Nachhaltigkeit: Grüner Hype oder große Transformation?
Es vergeht kaum ein Tag, an dem wir keine Nachrichten zu mehr Nachhaltigkeit hören. Unternehmen sind aufgefordert, sich neu aufzustellen und den immer stärker werdenden Wünschen der Kund*innen gerecht zu werden. Doch Nachhaltigkeit ist eben nicht (nur), keine Plastiktüten mehr auszugeben. Nachhaltigkeit ist ein strategisches Thema für Unternehmen jeder Größe und daher schauen wir einmal auf das Gesamtbild.
Was sind ESG-Kriterien?
Um Nachhaltigkeit in Gänze zu erfassen, lohnt sich ein Blick auf die ESG-Kriterien. ESG steht für Environmental (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung). Diese Kriterien werden zunehmend für die Beurteilung von Unternehmen, insb. im Finanzsektor, herangezogen. Was verbirgt sich dahinter?
Environmental
- Nutzung erneuerbarer Energien und Klimaschutz
- Schonender und effizienter Umgang mit Energie und Rohstoffen
- Reduktion von Emissionen
- Umweltverträgliche Produktion
- Tier-, Arten- und Ressourcenschutz
Social
- Diversität und Gleichberechtigung
- Einhaltung von Arbeitsrechten
- Versammlungs- und Gewerkschaftsfreiheit
- Einhaltung von Menschenrechten, auch entlang der Lieferkette
- Angemessene Entlohnung
- Aus- und Weiterbildungschancen
- Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
- Durchsetzung von Nachhaltigkeitsstandards bei Zulieferern
- Übernahme von gesellschaftlicher Verantwortung
Governance
- Verantwortungsvolles Risikomanagement
- Führen unter ethischen Gesichtspunkten
- Transparente Regeln gegen Korruption und Bestechung
- Verankerung des Nachhaltigkeitsmanagements auf Führungsebene
- Verknüpfung von variablen Vergütungen mit dem Erreichen von Nachhaltigkeitszielen
Seit 2017 sind börsennotierte Unternehmen verpflichtet, regelmäßig Nachhaltigkeitsberichte anzufertigen (Lagebericht). Rating-Agenturen überprüfen diese oftmals anhand der ESG-Kriterien.
Auf den ersten Blick mag das sehr strategisch und „weit weg“ klingen. Doch schon der zweite Blick zeigt deutlich, wie stark in die Unternehmensstruktur, die Prozesse, sogar in die Unternehmens-DNA eingegriffen werden muss, möchte man sich wirklich nachhaltig aufstellen.
Natürlich springt so manche Marketingabteilung auf das Trendthema Nachhaltigkeit auf und es entsteht das uns allen bereits aus vielen Beispielen bekannte Greenwashing. Da werden den wenig nachhaltigen Verfahren, Produkten und Prozessen grüne Mäntelchen umgehängt und man hofft, die Konsumenten werden es nicht bemerken. Wenn überhaupt, funktioniert das nur kurzfristig. In unserer digital und medial so stark vernetzten Gesellschaft dauert es meist nicht lang, bis dies auffliegt.
Ohne Nachhaltigkeit geht es nicht
Ernst gemeinte Nachhaltigkeit wird für Unternehmen ein wichtiges Merkmal für die gesamte Qualität und integraler Bestandteil der Markenbildung. Beides sind in der Wahrnehmung der Konsumenten stark emotional besetzte Aspekte. Dissonanzen und Störungen haben hier fatale Konsequenzen, bis hin zum „Liebesentzug“ durch die Kund*innen.
Aus diesem Grund ist Nachhaltigkeit auch nicht nur ein Thema für mittlere und große Handelsunternehmen. Gerade dem inhabergeführten Handel bietet Nachhaltigkeit viele Möglichkeiten, sich entsprechend zu positionieren, Gesprächsangebote zu machen und durch regionale/lokale, nachhaltige Angebote bei den Konsumenten zu punkten.
Dadurch ist Nachhaltigkeit zu einem zentralen Baustein für zeitgemäße Handelsunternehmen geworden. Nicht zuletzt, weil die Shopper es verlangen. Doch auch Unternehmer*innen und Manager*innen sollten ein hohes Maß an Eigenmotivation mitbringen, das eigene Unternehmen nachhaltig und damit zukunftsfähig zu machen.
Mehr dazu
- Studie: E-Commerce hat bessere Klimabilanz als der stationäre Handel
- [Studie] Zukunft des Einkaufens: Nachhaltig, unabhängig, lokal
- Individualität und Nachhaltigkeit bestimmen den Handel in 2025 (5)
Nachhaltigkeit sollte in Unternehmen nicht nur Einzug halten, weil es die Kund*innen so wollen oder gesetzliche Regelungen es vorgeben.
Wir alle sollten eine Philosophie des nachhaltigen Wirtschaftens und kritischen Konsums für uns entwickeln. Das ist kein Nice to have mehr sondern eine dringend notwendige Anpassung an die Umwelt- und Rahmenbedingungen. Über die Folgen lesen wir jeden Tag.
Deshalb sollte Nachhaltigkeit ernst und transparent gemeint sein, dann endet auch gutes Marketing nicht mit Liebesentzug sondern Zuspruch.
Herzlichen Dank, Herr Heinke. Genau das meinte ich mit „Eigenmotivation“. Und diese sollte auch nicht nur in unserer Rolle als Unternemer*innen vorhanden sein, sondern auch in unserem Privatleben, dem täglichen Konsum, der Urlaubsplanung und und und. Das sich überall etwas ändern muss, ist hoffentlich allen klar. Wenn nicht wir, wer dann und wenn nicht heute, wann dann? Noch habe ich ein wenig Zuversicht, dass wir Menschen es hinbekommen. :)