[Update] Im Baumarkt nachts um halb eins
Bereits im April 2018 hat Adolf Würth, Spezialist im Handel mit Montage- und Befestigungsmaterial, in Vöhringen die erste 24-Stunden-Niederlassung eröffnet. Hier können Kund*innen von Montag bis Samstag durchgehend ihren Sofortbedarf decken, auch mitten in der Nacht.
Außerhalb der gewohnten Öffnungszeiten erhalten Kund*innen Zugang zur Niederlassung mit der Würth App, die einen persönlichen QR-Code generiert, der am Eingang gescannt wird. Auch der Bezahlvorgang wird mit dem QR-Code eingeleitet. Mit einem Warenscanner werden die Produkte erfasst und der Bezahlvorgang automatisch innerhalb der App abgewickelt.
Tagsüber ist die Würth24-Niederlassung während der regulären Öffnungszeiten mit Mitarbeitenden besetzt, die für eine Beratung zur Verfügung stehen.
Direkt an der A7 gelegen, garantiert die 24-Stunden-Niederlassung eine gute Erreichbarkeit für die Kund*innen. Auf einer Verkaufsfläche von rund 500 Quadratmetern wird den Handwerker*innen allerdings nur ein Teil des Sortiments angeboten. Noch können einige Produkte nicht nachts gekauft werden, wie z.B. einige Chemikalien, die ohne Beratung nicht verkauft werden dürfen. Auch begrenzen die Warenscanner noch die Größe der angebotenen Produkte.
Positive Bilanz und Ausbau
Wie in der Südwest Presse zu lesen war, zog Würth bereits nach sechs Monaten Betrieb seiner 24-Stunden-Niederlassung ein positives Fazit und hat mittlerweile 23 weitere 24-Stunden-Filialen eröffnet. Bis Ende 2022 soll es deutschlandweit 50 solcher Filialen geben.
Wider Erwarten wurde nachts nicht mehr gestohlen als tagsüber, wenn das Personal vor Ort ist. Nachts werden ca. sechs Prozent des Umsatzes gemacht, tagsüber 94 Prozent. Die am meisten frequentierten Zeiten sind zwischen 17 und 21:30 Uhr und dann morgens ab 4:30 Uhr, wenn sich Handwerker*innen mit Material für den Tag eindecken.
Mit den 24-Stunden-Niederlassungen hat Würth für seine Kund*innen auch ein Samstags-Angebot geschaffen. An Samstagen sind die meisten Würth-Filialen geschlossen, da sich der Normalbetrieb durch den Personaleinsatz an diesem Tag nicht lohnt. Dank der Technologie, die sich nach Angaben von Würth rechnet, können die Kund*innen nun auch am Samstag einkaufen. Würth hat, nach Angaben der Südwest Presse, einen höheren fünfstelligen Betrag in seine erste Filiale investiert.
Gewerkschaften dagegen
Ver.di sieht in diesem Konzept mal wieder den Untergang des Abendlandes – oder zumindest den eigenen Einflussbereich weiter schwinden. Bernhard Franke vom Fachbereich Handel von ver.di in Baden-Württemberg wird von der Tagesschau zitiert: „Eine echte Alternative zum gut geführten stationären Einzelhandel sehe ich nicht. Es gilt, die Kundenbedürfnisse nach Qualität, Service, Beratung, Einkaufserlebnis zu befriedigen. Das kann so umfassend weder der Onlinehandel noch ein Automatenshop.“
Weder Würth, noch andere Handelsunternehmen, die solche Konzepte zurzeit umsetzen, behaupten dies. Natürlich ersetzt ein autonomer Store nicht die persönliche Beratung oder ein Einkaufserlebnis. Er kann jedoch den Service erweitern, wie bei Würth, oder neue Läden an bisher nicht bespielten Locations ermöglichen.
Und auch Franke schiebt, wie viele, die solche Konzepte kritisieren, den schwarzen Peter den Kund*innen zu. Diese müssten darüber nachdenken, ob sie mit der Nutzung solcher Konzepte zum teilweisen Verschwinden des stationären Handels beitragen wollen. Kund*innen die Schuld an den Veränderungen im stationären Handel zu geben, ist ja bekanntlich eine ganz tolle Idee.
Beitragsbild: (C) Würth, andi Schmid / München
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