte, der hatte uns zuvor auch das Haus vermietet. So kannten wir den schon und der kannte uns.
Frank Rehme: Ah, war praktisch ein Stück B, Vitamin B mit dabei gewesen?
Simona Libner: Nein, es war ein Stück Glück auch.
Frank Rehme: Ah, okay.
Simona Libner: Und der Vermieter, das ist ja auch ganz oft mit Sympathie, die waren so froh, dass da, ja, wenn mal zwei Doofe kommen, die sagen: Ja, wir machen das. wir hatten eine Wochen Bedenkzeit. Mein Mann guckte mich an, sagte mir tief in die Augen: Was meinst du, machen wir das? Was sollte ich denn sagen, ich hatte keine Ahnung. Ich habe gesagt: Ja, wir machen das. Was soll denn schon passieren?
Frank Rehme: Eben, genau, wie Asterix Chef immer sagte: Das Einzige, was uns passieren kann ist, dass uns der Himmel auf den Kopf fällt.
Simona Libner: Genau.
Frank Rehme: Aber ein wichtiger Punkt an der Stelle ist ja auch, Meerbusch, muss man jetzt auch gleich mit dazu sagen, hohe Kaufkraft, weil, gehört mit zum Speckgürtel von Düsseldorf. Sehr hohe Millionärsdichtete da auch, insofern war das schon eine gute Entscheidung. Und da sind wir wieder bei dem Thema, was ist wichtig im Handel? Lage, Lage, Lage.
Simona Libner: So, jetzt muss ich aber noch mal was dazu sagen, wir sind hier auch die gewesen, die nicht ganz auf die Lage, natürlich ist der Platz super, super schön, der sitzt aber in Meerbusch Lang und nicht in Meerbusch Büderich.
Frank Rehme: Ah, okay.
Simona Libner: Ja, da sprechen wir von dieser hohen Kaufkraft, von diesen ganz, ganz fulminanten Häusern. Und dort, wo wir sind, war es oder ist es relativ dörflich und relativ klein. Und ich bin abgenabelt von dem gesamten Einkaufszentrum, praktisch ausgelagert Richtung Kirche, da, wo die ganze Gastronomie ist. Ich bin da weit und breit alleine. Und alle haben schon gesagt: Was willst du denn da? Das geht niemals.
Frank Rehme: Aber Frage mal, Parkplätze hast du doch direkt in der Nähe auch?
Simona Libner: Parkplätze sind da, also Laden ist gut besucht.
Frank Rehme: Also gut, okay, das ist ja schon mal ein wichtiger Faktor, der ist ja für die Lage auch eine ganz wichtige Geschichte. So und jetzt kommt ja Folgendes, du bist dann losgelaufen und hast dir einen gesucht, der dir den Laden einrichtet?
Simona Libner: Ja, mein Freund.
Frank Rehme: Genau und da bist du an den, für Düsseldorfer wohl bekannten, Hung Bui geraten. Hung Bui ist ein vietnamesischer Trödelhändler oder wie kann man das Ganze nennen?
Simona Libner: Ja, also den habe ich tatsächlich auf dem Flohmarkt kennengelernt, und habe ihn sowieso damals mit meiner Freundin zusammengebracht, und da hatte ich eh eine ganz enge Beziehung zu Hung. Ja, das ist schon ewig mein Freund. Und wie wir jetzt eigentlich auch darauf gekommen sind, dass er es macht, weiß ich gar nicht, aber wir mögen die Art und Weise. Wir mögen den Stil, wir mögen das Shabby Chic, wir mögen seine kreative Art.
Frank Rehme: Der hat also, für die Hörer nochmal, der hat hier in Düsseldorf viele Boutiquen und auch Gastronomien eingerichtet, alles so im Shabby-Chic-Stil. Auch unser (unv.) #00:06:23-2# hier, unser Creativ Lab, hatte er seine Hand mit reingesteckt und trägt seine Handschrift. Und er hat einen Stil, der ist jenseits von dem, was klassische Ladenbauer heutzutage können. Wenn man über so einen Euroshop geht, wird man nichts finden, was auch annähernd nur da an ihn erinnert beziehungsweise auch ran reichen kann. So, der hat da einen Laden gemacht, der hat Kirchenbänke an die Wand gehängt und solche Geschichten alle und als Warenträger dann umgebaut und solche Sachen.
Simona Libner: Wirklich gut. Aber das hat mein Mann wirklich Haare gekostet. Weil, er kommt natürlich vom klassischen Handel, vom klassischen Ladenbau. Mein Mann kann das alles. Er berechnet die Ware. Was muss wie in einem Laden rein? Wie viel Stangen, Quadratmeter brauchst du? Was für eine Länge? Wie muss das präsentiert sein, Frontal-Präsentation? Und dann musst du das dem Künstler sagen. Und das war dann nicht immer, am Anfang zumindest, nicht immer so einfach.
Frank Rehme: Nee, ich kenne das ja auch: Ich habe ja auch mit ihm hier zusammengearbeitet hier. Ich sage: Mach mal einen Plan.
Simona Libner: Es gibt keinen Plan.
Frank Rehme: Der hätte mich fast ermordet. Den Plan entwickeln wir beim Bauen.
Simona Libner: Ja, genau.
Frank Rehme: Aber, man kann sich darauf verlassen, da kommt wirklich was Tolles bei raus.
Simona Libner: Am Ende wird alles gut.
Frank Rehme: So und jetzt bist du ja losgelaufen, hast dann den Laden aufgemacht. Und dann habe ich etwas entdeckt, in einer Frequenz und in einer, ja, schon fast, kann man sagen, in einer Kontinuität, dass du Social Media bespielst, ja, im klassischen Satz, bis der Arzt kommt. Also welche Kanäle bespielst du da ganz besonders?
Simona Libner: Ich würde das gar nicht so sagen. A) Wie gesagt, macht es mir auch Spaß und ich habe auch relativ vor kurzem erst damit angefangen. Also ich bin wirklich nicht solange firm da drin und ich muss mich auch wirklich jedes Mal noch mal weiterbilden oder noch mehr machen, aber wir bespielen das jetzt schon seit circa anderthalb Jahren und sind dann auf Instagram und Facebook.
Frank Rehme: Wie hast du denn deine Kunden vorher auch aktiviert? Einfach nur durch Dasein oder hast du andere Werbung benutzt?
Simona Libner: Ja, vor der Datenschutzbestimmung, haben wir natürlich ganz viel über WhatsApp gemacht. Da haben wir die alle informiert, was wir da machen und welche Aktionen wir machen, welches Late-Night-Shopping wir machen.
Frank Rehme: Die Kunden haben dir praktisch ihre Daten gegeben, ihre Telefonnummer und du bist dann losgelaufen und hast das ganze Thema dann … Okay. Mhm (bejahend).
Simona Libner: Genau. Wir haben schöne Flyer entwickelt oder schöne Einladungen gemacht und haben gesagt: Heute ist wieder Heimat-Shoppen-Aktion oder Late-Night-Shoppen. Wir machen ja immer relativ viel.
Frank Rehme: Und ihr seid also auch losgelaufen und habt praktisch dieses One-to-One-Marketing, dass der Kunde sich wirklich als Teil einer Fräulein-Community fühlt, praktisch dann so weitergebracht. Dafür sind ja so WhatsApp-Gruppen ja letztendlich auch da.
Simona Libner: Ja. Ja, ja, aber jetzt, wie gesagt, da sind wir auch jetzt leider noch nicht ganz so weit, das könnten wir auch noch mal ausbauen, dass wir das wieder mehr aktivieren. Aber wir merken jetzt, dass dieser Instagram-Account, auch mit dem Facebook gekoppelt ist, es so eine Reichweite hat, gerade wenn wir Videos bespielen. Also wenn wir auch Videos machen, dass das so gut ankommt, das hätte ich auch selber gar nicht gedacht. Und das ist einfach schön.
Frank Rehme: Wie heißt dein Insta-Account?
Simona Libner: fraeuleinmodeundwohnen.
Frank Rehme: fraeuleinmodeundwohnen zusammengeschrieben, alles in einem?
Simona Libner: Ja, alles in einem und ae, ne, mit umlauten und alles klein, und ja.
Frank Rehme: Also kann ich jetzt für die Händler, die jetzt zuhören, kann ich mal sagen, geht mal auf diesen Instagram-Account und guckt euch mal an, wie man erfolgreich Social-Media-Marketing macht. Ist wirklich sehr gut. Jeden Tag findet man dort Einträge, und die Kontinuität bringt ja das, was die Leute begeistert letztendlich, erst mal A) vorne in der Timeline bei den Followern zu sein, auch durch die Kontinuität, aber auch dann dafür sorgt, dass die Leute auch in den Laden kommen. Machst du denn sonst noch irgendwelche Werbung, klassisch, in Anzeigenblättern, die so wöchentlich rausgegeben werden oder solche Dinge alle oder sparst du dir die ganze Sache?
Simona Libner: Ja, wir haben uns jetzt, sage ich mal, nochmal überreden lassen, bei Edeka in Meerbusch Büderich eine Werbung zu schalten. Es läuft aber relativ semigut, finde ich. Jetzt habe ich wieder gesehen, dass er den neuen Einspieler nicht drauf gemacht hat. Also, das würden wir jetzt nicht nochmal machen, würden uns jetzt nicht mehr so sehr, zwei Jahre an sowas binden. Und wir haben festgestellt, dass so Zeitungsinserate gar nicht so persönlich und auch nicht das aussagen, was wir in so einer kleinen Video-Botschaft, sage ich mal, sagen können. Weil, ich möchte ja auch Emotionen zeigen. Und ja, du siehst einfach auch die Strahlkraft der Farben, du siehst den Artikel, und das kannst du mit so schwarzweiß gedruckten Buchstaben einfach gar nicht so gut erreichen.
Frank Rehme: So, jetzt hast du ja 2 Jahre später, hast du ja dann …
Simona Libner: 3 Jahre.
Frank Rehme: 3 Jahre später hast du den 2. Laden aufgemacht. Auch irgendwo, nicht in einer großen Stadt, sondern?
Simona Libner: Ja, da ist mein Mann auch wieder losgetapert und hat ein wunderschönes Haus entdeckt in Kempen.
Frank Rehme: Auch hohe Kaufkraft, Kempen.
Simona Libner: Ja. Kempen hatte uns fasziniert, wir waren da zu Sankt Martin und haben gesehen, was das für eine schnuckelige Stadt ist, mega. Super Gastronomie, altes Gefache, also so, wie du dir so eine Stadt nochmal richtig gut vorstellen kannst.
Frank Rehme: Kempen ist ja auch so ein bisschen so im Mittelzentrum.
Simona Libner: Total schön.
Frank Rehme: Rings rum ist da gar nichts, so, da sind nur kleine Dörfer und man fährt da nach Kempen in die Stadt.
Simona Libner: Ganz genau. Das ist auch ein Riesenvorteil von Kempen. Dann haben wir wirklich auch einen wahnsinnig feinen Vermieter da kennengelernt. Der besuchte uns dann aber auch erst mal in Meerbusch und guckte sich das Ganze so an, ob das alles so in Ordnung ist für ihn. Und dann sagte er: Sie will ich haben. Der hatte wirklich einige, die den Laden haben wollten und er sagte: Nee, ich möchte aber Sie.
Frank Rehme: Ja, leuchtet ja ein. So und jetzt in 3 Wochen machst du den 3. Laden auf, ne?
Simona Libner: Ja und zwar, Ich bin ja gebürtige Ratingerin und jetzt machen wir wirklich direkt am Marktplatz in Ratingen …
Frank Rehme: 500 Meter von hier entfernt übrigens.
Simona Libner: Ja, vom Frank (unv. #00:12:41-2#), ja, machen wir neben dem Cafe Perfecto, dass ich auch persönlich wirklich ganz, ganz bezaubernd finde, das ganze Konzept, direkt daneben machen wir jetzt unseren größten Laden auf.
Frank Rehme: So, und da sind wir jetzt bei so einem Punkt, ihr habt euren 1. Laden aufgemacht zu einer Zeit, als eigentlich jeder gesagt: Lass es sein. Gerade im Fashion- Bereich, wo Zalando und alle großen auf einmal hochkamen, macht es keinen Sinn mehr, neu zu gründen mit Fashion. So, und genau da seid ihr losgelaufen. Und ihr seid erfolgreich und ihr wachst. Woran liegt das? Wenn du jetzt sagen würdest, wenn dich ein Händler fragt: Sag mir mal, warum seid ihr so erfolgreich? Warum expandiert Ihr in Zeiten, wo alle anderen eher zumachen?
Simona Libner: Ja, also ich finde, dass wir sehr ausgesucht aussuchen, sehr vielfältig, weil, wir sind ja Multi-Concept-Store mit Wohnaccessoires. Ich bin die typische Frau, ich liebe alles, ich brauche auch alles, ja. Also ich kann jeden Schnickschnack gebrauchen.
Frank Rehme: Das geht mir aber auch genauso, ich bin nur keine Frau.
Simona Libner: Ja, okay. Und versuche auch, möglichst viel Schnickschnack auch im Laden zu haben, aber ausgesuchten Schnickschnack. Bei mir kommen jetzt hier keine Marienkäfer und keine Clowns dahin, ich will das auch nicht werten, sondern das ist schon … ich habe zwar gelernt, dass es nicht immer alles nach meinem Gusto geht, aber das bin schon stark ich, die einkauft. Und dann versuche ich natürlich auch so einzukaufen, dass ich in Outfits denke. Auch schon beim Ordern denke ich in Outfits. Ich kaufe die Gürtel dazu ein, ich habe wahnsinnig tolle Lieferanten. Und wir kaufen so ein, dass es auch bezahlbar. Also du kriegst bei mir eine Riesentüte für wirklich ganz angemessenes Geld. Die Leute wollen keine 400 Euro mehr für eine Bluse ausgeben, die meisten zumindest. Und ich glaube, das ist auch noch ein Teil unseres Konzeptes, dass wir sagen, weil das ist ein Lebensgefühl, sich schön zu kleiden. Je nachdem, wie du drauf bist, wie es dir geht, welchen Schmuck du anlegst, wie auch immer. So, wir wollen dich ein Stückweit begeistert mit dem, was wir haben.
Frank Rehme: Jetzt ist ja ein wichtiger Punkt, den du natürlich nicht sagen kannst, aber ich sagen kann als Außenstehender, ein ganz wichtiger Punkt ist natürlich auch deine Leidenschaft, wie du dieses Business auch verfolgst. Und mein Spruch ist ja immer, wenn du als Händler keine Leidenschaft für dein Format hast, wird der Kunde das schon gar nicht entwickeln. Also du musst wirklich mit Bewusstsein und mit Freude in deinen Laden reingehen. So, und jetzt sind wir ja bei so einem Punkt, das reicht ja nicht aus, aber ihr seid ja auch kaufmännisch sehr gut aufgestellt. Ihr arbeitet zusammen mit Warenwirtschaftssystemen, seid digitalisiert in dem Bereich. Kassensysteme natürlich auch nach den neuesten Gesichtspunkten. Die eigenen Daten zu haben, ist ja extrem wichtig. Und ihr bietet ja auch für Kundinnen an, wenn ein Artikel nicht da ist, und das muss ich mal kurz erklären für unsere Hörer, die vielleicht die Lösung noch nicht kennen, dass ihr direkt für den Kunden ordern könnt und die Sachen dann auch zu ihm nach Hause geschickt werden. Wie funktioniert die ganze Sache?
Simona Libner: Einmal gibt es ja natürlich die Möglichkeit, jetzt über die Läden ein Austauschverfahren. Über dieses Warenwirtschaftssystem kann ich in der Bestandselektion sehen, ah, das habe ich in Kempen, das habe ich, dies und das. Dann versuchen wir die Ware von A nach B nach C zu bringen und dann dem Kunden möglichst schnellstmöglich, so wie es immer möglich ist, in die Filiale zu liefern. Dann gibt es aber auch noch die Möglichkeit, dass der Kunde direkt per Kreditkarte bei uns bezahlt und wir dem das nach Hause schicken. Und dann wird es ja auch in Zukunft so sein mit der neuen Marke, die wir in Ratingen kriegen, das es dort direkt ein Tool gibt, dass die Marke dann sagt: Okay, ist das Teil nicht vorhanden in deiner Größe, die schöne Bluse in 40 vielleicht ausverkauft, dann haben wir die vielleicht noch im Bestand und schicken sie direkt zu den Kunden oder eben in die Filiale, wie gewünscht.
Frank Rehme: Also so ein richtiger Lieferant dann dafür.
Simona Libner: Der eine Lieferant, ja.
Frank Rehme: Naja, aber ist ja schon mal eine gute Geschichte, vielleicht wir dieses Konzept ja mal von anderen dann auch mal kopiert, das wäre ein wichtiger Punkt. Aber genau da sind wir ja bei so seinem Thema, wo ich auch gerne mit dir darüber sprechen will, das Thema Digitalisierung. Jetzt gehörst du ja, genauso wenig wie ich, zu den digital Natives, sondern wir müssen uns die Sachen ja auch immer wieder neu selbst beibringen. Du hast aber auch eine Neugier für solche Sachen, das ist für dich jetzt kein Buch mit sieben Siegeln, sondern der fuchst dich da auch rein in solche Themen, oder?
Simona Libner: Ja, aber ich bin da ganz ehrlich, so als mein Mann mich immer mehr so in die Warenwirtschaft gedrängt hatte und am Anfang habe ich gedacht, Hilfe, was ist das denn alles? Wie viel 1.000 Funktionen, wie geht das? Ich wollte das auch nicht, ich bin ganz ehrlich. Heute kann ich eigentlich schon eine Schulung abgeben. Weil hinterher, es hilft einfach nichts und es ist so gut damit zu arbeiten, letztendlich, ja und auch so sicherer ist man und so schnell. Und du kannst die Sachen per EDI einspielen, und dass mir das praktisch gerade so Spaß macht. Und das ist, ich sage immer meinen Mitarbeitern: Habt keine Scheu davor.
Frank Rehme: Das ist jetzt ein ganz wichtiger Punkt, der mich interessiert, da will ich jetzt nochmal nachbohren. Du hattest gesagt, dass du Berührungsängste mit diesem Thema hattest, und da nicht ran wolltest.
Simona Libner: Total. Wirklich nicht.
Frank Rehme: Wie hast du das überwunden? Weil, da am Mikrofon, an den Lautsprechern draußen hängen ganz viele Händler, die jetzt überlegen, Mensch, Warenwirtschaft, soll ich das überhaupt einführen? Aus meiner Sicht bleibt einem heutzutage gar nichts anderes übrig, aber die genau die gleiche Angst haben. Was ist so eine Message, die du denen geben kannst? Warum sollen die das machen? Was ist hinterher besser?
Simona Libner: Du bist viel genauer und viel effektiver. Du kannst viel besser nachbestellen. Du kannst viel mehr die Größen analysieren. Ich weiß zum Beispiel, wenn ich jetzt Gürtel nachbestelle oder auch Hosen, die Größen verändern sich, wir haben ja keine Größen mehr, wo du sagst: In S, ist eine typische S, sondern je nach Händler weißt du ganz genau, jetzt auch beim Einkauf, ich kann viel gezielter einkaufen. Ich sehe in einer Auswertung, okay, die Größe 28 in der Hosenweite, die ist bei uns top, dagegen ist vielleicht eine 25 weniger gefragt. Also das kommt immer drauf an. Und so bestelle ich Gürtel, so machen wir auch Nachbestellungen. Weil das ist auch ein Riesen-Erfolgskonzept, dass mein Mann wirklich jeden Montag sich die Zahlen anguckt, die Zahlen auswertet und Bestseller-Management führt. Und dieses Bestseller-Management, natürlich jetzt in so einem kleinen Ort wie Meerbusch, da wollen die jetzt nicht 20-mal dieselbe Bluse haben. Mittlerweile haben wir so eine Reichweite dort entwickelt, Gott sei Dank, vielen Dank, und da ist es einfach auch ganz wichtig, dass so NOS-Produkte oder so besonders schöne Sachen, dass die dann einfach verfügbar sind. Und das ist der Vorteil von der Warenwirtschaft. Und es macht mich jetzt auch sicherer. Ich habe natürlich auch erst mal viel nachgefragt und ich bin da auch ein bisschen vor die Pumpe gelaufen. Die sind nicht immer freundlich da am Telefon, die dir das sagen.
Frank Rehme: Der Support?
Simona Libner: Der Support ist null freundlich, aber da haben sie auch nicht mit mir gerechnet. Ich bin da ganz hartnäckig und sage: Ich weiß das nicht, ich bin neu und ich möchte, dass Sie mir das erklären. Und ich bin ja auch so lieb und schreibe mir alles auf und versuche, diese Wege dann nochmal zu gehen. Und ich habe auch keine Angst mehr davor, weil eigentlich, wenn du einen Fehler machst in der Warenwirtschaft, kannst du es eigentlich auf direkt wieder korrigieren. Und somit sage ich auch zu meinen Mitarbeitern, ich lasse nicht alle direkt sofort dran, also eigentlich ist es was für den Kopf, es ist was für mich. Weil du verkaufst nicht nur, du bist auch mit vielen anderen Dingen jetzt beschäftigt. Und es ist so viel besser auch am Ende des Jahres für die Inventur, du hast so eine gute Auswertung. Wie ist es gelaufen? Wie ist das Jahr? Wie sind die Ergebnisse? Ich habe sogar Vorjahrsvergleiche.
Frank Rehme: Möchtest du nochmal einen Laden haben ohne Warenwirtschaft?
Simona Libner: Auf gar keinen Fall. Das geht jetzt auch gar nicht mehr bei uns. Also alleine so die Sicherheit. Guck mal, stell dir vor, du hast deine, wie auch immer, es wurde nicht nachgefüllt, ich kann in der Bestandsselektion, scanne ich das Etikett ein und der sagt mir ganz genau, was noch da ist. Natürlich liegt das vielleicht dann noch auf der (unv. #00:21:15-1# Puppe?) das hat man übersehen oder ist schon reserviert. Aber alleine das, auch diese Größenschlüssel, was noch da ist oder in welcher Filiale was da ist, ich finde, ich kann meinen Service unheimlich gut ausbauen. Ich finde, ich kann meinen Kunden auch gerechter werden.
Frank Rehme: Ja und das ist der wichtigste Punkt, den Kunden im Mittelpunkt zu haben, durch diese digitale Unterstützung. Jetzt ist aber ein wichtiger Punkt auch gerade der Fashion-Bereich und gerade bei so kleineren Formaten, ist ja Personal ein wichtiger Punkt.
Simona Libner: Wahnsinn, ja.
Frank Rehme: Also Personal, die müssen ja deinen Spirit haben, die müssen deinen Spirit selbst einatmen und dann auch weiter verbreiten an die anderen. Ist das ein großes Problem, das passende Personal zu kriegen?
Simona Libner: Ja, schon ein Problem. Also ich kann jetzt schon wieder auf Holz klopfen, ich habe wirklich tolles, tolles Personal. Aber ich habe jetzt auch wieder jemand Neues angestellt und das erste, was ich zu dem gesagt habe, oder zu ihr: Du brauchst einen Schnabel. Ich brauche keinen Eckensteher, der hinten im Laden steht, hinter der Kasse sich nur verkrümelt und ganz leise flüstert, was möchten Sie haben? Nee, ich brauche jemand, der auch begeistert. Mich mag nicht vielleicht besonders jeder, wenn er reinkommt, weil er vielleicht erst mal überfordert ist, aber wenn er das dritte Mal da ist und weiß, dass ich ganz ehrlich bin, dass ich dem genau sage, was ihm steht und was nicht, und dass er genau weiß, wenn er kommt, dann habe ich genau seine Größe und auch seinen Style im Blick. Und dann kommt der ganz gerne. Ist vielleicht am Anfang erst mal, huch, so viel Esprit oder so viel Energie sind die ja fast gar nicht immer gewöhnt. Da kommt man so reingetrottet und dann spreche ich die auch schon mal wieder recht laut an. Aber ich finde es wichtig, guten Morgen zu sagen, zusammen Kaffee zu trinken. Ich finde es wichtig, mich interessieren meine Kunden auch.
Frank Rehme: Ja, also man muss schon Menschen lieben, wenn man im Handel Geld verdienen will. Hat ja schon Sigmar Gabriel mal gesagt, wer verkaufen will, muss lächeln.
Simona Libner: Stimmt, und das macht auch nicht jeder Verkäufer. Also, ich sage immer: Sei doch ein bisschen wie ich. Die müssen ja nicht ihr ganzes Leben lang so sein, aber einfach so in dem Moment, wo ich eine Mitarbeiterin in meinem Laden stehen habe, ist sie auch ein Stückweit wie ich. Verstehst du, was ich meine?
Frank Rehme: Klar. Sie ist deine Botschafterin.
Simona Libner: Sie ist meine Botschafterin.
Frank Rehme: Und ich sage ja immer, habe ich schon oft auch darüber geschrieben, die zwei schlimmsten Sätze, die im Handel am meisten benutzt werden ist, Nummer eins, kann ich Ihnen helfen? Und Nummer zwei, Sie kommen zurecht? So, das sind zwei Dinge, die im limbischen System der Menschen, also neurowissenschaftlich jetzt betrachtet, vollkommene Abwehr erzeugen. Denn wer gibt schon gerne zu, dass er hilflos ist oder dass er im Leben nicht zurechtkommt. Und dieses Aktivieren von Menschen, in dem man die praktisch, ja, ich sage mal, denen das Signal gibt, dass man sich für sie interessiert und nicht nur für ihr Portemonnaie, das ist mit das wichtigste. Ja, Simona, jetzt kommen wir mal zum Abschluss. Meine Güte, wir sind schon 25 Minuten dran, kommt mir gar nicht so lange vor. Ein Tipp an der Stelle für Händler, die uns zuhören, was sind so die zwei, drei wichtigsten Dinge, auf die man achten muss, damit man auch so ein Wachstum hat, wie du hast?
Simona Libner: Tatsächlich finde ich, ist das auch die Ansprache im Laden, muss ich dir ganz ehrlich sagen. Also ich finde, dass meine Mitarbeiter einen ganz, ganz Riesenteil von dem Erfolgskonzept sind, wirklich. Und dann ist es natürlich auch unsere Kompetenz in dieser Art des Gesamtpaketes der Digitalisierung, Warenwirtschaftssystem, ob die Nähe zum Kunden über Instagram, über Facebook, dieser gesamte Social-Media-Bereich. Und dann versuchen wir natürlich, eine gewisse Atmosphäre in unserem Laden zu schaffen.
Frank Rehme: Ja, der Ladenbau, ne, ja, genau.
Simona Libner: Aber auch durch das Sortiment. Also du kriegst bei mir auch Geschenke ab 4,95. Und ich möchte auch, dass jeder kommt und guckt. Ich bin auch ein Gucker. Weißt du, ich möchte auch gern, wenn die Leute kommen und sagen: Darf ich mich mal umschauen? Sage ich: Ja, dafür stehe ich jeden Tag auf, damit ihr vorbeikommt und guckt. Weil, das ist einfach nett. Weißt du, ich möchte ja auch mal nur mal durch den Laden schlendern, das ist ja ganz normal. Und das ist einfach, wenn du eine schöne Atmosphäre. Weißt du, ich muss mich auch abgrenzen von Amazon oder so. Bei mir soll es ja Atmosphäre geben und ich möchte gerne, dass du eine gewisse Verweildauer bei mir hast. Deswegen versuchen wir alles, damit es schön ist.
Frank Rehme: Ja, so viel Message nach draußen, gründen lohnt sich, wenn man es richtig macht, wird man auch erfolgreich. Danke, Simona.
Simona Libner: Ich danke, lieber Frank.
Frank Rehme: Okay, gut. Wir werden aber noch einige Folgen machen, glaube ich, zu Schwerpunktthemen. Ich werde dich auch mal mit Video im Laden besuchen.
Simona Libner: Da freue ich mich, ich bin dabei.
Frank Rehme: Okay, bis dann.
Simona Libner: Tschüss.
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