Die Customer Journey mit Amazon Echo & Alexa
Werden wir in Zukunft unsere Einkäufe mit Sprachassistenten durchführen? Was uns heute merkwürdig erscheint, soll laut einigen Experten bald ganz normal sein: Sprachassistenten als fester Bestandteil der Customer Journey. Das würde dem Amazon Echo mit Alexa und Google mit Google Home einen enormen Vorsprung gegenüber dem Handel in Deutschland verschaffen. Sind sie doch schon heute die Gateways zum Kunden. Das Handelsblatt titelte sogar „Alexa wird zum Schrecken der Händler“.
Amazon Echo wird in den Markt gedrückt
Amazon vermarktet seine Geräte, in denen Alexa lebt, schon seit einiger Zeit aggressiv. Hin und wieder bekommt man den Echo Dot für nur 39,99 statt 59,99 Euro und den großen Bruder für 99,99 Euro.
Da wunderte es nicht, wenn der Amazon Echo mit geschätzt 50 Millionen bisher verkauften Geräten den Markt mit rund 67 Prozent beherrscht. Google liegt mit dem Home bei gut 25 Prozent, so dass die beiden Giganten zusammen auf über 92 Prozent des Marktes kommen.
Amazon und Google sind Gatekeeper
Damit sind die beiden und insbesondere Amazon wieder einmal zu Gatekeepern geworden, die unsere Zukunft beim Shoppen mit Sprachassistenten bestimmen werden. Und diese „intelligenten“, sprachgesteuerten Systeme werden in nicht allzu ferner Zukunft einen großen Teil des Einkaufs- und Shoppingvolumens abwickeln.
Die Strategieberater von OC&C sagen voraus, dass die Umsätze, die über Sprachassistenten gemacht werden von rund zwei Milliarden auf 40 Milliarden Dollar im Jahr 2022 steigen werden. Hingegen sagen Experten wie Patrick Givens, der Skills für Alexa und den Google Assistant entwickelt, dass heute noch nicht mit großen Umsätzen gerechnet werden sollte. Dass die Sprachassistenten kommen, steht aber fest. So hält zum Beispiel der stellvertretende Rewe-Chef Jan Kunath Sprachassistenten für den nächsten Technologiesprung.
Wer nicht früh dabei ist, hat das Nachsehen
Stephan Tromp, Hauptgeschäftsführer des HDE, sieht die Zukunft für die Sprachassistenten positiv, für die Händler allerdings weniger: „Sprachassistenten entscheiden, welches Produkt von welchem Händler bestellt werden soll. Langfristig werden also die Selektions- und Marketingprozesse von Sprachassistenten einen wichtigen Faktor für den Erfolg und Misserfolg von Produkten und Händlern darstellen.“
Wir haben also zurzeit einen Markt, der sich sprunghaft entwickelt und der zum wiederholten Male von den Big Playern, die dies rechtzeitig erkannt und gehandelt haben, besetzt ist. Amazon und Google dringen in Customer Journey und Kundenbeziehungen ein und bestimmen künftig, welche Produkte die Menschen kaufen werden. Denn sie stellen die Algorithmen, die darüber entscheiden, welches Produkt und welcher Händler ausgewählt oder dem Kunden vorgeschlagen wird.
Die Customer Journey mit Alexa & Co.
Um eine gute Customer Experience für die Shopper auch mit Sprachassistenten zu erreichen, muss der Händler die Stärken und Schwächen dieser Technologie kennen. Hierfür empfiehlt es sich, die Customer Journey aus Sicht des Kunden zu betrachten, also kundenzentriert vorzugehen.
Im ersten Schritt aktiviert der Kunde via Sprache seinen Assistenten. Nun kommt es sehr darauf an, was genau gekauft werden soll.
Low-Interest-Produkte, keine Präferenzen
Im Falle eines Low-Interest-Produkts und keinen Präferenzen seitens des Käufers wird der Algorithmus eigenständig entscheiden und kann den Kauf ohne weitere Rückfragen abwickeln. Hierbei wird die Kaufhistorie des Kunden berücksichtigt. Im Falle eines Erstkaufs werden natürlich die Daten dazu gespeichert und für nächste Käufe archiviert. Da hier der Kauf vollständig ohne weitere Einflussnahme durch den Kunden erfolgt, liegt die Entscheidung, welches Produkt von welchem Händler ausgewählt wird, ganz allein beim Anbieter des Sprachassistenten. Er kann z.B. seine Eigenmarken bevorzugen oder höhere Listingplätze an die bei ihm verkaufenden Händler vermarkten.
Low-Interest-Produkte, Präferenzen vorhanden
Möchte der Kunde ein Produkt kaufen, das ihn ebenfalls wenig interessiert, bei dem er aber bereits bestimmte Präferenzen hat, wie z.B. Preis, Farbe, Gebindegröße etc., dann kann ihm der Algorithmus via Voice Vorschläge unterbreiten. Meist wird es hier auf wenige Vorschläge hinaus laufen, die der Kunden noch über das Hören verarbeiten kann. Aus diesen wählt der Kunde ein Angebot aus und wird zum Checkout weiter geleitet. Oder er verlangt nach weiteren Vorschlägen. Die Customer Journey stimmt ab hier mit der bei Middle-Interest-Produkten überein.
Middle-Interest-Produkte, mit/ohne Präferenzen
Sobald das Interesse am Produkt beim Kunden größer wird, er aber noch keine oder zumindest keine explizite Präferenz hat, wird die Customer Journey etwas komplizierter. Auch hier wird der Sprachassistent zunächst einige wenige Vorschläge machen. Es wird aber häufig dazu kommen, dass der Kunde sich auf Basis dieser Informationen nicht entscheiden kann oder will. Nun stellt der Algorithmus ein kuratiertes Angebot für den Kunden zusammen, wobei hier mehr Informationen zusammen gestellt werden. Dies erhält der Kunde so, dass er ein Display zur Verfügung hat, die Produkte anzuschauen und seine Kaufentscheidung vorzubereiten. Ob dies per Mail oder auch auf einer Landingpage erfolgt, ist dem Händler überlassen.
High-Interest-Produkte
Manche Kunden wissen auch ganz genau, was sie kaufen wollen (High Interest Produkte) und können ihre Bestellung entsprechend detailliert formulieren, sodass der Algorithmus lediglich den Auftrag bestätigen muss.
Wieder nur ein Hype?
Schaut man sich den derzeitigen Stand der Dinge bei den Sprachassistenten an, tritt Ernüchterung ein. The Information beschreibt in einem Artikel, dass in den USA nur zwei Prozent der Alexa-Nutzer 2018 auch mit ihr bestellt haben. Sogar 90 Prozent haben es danach nicht noch einmal versucht. Die nicht näher genannte Person, die dem Magazin die Informationen gegeben hat, erklärte, dass das Voice Shopping noch kein Massenmarkt darstellen würde. Überwiegend würden Sprachassistenten für Wettervorhersagen, die Weckerfunktion, Musik- und Radiohören und noch von einigen für die Steuerung ihrer Smart Home Geräte genutzt.
Eine Studie von Splendid Research ergab, dass sich für die Verwendung von Smartspeakern wie Echo von Amazon und Google Home sich bisher nur ein kleinerer Teil der Deutschen interessiert. So ist das Kaufpotenzial für Smartspeaker sehr gering: nur etwa 2 Prozent der Nicht-Nutzer halten es für wahrscheinlich, sich im Jahr 2018 ein solches Gerät zuzulegen. Dabei hätte Amazon mit dem Echo klar die höchste Präferenz: Zwei Drittel können sich vorstellen, das Gerät zu kaufen, ein Drittel zieht Google Home in Betracht, der Apple HomePod kommt für jeden Zehnten in Frage.
Nicht unterschätzen
Man sollte die im Moment noch zurückhaltenden Entwicklungen nicht unterschätzen. Wie immer ist der Anfang solcher neuen Technologien eher langsam und manch Entscheider neigt dazu, es nicht wahrzunehmen, weil die Nutzungszahlen noch so gering sind.
Trotz dieser derzeitigen Momentaufnahme darf man nicht vergessen, dass nach wie vor die mobile Nutzung steigt. Wir konnten erst kürzlich zeigen, dass die Generation Z (geboren ab 1994) ihre Smartphones mehr nutzt als jede Generation vor ihnen. Angesichts dieses Nutzerverhaltens und der Tatsache, dass in jedem Smartphone mindestens ein Sprachassistent wohnt, darf man diese Technologie nicht leichtfertig abtun.
Denn in dem Moment, in dem die Nutzung ansteigt, muss ein Unternehmen fit sein für die neue Technologie. Daher sollte man die ruhige Zeit am Anfang immer für das eigene Lernen nutzen. Denn die Kunden sind gnadenlos, wenn sie eine neue Technologie adaptieren. Fehler werden nicht verziehen und es gibt bestimmt einen anderen Händler, der nur einen Klick – oder in diesem Falle Ruf – entfernt ist.
Der stationäre Handel ist von den Entwicklungen bei den Sprachassistenten ebenso betroffen wie die Online-Händler. Denn wenn die eigenen Kunden anfangen, andere Zugänge zu ihren Einkäufen zu nutzen, sollte man dies nicht nur wissen, sondern auch seine eigene Strategie daran anpassen.
Darüber hinaus nutzen bereits stationäre Händler Alexa & Co., um die eigenen Kunden mit der bestmöglichen User Experience in den eigenen Laden zu locken.
Wir haben die Kernpunkte noch einmal in einem kurzen Video zusammen gefasst. Teilen wie immer erwünscht! Danke.
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Beitragsbild: Shopping Sprachassistent – Stock Photo – metamorworks/Shutterstock
Vielen Dank für die aus meiner Sicht sehr wichtige und gelungene Darstellung des Einkaufens über intelligente Sprachassistenten. Ich glaube, dass sie sich zum Einkaufen vor allem dann durchsetzen werden, ihre Platz nehmen vielen anderen Verkaufskanälen finden können, wenn sie auch emotionale Intelligenz entwickeln. Und hierzu sollten, ja müssen Konzepter, Gestalter und Entwickler sich mehr abschauen vom sprachbasierten, dialogbasierten Verkaufen in den guten (alten) Tante Emma Läden. Ich finde: Die Zukunft des Conversational Commerce liegt in den Händen von Tante Emma.