Studie: Deutsche glauben nicht an nachhaltigen Online-Handel
Auch beim Kaufverhalten treffen wir häufig auf „gefühlte Wahrheiten“. Dies liegt im ganz normalen menschlichen Lernverhalten. Denn wir verinnerlichen an einem bestimmten Zeitpunkt eine belegte Wahrheit und halten an ihr fest, auch wenn sich die Welt weitergedreht hat und nun anders aussieht. Es dauert verhältnismäßig lang, bis wir diese früher abgespeicherte Information aktualisieren und häufig blenden wir aktuelle Fakten, die uns zur Änderung unserer Meinung zwingen würden, einfach aus, um an unserer bisherigen Haltung festhalten zu können.
Dies zeigt sich auch daran, dass wir Deutschen glauben, es wäre nachhaltiger, im Ladengeschäft einzukaufen. Nur wenige denken, der Online-Handel wäre nachhaltiger. Dies sind einige Ergebnisse einer repräsentativen Studie des schwedischen Start-ups Box Inc, die zusammen mit YouGov durchgeführt wurde.
Die deutschlandweite Befragung stellt eine Diskrepanz zwischen Fakten und gefühlter Wahrnehmung von Verbraucherinnen und Verbrauchern heraus: Sie halten überwiegend den traditionellen Handel vor Ort für nachhaltiger. Auslöser hierfür sind vor allem die Transportmethoden der bestellten Waren und der Verpackungsmüll.
E-Commerce ist nachhaltiger als stationärer Handel
Seit Beginn der Pandemie erlebt der E-Commerce-Sektor einen erneuten Boom. Ein Thema, das hierbei immer wieder diskutiert wird, ist Nachhaltigkeit. Die Ergebnisse einer Studie von Oliver Wyman sprechen für sich: E-Commerce ist faktisch umweltfreundlicher als stationärer Retail. Der Wyman-Studie zufolge ist Einkaufen im Internet nachhaltiger als im stationären Geschäft. Das liegt vor allem an den Emissionen der Gebäude und den Einkaufswegen der Verbraucherinnen und Verbraucher.
Doch diese denken da anders: 46 Prozent der Befragten glauben, dass E-Commerce keine nachhaltige Form des Einkaufens ist. Nur 13 Prozent glauben, online bestellen sei umweltfreundlicher, als im Ladengeschäft zu kaufen.
Transportmethoden und Retouren als Nachhaltigkeits-Killer
Gerade den Transportmethoden von Onlinebestellungen und zurückgeschickten Waren, die weitere Transporte bedingen, stehen die Befragten kritisch gegenüber: Die Mehrheit von ihnen glaubt, dass der Transport und Versand (49 Prozent) und anfallende Retouren (73 Prozent) den Onlinehandel nicht nachhaltig machen. 59 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher glauben, dass umweltfreundliche Lieferwagen der Schlüssel zu nachhaltigen Transporten sind. Außerdem haben sie verschiedene Ideen, wie man die Retourenquote senken kann: 29 Prozent der Befragten geben an, dass sie E-Commerce-Produkte seltener zurückgeben würden, wenn sie für die Retouren bezahlen müssten.
Eine nachhaltige Verpackung ist das A und O
Neben Transport und Retouren sind die Verpackungen des Versandhandels im Fokus der Befragten. Die Verbraucherinnen und Verbraucher (68 Prozent) sind sich vor allem in einem Punkt einig: Plastikverpackungen haben den größten negativen Einfluss auf Nachhaltigkeit. Stattdessen finden sie, dass die Verpackungen recycelbar (57 Prozent) oder aus Papier (40 Prozent) sein sollten – also etwa Wellpappe oder Karton. Über die Hälfte (53 Prozent) der Befragten findet es nachhaltiger, wenn dieselbe Verpackung auch für eventuelle Retouren verwendet werden kann.
Mehrheit sieht bei Emissionsreduzierung den Handel in der Pflicht
Trotz des breiten gesellschaftlichen Diskurses um den CO2-Fußabdruck weiß ein Viertel (25 Prozent) der Befragten nicht, was es damit auf sich hat – der Großteil hat aber ein gutes oder relativ gutes Verständnis davon. Ein hoher Anteil der Befragten (28 Prozent) gibt an, dass sie für den CO2-Ausgleich des Transports der Bestellung bezahlen würden. Die Mehrheit ist daran allerdings nicht interessiert und sieht die Verantwortung beim Online-Handel.
Das Ganze ist kein Wettkampf!
Dass der stationäre Handel in der Wahrnehmung der Shopper vergleichsweise gut abschneidet, sollte kein Ruhekissen sein, auf dem man sich nun ausruhen kann, insbesondere, wenn noch nicht alle CO2-Einsparpotenziale ausgeschöpft wurden. Omni-Channel-Händler*in müssen alle Vertriebswege möglichst nachhaltig gestalten und dies auch an die (potenziellen) Kund*innen kommunizieren. Insbesondere können Omni-Channel-Händler*innen aus dem Zusammenspiel von Online-Shop und Ladengeschäft weitere positive Effekte für die Nachhaltigkeit des gesamten Unternehmens generieren. Ein „Stationär vs. Online“ kann es hier also nicht geben, sondern nur möglichst nachhaltige Gesamtkonzepte.
Über die Studie: Die repräsentative Studie wurde von YouGov im Auftrag von Box Inc durchgeführt. Die Erhebung fand zwischen dem 21. und 23. April 2021 im Zuge einer Online-Befragung statt. Die Stichprobe bestand aus 2.084 Verbraucherinnen und Verbrauchern in Deutschland.
Beitragsbild: Marcell Viragh on Unsplash
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