Kreative Ideen im Einzelhandel in Zeiten von Corona
Nahrungsmittelversorgung, Ausgangssperren, Kontaktverbote, Schulschließungen. Diese Stichworte haben alle eines gemeinsam: Sie sind in Zeiten der Corona-Krise in Deutschland, aber auch in anderen europäischen Ländern und Teilen der Welt in den Medien nicht wegzudenken. Immer häufiger fallen aber seit einigen Tagen auch die Begriffe Existenzangst, betriebsbedingte Kündigungen und Kurzarbeiterregelung. Durch das Andauern der Corona-Krise und die daraus resultierenden Schließungen von nicht-systemrelevanten Betrieben fürchten immer mehr Händler und Dienstleister um ihre Existenz. Dieser Gedanke wird verstärkt durch die unvorhersehbare Dauer dieses Zustands. Insbesondere kleine, lokale Geschäfte und Gastronomiebetriebe sind betroffen. Diese sind auf ihren täglichen Umsatz angewiesen und können kaum Rücklagen vorweisen. Jetzt sind die kreativen Ideen im Einzelhandel in Zeiten von Corona gefragt.
Beispiele von kreativen Ideen im Einzelhandel in Zeiten von Corona
Durch das Schließen des Betriebes kommt es zu einer Abwärtsspirale, die sich wie folgt abspielt: Infolge der fehlenden Kundschaft generiert der Händler weniger Umsatz. Dadurch kann er laufende Kosten, wie Miete, Personalkosten aber auch Versicherungen oder IT-Leistungen, nicht mehr decken. Darauf folgt meist das Aufbrauchen der, wenn vorhandenen, Rücklagen oder eine direkte Schließung des Betriebes. Hierdurch verlieren im schlimmsten Fall die Angestellten ihren Job, der Händler seine Existenz und die Stadt einen lokalen Betrieb. Das wiederum würde sinkende Steuereinnahmen und viele Leerstände innerhalb des Ortes bedeuten. Dieser Abwärtsspirale gilt es von vornherein entgegenzuwirken. Bürger vor Ort, aber auch die Händler und Dienstleister müssen selbst neue Ideen entwickeln. Dadurch können weiterhin Einnahmen generiert und ihre Geschäfte durch diese Zeit geführt werden. Doch wie sehen die Ideen im Einzelhandel in Zeiten von Corona in der Praxis aus?
Gratis Toilettenpapier zu jedem Einkauf beim Metzger
Sebastian Herzog, Inhaber der Landfleischerei Herzog in der sächsischen Gemeine Leutersdorf, nimmt es mit Humor. Er merkt, wie viele andere lokale Unternehmen, Umsatzeinbußen seit dem Ausbruch des COVID-19-Virus‘. Und das obwohl er als Inhaber einer Metzgerei die gewohnten Öffnungszeiten beibehalten und lediglich auf Kundenanzahl und Mindestabstand während des Verkaufs im Laden achten muss. Der Fleischer hat sich eine Marketing-Strategie überlegt, mit welcher er die Kunden trotz „social distancing“ in sein Geschäft locken kann. Diese ist genauso simple, wie genial: Sebastian Herzog verteilt zu jedem Einkauf eine Rolle Toilettenpapier gratis. In Zeiten, in denen Menschen Toilettenpapier und Hygieneartikel hamstern und diverse Artikel in Supermärkten ausverkauft sind, eine geniale Idee. Darüber hinaus bietet der selbstständige Metzger einen Lieferservice und eigens produzierte Konserven an.
Empfehlungen live aus der Buchhandlung
Die Buchhandlung Lesezeichen in der oberbayerischen Stadt Germering musste ihr Geschäft am 18.03.2020 vorerst aufgrund der Corona-Krise schließen. Das siebenköpfige Team arbeitet weiterhin im Hintergrund für seine Kunden. Dies geschieht in Form des Online-Shops. Online kann 24 Stunden am Tag eingekauft werden und die Bestellung kann bequem nach Hause geliefert werden. Den Kunden wird trotz Ladenschließung ein angenehmer und reibungsloser Einkauf mit entsprechender Beratung gewährleistet. Das Team bietet seit dem 19. März individuelle Auskünfte per Telefon, Whatsapp-Audio oder Facetime live aus der Buchhandlung an.
Hierdurch bleibt der Kundenservice und -kontakt bestehen, es können Empfehlungen ausgesprochen und besser auf den einzelnen Kunden eingegangen werden. Dadurch erzielt die Buchhandlung einen Vorteil gegenüber Amazon und all den anderen großen Online-Shop. Die Bestellung wird vor Ort von den Kollegen verpackt und per Post zum Kunden nach Hause geliefert. Bezahlt werden kann per Rechnung oder mit PayPal. Neben den genannten Bemühungen der Mitarbeiter der Buchhandlung Lesezeichen, führen sie neben dem genannten Online-Shop auch ihre Profile auf Facebook und Instagram. Diese werden regelmäßig aktualisiert und mit Neuigkeiten versehen, um vor allem junge Bevölkerungsgruppen zu erreichen.
Gutscheinaktion zum Überbrücken
Dienstleister wie Friseur- und Kosmetikstudios mussten auch ihre Türen dicht machen. Die Inhaber dieser Geschäfte bangen um ihre Existenz. Die Mieten der Ladenlokale und andere laufende Kosten, wie Lohnfortzahlungen, müssen weiterhin gedeckt werden. Der Friseursalon Art of Hair aus der mittelfränkischen Stadt Zirndorf bietet seit dem 20.03.2020 online auf seiner Website Gutscheine an. Diese gibt es mit drei verschiedenen Geldwerten (30, 50, 100€). Durch den Verkauf der Gutscheine sollen die oben genannten laufenden Kosten des Geschäftes gedeckt werden, auch wenn der Salon geschlossen ist. Damit wollen sich die Inhaber absichern und den Kunden garantieren nach der Krise wieder ganz normal für sie da zu sein.
Home-Office auf dem Hotelzimmer
Neben den Einzelhändlern und Dienstleistern trifft die Corona-Krise aber auch große Firmen, die nun gezwungen sind, ihren Mitarbeitern das Arbeiten von zu Hause aus zu genehmigen. Häufig fehlen dazu allerdings die nötige Ruhe und der notwendige Platz in den eigenen vier Wänden. Da auch Hotels schließen mussten und somit keine Einnahmen mehr generiert werden können, entschied sich die Kette der ACHAT Hotels für eine neue Möglichkeit der Vermarktung ihrer Hotelzimmer: Die Drei- bis Vier-Sterne-Superior-Hotelkette bietet die Möglichkeit, sich sein eigenes Hotelzimmer für das Arbeiten im Homeoffice zu mieten.
Rund 4.000 Zimmer in 33 großen und kleineren Städten innerhalb Deutschlands, ausgestattet mit Schreibtischen, High-Speed-WLAN und Laser-Druckern, können von Firmen und Angestellten gemietet und genutzt werden. Auf Wunsch gibt es Frühstück, eine Mahlzeit in der Mittagspause oder ein Feierabendbier direkt auf das Zimmer. Wer will, darf auch gerne übernachten. Damit schlagen die Verantwortlichen der Hotelkette ACHAT gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie selbst profitieren weiter von Einnahmen und können so ihr Geschäft ohne große, wirtschaftliche Einbußen fortführen, während für Angestellte eine ruhige Arbeitsatmosphäre geschaffen und somit das Homeoffice ansprechend gestaltet wird.
Frisch gekochtes Fertigessen für die Kühltheke
Viele Gastronomen trifft die Corona-Krise hart. Die wenigsten von ihnen bieten Lieferdienste oder To-Go-Angebote an, oder haben erst situationsbedingt damit angefangen und haben hierdurch Anlaufschwierigkeiten. Nicht so die Betreiber des Linden’s, eines Pension- und Restaurantbetriebes. Katja und Jörg Linden kochen nun für die Kühltheke und bieten die Speisen zur Abholung bei sich im Restaurant an. Darüber hinaus können die Kunden die vier verschiedenen Gerichte (Bolognese, Grillschinken mit Sauerkraut, Geflügelragout und Rinderbraten) im nahegelegenen Edeka Eble in Saarburg erwerben. Die Speisen werden nach dem Kochen pasteurisiert, in Vakuumbeutel verpackt und müssen nach dem Erwerb lediglich in einem Wasserbad erhitzt werden. Beilagen, wie Nudeln oder Kartoffeln, müssen separat gekocht werden. Laut Frau Linden läuft das Geschäft gut, und obwohl die beiden Betreiber für ihre zwei festangestellten Köche Kurzarbeit angemeldet hatten, können sie bis auf Weiteres normal weiterarbeiten und Umsatz generieren.
Die Zeit nach der Corona-Krise
Die Dauer der Corona-Krise kann nicht vorhergesagt werden. Dies macht es bedeutend schwerer für die Wirtschaft Maßnahmen und Mittel für einen bestimmten Zeithorizont zu beschließen. Wie die oben beschriebenen Beispiele der Gastronomen, Dienstleister und die kreativen Ideen im Einzelhandel in Zeiten von Corona zeigen, gibt es allerdings viele Möglichkeiten das Beste aus der Krise zu machen. Auch wir als Verbraucher sind angesprochen in Zeiten wie dieser vor allem lokale Händler zu unterstützen. Viele Städte, Gemeinden und Kommunen bieten hierfür Plattformen an, auf denen sich Händler und Dienstleister aus der jeweiligen Region vernetzen und ihre Angebote gesammelt vorstellen können. Dies erleichtert es auch für den Verbraucher bei der Vielzahl von Angeboten das Richtige zu finden. Neben großen Plattformen wie atalanda und lozuka gibt es auch Initiativen von einzelnen Städten wie hannoverhelfen.de oder helfen.berlin.
Beitragsbild: Stockfoto – simona pilolla 2/Shutterstock
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