Stationär, online oder gar nicht mehr einkaufen?
Sind die Tage, an denen wir in einen stationären Laden gehen, um Artikel zu suchen, sie uns anzusehen und einzukaufen, gezählt? Definitiv hat Online-Shopping und ECommerce das Einkaufen im Geschäft in den Hintergrund gedrängt. Geschäfte, die sich verändern und anpassen und mit neuen Services punkten, sind immer noch erfolgreich. Wird das auch in 10 bis 20 Jahren noch der Fall sein? Werden wir uns vollständig von den Einzelhandelsgeschäften lösen und vollständig online einkaufen? Stationär oder online?
Wird es in der Zukunft, in zehn bis 20 Jahren physische, stationäre Geschäfte geben oder nicht? Hier sind zwei Szenarien:
Szenario Eins – Physische Einzelhandelsgeschäfte sterben aus
Technologie wird eine große Rolle in der Gesellschaft und auch beim Einkaufen spielen. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz und Datenanalysen wird der Handel intelligenter und vorausschauender. Die Marken kennen die genauen Bedürfnisse, Größen und Präferenzen der Menschen und liefern automatisch die Produkte, die sie benötigen. Wenn wir eine Jeans benötigen, könnten Algorithmen genau das finden, was wir brauchen und was passt, und das richtige Produkt liefern oder es zumindest auf einige wenige Optionen beschränken.
Es wird keine Notwendigkeit geben, in einem physischen Geschäft einzukaufen, da alle unsere Bedürfnisse vorhergesagt werden, bevor wir einkaufen. Der Verbrauch und der Konsum von Produkten des täglichen Bedarfs wird vorausschauend berechnet und dann ohne Aufforderung geliefert und im Haushalt wieder aufgefüllt. Abo-Dienste erleichtern das und halten uns zurück in physische Geschäfte zu gehen.
Augmented Reality und Virtual Reality könnten es auch ermöglichen, Gegenstände in unseren Häusern und am Körper bequem von unserem Wohnzimmer aus zu sehen. Das bedeutet, dass wir, anstatt in den Laden zu gehen, um Kleidung anzuprobieren, eine Vorschau ansehen und dann von zu Hause aus einkaufen.
Szenario Zwei – Physische Einzelhandelsgeschäfte überleben
Aber auch trotz der neuen innovativen Technologien, die das Einkaufen erleichtern, ist es durchaus möglich, dass stationäre Einzelhandelsgeschäfte überleben. Denn es gibt immer noch die Notwendigkeit, Artikel und Produkte physisch zu berühren und anzuprobieren, bevor ein Kauf getätigt wird. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass größere Filialgeschäfte in die Online-Welt migrieren und kleinere Nischen-Shops die physische Verkaufsfläche dominieren.
Überlebende Einzelhandelsgeschäfte bewegen sich in Richtung eines erlebnisorientierten Ansatzes. Sie werden zu „dritten Orten“. Anstelle von endlosen Gängen gefüllt mit Produkten sind diese Geschäfte eher wie Showrooms, die es den Kunden ermöglichen, die Produkte zu berühren und zu fühlen und sie dann direkt aus einem Lager nach Hause liefern zu lassen.
Diese Filialen haben weniger Bestände, können aber dennoch die Bedürfnisse der Kunden erfüllen. Marken wie Vans, Ikea und Apple errichten seit Jahren mit großem Erfolg Erlebnisläden. Dieser Trend wird sich voraussichtlich weiter verstärken. Das Konzept des dritten Ortes haben wir in unserem Beitrag „Der dritte Ort: Wohlfühlen und Erlebnis im stationären Handel“ ausführlich vorgestellt.
Hinzu gilt es den sozialen Aspekt des Einkaufens zu berücksichtigen. Menschen sehnen sich nach menschlicher Interaktion, und da die Welt immer digitaler wird, kommt Interaktion manchmal vom Gespräch mit einem Mitarbeiter im Geschäft. Einkaufen ist ein gesellschaftliches Erlebnis, und nichts kann ersetzen, wenn man mit Freunden durch einen Laden flanieret.
Keine Technologie kann jemals menschliche physische Berührung von Produkten und menschliche Interaktion ersetzen. Ein Algorithmus könnte das perfekte Kleid wählen, aber er wird nicht in der Lage sein, einer Kundin zuzuhören, die ihre Begeisterung über das besondere Ereignis, für das sie einkauft, teilt.
Ein kurzer Blick zurück – Zeitreise des Handels
Wirft man einen Blick zurück, unterlag der Handel in den vergangenen 100 Jahren immer wieder Veränderungen. Noch bis vor knapp 20 Jahren, in der Vor-Amazon- und eBay-Ära, gab es weder Mobiltelefone noch die Möglichkeit, online zu shoppen – Amazon wurde 1994 gegründet, eBay ein gutes Jahr später.
Man kaufte seine Waren wie Kleidung einfach im Kaufhaus oder, etwas persönlicher, im inhabergeführten Einzelhandel um die Ecke. Der Ladeninhaber kannte seine Kunden und umgekehrt. Das schaffte Vertrauen. Hinzu kam die Möglichkeit, Waren auch aus dem Katalog zu bestellen. Zum ersten Mal spielte die persönliche Beratung durch einen Verkäufer keine übergeordnete Rolle mehr. Stattdessen hatten Konsumenten die Gelegenheit, sich mithilfe von Katalogen einen Überblick über das Sortiment verschiedener Händler zu verschaffen.
Die 80er- und 90er-Jahre gehörten vor allem dem Teleshopping: Verbraucher konnten erstmals in TV-Dauerwerbesendungen angepriesene Produkte telefonisch bestellen. Der Distanzhandel bekam damit eine deutlich persönlichere Note.
Mit dem Internet ist ein weiterer Verkaufskanal, der ECommerce, hinzugekommen. Das hat den Handel ein weiteres Mal nachhaltig verändert – und damit auch das Konsumentenverhalten.
Wir befinden uns heute in einer Multioptionsgesellschaft: Durch die zunehmende Technisierung und Digitalisierung, die Vernetzung verschiedener Kommunikationskanäle und die Globalisierung haben sich die Wahlmöglichkeiten für Kunden fast ins Unermessliche gesteigert. Das einstige „Entweder-oder“-Konsumverhalten war gestern, der „Sowohl-als-auch-Kunde“ ist jetzt.
Der Handel war in den vergangenen 100 Jahren stets im Wandel, immer wieder kamen neue Kanäle und Möglichkeiten hinzu, Waren zu kaufen. Mit der Digitalisierung und Technologisierung kommt jetzt zusätzlich eine Bewegung in unsere Gesellschaft.
Zurück in die Zukunft: Das persönliche Einkaufserlebnis wird entscheidend sein.
Die Mischung aus beiden Szenarien ist wahrscheinlich
Vielleicht ist das wahrscheinlichste Szenario eine Mischung aus diesen beiden gegensätzlichen Szenarien – mehr Integration zwischen dem physischen Einzelhandel und dem Online-Handel. Ob stationäre Geschäfte weiter Bestand haben, hängt auch sehr von den nachrückenden Käufer- und Kundengenerationen – den Millennials und der Generation Z – ab.
Beide Generationen sind in die digitale Welt hineingeboren, das zeigt sich auch beim Shoppen. Wie selbstverständlich verbinden sie ihr Einkaufserlebnis in der realen Welt mit digitalbasierten Services. Dieser Frage widmen sich diese Beiträge „Online vs. stationär: Wie gehen Millennials shoppen?“ und „Die Generation Z entdeckt den stationären Handel„.
Die Technologie wird eine neue und dominierende Rolle spielen und es den Kunden ermöglichen, Artikel zu finden, zu sehen und auszuprobieren, bevor sie einen Kauf tätigen. Der Grundbedarf könnte durch Abonnements und automatische Nachfüllungen gedeckt werden, und der Rest des Freizeiteinkaufs könnte in einem modernisierten Einzelhandelsgeschäft erfolgen.
Das Kundenerlebnis wird sich in der unsicheren Zukunft des Einzelhandels definitiv verändern. Egal, ob wir in Showrooms einkaufen oder Artikel virtuell von zu Hause aus auswählen, das Erlebnis wird immer einen Unterschied machen. Es gibt also eigentlich kein stationär oder online, sondern ein stationär und online.
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