Aus für kassenlose Check-outs in Amazons Fresh-Supermärkten
Amazon gehört wohl zu den meist-geschmähten, aber auch innovativsten Unternehmen der Handelswelt. Vieles hat der Konzern ausprobiert, nicht alles war erfolgreich und wurde wieder eingestellt. So nun auch die „Just Walk Out“-Lösung in den Fresh-Supermärkten. Hier konnten Kund:innen nach ihrem Einkauf einfach hinausgehen, ohne einen physischen Check-out zu durchlaufen. Gesichts-/Bilderkennung, Sensoren und künstliche Intelligenz machten den kassenlosen Check-out möglich.
Möglich ja, aber häufig auch fehlerbehaftet und wenig reibungslos. Wie The Information berichtet, war die Technik hinter den „Just Walk Out“-Installationen nicht so weit entwickelt, wie Amazon dies gern gehabt hätte und kommuniziert hat. Amazons Ziel war es, nicht mehr als fünf Prozent aller Einkäufe händisch kontrollieren zu müssen. Laut The Information waren es 2022 jedoch 70 Prozent. Amazon widerspricht dieser Darstellung und betonte gegenüber Gizmodo, dass die im Hintergrund werkelnden Arbeitskräfte nur „eine kleine Minderheit“ der Einkäufe überprüfen mussten. Die umfangreiche händische Arbeit für „Just Walk Out“ hätte darin bestanden, Videos mit Metadaten zu versehen, um die KI (Machine-Learning-Modell) zu trainieren.
Für „Just Walk Out“ in den Fresh-Supermärkten sollen mehr als 1.000 Arbeitskräfte diese Arbeit erledigt haben. Diese waren bei einem Outsourcing-Partner in Indien beschäftigt. Neu sind diese „Ghost Worker“ (Schatten- oder Geisterarbeitende) nicht. Künstliche Intelligenz und Machine-Learning-Modelle wollen trainiert werden und dies geschieht meist durch Geisterarbeitende aus Ländern des Globalen Südens. Kritiker:innen dieser Vorgehensweise bemängeln, dass diese Systeme an die koloniale Ausbeutung erinnerten. Die Tech-Konzerne würden die Gewinne einstreichen, die sie auch mithilfe prekär beschäftigter Menschen in den ärmeren Regionen dieser Welt realisieren.
Schon Amazons Alexa wurde von über 30.000 Arbeitenden in den USA, Costa Rica, Indien und Rumänien trainiert. Aber auch über Google gibt es ähnliche Berichte. Bloomberg hat noch einige weitere Beispiele zusammengestellt.
Amazon selbst begründet die Abkündigung von „Just Walk Out“, das in gut 40 Prozent der Fresh-Supermärkte installiert war, mit dem Kundenwunsch nach dem Kassenbon schon während des Einkaufs. In den Amazon Go-Läden bleibt die Technologie weiterhin im Einsatz. In den Fresh-Supermärkten kommen nun die Amazon Dash Carts zum Einsatz. An den Einkaufswagen befinden sich Scanner und Bildschirme, damit die Kund:innen ihre Waren selbst scannen können.
Auch im hochfrequenten Lebensmittelhandel sind die Unternehmen auf der Suche nach Effizienzsteigerungen. KI oder Machine Learning versprechen enorme Einsparpotenziale, wenn die dafür notwendigen Technologien das leisten, was ihre Anbieter vollmundig versprechen. Der derzeitige Hype um Künstliche Intelligenz sollte nicht dazu führen, dass Lösungen nicht mehr mit der notwendigen kritischen Distanz betrachtet werden. Denn wie Amazon (und andere Unternehmen) zeigt, ist auch hier nicht alles Gold, was glänzt.
Beitragsbild: Amazon
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