Lösen Mixed-Use-Konzepte und Quartiere Urbanisierungsprobleme?
Wir durchlaufen aktuell einen Transformationsprozess von der autogerechten zur kompakten, europäischen Stadt. Die moderne westliche Stadtgesellschaft nimmt Abschied vom Konzept der autogerechten Stadt mit der räumlichen Trennung der Funktionen Arbeiten, Wohnen und Versorgen. Infrastrukturen gelangen an ihre Kapazitätsgrenzen, da sich das ökologische Verständnis verändert. Innovative Technologien halten längst Einzug und können damit Möglichkeiten schaffen, einen mobilen Lebens- und Arbeitsstil zu gestalten. Eine stärker nutzungsgemischte Stadt (sogenannte Mixed-Use-Konzepte) oder ein gemischtes Quartier treffen den Geist unserer Zeit.
Die Reurbanisierung ist in vollem Gang
Zugegeben, ein nicht so neues Konzept; die horizontale und vertikale Nutzungsmischung war in der mittelalterlichen Stadt Standard. Im Vergleich zum Mittelalter hat das emissionsstarke Gewerbe nichts mehr in der Stadt zu suchen! Die Digitalisierung der Arbeitswelt ermöglicht es aber urbane Arbeitsstätten, die sich hervorragend für zentralste Lagen eignen und die dem Megatrend New Work entgegenkommen, voll zu integrieren. Und wenn dann auch noch mittendrin gewohnt, „gelebt“ und konsumiert werden kann, dann reden wir von der kompakten europäischen Stadt.
Und wie reagieren Stadt und Immobilienwirtschaft auf die Erfordernisse, die damit einhergehen?
Die Immobilienwirtschaft reagiert mit einer völlig neuen Assetklasse: „Das Quartier“. Es entsteht der Eindruck, dass aktuell keine Immobilien-Fachtagung ohne die Thematik Quartier und Mixed-Use-Konzepten auskommt. Und es sind vielfach neue Ansätze zu sehen. So ist die Idee der Nutzungsmischung auf kleinstem Raum Kristallisationskeim für moderne Stadtstrukturen. Da im urbanen Kontext längst nicht überall zentrale Freiflächen zur Verfügung stehen, sind Aspekte wie Stadtumbau, Konversion und Refurbishment aktueller denn je.
Jüngere Beispiele in Deutschland und Europa zeigen, wie Hafen- und Bahnanlagen, alte Kasernen und Industriezonen erfolgreich rekonfiguriert und in zentralster Lage belebt werden. Städte müssen auf immer engerem Raum ganzheitliche Lösungen finden.
Für zukunftsfähige Quartiere sind mindestens folgende Aspekte zu berücksichtigen:
- Wohnen für unterschiedlichste Nutzergruppen
- Multi- und intermodale Mobilität
- Urbane Arbeitswelten und Versorgungskonzepte
- Soziale Treffpunkte, Kultur- und Freizeitangebote
- Freiraumqualität, Grün, Klimaanpassung
Der erfolgreiche Weg zum Mixed-Use-Konzept
Doch welche Gewichtung zwischen Wohnen, Büro, Hotel, Versorgung und Freizeit/Kultur/Soziales ist richtig? Der erfolgreiche Weg zum Mixed-Use-Quartier muss von Beginn an Hand in Hand mit der jeweiligen Kommune begangen werden. Die Kommune hat als „Herrin über die Planungshoheit“ alle Werkzeuge, um die neue Mischung positiv lenkend zu beeinflussen. Immobilienwirtschaft und Kommunen sind gut beraten, anfänglich ein partizipatorisches Konzept zu entwickeln, welches die Öffentlichkeit eng in die Planungsphasen einbindet. Damit wird sowohl die Akzeptanz gesteigert. Es werden aber auch Ideen für die zukünftige Quartiersqualität gesammelt, die Teil der Umsetzung sein können.
Kommunen sollten sich als Taktgeber verstehen, z.B. in Form frühzeitiger Beschäftigung mit Rahmen- und Masterplänen. Eine andere Option ist die Rolle als Eigentümerin von Flächen via kommunalem Zwischenerwerb. Auch als eine Art Katalysator, indem Beschleunigung und Fokussierung, z.B. über wettbewerbliche Verfahren zur Beantwortung struktureller und funktionaler Fragen, maßgebend werden. Die Kommune als Partner der Immobilienwirtschaft sollte mit dem Ziel agieren, eine partizipative und iterative Erarbeitung der passendsten Lösung anzustreben, die dann Gegenstand der formellen Bauleitplanung wird.
Ein hohes Verständnis an professionellem Projekt- und Prozessmanagement ist von Vorteil, um die ganzheitlichen Ziele der Stadtentwicklung mit den ökonomischen Zielen der Immobilienwirtschaft zu verhandeln.
Was löst die Urbanisierungsprobleme?
Und um zum Ausgang zurückzukommen: Mixed-Use-Konzepte und Quartiere lösen also nicht automatisch alle Urbanisierungsprobleme. Sie können aber der Schlüssel zu lebenswerten Stadtstrukturen sein, wenn der Weg dorthin als zentrale Steuerungsaufgabe der Kommunen verstanden wird. Die Immobilienwirtschaft steht bereit und hat Lösungsbausteine, die klug orchestriert werden wollen.
Dieser Artikel erschien zuerst hier.
Beitragsbild: Stockfoto – *GTS Productions*/Shutterstock
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