[Interview] Social Media im Handel – „Ausprobieren und Haptik sind immer noch kaufentscheidend“
Im Jahr 2018 sollte man meinen, dass es für Unternehmen – auch im Handel – selbstverständlich ist, auf Social Media Plattformen präsent zu sein. Doch dem ist nicht so, denn nur rund 40 Prozent aller Unternehmen nutzen Facebook & Co. für die Kommunikation.
In Gesprächen mit Händlern erfahren wir immer wieder, wo die Barrieren liegen und haben daher ein Seminar für Social Media im Handel aufgesetzt, welches erneut am 21. November 2018 ab 12 Uhr in Langenfeld stattfinden wird. Weitere Infos und Anmeldung.
Wir freuen uns sehr, dass wir für die Leitung dieses Seminars Beatrix Gutmann gewinnen konnten. Sie verantwortet das Social Media Marketing der Karstadt Gruppe und wir haben mit ihr über Social Media im Handel gesprochen.
Hallo Beatrix, stelle Dich doch bitte kurz vor.
Sehr gern. Mein Name ist Beatrix Gutmann. Seit Anfang Oktober 2017 bin ich für das Social Media Marketing bei den Karstadt Warenhäusern zuständig.
Vorher habe ich sechs Jahre lang erfolgreich den Social Media Bereich beim Anzeigenblattverlag der Funke Mediengruppe geleitet. Ich blicke auf mehr als 20 Jahre digitale Erfahrung zurück und kenne das Online Marketing und Social Media-Management aus der Praxis. Crossmediale Strategien, Schreiben für’s Web und Suchmaschinenoptimierung sind seit Jahren Arbeitsalltag für mich. Der Handel hat meiner Meinung nach noch viel Potenzial, das Social Web für sich zu nutzen, darum habe ich mich für die Aufgabe bei Karstadt entschieden.
Der Handel kam auch jahrelang ohne Social Media aus. Warum sollte man jetzt einsteigen?
Es gibt kaum eine Branche im BtoC-Bereich, die an einer Social Media Strategie vorbeikommt. Der Vorteil dabei ist die gezielte Kundenansprache, mit der man im Social-Media Bereich werben kann, die schnelle Reaktionszeit, und die Überschaubarkeit der Kosten. Nicht zu vergessen, die Möglichkeit eine Kampagne jederzeit und in Echtzeit auf Erfolg zu messen.
Lohnt sich das auch für kleine Händler oder nur für große Konzerne?
Dass es sich für kleine Händler und Unternehmen lohnt, Online-Marketing im Social Media Bereich einzusetzen, zeigt sich an vielen Beispielen. Eins davon: Im Ruhrgebiet gibt es Pottsalat, Die Salate werden online bestellt und innerhalb bestimmter Gebiete ausgeliefert. Über Facebook beteiligt das Team seine Fans an der Auswahl der Gerichte, lässt sie an Gewinnspielen teilnehmen. Hochwertige und ansprechende Fotos im Social Web begeistern die Fans. Es wird täglich auf Facebook und Instagram beworben, denn „Flyer bringen keinen Erfolg“, so Ben Küstner, einer der Köpfe der Social Marketing Nerds, die hinter Pottsalat stecken.
Welche Plattformen für welchen Händler?
Das lässt sich nicht pauschalisieren. Was man jedoch sagen kann ist, dass Facebook so breit aufgestellt, dass man hier eine breite Zielgruppe ab etwa 30 Jahren erreichen kann. Sie können für jedes Ziel, dass Sie definieren, eine eigene Kampagne auf unterschiedlichen Kanälen starten. Oder eine Gesamtstrategie konsequent verfolgen. Jüngere Zielgruppen erreicht man sehr gut über Instagram, was ebenfalls zu Facebook gehört. Mit den Instagram Stories hat Instagram den Konkurrenten Snapchat angegriffen, gut für den Handel, denn es können kurz- und langfristige Stories und Informationen transportiert werden. Twitter spielt für den Handel keine große Rolle und sollte erst einmal nicht betrachtet werden.
Meine Kunden sind gar nicht auf Facebook. Warum sollte ich dort präsent sein?
Es gibt vielleicht genügend potentielle Kunden, die aktiv bei Facebook sind und Ihre Kunden werden könnten. Mit einer Analyse ihrer Zielgruppe lässt sich das herausfinden. Seien Sie da, um neue Kunden zu finden. Wer Kunden übers Social Web erreichen möchte, um diese z.B. ins eigene Geschäft zu lotsen, hat gute Möglichkeiten diese mit Local Awareness Ads zu erreichen.
Facebook oder Instagram? Was ist besser?
Das kann man juristisch ausdrücken: Es kommt darauf an. Und zwar wie immer, was ihre Kunden für Vorlieben haben und was Ihr Business ist. Neue Kundengruppen können über andere soziale Netzwerke erreicht werden. Warum nicht einfach mal eine Instagram-Kampagne wagen und schauen, wen man damit erreicht? Mit kleinem Budget kann Großes erreicht werden.
Woher weiß ich, was meine Kunden online und oder auf Facebook von mir haben wollen?
Indem Sie sich damit auseinander setzen. Google Analytics hilft ihnen etwa dabei, die Suchanfragen zu filtern und somit auf ihre Kundenwünsche einzugehen. Die sozialen Netzwerke werden auch mit Google Analytics abgefragt. Die Erwartung an Unternehmen und Marken ist heute anders: Kunden wollen einen Dialog, sind an Geschichten interessiert, wollen auch etwas über Hintergründe wissen, zuweilen auch unterhalten werden. All das lässt sich hier gut erzählen.
Wie mache ich Social Media, wenn ich kein Budget habe?
Mit ganz viel Herzblut. Natürlich erzielen Sie mit einem Budget, egal wie groß oder klein, immer eine höhere Reichweite, schließlich verdienen Facebook oder Instagram Geld damit. Sie können auch eine kleine Fanbase begeistern und animieren, ihre Posts und Angebote zu teilen, zu liken oder zu kommentieren. Dieses Engagement wird von Facebook mit organischer Reichweite belohnt. Ziel ist es Bekanntheit aufzubauen, Sympathie zu erzeugen oder der beworbenen Marke Glaubwürdigkeit zu verleihen.
Ich hab doch gar keine Bilder und Videos. Muss ich das alles anfertigen lassen oder einkaufen?
Es gibt Plattformen (Pixabay, Shutterstock, Motion Elements, fotolia, Picjumbo oder Unsplash) die kostenlose oder gegen geringen Kredit Fotos oder Videos anbieten. Wichtig ist es hier, sich immer die Bedingungen genau durchzulesen. Und wichtig ist die Nennung des Fotografen und der Agentur. Also genau hinschauen.
Greifen Sie doch auch mal selbst zur Kamera oder zum Smartphone. Es muss nicht immer hochprofessionell sein. Die Bildbearbeitung mit Apps (Snapseed, Lightroom, VSCO oder Afterlight) ist kinderleicht und hat erstaunliche Wirkungen. Ausprobieren bringt manches Mal erstaunliche Ergebnisse. Das gleiche gilt für Videos. Zahlreiche Hilfsmittel erleichtern vor die Videoproduktion mit dem Smartphone. Schwebestative (Gimbals) und externe Mikros bringen gute Ergebnisse.
Ich weiß nicht, wie ich es machen soll. Was kostet mich ein Experte, der es macht?
Das lässt sich nicht so einfach verallgemeinern. Es gibt viele Agenturen, die Ihnen individuelle Angebote machen Etwa, dass sie vier Kanäle für einen Betrag von 150 Euro für Sie betreuen. Ob das der richtige Weg ist, ist zweifelhaft. Wie überall muss die Chemie stimmen, sie müssen das Vertrauen haben und der Experte sollte ihnen leicht verständlich machen, was wirklich wichtig ist. Und natürlich ist es hilfreich, wenn Sie möglichst klar Ihre Ziele benennen können. Dafür gibt es dieses Seminar, damit sie verstehen, was für Ihr Unternehmen notwendig ist und was sie allein bewältigen können.
Wie bekomme ich die Leute denn dann mit Social Media in meinen Laden?
Menschen informieren sich zunehmend online und überwiegend mobil über Produkte. Dazu gehen Sie über Suchmaschinen, Bewertungsportale oder Local Based Services um den stationären Handel aufzusuchen. Darum sind Produktbeschreibungen wichtig und Online- Kampagnen komfortabel, weil sie jederzeit angepasst werden können. Sie können Fotos austauschen und Beschreibungen optimieren. Achten Sie auf die Google Bewertungen, haben Sie Kritik im Blick?
Hören und schauen Sie hin, was die Menschen möchten. Service und Beratung, Probefahren, Ausprobieren und Haptik sind immer noch kaufentscheidend. Das Einkaufserlebnis steht immer noch im Vordergrund. Das sollten Sie Ihren Kunden versprechen, und dieses Versprechen halten. Ein gut sortierter Online-Shop kann auch hier den Impuls geben.
Welche Maßnahmen am POS unterstützen die Social Media-Aktivitäten?
Terminvereinbarungen online bringen die Menschen zum POS. Laden Sie die Menschen über die Social Media-Kanäle ein, in Ihren Laden zu kommen. Es könnten Workshops sein. Beispiele: Schminkkurse, Tisch eindecken, Reifenwechsel, oder Einladungen zu Produkttestings. Der Einsatz von Social Media am POS ist aufwendig. Letztendlich muss es darum gehen, dem Kunden einen echten Mehrwert zu bieten. Und hier wiederhole ich mich: Der Schlüssel hierfür sind vor allem reichhaltigere Informationen und ein überzeugendes Einkaufserlebnis. Service und Beratung tragen zum positiven Erlebnis bei.
Kann ich auch über Social Media verkaufen oder muss ich immer einen Online-Shop haben?
Wenn Sie keinen eigenen Online-Shop anbieten können oder wollen, übernimmt das Facebook auf Wunsch für Sie. Sie können Ihren Seiten einen Shop hinzufügen und somit Produkte anbieten und komplett die Abwicklung machen.
Wie es geht, erfahren Sie hier.
Das bedeutet natürlich wieder Aufwand und Manpower, die man investieren muss. Die Reaktionen müssen rasch erfolgen, der Shop gepflegt und die Produkte geteilt werden.
Ich würde dann eher dazu raten, mit geeigneter Werbung Leads zu generieren, die ihre Kunden an den POS bringen oder ihre Dienstleistung anfordern. Es gibt auch kostengünstige Möglichkeiten, einen Webshop hosten zu lassen (1&1, Hostking oder Maxcluster z.B.)
Wir haben hier schon einige zentrale Fragen beantwortet, die Ihnen eine ungefähre Orientierung geben. In meinem Seminar gehen wir auf viele andere Fragen ein. Sie erhalten ein ausführliches Hand-Out, das Ihnen gute Anhaltspunkte für die ersten oder auch die zweiten Schritte im Social-Web gibt. Ich freue mich auf unseren gemeinsamen Tag.
Alle Infos, Download des Seminar-Flyers und Anmeldung hier: https://zukunftdeseinkaufens.de/veranstaltungen/seminar-social-media-im-handel/
Ihr Kommentar
An Diskussion beteiligen?Hinterlassen Sie gern einen Kommentar!