Das kleine 1×1 der Shopper-Aktivierung schafft kein Onlineshop dieser Welt.
Wo liest man ihn nicht – den Satz von der Shopper-Aktivierung. Mittlerweile wird er sehr universell eingesetzt und beschreibt oft jede Art von Promotion, Platzierung oder ähnlicher verkaufsfördernder Maßnahmen. Aber was ist das genau?
Was ist Aktivierung?
Anfangs habe ich auf Grund des inflationären Einsatzes auch nicht verstanden, was genau damit gemeint war. Erst in vielen Gesprächen und der Studie von Erkenntnissen habe ich dann verstanden, dass es dabei auch um reines Neuromarketinggeht: Man versucht, Handlungsmotive von Menschen zu erkennen und genau diese dann zu aktivieren. Sehr hilfreich dabei ist übrigens die Limbic Map nach Prof. Häusel, der die Hauptmotive von Menschen in eine übersichtliche und leicht verständliche Form gebracht hat. Es geht also nicht darum, besondere Produkteigenschaften anzusprechen (maximal den USP, aber keine Features), sondern rein um den Shopper. Und wie wird das derzeit gemacht? Schauen wir uns das einmal an:
Die 2 meistgenutzten Sätze im Handel
Shopper-Aktivierung ist zum heutigen Zeitpunkt erst mal der Wunsch von Verkäufern, den Kunden scheinbar aus einer misslichen Lage zu befreien (in der er faktisch nicht ist). Anders lässt sich der Zweck der beiden meistgenutzten Verkäuferfragen nicht erklären, die zweifelsohne die Hitliste anführen:
- .“Kann ich Ihnen helfen?“
- „Sie kommen zurecht?“
Mit diesen Fragen erreicht man mit Sicherheit nur eines: Die Abwehrreaktion des Kunden. Wer gibt denn schon gern zu, dass der hilflos ist, oder im Leben nicht zurechtkommt? Also sind diese Fragen nicht nur überflüssig, sondern sogar umsatzschädlich.
Shopper-Aktivierung bedingt das Interesse am Menschen
Aber was ist denn nun die richtige Vorgehensweise? Zuerst muss man sich Gedanken über die Ausbildung des Store-Personals machen. Die Rahmenausbildungspläne der IHK´s müssen dazu dringend auf die neue Aufgabe des stationären Handels, mehr ein Freizeitangebot statt ein Versorger zu sein, angepasst werden. Erkenntnisse aus der Gehirnforschung, sauber übersetzt in praktische Anwendungsfelder, müssen genau erklären, wie Shopper-Aktivierung funktioniert. Ich benutze in meinen Vorträgen immer folgendes Beispiel zu dessen Erklärung, welches jeder selbst nachvollziehen kann. Folgende Aufforderung ergeht dabei ans Publikum:
„Wenn bei Ihrem nächsten Restaurantbesuch der Kellner die Bestellung aufgenommen hat, bitten sie ihn als Experten um eine Antwort auf die folgende Frage: Gibt es einen Zusammenhang zwischen Servicequalität und der Höhe des Trinkgeldes? Die Antwort ist eigentlich egal, sie haben den Kellner wunderbar aktiviert und werden danach erstklassig bedient“
Die Kunst der Shopper-Aktivierung braucht aber eine ganz wichtige Schlüsselqualifikation: Spaß und Interesse an Menschen, vorzugsweise gepaart mit einem Grundtalent im Bereich der Kommunikation!
Wie funktioniert Shopper-Aktivierung in der Praxis?
In vielen Storechecks achte ich neben ganz vielen Aspekten auch immer auf Positivbeispiele im Bereich Shopperansprache. Dabei ist mir ein Beispiel ganz besonders im Gedächtnis geblieben: Der Lush-Store in der myZeil Galerie in Frankfurt. Wer das Format von Lush nicht kennt: Handgemachte frische Kosmetik, die ohne Tierversuche entwickelt wurde und in den meisten Fällen vegetarisch, ja sogar manchmal vegan ist. Alles Produkte also, mit denen man sich selbst verwöhnt und gern auch belohnt. Der Kauf dort ist selten ein Zielkauf, und speziell die Erzeugung dieses Impulskaufes bedarf einer besonderen Shopper-Aktivierung. Folgende Parameter gehen dort optimal Hand in Hand:
Das multisensorische Erlebnis: Die Produkte und deren Präsentation ist eine reine Inszenierung. Farben, Duft und vor allem das haptische Erleben sind ein ganz besonderes Erlebnis. Die Kosmetikprodukte sind wie Lebensmittel auf einem Markt inszeniert, mache Cremes liegen auf Crushed Eis wie wo anders der Kaviar. Und alles lädt sofort zum testen ein: Selbst das Peeling kann man ausprobieren, denn es sind ausreichend Waschbecken vorhanden.
Der Ladenbau: Moderner Ladenbau in Kombination mit Vintage-Elementen vermitteln den Eindruck einer Kombination aus Tante Emma Laden, Weinkeller, Marktplatz und Feinkostladen. Im Vergleich mit klassischen Parfümerien, die sehr sachlich und nüchtern daherkommen, setzt der Store ganz klar neue Impulse in Richtung des Lustzentrums des Shoppers.
Das Personal: Sehr offen und freundlich wird einem zuerst das Konzept erklärt, bevor die Frage nach den Vorlieben des Kunden kommt. Rezepte, Empfehlungen und vor allem Hintergründe der Produkte wird ohne einen Anflug von Aufdringlichkeit vermittelt. Das ganze eingepackt in ein ganzheitliches Storytelling rundet die Sache ab. Was hängen bleibt ist der Eindruck, dass sich jemand für die Bedürfnisse des Kunden interessiert und nicht irgendeine beliebige Ware anpreist.
Wie Kontexte die Preissensibilität eliminieren.
Wer kennt ihn nicht, den oft genannten Satz „Content is King, Context is Queen„? Setzt man den Content mit der Ware gleich, bleibt selbst das weltbeste Produkt im Regal liegen, wenn es nicht im richtigen Kontext vermittelt wird. Und hier sieht man den Unterschied: Das unbestreitbar hochwertige Lush Produkt Zitrus- Seife lässt sich zum 10fachen Preis gegenüber dem Zitronengras-Produkt aus dem DM Markt verkaufen. Es werden so viele Kontexte mitgeliefert, dass der Kunde bereit ist, diese entsprechend zu honorieren. Genau das ist die Stärke des stationären Handels: Gehen Sie alternativ auf die Webseite von Lush und versuchen Sie mal ein Gefühl von den Produkten zu bekommen – Es wird ihnen nicht gelingen, denn der multisensorische Eindruck fehlt.
Genau den gibt es eben nur vor Ort, mit Menschen und dem Wunsch, sich selbst zu belohnen. Shopper-Aktivierung pur eben! Es bleibt spannend!
Bildquelle: www.zukunftdeseinkaufens.de
Ihr Kommentar
An Diskussion beteiligen?Hinterlassen Sie gern einen Kommentar!