Kommentar: Die effektivsten Totengräber des stationären Handels meinen es ja nur gut! (Update)
„Und wenn der letzte Laden geschlossen hat und die letzte Innenstadt verödet ist, werdet ihr feststellen, dass ein Webshop immer auf hat und alles mit euren Daten macht“
Dieser Beitrag aus 2017 hat ein Update verdient
Immer wieder mal stöbern wir durch alte Beiträge und schauen, welche neuen Entwicklungen eine Neubetrachtung nötig machen. Heute am 24.11.2020 hat das Oberverwaltungsgericht Münster die Sonntagsöffnungen im NRW Weihnachtsgeschäft untersagt. Ein großer Schlag ins Gesicht der Corona-geplagten Händler.
Aber fangen wir an, hier die Einleitung des Artikels aus dem Jahre 2017:
In vielen Beiträgen wird oft darüber berichtet, wie wichtig ein funktionierender Handel für eine lebenswerte Innenstadt ist. Das hat auch die Bundesregierung verstanden und 2016 die Dialogplattform Einzelhandel ins Leben gerufen, die sich mit genau diesen Zukunftsthemen beschäftigt. Dort haben sich viele engagierte Verbände, Unternehmen und Institutionen an einen Tisch gesetzt, um gemeinsam gesellschaftliche Verantwortung in Zukunftsgestaltung zu verwandeln. Man will das Beste, und stellt dabei immer wieder fest, dass es aber nicht bei allen so ist. Unter dem Vorwand, das Beste zu wollen, haben sich 2 Totengräber des Handels ganz besonders hervorgetan, die ich hier einmal Vorstellen möchte:
Totengräber Nr. 1: Falsch operierende Gewerkschaften
Ursprungsversion 2017: Nicht, das es falsch verstanden wird: Würde es keine Gewerkschaften geben, würde ich noch heute am Tag eine gründen. Eine, die Verantwortung übernimmt, indem sie als wichtiger Teil der Gesellschaft aktiv Zukunft mit gestaltet. Gewerkschaften, die ihren Mitgliedern gegenüber wahrhaftig ist und so die aktuelle Realität in diese Prozesse mit einbezieht. Ich würde sie gründen, denn es gibt sie leider nicht. Was es aber gibt: Ein sehr rückwärtsgewandter Club, der unter dem Vorwand, seine Mitglieder zu schützen, genau deren Zukunft massiv gefährdet. Einem Handel, dem als neuen Wettbewerber das längste Regal des Universums mit 24/7 Öffnungszeiten entgegen steht. Dem man die vom Shopper gewünschte Sonntagsöffnung verbietet und so die Branche in der Vergangenheit verharren lässt. Das Ergebnis sind Umsatzverschiebungen in Richtung eCommerce, Ladenschließungen und Arbeitsplatzabbau. Man meint es ja schließlich gut.
Update 2019: Es gibt neue Erkenntnisse, bezüglich des Themas. In einem Podcast Interview (hier der Link) mit Verdi sind Aspekte der sozialen Bedürfnisse der ArbeitnehmerInnen in die Betrachtung mit eingeflossen. An der Forderung, dass sich auch Gewerkschaften an die Veränderungen der Arbeitswelt anpassen müssen bleibt im Grunde bestehen. Kurz gesagt: Das nennt man Fortschritt. Das gilt aber auch für die Arbeitsmodelle, die sich an die neuen Anforderungen anpassen müssen. Das bedeutet also: Miteinander reden, Gemeinsamkeiten identifizieren und sich in die Situation des anderen versetzen,
Update 2020: Mit einem Eilbeschluss hat das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) die von der NRW Landesregierung vorgesehenen fünf verkaufsoffenen Sonntage untersagt. Die Landesregierung hatte in der Pandemie mit der Regelung das Einkaufsgeschehen im Advent entzerren und einen „unregulierbaren Kundenandrang“ vermeiden wollen – und die landesweite Möglichkeit zur Öffnung in der Corona-Schutzverordnung festgeschrieben. Die Gewerkschaft Verdi ging im Eilverfahren dagegen vor.
Kontrolliertes Verhindern der Wettbewerbsfähigkeit
Ursprungsversion 2017: Die Chance der Wettbewerbsfähigkeit wird dem Handel mit seinen Mitarbeitern verwehrt. Das veränderte Kundenverhalten wird ignoriert, ebenso kann der Handel seine neue Aufgabe als Freizeitangebot nicht zu den Zeiten, an denen Verbraucher Zeit haben, verwirklichen. Das ist die Realität der aktuellen Handelswelt, der man sich stellen muss. Und das funktioniert nicht, in dem man seine Präsenz dem Kunden gegenüber beschränkt. Verkaufsoffene Sonntage sind weltweit akzeptiert, nur in Deutschland verhindern Gewerkschaften die Zukunft des Handels. In einem Podcast haben wir das Thema bereits diskutiert.
Update 2020: Das Kundenverhalten hat sich dramatisch verändert, zudem sind die Bürger aufgerufen zuhause zu bleiben. Die Entscheidung des OVG stößt im Einzelhandel auf Unverständnis. „Wir sind maßlos enttäuscht und fassungslos“, sagte der Präsident des Handelsverbandes NRW, Michael Radau, am Dienstag. Der Gewerkschaft Verdi, die im Eilverfahren gegen die Sonntagsöffnung geklagt hatte, warf er vor, die Existenzgrundlage ihrer Mitglieder zu zerstören.
Mehr Augenmaß und gesunder Menschenverstand
Grundsätzlich muss nun eines Einzug halten: Die Diskussion über Fakten, weniger ideologie- oder emotionsgetrieben. Alle, aber auch alle Verbände, Vereine oder andere gesellschaftliche Institutionen sollen eine Hauptaufgabe an die Spitze stellen: Verantwortung für die konstruktive Gestaltung der Zukunft zu übernehmen und nicht das Bewahren überkommener Strukturen. Packen wir es an!
Beitragsbild: Gratisography.com
Das ist alles richtig, aber was ich als Konsument im stationären Handel vermisse, ist die Aufenthaltsqualität in den Verkaufsräumen. Oft nicht mal ein Stuhl auf pro Etage. Nicht nur das alte Mütterchen braucht die Sitzgelegenheit. Kinder, gesundheitlich beeinträchtigte Menschen, Partner – alle wären dankbar, wenn man sich sitzend die Wartezeit vertreibt. Und warum sind die Restaurants nicht mitten in den Etagen – so muss man immer „ans Ende der Welt“ für eine kleine Pause und dann von Etage 6 zurück auf „1“. Ich will doch keinen Marathon absolvieren – und die Suche nach einer Hose für mich – unter 17 Labels – einfach „ätzend“. Ich renn doch nicht auf 300 qm rum, und suche mir die Sachen zusammen … Ich bin gespannt, ob was passiert, bevor der letzte Kunden die Fußgeängerzone endgültig verlassen hat.
Ich kann mich Claudia eig. nur anschließen. Der stationäre Handel macht es dem Online Handel auch einfach.
Toller Beitrag, danke !