Storecheck: Lidl zeigt, wie Discounter auch sein können – allerdings in Italien
In der Vergangenheit gab es ja bereits verschiedene Richtungen, in die sich Lidl neu ausprobiert hat. Es gab die Strategie der Erneuerung, die vom Vorstand Sven Seidel stark vorangetrieben wurde. Leider wurde er im Februar 2017 abgelöst, da dem ursprünglichen Gründer und Komplementär der Schwarz Gruppe, Klaus Gehrig, die Maßnahmen doch zu forsch waren. Bloggerkollege Peer Schader hat in seinem Supermarktblog seinerzeit sehr direkt in diesem Artikel über den Wechsel berichtet.
Das Dilemma der schnellen Transformation
Uns sind natürlich keine Interna bekannt, die zu dem Wechsel geführt haben. Aber wir sehen ein Muster, das auch schon bei Tchibo zu beobachten war: Man holt sich für die Erneuerung eines Unternehmens gute Leute mit frischen Ideen und einen Blick für Zukunft ins Haus mit dem Auftrag, die Transformation zu gestalten. Wenn sie dann aber loslegen, bekommen die Alteigentümer auf Grund der Veränderungsgeschwindigkeit schnell ein ungutes Gefühl und setzen die teuer eingekauften Experten wieder vor die Tür. Ein ganz besonderer Unterschied zwischen Lidl und Tchibo existiert aber: Tchibo will das Zwangschrumpfen verhindern bzw. abmildern, Lidl hingegen muss ein enormes Wachstumstempo managen. Soviel erst einmal zum Wechsel, der hier, hier und ganz besonders hier (Paywall) ausgiebig beschrieben wurde.
Der neue Lidl in Sondrio/Lombardei
Urlaubszeit = Reisezeit = Store-Check-Zeit. Ein Retail Innovator ist natürlich immer auf der Suche nach coolen Formaten und so fiel uns der neue Lidl im lombardischen Sondrio auf. Ein Format, das wir so bisher noch nicht gesehen haben und das sich von seinem Erscheinungsbild nicht nur von den hiesigen Märkten abhebt. Vielmehr setzt er auch in Italien einen besonderen Akzent im direkten Vergleich mit Vollsortimentern oder sogar den weit verbreiteten SB-Warenhäusern. In keinen anderen Lebensmittelformat ist das aus Neuromarketingsicht besonders gelungene Gesamtkonzept zu finden. Zur Orientierung, wo der Ort liegt, hier die Karte:
Die Bilderstrecke zeigt auf, wie auf rund 1.000 qm das Thema Discount neu verpackt wird. Dabei fällt ganz besonders auf, dass sich der Eindruck der schieren Größe des Marktes innen nach gut 10 Metern nicht mehr fortsetzt. Konkret: Ist vorn eine Deckenhöhe von ca 7m zu sehen, reduziert sich diese ab dem Checkout Bereich auf gut 3,50m.
Was sonst noch auffällt:
Kassenbereich: Hier noch mit der in Deutschland verpönten Quengelzone, 7 Kassen sind mehr als in diesem Format üblich. Zu beobachten war, dass die Kassenprozesse deutlich langsamer waren als in Deutschland, sicherlich eine Mentalitätsfrage. Interessant: Zweitplatzierungen und Promotionen direkt am Kassentisch. Uns würde interessieren, wie hoch dort der WKZ Preis ist.
Ladenbau: Der Ladenbau ist bis auf den Tiefkühlbereich nicht außergewöhnlich, teilweise sogar recht Lidl-OldSchool-mäßig. Das ist auch nicht schlimm, denn letztendlich muss der Discounter ja auch dort eine eindeutig durchgängige Sprache sprechen. Interessant: LED beleuchtete Regale im Kosmetikbereich. Der Tiefkühlbereich bietet durch seine aufgeräumte Erscheinung ein ganz neues Einkaufserlebnis im Bereich TK. Sehr homogen beleuchtet mit energieeffizienter Technologie.
Orientierung: Große Schrift auf schwarzem Grund erleichtert das Auffinden der jeweiligen Kategorie. Ebenso ist ein klares Bekenntnis zur Nation (Lidl Logo auf Trikolore) direkt vom Eingang aus sichtbar. In der Form in Deutschland allerdings schwer vorstellbar.
Backwarenbereich: Den kennen wir mittlerweile auch aus den neuen Formaten in Deutschland. Es wird, nur in kleinerer Form, der „Manufakturbereich“ der Globus-Bäckerei kopiert. 08
Wir sind immer froh, wenn wir neue Experimente im Handel sehen. Genau das Ausprobieren und der Mut, neue Wege zu gehen, sind Eigenschaften, die dem stationären Handel in der Vergangenheit gefehlt haben. Schade nur, das sich Lidl mit dem Ablösen des Vorstands davon verabschiedet hat.
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