Einzelhandelsmieten brechen in Top7-Städten stark ein
Der sich bereits in den vergangenen Jahren abzeichnende Leerstand in der Einzelhandelsbranche hat pandemiebedingt einen großen Schub bekommen. Die Leerstandsquote im Sommer 2021 betrug im bundesweiten Durchschnitt circa 20 Prozent. 77 Prozent der Immobilienunternehmen gaben bei einer Befragung durch IVD-Research an, dass sich der Leerstand bei Ladenflächen in den Innenstädten in den vergangenen acht Monaten noch einmal erhöht hat. Eine deutliche Mehrheit (62 Prozent) der IVD-Marktexperten sieht diesen Prozess außerdem als unumkehrbar an. Die Einzelhandelsmieten haben sich je nach Stadtgröße sehr unterschiedlich entwickelt.
Die zentralen Ergebnisse aus dem aktuellen Gewerbepreisspiegel 2021/2022 des IVD:
- Es zeigt sich in der bereits vor Corona schwächelnden Branche im Zuge der Pandemie insbesondere in Innenstädten ein ausgeprägter Leerstand von Ladenflächen.
- Es gibt eine deutliche Preiskorrektur der Einzelhandelsmieten. Je höher die Mietpreise zuvor waren, desto stärker sind sie zurückgegangen. Davon betroffen sind insbesondere Top-7-Städte und andere Großstädte.
- Die Einzelhandelsmieten in Klein- und Mittelstädten sind hingegen im Vergleich zu den Großstädten stabiler.
- Es deutet sich wegen des ausgeprägten Leerstands ein verstärkter Fokus auf Umnutzungspotenziale für Einzelhandelsflächen in Wohnraum an – das betrifft hauptsächlich Klein- und Mittelstädte.
Starke Preiskorrekturen sind im Bereich der Einzelhandelsmieten insbesondere bei den Top-7 und anderen Großstädten zu verzeichnen. Dabei zeigte sich, dass der Rückgang umso drastischer war, je höher das Preisniveau vor Pandemie-Beginn lag. An der Spitze steht vor diesem Hintergrund München mit einem Mietpreis-Rückgang von 26,8 Prozent, gefolgt von Stuttgart mit 20,3 Prozent.
Wesentlich robuster sind die Einzelhandelsmieten in den Klein- und Mittelstädten durch die Pandemie gekommen. Teils befanden sich die Mieten seit fünf Jahren auf unverändertem Niveau (Kleinstädte, Geschäftskern, 1A-Lage, große und kleine Flächen), teils konnten sich die Mietpreise sogar leicht erholen (Kleinstädte, Geschäftskern, 1B-Lage, große Ladenflächen). Die Durchschnittsmieten sind bei kleinen Flächen im Vergleich zum Vorjahr in Mittelstädten um 5,6 Prozent und in Kleinstädten um 1,3 Prozent zurückgegangen. Dennoch deuten die Marktdaten auch in diesen Städteklassen auf einen eingesetzten Strukturwandel in den Innenstädten hin.
Der durch die Pandemie weiter verschärfte Leerstand rückt Umnutzungspotenziale in den Vordergrund. Sinkende Mietpreise und verbreiteter Leerstand bei Einzelhandelsflächen einerseits und weit verbreiteter Nachfrageüberhang nach Wohnraum andererseits machen Umnutzungen vorrangig außerhalb der Metropolen und Großstädte attraktiver.
In einer Expertenumfrage kam der IVD-Research zu dem Ergebnis, dass mehr als 68 Prozent der Immobilienunternehmen Nachfrage erwarten würden, wenn man Einzelhandelsflächen in Wohnraum umwandeln würde. Zudem seien Vermieter bereit, Gewerbeeinheiten in Wohnungen umzuwandeln, wenn es wirtschaftlich darstellbar wäre.
IVD-Präsident Jürgen Michael Schick: „Der Leerstand in vielen Innenstädten – insbesondere in B- und Nebenkernlagen und in Klein- und Mittelstädten – ist kein vorübergehendes Phänomen. Deswegen gewinnen dort Umnutzungspotenziale im Bereich des Einzelhandels, insbesondere mit Blick auf zusätzlichen Wohnraum, an Bedeutung. Vermieter müssen in die Lage versetzt werden, Einzelhandelsflächen, deren Zuschnitt und Belichtung sich für eine Wohnnutzung eignen, entsprechend umzubauen. Derzeit steht dem jedoch insbesondere das Bauordnungsrecht entgegen. Mit der Umnutzung ist ein Bauantrag zu stellen und damit das aktuelle Baurecht einzuhalten, was wirtschaftlich schwer umsetzbar ist. Diesem sollte das Bauordnungsrecht der Länder Rechnung tragen und zugunsten von Wohnraum Ausnahmen schaffen.“
In seinem jährlich veröffentlichten Gewerbepreisspiegel erfasst der IVD-Research die Entwicklung des Gewerbeimmobilienmarkts in circa 370 Städten und Gemeinden der Bundesrepublik. Grundlage für die Preisangaben bilden Marktpreise aus dem ersten Halbjahr des Jahres 2021.
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