Der Handel als Dreh- und Angelpunkt in der Nachhaltigkeit
Der Einzelhandel in Deutschland hat aufgrund vieler Faktoren, wie der zur Verfügung stehenden Verkaufsfläche, der Anzahl an Beschäftigten oder des hohen Umsatzanteils am Bruttoinlandsprodukts eine hohe Bedeutung – auch in der Nachhaltigkeit.
Zahlen, Daten, Fakten des Einzelhandels in Deutschland
Der Einzelhandel im engeren Sinne (institutionellen Einzelhandelsformen inkl. Onlineumsätze, ohne Apotheken, Kfz-, Brenn- und Kraftstoffhandel) hat einen Anteil von rund 16 % am Bruttoinlandsprodukt und ist somit einer der bedeutendsten Wirtschaftsfaktoren in Deutschland. Die 631,9 Milliarden Euro Umsatz in 2022 wurden mit 3,1 Millionen Beschäftigten erwirtschaftet. Der Anteil des Onlinehandels betrug rund 21,5 % des Umsatzes. Der stationäre Einzelhandel verfügt über eine Verkaufsfläche von 124,5 Millionen m².
Die wichtigste ökonomischste Subkategorie ist der Lebensmitteleinzelhandel mit einem Umsatz von 183,6 Milliarden Euro im Jahr 2022.
Herausforderungen im Umwelt- und Klimaschutz
Planetare Grenzen: Das Konzept der planetaren Grenzen wurde von Erdsystem- und Umweltwissenschaftlern entwickelt und erstmalig 2009 veröffentlicht. Das Konzept zeigt die ökologische Grenzen der Erde auf. Sechs der neun planetaren Grenzen sind erstmalig überschritten, was die Widerstandsfähigkeit des Planeten gefährdet.
Energiekosten: Die Steigerung der Energiekosten hält schon länger an und wird maßgeblich durch die sinkende Erdgasproduktion in Europa, die kalte Witterung in 2021 und die politischen Unruhen verursacht.
Richtlinien, Verordnungen, Gesetze: Um klimaneutral zu werden, kommt es zu immer mehr regulatorischen Instrumenten, welche umgesetzt werden müssen.
Verhältnismäßigkeit: die Umsetzung regulatorischer Maßnahmen und die Steigerung der Energiekosten führen zu hohen Ausgaben, welche erstmal finanziert werden müssen. Dies führt dazu, dass nachhaltig hergestellte Produkte nicht wirtschaftlich sind.
Kreislaufwirtschaft: Ist ein Modell der Produktion und des Verbrauchs, indem bestehende Materialien und Produkte solange als möglich geteilt, geleast, wiederverwendet, repariert, aufgearbeitet und recycelt werden sollen, sodass sich der Lebenszyklus der Produkte verlängert. Da unsere Rohstoffe nicht endlich sind, wird das Modell der Kreislaufwirtschaft auch für den Handel immer wichtiger.
Der Handel als Dreh- und Angelpunkt
Gemäß einer Studie des Fraunhofer Instituts ISS aus 2023 wurden über 10.000 Unternehmen zum Thema: „CO2-Emissionen im Einzelhandel“ befragt. Folgende Inhalte der Studie spiegeln die Wichtigkeit des Handels wider:
- Im Schnitt beträgt die durchschnittliche Verkaufsfläche der teilnehmenden Betriebe 1518 m², vorhandene Nebenflächen liegen im Schnitt bei 815 m²: Der Handel verfügt über genügend Fläche, um die Kreislaufwirtschaft zu stärken, indem bspw. Sammelpunkte für Verpackungen jeglicher Art, Glas oder Textilien aufzustellen, um sie später durch entsprechende Kooperation mit Dritten wieder in den Kreislauf zu bringen. Insbesondere in der Drogerie- und Lebensmittelbranche sehe ich Potenzial, da die Konsument:innen es gewohnt sind, Ihren „Müll“ dort zurück zu lassen wie Papierverpackungen, Pfandflaschen aus Glas, Kunststoff oder Dosen.
- Durch das Bündeln von Sammelpunkten an einem viel genutzten Ort der Konsument:innen kommt er zur Zeitersparnis, indem mehrere Dinge wie das Einkaufen und Entledigen von Abfall, gleichzeitig getätigt werden könnten.
- Die beiden genannten Branchen haben entsprechende Dachflächen für Photovoltaik. Rund 52% der Befragen gaben an, dass sich ihre Dachflächen für Photovoltaik eignen würden. Ebenso können Ladestationen für elektrifizierte Fortbewegungsmittel auf den vorhandenen Nebenflächen angebracht werden, was zum Teil auch schon umgesetzt wird.
- Aufgrund der langen Öffnungszeiten und der zu kühlenden Lebensmittel ist der Verbrauch im Kältetechnik- und Strombereich sehr hoch. Alleine im Lebensmitteleinzelhandel werden rund 308 Kilowattstunden Strom pro Quadratmeter Verkaufsfläche verbraucht.
Weitere Faktoren, außerhalb der Studie, fallen aus meiner Sicht ebenfalls ins Gewicht:
- der entstehende CO2-Ausstoß in der Landwirtschaft sowie
- der hohe Anteil an Kunststoffverpackungen
und die damit einhergehend entstehende Schadschöpfung.
Dementsprechend sehe ich hier eine hohe Verantwortung der Händler:innen, aber auch der Hersteller:innen. Sie können das Aufkommen von Schadschöpfung im Handel durch ihr zur Verfügung gestelltes Angebot stark beeinflussen.
Quellen: Statista, Fraunhofer Institut ISS, Europäisches Parlament, Potsdam-Institut für Klimaforschung.
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