Inside Aldi: Werbesprech im Realitätscheck
„ALDI könnt ihr immer vertrauen“, das steht auf den Webseiten des Discounters. Doch „die Recherche“, eine Kooperation von NDR und SWR, zeigt in drei Dokumentationen (Inside Aldi), dass an den Nachhaltigkeits-, Transparenz- und Verantwortungsversprechen des Konzerns, berechtigte Zweifel angebracht sind.
Werbe- und Marketingbotschaften sind nur sehr selten wirklich ehrlich. Wenn nicht glatte Falschbehauptungen aufgestellt werden, so wird meist zumindest die Wahrheit lückenhaft beschrieben oder ordentlich verbogen. In Bezug auf Nachhaltigkeitsziele kennen wir das auch als Greenwashing.
die RECHERCHE: Inside Aldi
Wer bei Aldi einkauft, soll ein gutes Gewissen haben – laut eigener Aussage nimmt der Discounterriese seine Verantwortung für Umwelt, Menschenrechte und Tierwohl sehr ernst. Doch was taugen die Versprechen? Die RECHERCHE durchleuchtet in drei Folgen das System Aldi und zeigt die schmutzige Wahrheit hinter den vollmundigen Werbebotschaften. Wer zahlt tatsächlich für billiges Fleisch, Gemüse und Blumen? Die investigative Spurensuche führt vom Discounter vor der Haustür quer durch Deutschland, nach Spanien und Afrika, zu enttäuschten Bauern, wütenden Umweltschützern und gebeutelten Arbeitern.
Folge 1: Das grausame Geschäft mit den Erdbeeren
Frische Erdbeeren, auch im Winter zum Schnäppchenpreis – der Anbau in Spanien macht es möglich. NDR Reporter Victor Kupka recherchiert in der andalusischen Provinz Huelva, wo auf riesigen Feldern jedes Jahr rund 350.000 Tonnen Erdbeeren geerntet werden. Schnell stößt er auf ein kompliziertes Geflecht aus Produzentengruppen und Bauern, die um das wenige Wasser in der Region streiten – und auch zu verbotenen Mitteln greifen.
Bis zu 100.000 Saisonarbeitskräfte leben in Huelva ohne Wasser, ohne Strom und unter miserablen hygienischen Bedingungen. Oft sind die Menschen illegal im Land, haben keine Papiere und keine Krankenversicherung. Wie gering die Standards beim Anbau der spanischen Aldi-Erdbeeren sind, zeigt auch eine Laboranalyse: Zwei von drei Stichproben waren mit Pestiziden belastet.
Folge 2: Das scheinheilige Fleisch-Versprechen
Ob Rind, Schwein, Hähnchen oder Pute: Nur noch Fleisch der höheren Haltungsformen 3 und 4 soll ab 2030 in den Aldi-Regalen liegen. Damit wirbt der Discounter öffentlichkeitswirksam. Doch die von Aldi versprochene „detaillierte Herkunftsinformation“ endet abrupt beim Schlachtbetrieb. Auf welchem Hof ein Schwein gelebt hat, bevor es zum Schnitzel verarbeitet wurde, kann selbst Aldi nicht genau sagen, es nur auf einige Betriebe eingrenzen. Der beworbene Aldi-Transparenz-Code: Fehlanzeige.
Auch die vielfach gelobte Kampagne des Haltungswechsels bei Aldi entpuppt sich durch die Recherchen von NDR Reporter David Hohndorf als Marketingmasche: Er trifft auf Landwirte, die eigentlich gerne die Lebensbedingungen ihrer Tiere verbessern wollen. Auf Unterstützung von Aldi hin zu höheren Haltungsstufen, auch in Form von Abnahmezusagen der Schlachthöfe, warten sie aber bislang vergeblich.
Folge 3: Die giftige Wahrheit der Billig-Rosen
Ein Bund frischer Rosen kostet 1,99 Euro bei Aldi Nord; 2,99 Euro kostet die Fair-Trade-Variante von Aldi Süd. Beide kommen aus Ostafrika. NDR Reporterin Susan Penack fliegt nach Kenia und recherchiert am Naivasha-See – einem der größten Rosenanbaugebiete der Welt. Von dort reist sie weiter nach Äthiopien.
Vor Ort bestätigt sich eine düstere Realität: Selbst die Fairtrade-Rosen stammen von Farmen, deren Mitarbeitende trotz hohem und körperlich anstrengendem Arbeitspensum kaum von ihrem Lohn leben können. Auch die Gesundheitsstandards werden offenbar missachtet: Mitarbeiterinnen eines der weltweit größten Rosenproduzenten schildern, dass Pestizide regelmäßig direkt über ihren Köpfen versprüht werden. Ein Labor weist auf einer Stichprobe der Aldi-Rosen Rückstände von Famoxadon nach. Die in Europa verbotene Chemikalie schädigt innere Organe und verunreinigt das Grundwasser.
Wer von den Rechercheergebnissen wirklich überrascht ist, hebt bitte die Hand.
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