Digitalisierung: Rossmann setzt weiterhin auf Filialen
Die Drogerieketten Rossmann und dm liefern sich nun schon einige Zeit ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Beide Unternehmen gehen in Sachen Digitalisierung jedoch recht unterschiedliche Wege.
dm investiert massiv in digitale Technologien
Das Credo von dm-Chef Erich Harsch ist „Digitalisierung ist mehr als nur Online-Shop“ und daher investiert dm stark in digitale Technologien am Point of Sale (POS). So sollen alle Mitarbeitenden in den dm-Filialen mit 25.000 Smartphones ausgerüstet werden.
Es soll eine eigene App geben, mit der die Kunden in den Filialen die Produkte selbst scannen und auch gleich bezahlen können. Darüber hinaus plant dm künftig in der Filiale den Kunden per Augmented Reality Informationen zu Inhaltsstoffen, Nährwerten und Allergenen von Produkten zur Verfügung zu stellen.
Rossmann setzt auf Filialen
Anders hingegen Rossmann. Christoph Keese hat mit Dirk und Raoul Rossmann auf einem Podium gesessen und diese Unterhaltung noch einmal in seinem Podcast zusammengefasst (siehe am Ende des Artikels). Hier äussern sich die beiden Rossmänner in Bezug auf die Digitalisierung eher zurückhaltend.
Online seien Drogerieprodukte nicht lukrativ, weil die Kunden eben online nur die margenschwachen Produkte wie Windeln und Toilettenpapier kaufen würden. In dieser Richtung hatte sich Dirk Rossmann schon mehrfach öffentlich geäussert.
„Es gibt weltweit nicht ein relevantes Handelsunternehmen, das online mit dem Verkauf von Drogeriewaren und Lebensmitteln wirklich Geld verdient“ zitiert die Wirschaftswoche Dirk Rossmann. Rossmann verdiene sein Geld zum Beispiel mit dem Spontankauf einer Haarbürste, die eine erheblich höhere Marge habe.
Dennoch engagiert sich Rossmann, ebenso wie dm, in China und eröffnet einen Online-Shop auf Tmall Global, einer Tochter der Alibaba Gruppe. Dort scheint sich also der Online-Handel doch zu lohnen, insbesondere da für den chinesischen Markt ein jährliches Wachstum von knapp zehn Prozent prognostiziert wird.
Für Rossmann sind auch die chinesischen Touristen und Geschäftsreisende in Deutschland attraktiv. Daher bietet die Drogeriekette in seinen Filialen Alipay als Zahlungsmethode an.
90 % des Handels bleibt stationär
Im Gespräch mit Keese führt Dirk Rossmann weiter aus, dass auch zukünftig der Handel von Lebensmitteln und Drogerieartikeln zu 90 Prozent stationär stattfinden wird. Eine recht gewagte These, insbesondere angesichts des Engagements weiterer Online-Händler wie JD.com und Alibaba, die sehr deutlich machen, dass sie in sehr absehbarer Zeit die europäischen Märkte erobern wollen. Andere Händler wie Zalando oder Otto nimmt Dirk Rossmann ohnehin nicht ernst und er sagt „da wird gerade viel heiße Luft produziert“.
Amazon bleibt der erklärte Feind
Ansonsten beschweren sich die beiden Rossmänner massiv über Amazon. Teilweise zu recht, wenn es um den Verkauf von Pflegeprodukten unbekannter Herkunft und mangelhaft deklarierten Inhaltsstoffen oder um Plagiate geht. Hier muss Amazon handeln und die schwarzen Schafe von seiner Plattform entfernen, wie es auch von der EU gefordert wird. Der Kampf um Fake-Produkte wird zurzeit ja auch von Birkenstock gegenüber Amazon massiv ausgefochten.
Rossmann setzt also weiterhin auf seine Filialen, denn der eigene Online-Shop ist defizitär. Dieser bringt nur rund 30 Millionen der insgesamt neun Milliarden Euro Umsatz ein. „Das Online-Geschäft ist für uns in Summe völlig unbedeutend“, so Dirk Rossmann.
Niedergang der Innenstädte
Dirk und Raoul Rossmann beklagen den Niedergang der Innenstädte. Das Sterben der Kaufhäuser und der schleichende Tod vieler Einzelhändler würde auch sie beeinträchtigen, da nun weniger Menschen in die Innenstädte kämen und auch Rossmann damit die Laufkundschaft fehlen würde. Wie sich allerdings Rossmann selbst dafür einsetzt, die Innenstädte lebendig zu halten, welche Maßnahmen sie vorschlagen würden oder vielleicht sogar schon getroffen haben, erklären sie leider nicht.
Fazit
Mein Fazit nach dem Hören: Schuld sind immer die anderen! Die Kunden, die online die falschen Produkte kaufen, so dass der Online-Shop nicht funktioniert. Amazon, weil sie heute ihre Marktmacht ausnutzen, die sie haben, da sie früh ziemlich viel ziemlich richtig gemacht haben. Die anderen Händler, weil sie einfach verschwinden und Rossmann allein in der Stadt lassen. Die Immobilienbesitzer, die zu viel Geld verdienen wollen. Und nun heißt die trotzige Strategie: Weiter so, wir sind doch erfolgreich, also machen wir genau das weiterhin! Ich drücke ganz fest die Daumen, dass das auch in Zukunft klappt.
Über Rossmann: Rossmann betreibt 3.770 Märkte in sechs europäischen Ländern und beschäftigt 54.500 Mitarbeitende, davon rund 32.000 in Deutschland. Im neuen Geschäftsjahr sind Investitionen von 210 Millionen Euro vorgesehen. So sollen 230 neue Filialen, allein 105 davon in Deutschland, eröffnet werden.
Doch nun zu den O-Tönen der beiden Rossmänner. Viel Spaß beim Hören.
Beitragsbild: Rossmann – Stock Photo – Lutsenko_Oleksandr/Shutterstock
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