HDE Infografiken: Es wird höchste Zeit für kleine Händler!
Der Handelsverband hat in seiner Herbst-Pressekonferenz die aktuelle Umsatzprognose für 2018 veröffentlicht. ZUKUNFT DES EINKAUFENS stellt die Zahlen vor und deutet zugleich die Konsequenzen.
Der Umsatz steigt gegenüber 2017
Obwohl der Handel in 2017 das Beste Umsatzjahr seit seinem Bestehen hatte, konnte es aktuell noch getoppt werden. Noch nie wurde mehr gekauft als 2018. Allerdings sieht man, dass dieses Wachstum hauptsächlich aus dem Onlinebereich kommt. Hier zur Verdeutlichung die Grafik:
Wer profitiert vom Wachstum?
Wenn Onlinehandel den höheren Wachstumsanteil hat, profitiert natürlich derjenige, der über ein Multichannel Format verfügt. Die Zahlen dazu zeigen auf, das Formate, die den Kunden online erreichen (ob Mix oder Pure Player) eine fast doppelt so hohe Optimistenrate haben als reine Offline Formate:
Die kleinen Händler unter Druck
Zwei Charts jedoch können aus Innenstadtsicht jedoch besorgniserregend sein: Ganz besonders die Innenstadtlagen sind unter Druck, speziell die Händler mit weniger als zehn Mitarbeitern.
Was bedeutet das für Innenstädte?
In der Vergangenheit haben wir oft untersucht, was interessante Quartiere ausmacht und welcher Mix die Shopper begeistert. Gute Beispiele haben wir bei den Hackeschen Höfen in Berlin gesehen sowie in Williamsburg/NYC USA. Viele Erfolgsrezepte eines attraktiven Handelsmixes basieren oft auf dem Vorhandensein interessanter inhabergeführter Formate. Austauschbare Innenstädte mit immer gleichen Filialisten locken weniger Besucher in die Innenstädte, als in die, in denen es noch richtig was zu entdecken gibt. Die aktuelle Entwicklung ist also für die Besuchsfrequenz gerade von Mittelzentren sehr bedenklich.
Was bedeutet das für die Händler?
Eigentlich müssten bei diese Zahlen gerade bei kleinen Händlern alle Alarmglocken angehen. Jetzt heißt es, sein Format mit einem noch attraktiveren Sortiment in Verbindung mit viel Erlebnis am PoS aufzufrischen und ALLE Register der Digitalisierung mit Augenmaß zu ziehen. Es gibt seitens der Verbände, der IHK, der Städte oder auch hier auf ZUKUNFT DES EINKAUFENS sehr viele Möglichkeiten, sich zu informieren.
Und was passiert? Bei Informationsabenden in Mittelzentren sitzen 25 Händler von 300, auf Messen oder Konferenzen zu den Themen sieht man bis auf ein paar Ausnahmen so gut wie keine und unsere Anzahl von Newsletter Abonnenten ist jetzt nicht gerade explodiert! Wir können uns nicht erklären, warum gerade die kleinen Händler so passiv in die Zukunft gehen.
Vielleicht hat ja eine Leserin/ein Leser eine Erklärung dafür, gern als Kommentar unter diesen Artikel!
„Mir tut´s das noch“
Bei uns in der Stadt sind die Hälfte der Inhaber von stationären Einzelhandelsgeschäften um die 60 Jahre alt. Ich habe das Gefühl, dass sie versuchen noch irgendwie ins Rentenalter zu kommen und dann nur noch den Schlüssel umdrehen wollen.
Sie wollen sich nicht über Digitalisierung unterhalten.
Sie wollen sich nicht in Seminaren die Verkaufsskills verbessern lassen.
Sie wollen sich nicht groß im HGV einbringen.
Nur noch die paar Jahre überleben. Und dann? In fünf bis zehn Jahren machen die besonderen Geschäfte dann spätestens altersbedingt zu. Wenn nicht schon vorher.
Katastrophal für die Innenstadt.
Die Unternehmer haben meist keine Nachfolger und glauben nicht daran, dass Sie ihr Geschäft verkaufen können. Meist sind sie auch zur Miete in den Räumlichkeiten, haben also auch keine großen Werte, die mitveräußert werden könnten.
Was es bei uns bräuchte: Junge, aktive Händler, die bereit sind die Herausforderungen der Zukunft anzunehmen und im Wissen darum zu profitieren.
Genau, das beobachten wir in unseren Projekten vor Ort auch. Es wird oft begleitet von einem sehr hohen Beklagen über die Veränderung der Kunden und das böse Internet. Aber das gilt nicht nur für die Best Ager: Wir sehen auf häufig bei denen, die noch einiges vor sich haben, ein Abhandenkommen der typischen unternehmerischen Eigenschaften.
Ganz grob hat sich herauskristallisiert, dass die örtlichen Händler einer Gausschen Normalverteilung entsprechen: 20% sind der Zukunft aufgeschlossen und nehmen die Möglichkeiten wahr, 60% warten ab und beobachten erst einmal und die restlichen 20% haben sich aufgegeben wie in Ihrem Beitrag beschrieben.
Wir sehen die motivierten 20% als Hochbegabte an, die auch eine Förderung verdient haben, die wir gern leisten!
Ich denke es liegt an der Überforderung. Viele tun sich noch schwer mit dem Onlineshop und jetzt kommt noch AR, VR, IoT, 5G – da schwirrt vielen der Kopf. Ich bin selbst ein kleiner Händler, digitalaffin und bilde mich gerade in diese Richtung weiter. Aber auch ich frage mich hin und wieder: Kann ich das meistern, was alles auf uns zukommt? Onlineshop, hohe Präsenzzeiten im Laden, Social Media, SEO, SEA, Newsletter, Blog, Marketingkampagnen und nun noch die Auseinandersetzung mit den neuen Technologien. Zeit für Familie und mich noch nicht eingerechnet. Klar kann man Prioritäten setzen, aber vieles wird vom Kunden heute erwartet, egal wie gross das Geschäft ist. Ich nehme mich da nicht aus. Dazu kommen begrenzte Ressourcen (monetär wie manpower). Und je schlechter der Geschäftsgang, je weniger ist davon noch da. Und die Geschäftsmieten bleiben konstant hoch.
Das kann dazu führen, zumindest in einer Übergangsphase, dass sich auch die innovativen Kleinen zurückziehen, neu sortieren/organisieren und sich nach neuen Möglichkeiten umschauen.
Das kennen wir gut, man verliert bei der Menge der Möglichkeiten schnell den Überblick. Aus diesem Grund haben wir für kleine Händler einen Podcast produziert, der sich genau damit beschäftigt und die ersten Wege aufzeigt. Hier der Link.
Wir würden uns gern auch einmal mit Ihnen austauschen, um auch die von Ihnen geschilderte Situation einmal zu beleuchten. Falls Sie Lust auf ein Gespräch haben: Kurze Mail an !
Bin ich denn der Einzige, der aufgrund falscher politischer Entscheidungen nichts mehr verdienen kann? Die online-Preise sind nicht selten unter meinen Einkaufspreisen, was soll ich da einen Onlineshop aufbauen? Und Hersteller dürfen den Wert ihrer Produkte nicht mit einem Mindestverkaufspreis beziffern. Alles zum Wohle des Endverbrauchers! Aber, daß die Big-Player die Einkaufspreise unterbieten, nur um Umsatz zu generieren, hat noch niemand bemerkt? Das finde ich sehr komisch… Man kann dazu noch viel mehr schreiben, aber ich denke, es interessiert an den Stellschrauben-Positionen niemanden. Und deshalb geht der kleine Einzelhändler vor die Hunde. Eigentlich ganz einfach, gell !!!
Hallo Herr Beyers,
genau das ist ja die Herausforderung! Wenn sich die Spielregeln disruptiv verändert haben, muss man sein Sortiment, seinen Service oder gar sein ganzes Werteversprechen dem Kunden gegenüber anpassen. Es gibt viele positive Beispiele von Händlern, die das erfolgreich schaffen. Was keinen Erfolg bringt ist die Strategie “Weiter wie bisher”. Abwarten ist keine Strategie oder Option. Ich wünsche Ihnen bei den bevorstehenden Aufgaben viel Erfolg!