3 Vorschläge zum Ausstieg aus dem Hamsterrad der Preisreduzierung.
Fast alle Einzelhändler verlassen sich bei ihren Verkaufsstrategien auf die Preisreduzierung sowie Werbe- und Rabattaktionen. Diese Aktionen können Einzelhändlern helfen, ein Zielpublikum zu erreichen, den Umsatz zu steigern und den Bereich Restantenmanagement zu verbessern. Gerade jetzt in der Corona Zeit ist das Mittel der Preisreduzierung ein gern eingesetzter Umsatzbooster. Wir haben aus vielen Jahren Erfahrung die wichtigsten Learnings daraus zusammengestellt. Fangen wir an!
1) Kann man die Abhängigkeit von der Preisreduzierung vermindern?
Während Werbeaktionen immer noch einen großen Teil des Einzelhandels ausmachen, stellen viele Einzelhändler die Wirksamkeit bestimmter Kampagnen in Frage. Nachforschungen zufolge sind einige Werbeaktionen ineffektiv, da Kunden zunehmend transparente Preismodelle bevorzugen. Wenn wir heutzutage verlockende „2 für 1“ -Aktionen oder riesige Multi-Buy-Pakete sehen, fangen wir an, zweimal darüber nachzudenken, bevor wir uns von unserem hart verdienten Geld trennen.
Als Reaktion auf diesen Trend beginnen Einzelhändler, ihre Verkaufsstrategie zu überdenken, indem sie sich von Werbeaktionen entfernen und sich mehr darauf konzentrieren, die Preise generell zu senken. So kann man versuchen, die Konditionierung der Kunden, einfach auf den nächsten Sale zu warten, Stück für Stück zu verändern. Viele Markenhändler haben sich von den Start/ Mid/ End Season Sales bereits verabschiedet. Man sieht in ihren Stores am Ende der Saison keine Reduzierungen mehr.
Wenn Preisreduzierung seit Jahrzehnten das Mittel der Wahl sind, kann die Umstellung auf eine andere Methode entmutigend sein. Viele vergleichen die Sale-Abkehr mit einem Gefangenen-Dilemma, in dem die Angst, einen Vorteil gegenüber den Konkurrenten zu verlieren, die alle Parteien daran hindert, den ersten Schritt zu gehen.
Diesen ersten Vertrauenssprung zu machen, ist nie einfach. Wir haben wichtige Tipps für Sie zusammengestellt, um Ihre Werbestrategie zu optimieren. Eine effiziente Werbestrategie verhindert letztendlich die Zwangslage, allein durch das Mittel der Preisreduzierung Aufmerksamkeit zu gewinnen. Es ist daher wichtig, dass Sie sich nicht mehr auf Werbeaktionen verlassen, die nicht funktionieren, und dass Sie die Effizienz gegenüber den bereits getätigten Werbeaktionen verbessern. Hier die wichtigsten Punkte:
- Bewerten Sie die Ergebnisse! Sehen Sie sich an, was Ihre Werbeaktionen bewirken und ob Sie sie überhaupt brauchen.
- Verschwenden Sie kein Geld, indem Sie für Produkte werben, die Kunden auch gern zum Nennwert kaufen.
- Identifizieren Sie Ihre Erfolge durch mehr Transparenz über ihre Kampagnen. Verschaffen Sie sich einen umfassenden Überblick über Ihre Verkaufskampagnen, um festzustellen, was funktioniert und was nicht.
- Verkaufsdaten bieten einen genauen Einblick in die Effizienz jeder Aktion und zeigen auf, wo Änderungen erforderlich sind.
- Reduzieren Sie Multi-Buy-Aktionen. Sie werden gerade im Bereich der Verbrauchsmaterialien gern eingesetzt. Multi-Buy-Aktionen können den Verkauf kurzfristig ankurbeln, sie reduzieren jedoch langfristig den Umsatz und vor allem die Marge, da sich die Kunden die Produkte schlußendlich auf Lager legen. Das führt z.B. im Bereich der Reinigungsmittel dazu, dass sich diese Produkte nicht mehr zum regulären Preis verkaufen lassen. Die Shopper warten einfach auf die nächste Reduzierung und legen sich ein Lager an.
2) Relevanz ist wichtig, mit Storytelling zu Mehrwert jenseits der Preisreduzierung.
Eines ist unwahrscheinlich: Dass alle Einzelhändler jemals auf Werbeaktionen verzichten, da dies sowohl für Einzelhändler als auch für Kunden von Vorteil ist. In bestimmten Bereichen macht es eben Sinn, aber nicht in allen!
Mit Werbeaktionen können Einzelhändler eine finanzielle Gelegenheit nutzen, um den Umsatz mit Waren zu steigern, die sich nur schwer zum Nennwert verschieben lassen oder schlicht am Saisonende raus müssen. Aus Kundensicht können Werbeaktionen zu Kaufentscheidungen führen, die so nicht geplant waren.
Timing und Storytelling
Für erfolgreiche Werbeaktionen gilt die erste Faustregel: Timing. In der guten alten Zeit war das beste Beispiel dafür Obst oder Gemüse. Im Zeitalter der „Immer-Verfügbarkeit“ kann man selbst im Winter Erdbeeren kaufen, so dass sich eine Relevanz dafür beim Verbraucher über das ganze Jahr eingebürgert hat.
In anderen Bereichen ist das anders. Anlassbezogener Konsum ist das Stichwort dafür. Denken Sie in Micro-Events (hier bereits schon mal beschrieben). Man muss das Leben der Konsumenten viel mehr als eine Anreihung von verschiedenen Events verstehen. Selbst der Alltag besteht Tag für Tag aus verschiedenen Micro-Events, für die ein Produkt- und Dienstleistungsbedarf besteht. Beginnen wir mit dem Morgen. Das Wake-up und Dress-up Event: Eine Anreihung von fast immer gleichen Ritualen, die gleiche Verbrauchs- und Investitionsprodukte benötigen. Genauso das Breakfast-Event: Ob Kaffeemaschine, Eierkocher und natürlich die Zutaten: Das Angebot des Handels muss sich an diesen Events orientieren und damit an den Bedürfnissen der Kunden! So schafft man eine neue Relevanz für den Kunden.
Achten Sie darauf, was Ihre Kunden in diesem Moment hören möchten. In einer digitalen Welt, in der Kunden mit Werbung und Verkaufsförderung bombardiert werden, ist es wichtig, Kampagnen zu erstellen, die den Lärm abbauen und die Aufmerksamkeit in Ihre Richtung lenken – aber mit Qualitätsversprechen! Wenn man Kontexte und Storytelling liefert, tritt der ausschließliche Blick auf den Preis in den Hintergrund.
Will etwas gelten, mach es selten
Verbraucher sind mit vielen klassischen Marketing-Tricks vertraut geworden, beispielsweise mit Hotelportale, die Kunden zu Buchungen drängen, indem sie Zimmerbeschränkungen anzeigen. Jeder kennt das Format, das eines suggeriert: Hier ist etwas seltenes. Daraus kann man viel lernen, denn diese Art funktioniert sehr gut. Wenn Sie als Einzelhändler immer einen Schritt voraus sein wollen, müssen sie heutzutage alle Möglichkeiten kennen, wie man Menschen effizient aktiviert. Storytelling rund um die Produkte ist ein Schlüssel zurr Reduzierung der Preissensibilität. Beispiel: 2012 kaufte der Baumarkt HORNBACH einen tschechischen BMP-1 Schützenpanzer und fertigte daraus 7.000 limitierte Hämmer. Einer der genialsten, aufsehenerregendsten und polarisierendsten Marketing-Coups in der Geschichte. Innerhalb von 20 Minuten waren die Hämmer für teure 25€ das Stück ausverkauft, um wenige Stunden später für 80€ bei ebay angeboten zu werden.
3) Wie gut konvertiert mein Werbe-Euro?
Das Abspringen vom Werbehamsterrad ist leichter gesagt als getan. Viele Einzelhändler befinden sich in einem kontinuierlichen Kreislauf von einer Werbung zur Nächsten, der nur schwer zu durchbrechen ist.
Es ist schwer zu wissen, ob man als Händler das Richtige tut, wenn man nicht zahlenbasiert arbeitet. Daher sind Kennzahlen ganz besonders wichtig, an denen man den Erfolg der Kampagnen ablesen kann. Dazu muss man sich folgende Frage vorab stellen:
- Wen will ich mit der Kampagne überhaupt erreichen?
- Was könnte diesen Kundenkreis interessieren?
- Gibt es Komplementäraktionen, an die ich andocken kann (Sportereignis, gemeinsame Kampagnen mit anderen Händlern etc.)
- Wann ist dafür die richtige Zeit?
- Auf welchen Kanälen erreiche ich die Zielgruppe?
- Wie lautet der „Call to Action“ Satz, also wie aktiviere ich die Zielgruppe final?
Was auffällt: In der Aufzählung kommt nicht einmal der Händler selbst vor. Und genau darum geht es: Stell die Zielgruppe in den Mittelpunkt!
Anschließend werden die Kennzahlen für die Aktion identifiziert. Das sind nicht nur die verbesserten Umsätze, sondern aucht ins Verhältnis gesetzt die Aufwände für die Werbemaßnahme. Zugleich sollte aber aus das virale Äquivalent mitberücksichtigt werden: Wie oft ist der Händler oder die Aktion in sozialen Medien verbreitet worden, welche Meinungsmacher und Multiplikatoren haben sie erwähnt? Eine detaillierte Aufzeichnung ist wichtig, damit Sie die Entwicklung der Marketingeffizienz langfristig vergleichen können.
Was hat aber dieser Punkt 3 mit Preisreduzierungen zu tun? Ganz einfach: Wenn man seine Zielgruppe besser kennt und die Bedürfnisse und Kaufmotive identifiziert hat, kauft man wesentlich bewusster sein Sortiment ein. Nichts ist besser, als am Saisonende alles abverkauft zu haben. Ein Wunschtraum? Sicher nicht, denn oft schlagen mehrere Herzen in der Brust des Händlers, die in Einklang zu bringen sind:
- Herz Nr. 1 gehört dem Einkäufer, der mit dem Wahlspruch „Warendruck erzeugt Umsatz“ soviel ordert, dass garantiert nie die gefü+rchteten Out of Shelf zustäde entstehen
- Herz Nr. 2 gehört dem Controller, der dem Einkäufer seine Überhänge und damit die unnötige Kapitalbindung um die Ohren haut
- Herz Nr. 3 gehört dem Vertriebler, der seine Abschriftenquote möglichst gering halten will.
Hier sieht man, wie dieses magische Dreieck den Handel beeinflusst. Arbeite ich an einem dieser 3 Stellräder, ergibt sich sofort ein Effekt an den beiden anderen.
Abschließender Tipp
Hier schließt sich der Kreis: Am Anfang steht die Analyse der Kundenbedürfnisse, dann kommt die Datenanalyse und zum Schluss der passende Einkauf.
Was man aber nie mit noch so tollen Tipps ersetzen kann: Die langjährige Business-Erfahrung in Verbindung mit dem Mut, neues auf Basis von Erkenntnissen ausprobieren zu wollen.
Es bleibt also spannend!
Beitragsbild: Bild von Markéta Machová auf Pixabay
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