Interview: „Für den stationären Handel gilt ‚Digitize or Die'“
Wir sind es alle ziemlich leid, immer noch über die Probleme durch Corona diskutieren zu müssen. Es sollte doch vielmehr darum gehen, wie der Handel morgen aussehen wird und was wir aus dieser schweren Zeit lernen können. Und „Lernen“ ist genau eines der Stichworte, über die wir mit der Gründerin von innector, Heike Scholz, gesprochen haben.
ZDE: Hallo Heike, stelle doch bitte Dich und Dein neues Projekt kurz vor.
Heike Scholz: Sehr gern. Ich bin seit den 90er-Jahren beratend und seit 2006 auch bloggend mit innovativen Themen unterwegs und seit 2015, gemeinsam mit Karin Wunderlich und Frank Rehme, Gesellschafterin von ZUKUNFT DES EINKAUFENS. In vielen Gesprächen mit Händler*innen habe ich bemerkt, dass häufig zwei elementare Faktoren für einen erfolgreichen Omnichannel-Handel fehlen: das praxisorientierte Grundlagenwissen über digitale Mechanismen und Zusammenhänge und der regelmäßige, offene Erfahrungsaustausch über operative Vorgehensweisen. Aus diesem Grund habe ich innector gegründet, wo diese (und noch einige andere) Dinge zusammengeführt sind. Denn ich bin davon überzeugt, dass Händler*innen ohne digitale Prozesse und Kommunikationskanäle nicht überleben werden. Es hieß vor vielen Jahren einmal „Innovate or Die“, für den stationären Handel gilt „Digitize or Die“.
ZDE: Aber Wissensvermittlung, Schulungen, Webinare, Whitepaper…das gibt es doch alles schon, oft sogar für Händler:innen kostenfrei, weil teilweise durch Fördermittel finanziert. Und für den Austausch sind auch verschiedene Plattformen, wie z.B. ERFA-Gruppen, am Start. Was machst Du anders?
Heike Scholz: Es gibt viele Angebote, gerade für den inhabergeführten Einzelhandel, den auch innector adressiert. Das ist großartig, denn so können Händler:innen aus einem breiten Angebot das auswählen, was ihnen ganz individuell weiterhilft. Bei innector ist einiges anders als bei den bisherigen Angeboten und – wie ich finde – besser. Denn wir bieten klar strukturierte Fachbeiträge zu den Themen Marketing-Strategie, Sichtbarkeit, Social Media, Direkte Kommunikation und Kundenbindung. Weitere Themen wie z.B. Shops sind in Vorbereitung. Immer dort, wo es sinnvoll ist, ergänzen wir dieses Basiswissen mit Arbeitsmaterialien, mit denen dieses Wissen sofort von den Händler*innen im eigenen Unternehmen angewendet werden kann. Allein oder im Team.
ZDE: Also so etwas wie ein Selbstlernsystem?
Heike Scholz: Ja, genau. Händler*innen sind stark durch ihr Geschäft eingebunden und benötigen orts- und zeitunabhängige Weiterbildung. Und mit innector können sie sich jederzeit und überall die Dinge herausgreifen, die für sie genau in diesem Moment wichtig sind. Ergänzt wird das Angebot natürlich durch Webinare, Workshops, Email-Kurse und weitere Live-Formate. So startet z.B. gleich nach Pfingsten, am 25.5.2021 ein drei-tägiger Email-Kurs mit wichtigen Tipps für das eigene Google My Business Profil. Hier erhalten die Teilnehmenden an drei Tagen morgens eine Mail mit einem Tipp (als Video und in schriftlicher Form), den sie sofort, in nur zehn Minuten umsetzen können. Ich arbeite darüber hinaus gerade an einem sehr umfassenden Kurs zum sinnvollen Einsatz von QR Codes.
ZDE: Woher weißt Du, welche Themen und Fragestellungen die Händler*innen gerade beschäftigen?
Heike Scholz: Ich spreche natürlich viel mit Händler*innen und anderen Organisationen in der Branche. Doch mir ist es ganz besonders wichtig, dass die Mitglieder bei innector die inhaltliche Entwicklung mitbestimmen. Daher gibt es eine große Zahl von Rück- und Kommunikationskanälen, um innectors Weiterentwicklung auf die Bedürfnisse der Händler*innen abzustimmen. Und mein Ziel ist es, nicht nur gute Inhalte für das Lernen im stillen Kämmerlein oder dem eigenen Team zur Verfügung zu stellen. Ich möchte eine lebendige Gemeinschaft, eine Community aufbauen, die sich gegenseitig hilft und unterstützt.
ZDE: Normalerweise ist es doch aber so, dass man erst einmal wissen will, was der eigene Mehrwert ist. Bevor man irgendwo etwas hineingibt, will man erst einmal etwas bekommen.
Heike Scholz: Das ist gerade in etablierten Branchen ein weit verbreitetes Phänomen. Doch junge Branchen und auch große Teile die Digitalwirtschaft zeigen schon seit Jahren, dass das Teilen von Wissen und Erfahrungen, auch ohne direkten, sofortigen Benefit, eine enorme Kraft hat. Denn es ist doch so, dass jede* irgendwann auch einmal das sogenannte Schwarmwissen braucht, wenn wichtige Entscheidungen getroffen werden müssen. Und da helfen diese Netzwerke und Communities enorm. Ich habe schon so oft vom Wissen anderer profitiert, dass ich es gar nicht mehr zählen kann. Für den Handel ist dieses Teilen teilweise noch neu, aber ich bin davon überzeugt, dass es sich auch bei uns durchsetzen wird. Daher gibt es bei innector eine solche Gemeinschaft für die gegenseitige Unterstützung und den ungezwungenen Austausch.
ZDE: Wenn es um das Teilen geht, müsste innector dann nicht kostenfrei sein?
Heike Scholz: *lacht* Ja, im Grunde schon. Nur benötigt eine Plattform wie innector eben auch finanzielle Mittel, um zu existieren. Und ich halte es für selbstverständlich, dass alle, die ihr Wissen auf innector zur Verfügung stellen und viel Zeit investieren, auch angemessen vergütet werden.
ZDE: Du hast ein Abo-Modell gewählt. Ist das nicht kontraproduktiv?
Heike Scholz: Ich habe sehr lange darüber nachgedacht, wie man die Rahmenbedingungen für eine solche Plattform bestmöglich abbilden kann. Es geht nicht dauerhaft kostenfrei und doch lebt innector natürlich davon, dass möglichst viele Händler*innen mitmachen. Ich denke aber, dass 29 Euro im Monat sehr fair sind, für das was innector bietet. Und niemand ist in ein Abo „gezwungen“, denn man kann jederzeit mit sofortiger Wirkung kündigen. Eine 30-tägige kostenfreie Testphase gibt es auch noch, niemand kauft also die berühmte Katze im Sack. Darüber hinaus setzen sich Abomodelle auch im Handel immer mehr durch. Insofern ist innector damit sehr zeitgemäß.
ZDE: Wenn Händler*innen jetzt bei innector Mitglieder werden, was erwartet sie konkret?
Heike Scholz: Stand heute gibt es bei innector über 50 Fachbeiträge aus bereits erwähnten Themen und mehr als 20 Arbeitsmaterialien dazu. Über 20 Best Practices aus ganz unterschiedlichen Bereichen, mehr als 25 verlinkte Studien mit spannenden Zahlen und über 90 Tipps für digitale Tools und Services, die den Arbeitsalltag ganz entscheidend vereinfachen. Wir haben eine geschlossene Facebook-Gruppe zum Austausch und verschiedene digitale Live-Events. Zurzeit arbeite ich an verschiedenen Kursen und Workshops, die für die Mitglieder natürlich im Preis enthalten sind.
ZDE: Herzlichen Dank für das Gespräch, Heike. Wir wünschen Dir und innector ganz viel Erfolg.
Heike Scholz: Danke schön.
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