ZDE Podcast 146: Digitale Zwillinge im Handel
Digitale Zwillinge sind in der Autoindustrie schon lange verbreitet, jetzt kommen sie im Handel an. Was das bedeutet sagt uns unser Gesprächspartner Prof. Christoph Tripp.
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Frank Rehme: Christoph Tripp mal wieder bei uns im Podcast als Gast. Erst einmal herzlich willkommen und vielen Dank, dass du dir die Zeit für uns nimmst.
Christoph Tripp: Servus Frank. Grüß dich aus Nürnberg. Schön, dass ich wieder dabei sein darf.
Frank Rehme: Schnell für die Hörerinnen und Hörer, die dich nicht gehört haben, ist eigentlich schon fast unwahrscheinlich, aber kann ja mal passieren, zwei, drei Wörter zu dir.
Christoph Tripp: Es gibt gar nicht so viel zu sagen. Ich bin Professor für Distributions- und Handelslogistik an der Technischen Hochschule Nürnberg. Nebenher, auch wie viele andere, als Berater, Moderator und auch als Podcaster unterwegs.
Frank Rehme: Du bist erfahren und das sehe ich auch immer an deinem Equipment, was bei dir so vorhanden ist. Guter Ton ist eben das schöne Bild des Podcasters. Christoph, wir haben heute dieses supercoole Thema digitaler Zwilling und das ist eigentlich nicht neu dieses ganze Thema, nur jetzt geht es gerade durch alle Medien. Wie bist du in diesem Bereich digitaler Zwillinge eigentlich unterwegs?
Christoph Tripp: Wir beschäftigen uns sehr viel in Abschlussarbeiten mit den Themen rund um den digitalen Zwilling, haben da auch schon, ich sage mal so 5 – 6 intensivere Analysen dazu gemacht in ganz unterschiedlichen Feldern. Mein Bezugspunkt ist alles das, was die Logistik im Handel irgendwie beeinflusst, wo wir Herausforderungen haben, und das ist vor allem das Zusammenspiel zwischen Filiale und Zentrallager. Da ist im Moment viel im Gange, offensichtlich beschäftigen sich sehr, sehr viele Unternehmen damit. Es gibt allerdings noch nicht wirklich viele gelungene, umgesetzte und tatsächlich auch breitflächige Projekte dazu.
Frank Rehme: Für die Hörerinnen und Hörer, die mit digitalem Zwilling als Wort noch nichts anfangen können, das ist praktisch, dass man digitale Repräsentanz eines materiellen oder immateriellen Objektes in der digitalen Welt schafft. Ich sag mal ein Beispiel, was wir ganz gut kennen, glaube ich, aus vielen Simulationen, dass man heutzutage in der Automobilindustrie nicht immer unbedingt Autos vor Wände fahren lässt, um zu gucken, ob die noch vom Unfallschutz her gut sind, sondern, dass man digitale Zwillinge crashen lässt und dann auswertet, was eigentlich den Insassen passiert ist. Bis hin zu, dass man teilweise sogar schon beispielsweise Satellitenstarts und Raketenstarts dementsprechend simuliert in so einem digitalen Zwilling und James Webb Teleskop ist ein so ein Beispiel, wo man wunderbarer voraussagen konnte, wie viel Sprit man braucht und wie lange er da oben fliegen kann. Also das sind so Dinge, die passieren.
Christoph Tripp: Wir bilden quasi die Realität irgendwie digital ab und das kann natürlich auf ganz unterschiedlichen Ebenen sein, werden wir vielleicht noch drüber sprechen, insofern ist das Thema tatsächlich nicht neu. Die NASA ist schon Ende der 60er-Jahre mit den ersten technischen Zwillingen an den Start gegangen und haben genau das gemacht, was du gerade gesagt hast, eben entsprechende mögliche Vorfälle und Ähnliches zu simulieren, bevor man ins All geht. Von daher ist es ein bisschen auch in der Logistik und in der Filiale so.
Frank Rehme: Ich sag mal viele Dinge, weil du auch gerade gesagt hast, ist nicht neu, wir haben bereits 2011, da fing dieses ganze Thema Metaverse mit Second Life damals an und dann gab es einen digitalen Zwilling der Stadt Berlin in einer virtuellen Welt, der hieß Trinity, das weiß ich noch genau, wir wollten damals schauen, wenn wir da an der Stelle einen Supermarkt machen, was passiert eigentlich mit dem Footfall in der Stadt, um dann dort solche Simulation hinzubekommen. War hochinteressant, hat sich aber irgendwie nicht durchgesetzt und die digitale Welt gibt es, glaube ich, gar nicht mehr, muss ich irgendwann mal googlen. Aber ihr seid da unterwegs, du hast gerade das Stichwort gesagt Zentrallager, Filiale, diese ganzen Prozesse, erzähl mal so konkret, was kann ich mir da darunter vorstellen? Was passiert da?
Christoph Tripp: Ich glaube, erstmal muss einem klar sein, dass man so einen digitalen Zwilling auf sehr vielen oder unterschiedlichsten Ebenen sozusagen einsetzen kann. Die ganz obere Ebene ist natürlich immer eine Netzwerk-Ebene eines Unternehmens, wo ich tatsächlich dann auch Zusammenarbeit mit Lieferanten, Kunden und Ähnliches darstellen kann. Die unterste Ebene wäre die, die auch schon recht weit vorangeschritten ist, wir nennen sie immer die Esset-Ebene, wo wir beispielsweise aus dem Thema Maschinen-Learning heraus sagen können, Wartungsnotwendigkeiten und Ähnliches, beispielsweise dem Lager bei Flurförderfahrzeugen oder bei Lagertechnik auch steuern, optimieren und frühzeitig eingreifen. Die Ebene, die du jetzt genannt hast, das ist die Filial-Ebene, wir nennen es die Standort-Ebene, d. h., es ist die Ebene eines Lagers oder eben einer Filiale. Wenn man da genau reinschaut, dann ist natürlich ein Thema hochinteressant, wenn man sich einfach vor Augen führt, dass ungefähr die Hälfte der Supply Chain Kosten bei einem Händler irgendwo in der Filiale liegen, wenn er wirklich eine umfassende Filialstruktur hat. Und wir wissen, dass die Kosten der Filial-Logistik verhältnismäßig hoch sind, da bietet es sich natürlich an, stärker aus Sicht der Filiale zu denken und vielleicht sogar so weit zu gehen, dass man sagen kann, wir versuchen Filialen individuell zu kommissionieren im Lager, d. h., wir optimieren nicht aus logistischen Gesichtspunkten im Lager bei der Kommissionierung und packen sozusagen optimiert Paletten oder Pakete, sondern wir überlegen uns, was braucht denn eigentlich die Filiale, um den Prozess in der Filiale zu beschleunigen, insbesondere die gesamte Warenverräumung. Was ich dafür natürlich gebrauche, ist tatsächlich, wir können es schon sagen, ein Abbild der Filiale in Echtzeit. Wir müssen genau wissen, welche Artikel, welche Sortimente in der Filiale wo stehen, um diesen Verräumungsprozess optimal zu gestalten. Rückwirkend würde das für das Lager bedeuten, wenn das Lager diese Information hat, dann kann das Lager für jede einzelne Filiale optimiert packen, dass dieser Verräumungsprozess tatsächlich auf ein Mindestmaß minimiert werden kann. Das ist ein ganz wesentlicher Ansatzpunkt in diesen Gedankenspielen beim Einsatz vom digitalen Zwilling zwischen Lager und Filiale.
Frank Rehme: Und da sieht man wieder, gerade in den Verbundgruppen, wie wichtig es ist, dass die Händler sich an den Planogramm halten und nicht ihr eigenes Ding da ständig machen, dann kann das tatsächlich funktionieren.
Christoph Tripp: Wir können vielleicht sogar sagen, man macht quasi einen permanenten Abgleich oder eine Weiterentwicklung des Planogramms in Richtung eines Realogramms, wo man also permanent in der Lage ist, den Bestand in der Filiale zu sehen, in Echtzeit zu sehen und ich genau weiß, welche Artikel wo sind und wie am besten, am schnellsten zu verräumen ist. Das hat natürlich noch viele weitere Implikationen, wenn ich an Out of stock und Ähnliches denke, permanente Inventuren sind auch Themen, die dann eine Rolle spielen, bis hin sogar das, was Media Markt und Saturn macht, es auch versuchen zu nutzen für die eigene Instore-Navigation sowohl für Kunden als auch für Mitarbeiter, dass man einfach Suche- und Orientierungsprozesse am Regal deutlich minimieren kann.
Frank Rehme: Man sieht ja, dass gerade auch in dem Zusammenspiel mit Electronic Shelf Labeln, ganz viel in dem Bereich jetzt optimiert wird, auch bei der Verräumung, dass die Shelf Label dann dementsprechend aufblinken, wo die Artikel dann dementsprechend hinkommen, wenn die einmal abgescannt wurden, dass solche Prozesse dann auch schneller gehen. Aber jetzt sind wir bei Themen, die bis jetzt das Thema des digitalen Zwillings noch gar nicht so bedingt haben. Wo kommt jetzt der digitale Zwilling zum Einsatz?
Christoph Tripp: Ich glaube, dass der Grund, warum wir jetzt so intensiv darüber reden, ist wie gesagt sicherlich, dass wir jetzt einfach die Möglichkeiten haben der Datensammlung und Datenanalyse und tatsächlich auch die Möglichkeiten haben, Daten in Echtzeit zu gewinnen. Wenn man jetzt dieses Vorreiter Beispiel von DM sieht, mit dem Verteilzentrum Wustermark was gebaut worden ist, wo sie auch einen Preis bekommen haben, den deutschen Logistik-Preis bekommen haben, das zeigt natürlich, dass man sozusagen, dass das Ganze nur machbar ist, wirklich auch mit einem mit einem funktionierenden Datenmodell, wo man nicht nur Daten sammeln kann, sondern eben auch über intelligente Algorithmen Daten aufnimmt und auswerten kann. Was natürlich auch dazu kommt, man braucht eine funktionierende Serviceplattform, die eben dafür sorgt, dass man in der Lage ist, wirklich auch, Überwachung, Optimierung durch Simulation, vor allen Dingen durch Verifikation, durch Diagnosen sicherzustellen. Und wie bei vielen anderen Themen merken wir jetzt, dass durch den technischen Fortschritt, das eben auch wirklich leistungsfähig möglich ist. Das ist letztendlich der Grund dafür, warum gerade erst in den letzten Jahren wir so Fortschritte gemacht haben im Thema digitaler Zwilling.
Frank Rehme: Wenn man jetzt mal so schaut, sind das alles Prozesse, die den Handel optimieren. Könntest du dir denn auch vorstellen, dass digitale Zwillinge zum Einsatz kommen, um das Shoppen für den Shopper einfacher zu machen?
Christoph Tripp: Also zumindest präziser machen. Ich glaube, was letztendlich schon auch genutzt wird, wenn man von Simulationen spricht, wenn man wirklich mal an diesen Möglichkeiten-Raum denkt, dann ist es nicht nur in der Filiale das Thema Warenverräumung und Inventur permanent zu machen, sondern, was möglich ist, ist beispielsweise ein Händler, der ein neues Ladenkonzept ausprobiert, der dann auch über den digitalen Zwilling beispielsweise unterschiedliche Layout-Alternativen durchspielen kann und eben darüber, die Warenplatzierung, die Artikelplatzierung im Laden überdenken kann und im Zweifelsfall auch Dinge ausprobiert, Rückkopplungen bekommt, diese auch messen kann über die Serviceplattform und dann möglicherweise eine andere Entscheidung trifft für ein anderes Layout. Der beste Fall wäre natürlich, wenn man das sogar so macht, dass man es schon im Bau einer Immobilie mitberücksichtigen würde, da gibt es das schöne Referenzbeispiel von Engelbert Strauss mit ihrer CI Factory in Schlüchtern, die es tatsächlich schon im Planungsprozess des Lagers in dem Fall schon sehr intensiv genutzt haben, bis jetzt zum Live-Betrieb das eben nutzen, also da sehe ich schon auch Möglichkeiten. Und das zweite, wie vorhin schon mal gesagt, das ist natürlich das ganze Thema Navigation innerhalb der Filiale, das dafür zu nutzen, tatsächlich zu sagen, gib dem Kunden, wenn er sich einloggt in das WLAN der Filiale, auch eine Möglichkeit direkt seine Angebote, eine Artikelplatzierung schnell zu finden. Das kann der Kunde nutzen, das kann der Mitarbeiter genauso nutzen und ihm darüber auch zusätzliche Informationen geben. Ich sag mal, da ist der digitale Zwilling quasi für mich so ein bisschen die Plattform der Möglichkeiten, die man auf jeden Fall braucht und auf dieser Plattform ist es möglich, dann viele weitere Services eben auch kundenbezogen irgendwie mit einzubinden.
Frank Rehme: Ich habe gerade erzählt von dieser virtuellen Welt Trinity, da war unsere Vision in diese Richtung, auch für damals Metro, Cash & Carry. Die hat ja verschiedene Zielgruppen, da sind die Horeca, die sogenannten Hotels und Restaurants und Caterer, dann die Small-Offices und Handwerker, das waren die drei Zielgruppen, die damals waren. Und dann haben wir gesagt, wir machen jetzt einen Online-Shop in Form eines begehbaren Stores, wo du mit einem Avatar reingehen konntest und je nachdem, zu welcher Käufergruppe du gehörst, hattest du ein komplett anderes Ladendesign. Also war wirklich der Laden komplett, dann auf die Bedürfnisse zugeschnitten der Horeca, selbst da war auch noch eine Unterscheidung, ob das jetzt ein italienischer Horeca ist oder irgendwie ein Deutscher, der hatte ganz andere Olivenöle da und solche Geschichten. So war das praktisch auf den Menschen zugeschnitten, war eine sehr, sehr frühe Entwicklung, auch schon, zugegeben zu der Zeit, ein bisschen zu weit in der Zukunft schon gedacht, das hätte man ruhig noch mal ein paar Jahre auf die Heizung legen können den Plan dafür und vielleicht jetzt nochmal rausholen können, aber das waren so die Dinge, in so eine Richtung ging das und deshalb diese Frage von mir, kann vielleicht ein digitaler Zwilling, ein Store, der Online-Shop der Zukunft sein? Denn wenn ich heute nachdenke, unsere Online-Shops, die haben sich hier seit 20 Jahren gefühlt nicht verändert, sind irgendwelche Listendarstellung und wenn ich nicht genau weiß, was ich suche, finde ich auch nichts. Dieses Thema Inspiration, was wir kennen durch Flanieren an Regalen vorbei oder so, findet dort gar nicht statt. Die paar Recommendations, die da unten stehen, die kann man auch in eine Tonne kloppen, finde ich. Meinst du, das in diese Richtung sich vielleicht etwas verändern könnte, in Richtung Innovationsboost für Online-Shops?
Christoph Tripp: Da bin ich ein bisschen hin und her gerissen. Ich glaube, dass der Online-Handel grundsätzlich den einen riesengroßen Vorteil hat, dass da viel mehr Daten zur Analyse zur Verfügung stehen als im stationären Handel, weil wir einfach über Klicks und Bewegungen natürlich Käuferverhalten viel, viel besser analysieren können als wir das stationär machen können, wenngleich das natürlich nicht alle machen. Im stationären Handel ist es ein bisschen anders, da haben wir eine hohe Sensibilität der Verbraucher in Bezug auf Datensammlungen, immer dann, wenn sie es mitbekommen, wollen sie das eigentlich nicht und über den digitalen Zwilling sehe ich eher Möglichkeiten, dass der stationäre Handel diesen Nachteil, den wir im Moment haben, ich sage mal, in der Analyse des Kaufverhaltens, also beispielsweise Verweildauer an Regalen, die Art und Weise, wie ich Produkte anschaue, welches die Ankerprodukte sind, wie die Laufwege eines typischen Kunden sind usw., das natürlich dadurch ein Stück weit auszugleichen und auch ans Layout und an Artikel- und Sortimentsplatzierung anzupassen. Ich glaube, dass der digitale Zwilling, so wie er jetzt im Moment zumindest ausgestaltet ist, er dafür ausgelegt ist, diesen, sage ich mal, Datennachteil, den der stationäre Handel hat, sozusagen auszugleichen. Ich glaube, bei einem Online-Shop haben wir schon sehr gute Technologien, die Frage ist natürlich, ob sie genutzt werden, um wirklich auch Curated Shopping und individuelle Websites kundenbezogen eben auch wirklich umzusetzen. Da sind die Möglichkeiten eigentlich schon da, da brauche ich keinen digitalen Zwilling, das wäre zumindest meine Antwort.
Frank Rehme: Hochgradig interessant. Also eigentlich das sichtbar werden zu lassen, was man eigentlich schon wissen müsste in seinem eigenen Laden.
Christoph Tripp: Ja, definitiv. Transparenz ist, glaube ich, der wesentlichste Faktor, den man sozusagen braucht, um all das andere drumherum zielgerichtet entwickeln zu können und das bietet mir natürlich der digitale Zwilling. Aber offen gesprochen, die Zurückhaltung ist durchaus da, weil der Invest, der damit verbunden ist, insbesondere der Technik-Invest, der ist natürlich immens, denn der ist extrem schwer zu beziffern, aber das ist sicher der Grund dafür, warum im Moment eher die ganz großen Filialisten, sage ich mal, an diesem Thema dran sind. Es gibt zwar auch Initiativen, gibt eine recht bekannte Initiative in dem Bereich Knowledge for Retail, das ist ein großes Forschungsprojekt, wo auch die großen dabei sind, die Fraunhofers und das Deutsche Zentrum für KI und die TU München und andere, die versuchen, so eine Art Open-Source-Plattform zu entwickeln für KI und für den digitalen Zwilling im Handel, bewusst mit dem Fokus, das auch kleineren und mittleren Unternehmen zugänglich zu machen. Standards zu schaffen sozusagen, um diese Investitionsbrücke, die da ist, ein Stück weit möglichst niedrigschwellig zu halten. Muss man mal sehen, was am Ende rauskommt, ich glaube, es läuft bis Ende des Jahres noch, was wirklich am Ende ganz konkret für den Handel daraus entsteht, aber ich glaube, das ist wahrscheinlich der größte Showstopper gerade bei kleineren Händlern.
Frank Rehme: Wir stellen die Webseite von Knowledge for Retail in die Shownotes rein. Was ich schon mal sagen kann, ohne jetzt hoffentlich nicht zu viel zu verraten, ich bin mit denen natürlich in Kontakt und wir arbeiten gerade an einem Projekt, wo wir diese Ergebnisse in einem anderen Projekt weiterverwerten und bearbeiten, da geht es auch genau um diese Themen, vielen kleinen Händlern Technologien zur Verfügung zu stellen, die sie sich sonst eigentlich nicht leisten könnten. Aber dazu mehr, wenn das ganze Thema mehr spruchreif ist, ich möchte da jetzt nicht irgendwie schon Sachen vorwegnehmen, über die man noch nicht reden sollte. Da passiert einiges und dann wird an dieser Stelle auch noch einmal berichtet werden.
Christoph Tripp: Das war nicht abgesprochen, da wusste ich noch nicht mal, dass du da mit drinhängst.
Frank Rehme: Ich bin ja eng zusammen mit dem europäischen Handelsinstitut, mit dem EHI, und die sind auch Teil davon und insofern, habe ich da auch einen Einblick bekommen, was da passiert. Aber jetzt noch einmal, weil du gesagt hast, da sind die großen dran und das ist mit sehr hohem Aufwand verbunden, womit muss man da rechnen? Ich meine jetzt nicht monetär, dass man Zahlen nennt irgendwie, was man dafür bezahlen muss, sondern was muss man eigentlich tun, um dorthin zu kommen, um solch einen digitalen Zwilling aufzubauen? Muss man irgendwo eine bestimmte Software erstmal sich anschaffen und muss man irgendwelche Leute einstellen, die bestimmte Dinge können oder so? Kannst du davon irgendwie eine grobe Vorstellung geben, von dem, was einen erwartet?
Christoph Tripp: Eine sehr schwierige Frage, weil die natürlich unglaublich viele Einflussfaktoren hat. Wenn man mal die, die zwei, drei ganz großen Fälle sich anschaut von Unternehmen, die schon mal ein bisschen was geschafft haben, wenn man das Musterbeispiel DM anschaut, was im Markt für sehr viel Aufsehen gesorgt hat und was sich alle sehr, sehr genau anschauen, dann ist es eine Verknüpfung aus den Dingen, die du gerade genannt hast. Also man braucht, immer mit dem Fokus Filialen-Lager, man braucht viel Kompetenz, das ist gar keine Frage, die ist meistens im eigenen Unternehmen nicht ausreichend vorhanden, d. h., da hat man zwangsläufig Beratungsbedarf, definitiv also externen Beratungsbedarf, den man miteinkalkulieren muss in so einem Projekt. Natürlich maßgeblich beteiligt bei diesen Projekten ist immer der Technik-Anbieter, meistens der Generalunternehmer, also einer von den großen Playern, sag ich mal, gerade jetzt in dem Bereich der Lagerlogistik, die da schon eine Rolle spielen, die muss man mit ins Boot holen. Im Zweifelsfall auch noch den Dienstleister, der in dem ganzen Konglomerat auch eine Rolle spielt, also ein Kontraktlogistikdienstleister, der häufig im Lagerbetrieb auch da ist. Das war sozusagen die Kompetenzseite, dass andere sind natürlich die Technik-Invests, da kann man fast keine Zahl nennen, da reden wir natürlich über Millionenbeträge, die investiert werden müssen in Technik, Robotik, Datenübertragung, gar keine Frage, aber man kann natürlich schon auch versuchen, solche Modelle möglichst schlank irgendwie zu gestalten. Nur mal als Beispiel, DM hat sich zunächst einmal am Anfang dagegen entschieden, eine entsprechende Robotik-Lösung für die Filialen zu nehmen, die quasi nachts oder mehrmals täglich die Artikel scannt, wie das in eurem Knowledge for Retail-Projekt eben ist, da gibt es ja die Eureka Robots, die da getestet werden und sozusagen Bestände scannen, Artikel scannen. Die machen das im Moment mit einer einfachen App-Lösung, die die Mitarbeiter auf ihrem Handy haben und regelmäßig die einzelnen Regale abfotografieren, die dann in dem digitalen Zwilling verarbeitet werden. Das ist so eine sehr dezentrale Bottom-Ablösung, würde ich mal sagen, die aber offensichtlich wohl sehr gut funktioniert, was ich damit auch sagen will, im Investbereich gibt es natürlich Spielräume nach oben und nach unten. Wenn man die Erfolge zumindest anschaut, ist man schon beeindruckt, wenn man die Kommissionierleistungen anschaut, die Kommissionierkosten, zumindest von dem, was DM offiziell auch promotet, sind es schon sehr gute und beeindruckende Zahlen. Ich meine, das wissen wir natürlich alle, die Effekte in der Filiale sind immer sehr, sehr schwer einzukalkulieren, das sind meistens dann Service-Effekte, dass die Mitarbeiter einfach mehr Zeit haben für andere Tätigkeiten, im Zweifelsfall mehr Zeit haben für Beratung. Da ist wieder die Frage, wie nutzen wir das? Nutzen wir das zum Abbau von Personal oder nutzen wir es wirklich, um Beratung zu stärken? Meistens ist leider das erste dann der Fall, dass man erstmal daran geht, dann brauche ich vielleicht einen halben Kopf weniger in dem ganzen Spiel. Also das ist wirklich schwer zu bemessen, das muss man ganz klar sagen und ich glaube, darin liegt im Moment auch die größte Herausforderung für die Händler, da ein Business Case draus zu machen, den man dann tatsächlich auch im Vorstand und in den Aufsichtsräten mit gutem Gewissen absegnen kann.
Frank Rehme: Spannende Entwicklung. Man sieht im Handel und in der Logistik passiert gerade ganz viel in dem Bereich. Gut, dass wir das Thema beleuchtet haben. Ich sage Christoph, du stehst kurz vor deinem Urlaub, der soll dir gegönnt sein. Wo geht es hin?
Christoph Tripp: In den Süden, in die Sonne.
Frank Rehme: Da ist gut, wunderbar. Dann wünsche ich dir eine gute Erholung und besten Dank für dein Einblick in dieses Thema und bis zum nächsten Mal, wir werden sicherlich noch einige Folgen zusammen machen.
Christoph Tripp: Kriegen wir hin. Sehr gerne, Frank! Vielen Dank!
Frank Rehme: Ciao!
Christoph Tripp: Tschüss!
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