Ladenbau wird neu gedacht – Storecheck New York 23
Januar ist unser Storecheck Monat: Jedes Jahr geht es zur NRF-Messe nach New York, aber nicht ohne sich dort die neuesten Trends im Ladenbau anzusehen. Diesmal im Fokus:
Was sind die neuen Ladenbau Konzepte?
In den vergangenen Jahren haben wir bereits sehr oft über den Trend zum sogenannten Industrial Vintage Style berichtet. In dem Artikel haben wir den sogar totgeredet. Wir können Entwarnung geben: Der Trend ist auf einem neuen Level angekommen, indem er mit dem Thema des Upcycling kombiniert wird. Was meinen wir damit? Man erlebt dort Läden, die in einem vollkommen unrenovierten Ladenlokal Einbauten einbringen, die so clever ausgewählt sind dass ein umbeschreiblicher Effekt entsteht.
Im Grunde genommen erwartet man in dieser Anmutung eher ein Pop-up Format, was aber wieder nicht zu der erstklassigen Anmutung der Einbauten passt. Man schaut schon länger hin und versucht, das irgendwie einzuordnen, findet aber keinen bekannten Bezug und ist von den Eindrücken begeistert. Wie das aussieht zeigen wir hier.
Gucci in SoHo
Je nachdem, welchen Eingang man benutzt (der Store kann von 2 gegenüberliegenden Straßen betreten werden) erlebt man ein anderes „Warm Welcome“. Auf der einen Seite eine Riesen LED Wand (die übrigens in vielen Stores anzutreffen sind – unter 20 qm gilt man eher als Tablet), auf der anderen Seite eine einladende Wohnzimmerathmosphäre. Wenn man den Ladenbau sieht, stellt man fest, dass hier Upcycling groß geschrieben wurde. Erlesene alte Möbel, die interessant aufgearbeitet wurden. Ware wird sehr sparsam präsentiert, und das nur an den Wandbereichen, der komplette Innenbereich dient ausschließlich dem Verweilen und Erleben. Es gibt sogar Bereiche, in denen überhaupt keine Ware steht, sonder eher einer Bücherecke gleicht. Insgesamt spürt man hier besonders viel Inspiration und den Wunsch, Zeit zu verbringen. Interessant aber auch: Der Style der Verkäufer:innen war auf den Store abgestimmt – sie waren so Teil des Ladenbaus. Mehr dazu aber im Film:
Flying Solo in SoHo
Hier zeigen wir ein Format, das einerseits sehr „rough“ daherkommt, andererseits auch edel. Das Sortiment: Designer-Einzelstücke oberster Preisklasse. Flying Solo ist in erster Linie die größte Plattform für unabhängige Designer in den USA, also mit einem hauptsächlichen Online-Business.
Zuerst verwirr das Ladenbau Konzept: Der Standort ist in bester Gesellschaft auf dem Broadway, der Name ist auf den ersten Blick nicht entzifferbar. Auch hier: Verschiedene Storys werden auf dem Innenarchitektur-Sektor gespielt. Die Basis des Stores macht einen unrenovierten Eindruck: Betonboden, hinter den Bauten findet man Wände, die das Vorleben noch spiegeln.
Einerseits hängen die edlen Stücke an abgehängten Kupferrohren, andererseits edel präsentiert in Glasvitrinen. Gesamt gesehen imponiert der Store auf seine Art, ganz besonders durch die ausgestellte Ware. Mehr dazu im Video:
Mal anders: Edel gemixt mit wenig
Einen anderen Weg bietet der Schu Designer Stuart Weitzman in seinem Store in dem Bahnhof Oculus am Wold Trade Center. Das unterirische Gebäude Oculus gleicht einer riesigen weißen Kathedrale. Der Boden besteht komplett aus weißem italienischen Marmor. Weiße, geschwungene Stahlrippen heben sich am Dach des Gebäudes. Damit möchte Architekt Santiago Calatrava an die Flügel einer Taube erinnern – eine Würdigung des symbolträchtigen Ortes und der Anschläge vom 11. September.
Hier sehen wir das genaue Gegenteil, natürlich auch der Gesamtarchitektur geschuldet. Edelster Ladenbau, aber mit extrem wenig Produkten. Frei nach dem Motto „Willst was gelten, mach dich selten“ wird gezeigt, dass hier keine Massenware verkauft wird. Mehr dazu im Video:
Unsere Bewertung
Der Trend zu mehr Vintage ist ja seit Jahren zu beobachten, bekommt aber anhand dieser Beispiele eine neue Qualität. Wir sehen eine Strömung, die klassische Ladenbauer vor neue Herausforderungen stellt: Wer sich bisher als Produzent von erstklassigen Sondermöbeln für den Retail Bereich verstanden hat, muss dann sein Portfolio um den Bereich des Restaurators und Verwerters erweitern. Das braucht neue Kompetenzen. Personal und vor allem ein Umdenken im Vertrieb
Natürlich wird es den klassischen Bereich immer geben, es drängt aber ein Style in die Handelswelt, der bisher eher eine Nische war. Ignorieren gilt nicht, sondern schauen, was man daraus gewinnen kann. Es bleibt spannend!
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