EHI Marktingmonitor 2018: Schweinebauchanzeige Adé?
Das EHI Retail Institute veröffentlicht seit 2007 jährlich im EHI Marketingmonitor Handel die Ergebnisse umfassender Befragung von Handelsunternehmen zu dem Einsatz ihrer Etats für Werbung. In dem letzten Report, der Ende September veröffentlicht wurde, zeigt sich auch bei den Handelsunternehmen ein zunehmender Shift der Werbeetats von Print zu digitalen Medien.
Vorab: Nein, die Printwerbung des Einzelhandels, ob in Tageszeitungen oder als Handzettel, auch despektierlich „Schweinebauchanzeige“ genannt, hat noch lange nicht ausgedient. Aber – auch der deutsche Handel bewegt sich, und passt seine Werbung zunehmend dem Mediennutzungsverhalten der Konsumenten an.
Der Anteil der Werbekosten ist branchenabhängig
Über alle Branchen im Handel hinweg beträgt der durchschnittliche Anteil der Werbekosten am Bruttoumsatz 3,3%. Im Lebensmitteleinzelhandel sind es „nur“ 1,4%, bei dem deutlich getriebenen Möbelhandel, dem eine Schließungsrate von 30% bis 2020 bereits in 2015 vorhergesagt wurde, sind es dann auch nicht überraschend 5% vom Bruttoumsatz.
Wie diese Mittel im Mediamix verteilt werden ist die spannende Frage, die das EHI jedes Jahr wieder stellt. Nachdem man jahrelang meinte, dass der Handel sich der digitalen Transformation und dem geänderten Konsumentenverhalten und Mediennutzungsverhalten verschliesst, beginnt sich nun zunehmend der Handel auf die geänderten Bedingungen einzustellen.
Der Handel wandelt sich – auch beim Medieneinsatz
Wenn auch mit rückläufigem Trend, stehen Printmedien wie Handzettel, Anzeigen oder Kundenmagazine noch immer hoch im Kurs und beanspruchen einen Anteil von 44 Prozent. Die restlichen 56 Prozent sind additiven Werbemaßnahmen (TV, Radio, Plakat, Direktmarketing, Verkaufsförderung am POS), sowie den digitalen Medien zuzurechnen. Vor allem der Anteil von Letzterem wächst stetig und auch für die nächsten Jahre prognostiziert der aktuelle „EHI Marketingmonitor Handel 2018 – 2021“ einen weiteren Zuwachs.
Die Bedeutung dieser Wandlung wird offensichtlich, wenn man die Historie nur seit 2007 betrachtet. In 2007 noch gingen 70 Prozent der Budgets in gedruckte Handelswerbung, nur 30 Prozent wurden in additive Werbung investiert. In den letzten 11 Jahren shiftete der Handel kontinuierlich seine Budgets um, die Anteile von gedruckter und additiver Handelswerbung bewegen sich unaufhaltsam aufeinander zu. 2016 hatte die additive Werbung zur gedruckten Werbung aufgeschlossen, heute schon liegen die Budgets deutlich über den Aufwendungen für Printwerbung.
Mediamix des Handels im Detail mit einer Prognose für 2021
In der genaueren Betrachtung des Mediamix fällt erst einmal mit 44%, die nach wie vor starke Bedeutung der Printmedien auf, wobei mit 31% Prospekte, Handzettel und Flyer den Großteil ausmachen. Sicherlich auch Folge der Absprachen mit den Herstellern, die einen Teil der Werbekosten refinanzieren.
Wachstum im Mediamix wird überraschenderweise nicht nur den digitalen Medien prognostiziert, wenn auch das Wachstum mit einem Sprung von 26% auf 32% absolut am höchsten ist. Interessanterweise sieht der Handel auch ein 15% Wachstum bei POS Medien/Marketing, Direktmarketing (+14%, beinhaltet CRM) und Plakatwerbung (+36%).
Digitales Mediabudget
Noch fliesst der größte Teil des Onlinebudgets in die Suchmaschinenoptimierung (SEM/SEO) mit 37,5 %, wird aber für 2021 sinken. Dem Bereich eCrm & Data Analytics wird ein Wachstum um 3,5% vorhergesagt. Ein Grund dafür sind sicherlich die steigenden Kosten zur Wiedergewinnung von Newsletterabonnenten als Folge der Datenschutzverordnung. Es bleibt zu hoffen, dass es auch ein Zeichen dafür ist, dass der Handel die Bedeutung von Analytics zum Verständnis des Kundenverhaltens und personalisierter Ansprache sieht.
Marketingmix im Branchenvergleich
Auch Vergleichsdaten des Mediamix verschiedener Branchen bietet die Studie. Wen die genauen Daten interessieren, sollte sich die Studie im Detail einmal anschauen. Auf den ersten Blick ist interessant, dass die beiden schwächelnden Branchen Mode und Möbel erstaunlicherweise ein komplett gegensätzlichen Weg gehen. Wohingegen Mode mit knapp 44% heute schon den höchsten Online-Handelswerbung Anteil unter allen Branchen zeigt, hat die Branche Möbel mit 9% den niedrigsten, vielleicht ein Zeichen für die Progressivität, bzw. deren Mangel in den Branchen.
Über die Studie:
Insgesamt haben sich 59 Handelsunternehmen an der Erhebung beteiligt, und bieten so ein Sample mit Marktrelevanz. Die Studienteilnehmer erwirtschaften einen Bruttoumsatz von insgesamt 139,8 Mrd. Euro (2017) und repräsentieren knapp 30 Prozent des gesamten Einzelhandelsumsatzes in Deutschland.
Die Erhebung umfasst Unternehmensgrößenklassen vom kleinen Unternehmen mit einem Jahresumsatz von rd. 1 Million bis zum Big Player mit einem zweistelligen Milliarden-Umsatz.
Bei der Kategorisierung nach Umsatzklassen ist die Umsatzgruppe der großen Unternehmen über 1 Mrd. Euro 21-mal vertreten:
- 7 Unternehmen: größer 5 Mrd. Euro
- 14 Unternehmen: 1 Mrd. bis 5 Mrd. Euro
- 38 Unternehmen: bis 1 Mrd. Euro
Die Studienteilnehmer stehen für insgesamt 44.460 Filialen.
Über das EHI:
Das EHI Retail Institute ist ein Forschungs- und Beratungsinstitut für den Handel und seine Partner mit rund 80 Mitarbeitern. Sein internationales Netzwerk umfasst rund 800 Mitgliedsunternehmen aus Handel, Konsum- und Investitionsgüterindustrie sowie Dienstleister. Das EHI erhebt wichtige Kennzahlen für den stationären und den Onlinehandel, ermittelt Trends und erarbeitet Lösungen. Das Unternehmen wurde 1951 gegründet. Präsident ist Kurt Jox, Geschäftsführer ist Michael Gerling. Die GS1 Germany ist eine Tochtergesellschaft des EHI und des Markenverbandes und koordiniert die Vergabe der Global Trading Item Number (GTIN, ehem. EAN) in Deutschland. In Kooperation mit dem EHI veranstaltet die Messe Düsseldorf die EuroShop, die weltweit führende Investitionsgütermesse für den Handel, die EuroCIS, wo neueste Produkte, Lösungen und Trends der IT- und Sicherheitstechnik vorgestellt werden sowie die C-star für den asiatischen Handel in Shanghai.
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