Einkaufsatmosphäre (5/6): Bezahlen und Check-out
Laut vielen Studien sind es vier wichtige Attribute, die das Einkaufserlebnis in Geschäften verbessern können: Einfache Navigation im Geschäft, kompetentes Verkaufspersonal, kurze Wartezeiten vor der Umkleidekabine und einfaches und schnelles Bezahlen. Jeder Kunde hasst Schlangen, wenn er bezahlen muss. Lange Warteschlangen an der Kasse führen zu einem schlechten Kundenerlebnis. Und ein schlechtes Kundenerlebnis bringt weniger Kunden mit sich. Angenehm und bequem soll er sein, der Check-out an der Kasse.
Neue Konzepte rund um das Bezahlen im Geschäft wollen in erster Linie die Warteschlangen an der Kasse vermeiden. Mit Hilfe von Technologien lässt sich das ändern. Viele Tests werden hierfür immer wieder durchgeführt. Aber der richtige Weg ist noch nicht gefunden.
Ist Amazon Go die Zukunft des Check-out?
Sobald man über die Zukunft des Check-out nachdenkt, beginnt jeder über Amazon Go zu sprechen. Der Amazon Go Store ermöglicht es den Kunden, in den Laden zu gehen, die gewünschten Artikel aus den Regalen zu nehmen und „einfach rauszugehen“. Das Ganze funktioniert mit Sensoren und Kameras, die erfassen, was der Kunde aus dem Regal nimmt und es dann in seinen Warenkorb bucht. Funktioniert das auch bei anderen Geschäften?
Amazon Go ist ein speziell erbautes Geschäft mit rund 1.000 Artikeltypen/SKU (Stock Keeping Unit) im Einzelhandel. Die Gegenstände wurden bewusst so gewählt, dass sie verschiedenartig aussehen, sodass das „Computer Vision System“ in der Decke die unterschiedlichen Artikel erkennen kann. Aber genau hier ist das erste Hindernis für große Händler und vielen Artikeln: Lebensmittelgeschäfte haben mehr als 80.000 SKUs, wovon sehr viele ähnlich bzw. gleich aussehen.
Identische Gegenstände sind ein Problem für das Kamerasystem. Hinzu kommt das nächste Problem: Die Kosten für tausende von Kameras in einem großen Flächengeschäft sowie die Wartungskosten für vielen Kameras. Und noch zwei weitere Probleme: Die Hitze, die tausende von Kameras entwickeln und die Arbeitskosten. Obwohl suggeriert wird, das der Amazon Go-Store ohne Kassierer funktioniert, gibt es Mitarbeiter, die das Videomaterial sichten und prüfen, ob alles richtig funktioniert.
Trotz aller dieser Probleme und der Übertragbarkeit auf größere stationäre Lebensmittelgeschäft ist Amazon Go ein interessantes Konzept. Die Technologie wird sich weiterentwickeln und vielleicht doch einmal Schule machen.
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Mobile Kassenlösungen sind im Kommen
Eine Strategie, um stationären Kassen zu umgehen, ist die mobile Kasse. Stellen Sie sich ein Geschäft vor, in dem jeder Mitarbeiter den Kunden vor dem Regal und an jedem Ort im Geschäft mit einem Handheld-Gerät auscheckt und bezahlen kann. Das verändert das Kundenerlebnis und gibt dem Kunden ein problemloses Einkaufserlebnis.
Es gibt einen Grund, warum Apple schon immer die mobile Kasse anbietet. Es gibt auch einen Grund, warum sich Walmart damit beschäftigt (Innowi devices) und Target eine mobile Kasse hat: Um die leidigen Kassenschlangen loszuwerden.
Einzelhändler beginnen zunehmend sogenannte „in-aisle“ mobile Kassenlösungen auszuprobieren, die auch relativ schnell skalierbar sind. Hinzu kommt, dass die Mitarbeiter im Einzelhandel zunehmend technisch versierter werden und der junge und heranwachsende Verkäufer erwartet eigentlich, mit Technik ausgestattet zu sein. Gute Voraussetzungen für diese Art des Check-out. Trotzdem ist zu bedenken, dass der mobile Check-out auch personalintensiv ist.
Self Check-out als weitere Variante
Neben den mobilen Kassenlösungen, die von den Mitarbeitern des Händlers bedient werden, werden aktuell viele Checkout-Lösungen getestet, bei denen der Käufer selbst die Artikel scannt und den Check-out durchführt. Die wahrscheinlich bekannteste Lösung ist der Self-Check-out oder die Selbstzahler-Kasse.
Real, Rewe, Decathlon und Ikea bieten die Option, das die Kunden die Artikel an einem speziellen Terminal selbst scannen und bezahlen. Eine Zeitersparnis ergibt sich damit aber kaum. Dem POS gelingt es also leider auch damit nicht wirklich, eines seiner Hauptprobleme zu lösen: dem Kunden die Wartezeit an der Kasse zu ersparen.
Mobiltelefone werden zur Kasse und Infozentrale
Unternehmen wie Hornbach, Saturn, Knauber und Edeka experimentieren mit anderen aber unterschiedlichen Ansätzen, um wieder den Kunden zum Kassierer zu machen. Die Kamera im Mobiltelefon übernimmt dann die Funktion der Scanner-Einheit an der Kasse.
Das geht aus Kundensicht gefühlt schneller, als sich anstellen zu müssen. Für größeren Umsatz sorgen die Kunden beim Self-Scanning zwar nicht, aber behalten im Idealfall den Einkauf in guter Erinnerung und kommen somit gern in den Laden zurück.
Tap & Go über das elektronische Regalpreisschild
Der Kunde kann mit einer Kundenkarte oder einem Smartphone die Produkte durch Tippen auf das intelligente Regal bzw. das elektronische Regalpreis-Schild direkt dem Warenkorb hinzufügen. Ist der Kunde fertig mit dem Einkauf, wird das Konto nach Verlassen der Filiale automatisch mit dem Einkaufspreis belastet. Damit wird ein superschnelles Einkaufen geboten und Warteschlangen an der Kasse beseitigt.
Bei Albert Heijn in Holland wird das dem Kunden als „Highspeed-Einkaufen“ angeboten.
Scan & Go mit dem Mobiltelefon
Statt zu tippen, scannt der Kunden die Artikel mit seinem Mobiltelefon und einer entsprechenden App. Durch RFID oder IoT-basierte Warensicherungen („Spider-Tags“) sind die Artikel gesichert. Wenn der Warenkorb fertig gefüllt ist, zahlt der Kunde per App mit Kreditkarte, PayPal, Google Pay oder Apple Pay. Nach der Bezahlung erhält der Kunde seinen digitalen Kassenbon per Mail. Bevor er den Laden verlassen kann, muss er diesen beim „Smartpay Express-Schalter“ am Ausgang des Marktes entsichern lassen. So wird die Filiale diebstahlfrei.
Beispiele dafür sind Tests von Saturn Smart Pay mit den Start-ups mishipay oder rapitag. Oder auch die Lösung von snabble bei den Knauber Freizeitmärkten und Edeka Paschmann.
Mobiles Bezahlen über elektronische Preisetiketten
Im Falle von Wirecard in Verbindung mit SES-imagotag läuft das Scannen über neue Funktionen in elektronischen Preisetiketten (ESL) und einem damit verbundenen Bezahlprozess wie im E-Commerce.
Wenn ein Kunde das ESL mit dem Mobiltelefon ansteuert, sendet es Produktinformationen, wie Preis, Inhaltsstoffe oder Ähnliches, an eine App oder Web-URL. Der Kunde entscheidet dann, ob er den Artikel haben will. Wenn ja, kann er hierüber mobil den Check-out machen.
Autonome Filialen ohne Kassierer und Mitarbeiter
Der Zugang zur Filiale ohne Kassierer und Mitarbeiter wird per QR-Code und einer Kunden-App freigegeben. Der Check-out erfolgt über eine der oben beschriebenen Zahlvarianten und der Kunde kann den Laden verlassen. In Asien ist dieses Konzept mittlerweile punktuell umgesetzt. Der E-Commerce-Gigant JD.com setzt auf einen automatisierten Supermarkt, Alibaba eröffnete vor zwei Jahren Hema. Außerdem dienen rollende Filialen als Lieferdienst zum Kunden.
Über die autonomen Filialen haben wir in dem Beitrag „Trend oder Hype: Verkäuferlose Geschäfte“ bereits berichtet.
Viele Alternativen – was ist die richtige?
Wie oben beschrieben existieren heute viele Varianten für den Check-out. Alle reduzieren sie mehr oder weniger die Wartezeiten an der Kasse und machen den Check-out einfacher. Viele davon übertragen das Scanning und weitere Aufgaben auf den Kunden.
Welche Variante die Richtige ist, sollte der Händler entscheiden. Sie muss zum Geschäft, zum Auftritt und auch zu den Kunden passen. Und vor allem: Sie muss von den Kunden akzeptiert und genutzt werden.
Weitere Beiträge zur Einkaufsatmosphäre
Zum Thema Einkaufsatmosphäre sind eine Reihe von Artikeln exklusiv für unsere Unterstützer erschienen. Sie erhalten als Unterstützer diese Artikel auch als Whitepaper.
- Einkaufsatmosphäre (1): Ladengestaltung, Produktpräsentation und Menschen
- Einkaufsatmosphäre (2): Vorteile des stationären Handels gezielt ausspielen
- Einkaufsatmosphäre (3): Verbindung von Offline mit Online
- Einkaufsatmosphäre (4): Der richtige Ansatz zählt
- Einkaufsatmosphäre (6): Das stationäre Geschäft als Erlebnis
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