Social Media Influencer – die Händler und Industrie der Zukunft
Der diesjährige Handelskongress endete vor wenigen Wochen und viele Eindrücke rund um die Entwicklungen im Handel in Bezug auf Digitalisierung, Vertrauen und die permanente Produktverfügbarkeit für die Kunden, blieben im Gespräch. Diese Themen werden in allen relevanten Medien mehr als abgedeckt, weshalb ich mich mit einer momentan noch sogenannten „Nische“ befassen möchte: Social Media Influencer, die zu Händlern werden.
Der Social Commerce wurde in verschiedenen Vorträgen immer wieder erwähnt, erfährt meiner Meinung nach, und scheinbar auch der Meinung der Roland Berger GmbH, nicht genügend Aufmerksamkeit.
Daten und Fakten
Das Marktvolumen für Influencer Marketing in der DACH-Region soll bis 2020 auf knapp 1 Milliarde Euro ansteigen. Das ist seit 2017 ein Wachstum von 76% (Quelle: Statista).
Der globale Influencer Markt soll, laut researchandmarket.com, bis 2024 um 32,4% auf 22,3 Milliarden Dollar steigen. (Quelle: researchandmarket.com)
Vertrauen ist der Schlüssel
Der Konsument entscheidet heutzutage über eine Vielzahl von Touchpoints wo, wann und wie er seine Probleme lösen möchte. Markenloyalität wird seltener über Generationen weitergegeben. Durch permanenten Austausch und direkte Bewertung durch die Konsumenten müssen sich Unternehmen immer wieder „Im Moment“ behaupten.
Dies führt zu einer zwingenden Transparenz in der Wertschöpfungskette und der Corporate Identity des Unternehmens, um das Vertrauen der Kunden zu gewinnen.
Was hat dies mit Social Media und Influencern zu tun?
Durch die Digitalisierung sind nicht mehr nur Sportler und Musiker Berühmtheiten, welche das Vertrauen für eine neue Marke vermitteln können. Air Jordan, von Nike in Kooperation mit Michael Jordan kreiert, könnte heutzutage noch funktionieren, wäre wahrscheinlich aber nicht mehr der erste Ansatz.
Konsumenten und hier insbesondere die jüngeren Generationen bewegen sich zunehmend online und vertrauen Influencern mehr als Marken. Sie sind stets online, sie vernetzen sich, sie suchen, eruieren und kaufen oder lassen sich im stationären Kauf online beraten. Dabei geht es nicht um das absolute Wachstum eines Verkaufskanals, ob Online oder Offline, sondern um den Beginn der Shopper Journey und der emotionalen Vertrauensbasis.
Der Influencer Markt heute
Viele Unternehmen nutzen daher Social Media Influencer als Opinion Leader, deren starke Position und Erreichbarkeit in der Gesellschaft, als Markenloyalitäts- und Produktverbreitungs-Instrument. Denn das entscheidende Element ist, das Vertrauen der Konsumenten zu gewinnen.
Dies funktioniert ausgesprochen gut, wie Best Cases von Nike (Air Vapormax Campaign – Youtube Channel „Whats Inside?“), Coca-Cola (#ThisOnesFor Campaign) und Volkswagen (#VWAdventure) zeigen.
Social Media Influencer Eigenmarken
Doch was passiert, wenn Influencer einen wirtschaftlichen Ansatz haben und ihre Eigenmarken produzieren, anstatt lediglich Promotion für bestehende Händler oder die Industrie zu übernehmen? Sie werden selbst zum Händler und zur Industrie und dass in einigen Fällen sehr erfolgreich.
Lucy Williams ist eine Mode Influencerin, die entschieden hat, das Ruder selbst in die Hand zu nehmen und ihre eigene Schmuck-Kollektion herauszubringen.
Youtuberin Bibi (Bibis Beauty Palace) entwickelte ihre Marke bilou, welche über verschiedenste Drogeriemärkte erfolgreich vertrieben wird.
Customer Engagement funktioniert
Die besten Conversion und Engagement Cases bei einem Produkt Launch hatten Unternehmen, indem sie durch die Influencer die „Follower/Konsumenten“ direkt in den Produktentwicklungsprozess aufgenommen und involviert haben.
Der Händler und die Industrie von morgen – Influencer
Es ist eine Frage der Zeit, bis Influencer großflächig damit beginnen, eigene Produkte zu entwickeln, zu vermarkten und zu verkaufen. Alles läuft dann direkt über die von ihnen bedienten Plattformen, wie Instagram oder Youtube und möglicherweise expandierend in den Omnichannel.
Wenn die Massenmärkte anfangen, dieser Entwicklung zu folgen, brauchen die Influencer die Unterstützung der etablierten Unternehmen, die mehrfach Eigenprodukte entwickelt haben. Diese müssen ihr Know-how einbringen, die beteiligten Influencer von der breiten Masse durch Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit für die Produkte zu differenzieren. Jedoch als passiver Teilnehmer.
Für den Unternehmer stellt sich hierbei die Frage, ob er den Trend anerkennt und sich in der Beratungssituation sieht. Denn was Fälle, wie der von Deliciously Ella zeigen, die sich nach einiger Zeit von mehreren Cafés in London wieder verabschieden musste, haben die Influencer nicht unbedingt die betriebswirtschaftlichen oder brick und mortar Fähigkeiten, ihr Business über die digitale Welt hinaus zu entwickeln.
Diese „Produkt Start-ups“ haben die idealen Voraussetzungen für das „Front End“, also den Kontakt zu dem Konsumenten. Sie brauchen aber umfassende Unterstützung im „Back End“, also der Unternehmensstruktur und Produktentwicklung, um den Bedürfnissen der Konsumenten langfristig gerecht zu werden.
Sollte also das Unternehmen den meist unerfahrenen Social Media Influencern ihre Unterstützung anbieten, mit ihnen gemeinsam neue Eigenmarken zu entwickeln und diese zu vermarkten? Wie es beispielsweise H&M mit AceTee angegangen hat, um möglicherweise diesen momentan Nischen Markt zu dominieren?
Oder sollten Unternehmen diesen Trend nicht mitgehen, mit dem Risiko, dass möglicherweise ein Konkurrent die gegenwärtige Industrie und den Handel durchbricht und neu formiert? Mit Wachstumsprognosen von 32,4% und einem Business von 22,3 Milliarden USD bis 2024, wie die Prognose aus den USA zeigt, ist dieser Markt durchaus ernst zu nehmen, obwohl er heute noch in den Kinderschuhen steckt.
Das wäre riskant, denn die einflussreichen Menschen im Social Media Bereich werden früher oder später eigene Produkte anbieten und so einen, wie in China bereits erkennbar, großen Social Commerce Markt öffnen und diesen dann mit Eigenmarken bedienen (rund 300 Milliarden USD, siehe hier).
Natürlich ist dies nicht auf jede Branche und alle Produkte einfach anwendbar, wie beispielsweise High Involvement Products wie Autos, aber alle Unternehmen sollten sich intensiv damit auseinandersetzen und ihre eigenen Schlüsse aus diesen Trends in Produktentwicklung und -angebot einfließen lassen.
Unser Gastautor: Fabian Förster ist Marketing Service Manager bei Cheil Germany GmbH. Momentan beschäftigt er sich für die Firma Samsung mit der strategischen Ausrichtung im Einzelhandel und kann auf Erfahrung mit Namenhaften Kunden, wie Nike oder Dyson, in Europa und den USA zurückblicken.
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