Wie auch kleine Städte oder Stadtteile Kunden mit Events begeistern können!
Alle reden davon, dass der Handel Erlebnis pro qm bieten muss, um den Kunden noch hinter dem Ofen vor zu locken. Denn, Bedürfnisse abdecken kann man über den Online Handel, Amazon liefert ja sehr schnell. Den Kunden aber dazu zu bewegen mit Auto, Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln in die Stadt oder den Stadtteil zu fahren um einzukaufen oder sich inspirieren zu lassen von dem Angebot kleiner Händler, das ist nicht so leicht.
Ein tolles Beispiel wie es funktionieren kann, wie man Erlebnis, Freizeit mit Einkaufen verbinden kann, wie Städte und Verwaltungen den lokalen Handel (noch besser) unterstützen können, konnte ich diese Woche in Düsseldorf- Flingern beobachten dürfen … bei Flingern at Night.
Düsseldorf Flingern
Flingern ist ein traditionelles Arbeiterwohnquartier östlich der Düsseldorfer Innenstadt, das einem zunehmenden Gentrifizierungsprozess unterliegt. So wird der Stadtteil, der mit ca. 20.000 Einwohnern einer Kleinstadt entspricht, vorwiegend von einem hippen, jüngeren Publikum geprägt. Die kleinen, in der Regel selbstständigen Händler auf und rund um die Ackerstrasse sind entsprechend, hier findet man Food Startups, vegane Restaurants, kleine Boutiquen mit sorgfältig kuratierten Sortimenten und Concept Stores galore.
Flingern at Night
Flingern at Night ist bereits im elften Jahr eine Attraktion. Über 70 Geschäfte, Ateliers, Galerien und Gastrobetriebe auf Acker-, Birken-, Dorothee-, Flur-, Hermann-, Hoffeld-, Licht- und Lindenstraße luden letzte Woche zum nächtlichen Bummel ins Viertel ein. Bis 24 Uhr und darüber hinaus blieben die Türen geöffnet. Die Händler hatten sich alle etwas Besonderes ausgedacht, Live Musik, besondere Aktionen, Verkostungen, spezielle Rabatte und Angebote.
Das Konzept geht auf – Jung und alt trifft sich auf den Strassen, stöbert – und kauft – bis 24 Uhr in den geöffneten Geschäften. An den Strassenständen werden Speisen des afrikanischen Restaurants genau so probiert wie der Eierlikör von den „glücklichen“ Hühner des Ladenbesitzers, oder den Waffeln, die der Ehemann der Boutiquebesitzerin backt.
Hier wird Loyalität auf den verschiedensten Ebenen geschaffen: Für die Händler und Gastronomen eine willkommene Gelegenheit, um neue Kundenkreise zu gewinnen und den Kontakt zu bestehenden Kunden zu vertiefen; für die Gemeinde wird hier ganz stark Bürgerloyalität geschaffen.
Das so ein Konzept nicht überall so gut funktionieren kann wie in Fliegern, liegt sicherlich auch an dem besonderen Mix in diesem Stadtteil, der auch „Kiez“ von Düsseldorf genannt wird. Hier gibt es schöne Altbauten, sowohl luxuriös sanierte als eben auch noch nicht sanierte, Hinterhöfe genau so wie schicke Neubauten. Ja – hier gibt es Hinterhöfe mit bezahlbaren Ateliers, in denen Künstler und Musiker ihre Karrieren beginnen können. Trotz des Kultstatus, den Fliegern mittlerweile hat, gibt es in den Seitenstrassen bezahlbare Ladenlokale, in denen kreative Händler einfach mal andere Konzepte probieren können. Und … zugegebenermassen gibt es hier auch das Publikum, dass Conceptstores mit ihren ganz besonderen Sortimenten begeistert aufnimmt.
Aber vielleicht kann man daraus etwas lernen:
Eine Stadt, egal welcher Größe, ist dann erfolgreich, wenn sie dem Bürger ein gesundes Mix bietet, sowohl was den Handel angeht, als auch Gastronomie, Musik, Kunst und Kultur. Ein gesunder Mix aus Alt und Jung, aus schönem Neuen und altem Bewährten, aus Etabliertem und Avantgarde, das schafft Fans. Jedoch, damit Musik, Kunst und Kultur aus sich heraus in einer Stadt wachsen können, braucht es bezahlbare Lokalitäten, Plätze zum Üben, Ateliers, Treffpunkte. Eine Stadt muss sich als Ort verstehen, an dem Menschen zusammentreffen, gemeinsam leben, arbeiten und erleben und nicht als klinischer Wohnort mit Bereitstellung von Versorgung. Dort entwickelt sich Kreativität, die den Bürger begeistert.
Dazu braucht es Stadtverwaltungen, die unterstützend arbeiten und nicht strikt regulierend. Vielleicht muss da auch einmal ein Auge zugedrückt werden, wenn im Sommer dann einmal ein Tisch mehr vor dem Lokal ohne drei Sondergenehmigungen auf den Bürgersteig gestellt wird. Oder wenn der kleine Händler ein Glas Wein für seine Kunden auf dem Stadtteilfest ausschenken möchte, vielleicht nicht auch noch die dreifache Gebühr für Alkoholausschank berechnen. Vielleicht können ja alle Städte da ein wenig von unserer Hauptstadt Berlin lernen, die Imperfektion fast mit System auch zulässt und es damit zur „coolsten Stadt der Welt“ geschafft hat.
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