Kling Glöckchen, Klingeling – Frohe Weihnachten für den innerstädtischen Einzelhandel?
In Düsseldorf sind selbst innerhalb der Woche vor den Parkhäusern rund um die Prachtmeile Königsallee Warteschlangen – trotz exorbitant hoher Gebühren. Samstags wälzen sich die Menschenmassen dichtgedrängt bei Regen und Kälte durch die Einkaufsgallerien und an den Flagshipstores vorbei und verharren vor Tiffany’s und Louis Vuitton geduldig, bis ihnen der Zutritt zu den Tempeln des Luxuskonsums gewährt wird. Um auf den Weihnachtsmärkten durch das Gedränge bis zu dem Glühweinstand zu gelangen, braucht es echtes Durchsetzungsvermögen. Ist das Aussicht auf frohe Weihnachten auch für den innerstädtischen Einzelhandel?
Es scheint fast so – zumindest verkündet der Weihnachtsnewsletter #1 2017 des IIHD Instituts für internationales Handels- und Distributionsmanagement vollmundig, dass die Frequenz „endlich“ in die Innenstädte zurückkehre – wohl immer noch mit einem kleinen Fragezeichen versehen.
Positive Wachstumsprognosen für das Weihnachtsgeschäft zieht das IIHD in seiner Studie, die in Kooperation mit dem Beratungsunternehmen Bearing Point entstanden ist, aus eigenen Quellen und Zahlen des statistischen Bundesamts.
Treiber der positiven Trends ist der stationäre Handel
Entgegen den Vorjahren, in denen insbesondere der Onlinehandel mit Wachstumsraten von bis zu 18,8 % Treiber von Wachstum war, zeichnete sich bereits in 2016 ab, dass insbesondere der stationäre Einzelhandel mit einem Wachstum von 4% die Entwicklung begünstigte, wohingegen Online um 6% wuchs.
Die Entwicklung des Distanzhandels (inklusive E-commerce) prognostiziert das Institut für 2017 auf 0,9 % Wachstum und damit einen Umsatzanteil von 20,3%, was dem langfristig erwarteten Anteil am gesamten Einzelhandelsumsatz entspräche.
Kennzahlen unterstreichen die Prognosen
Die makroökonomischen Kennzahlen unterstreichen die Prognosen, stehen doch alle Werte auf Wachstum, sei es nun der starke Deutsche Aktienindex, die gesunkene Arbeitslosenquote, die steigenden verfügbaren Durchschnittseinkommen und damit verfügbaren Mittel, begünstigt durch den nach wie vor bei 0% liegenden Leitzins.
Auch die Kennzahlen, die das Marktforschungsinstitut GFK herausgibt, bestätigen die Prognosen; der Konsumklimaindex verzeichnet einen Anstieg zum Vorjahr um 8,0%. Der e-KIX, Stimmungsbarometer des Online-Handels, herausgegeben von dem Institut für Handelsforschung in Köln, verzeichnet hingegen einen Rückgang um 0,6 % gegenüber 2016.
Juchhu … kommen die vitalen Innenstädte wieder zurück?
Genau diese Frage stellt die Studie auch. Die Angst um das Sterben der Innenstädte, insbesondere in Klein-und Mittelstädten, hängt seit Jahren als drohende Wolke über dem Handel. Und: Wie es scheint empfinden nicht nur wir, die Verbraucher, die sich durch die vollen Einkaufsstrassen drängeln, einen Wiederaufschwung der Innenstädte. Auch Handelsunternehmen zeigen Optimismus; von ihnen planen mehr als die Hälfte in den Folgejahren einen deutlichen Ausbau ihrer Filialnetze. Darüber hinaus geben in Konsumentenabfragen nur 12% der befragten Konsumenten an, dass sie ihre Geschenke zu Weihnachten vorzugsweise online kaufen, alles Indikatoren, die für die „Wiederkehr“ des stationären Einkaufs sprechen.
Jedoch, die Passantenfrequenzmessungen aus 2017 in den beliebtesten Einkaufsstrassen Deutschlands, zeigen leider ein anderes Bild.
Über die Hälfte der beliebtesten Einkaufsstrassen Deutschlands verzeichnen in den zur Zeit verfügbaren Daten – allerdings ohne das Weihnachtsgeschäft – einen Negativtrend in der Passantenentwicklung. Düsseldorf Schadowstrasse verliert sogar über 30% der Passantenfrequenz, was aber durchaus auch auf die Bautätigkeiten in den letzten Jahren und die sehr positive Entwicklung der Altstadt zurückzuführen sein könnte. Aber auch Hamburg und Köln verlieren in ihren Haupteinkaufsstrassen bis dato über 20% der Passantenströme, eigentlich ein alarmierendes Zeichen.
IIHD und Bearing Point versprechen uns aber, diesen Trend und eine eventuelle Umkehr im Weihnachtsgeschäft, im nächsten Weihnachtsnewsletter, der in Kürze erscheint, näher zu untersuchen – wir sind gespannt.
Logistik als „Zünglein an der Waage“
Der Trend zum immer späteren Weihnachtseinkauf (in 2016 waren es 2 Wochen vor Weihnachten noch fast 50% des verfügbaren Budgets vs. 35% in 2015) und der Anstieg des ecommerce führen die Logistikdienstleister an ihre Grenzen. DHL und Hermes befürchten das Sendungsaufkommen nicht handhaben zu können, und haben in der Folge bereits frühzeitig Kapazitätsgrenzen für Paketauslieferung kommuniziert. Eine ganz neue Entwicklung in der Logistikbranche, die insbesondere kleinere Online Händler vor Herausforderungen in Bezug auf ihre Lieferzusagen stellt, und große Händler wie Amazon unterstützt.
Es ist zu vermuten, dass der Verbraucher, dem es wichtig ist, dass die Geschenke auch unter dem Baum liegen, auch aus diesem Grunde zunehmend zurück in den stationären Handel strömen wird, um sicherzustellen, dass das gewünschte Geschenk auch da ist.
Als Fazit prognostiziert uns die Studie für 2017 ein erfolgreiches Weihnachtsgeschäft auf hohem Niveau, wenngleich die erwarteten Wachstumsraten leicht hinter den Jahren 2015 und 2016 zurückliegen.
…just one more thing…
Einerseits sind die Passantenströme in den Konsumhochburgen mit den blinkenden Flagship Stores und den großen, internationalen Filialunternehmen gesunken. Andererseits, wird wieder steigendes Wachstum des stationären Einzelhandels prognostiziert. Ja, es kann durchaus sein, dass die Passantenströme eine andere, eher saisonal angepasste Entwicklung zeigen werden und die Zahlen für Passantenaufkommen in den letzten 2 Monaten vor Weihnachten überproportional hochschiessen.
Vielleicht jedoch, und dies bleibt abzuwarten, weisen die sinkenden Passantenströme in den Großstädten einerseits, und das positive Wachstum im stationären Einzelhandel mit dem sinkenden Wachstum des Distanzhandels auch auf einen Renaissance des stationären Einzelhandels in Klein- und Mittelstädten hin? Eine Fragestellung, die in dieser Studie nicht beleuchtet wird; eine Antwort jedoch, die sehr wünschenswert wäre. Und vielleicht ist es ja auch so.
Der Trend zum lokalen Konsum, zum Wiederaufleben der regionalen Identität, wie wir es vielfach sehen, könnte diese Entwicklung unterstützen. Gerade in Großstädten, wie z.B. Berlin, sehen wir den Trend zum vermehrten Einkauf im heimischen Stadtteil zu Ungunsten des Zentrums bereits.
Vielleicht, ja vielleicht, können wir diesen Trend zukünftig auch in unseren Klein- und Mittelstädten beobachten; zumindest in denen, in denen sich Stadtverwaltung, Citymanagement und Handel zusammentun, um den Bürgern echtes Einkaufserlebnis zu bieten; ich für meinen Teil würde es mir zu Weihnachten wünschen ….
Quellen:
Das IIHD | Institut ist ein wissenschaftliches Institut an der Hochschule Worms und einer der führenden Think Tanks für managementrelevante Fragestellungen in den Branchen Handel, Konsumgüter und Services.
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