Digitale Kassenzettel am POS: Besserer Service für Shopper
Im eCommerce sind wir es gewohnt, dass wir nach dem Kauf einen digitalen Kassenzettel erhalten. Aber am physischen Point of Sale (PoS) ist dies noch sehr selten der Fall und meist sehr aufwändig und unstrukturiert für den Kunden. Jetzt kommt Bewegung in den Markt für digitale Kassenzettel am PoS.
Aufgrund einer Gesetzesänderung zum Januar 2020 (Stichwort Kassensicherungsverordnung) werden nun alle Händler verpflichtet, bei jedem Kassiervorgang einen Kassenzettel an den Kunden auszugeben. Entweder klassisch auf Papier oder elektronisch in einem standardisierten Datenformat.
Dies gilt ausnahmslos für alle Händler, auch Bäckereien, Eisdielen, Metzgereien usw. Nur wenige Ausnahmen sind auf Antrag erlaubt, wie z.B. für Verkaufsstände auf Wochenmärkten oder Volksfesten.
Digitale Kassenzettel – Ist das wirklich neu?
Nein, bereits vor ein paar Jahren wurden Services rund um digitale Kassenzettel am PoS gestartet. Erinnern Sie sich beispielsweise noch an das Unternehmen Nubon (Tochtergesellschaft vom Otto Konzern)? Mit Nubon konnten Händler ihre Kassenzettel vom PoS digital verwalten und Mehrwert Services wie Couponing, Kundenkarten, Produktgarantien nutzen. Im Jahr 2018 stellte Nubon seinen Service ein. Es konnte kein Geschäftsmodell etabliert werden, so die Aussage des Unternehmens damals.
Auch das Karlsruher Unternehmen Reposito hat digitale Kassenzettel bereits 2014 angeboten. Services wie die Speicherung des digitalen Kassenzettels, Erinnerungen an Garantiefristen und automatische Benachrichtigungen bei Produktrückläufen. Jedoch am Ende wurde auch dieser Dienst aufgrund fehlendes Business Cases eingestellt. Vielleicht war die Zeit für solche Services einfach noch nicht reif.
Neue Startups stehen in den Startlöchern
Die nahende Gesetzesänderung ruft jetzt wieder einige deutsche Startups mit Produktinnovationen und neuen digitalen Services auf den Plan. Mit admin, anybill, bill.less, epap oder wunderbon wird ein erneuter Proof of Concept angegangen.
Derzeit stehen die Unternehmen in zahlreichen Gesprächen mit Händlern. Ziel ist es, die Kassenzettel vom PoS zu digitalisieren, dem Kunden auf sein geliebtes Smartphone zu senden und automatisch zu organisieren. So soll eine digitale Schnittstelle zwischen Geschäft und Kunden geschaffen werden. Übrigens in den meisten europäischen Nachbarländern sind solche Services bereits Alltag.
Weitere Startups rund um den stationären Handel finden Sie in unserem Startup Corner.
Unterstützung durch Umweltdiskussionen
Wie viele Bäume heute mit den Papierkassenzetteln daran glauben müssen, können wir uns alle gut vorstellen. Aber nicht nur der Baumbestand ist bedroht. Die überwiegend ausgegebenen Kassenzettel werden auf Thermodruck mit der gesundheitsschädlichen Chemikalie Bisphenol A (BPA) erstellt.
Auch hier greift der Gesetzesgeber 2020 ein und verbietet BPA auf Kassenzetteln. Die erlaubte Alternative ist Bisphenol S, jedoch laut aktueller Studien, kaum ein Deut besser. Dies lassen wir hier einmal unkommentiert. Trotzdem können die Umweltaspekte bei der Vermarktung hilfreich sein, sodass der Kunde umdenkt und den digitalen Kassenzettel annimmt.
Was hat der Kunde davon?
Wir alle kennen es sicherlich selbst: das Zettelchaos in der Geldbörse. Einige Kassenbelege werden für den Garantiefall aufbewahrt, andere sollen für die Steuererklärung oder Reisekostenabrechnung beim Arbeitgeber genutzt werden.
Die Idee klingt verlockend, wenn alle Kassenzettel in einem Ordner zur Verfügung stehen und jederzeit und überall abrufbar sind. Schön, wenn sie darüber hinaus automatisch an den Steuerberater oder an die Reisekostenbuchhaltung versendet werden und auch noch das Haushaltsbuch eigenständig organisieren.
Außerdem sollen passgenaue Marketingangebote oder Kauferinnerungen an mich versendet werden. Exakt diese digitalen Services wollen die in den Startlöchern stehenden Newcomer anbieten.
Die größte Herausforderung wird wieder einmal das bekannte Henne-Ei-Problem sein. Ich als Kunde möchte diesen Service nutzen, wenn wirklich alle meine Kassenbelege speicherbar sind. Dies zwingt die Startups zu einem schnellen Handelspartner-Aufbau, flächendeckend über alle Handelsbranchen, egal, ob große oder kleine Händler. Darüber hinaus muss eine rasche Distribution der Apps auf die Kunden-Smartphones erfolgen. Gleichzeitig sollen aber auch die Kassenzettel aus meinen eCommerce Geschäften integriert sein, quasi eine massentaugliche „All in one“-Lösung.
Kein leichtes Unterfangen und in der Vergangenheit sind andere Dienste genau an diesen Herausforderungen gescheitert.
Wie können Händler profitieren?
Täglich werden im Handel etliche Kilometer Kassenzettel bedruckt und mit der Gesetzesänderung werden es deutlich mehr werden. Somit sind die ausgedruckten Kassenzettel auch ein Kostenfaktor für den Händler. Bietet der Händler jedoch auch die Option von digitalen Belegen an, kann auf den Ausdruck der Kassenzettel verzichtet werden. Aber reicht das schon aus, um den Händler zu überzeugen? Sicherlich nicht.
Doch mit den digitalen Kassenzetteln kann der Händler seinen Kunden einen Zusatzservice anbieten und gleichzeitig businessrelevante Auswertungen zum Warenkorb sowie Kaufverhalten vornehmen. Von personalisierten und relevanten Coupons, Bonusprogrammen bis hin zu Kundenbenachrichtigungen ist alles denkbar.
Bisher kannte der Shopper diese Art von Belegaussendung nur aus dem Online Kanal. Dies kann ein wichtiger Beweggrund sein, von Anfang an dabei zu sein und eine Win-Win-Situation für Kunden und Händler zu erzielen.
Optionen zur technischen Umsetzung
Um den digitalen Kassenzettel zu erzeugen und zu verteilen, stehen zwei Wege zur Verfügung.
Option 1
Eine Integration ins vorhandene Kassensystem wird mittels Software durchgeführt, sodass der Kunde nur seine App mit einem QR-Code zur Identifikation zeigen muss. Im Anschluss liest der Barcodescanner den QR-Code und verknüpft diesen mit dem Kassenzettel. Für den Händler ist dies jedoch mit Investitionskosten verbunden.
- Software-Update bei der bestehenden Kassensoftware
- Anschaffung einer Scansäule als Hardware am PoS
Option 2
Hier wird der Kunde selbst aktiv und scannt den Kassenzettel per Smartphone-Kamera ab. Der Kassenbon wird mittels Texterkennung (OCR) ausgelesen. Aus Kundensicht klingt die erste Option deutlich nutzerfreundlicher.
Vielfältige Anwendungsszenarien vorhanden
Services rund um den digitalen Kassenzettel haben sowohl im B2C als auch im B2B Bereich Potenzial, um einen relevanten Kundennutzen zu erzeugen. Sobald der digitale Kassenzettel flächendeckend erhältlich ist, kann der Privatkunde ein digitales Haushaltsbuch verwenden und seine eigenen Analysen starten.
Es bietet dem Marketing die Möglichkeit, relevante und personalisierte Werbung auszuspielen, sofern der Kunde seine Erlaubnis dazu erteilt. Es bietet dem Marketer die Möglichkeit, Analysen zu Kaufverhalten und Produktgruppen durchzuführen und damit z.B. das Up- und Cross-Selling zu optimieren.
Bei den Unternehmensprozessen sind ebenso Potenziale zu erkennen. Durch automatisierte Prozesse kann die Belegbuchhaltung effizienter gestaltet werden. Allein in der Reisekostenverwaltung sind viele Optionen vorhanden. Und auch der automatische Austausch mit intelligenter Steuer-Software, z.B. dem Datev-System, kann Prozesskosten einsparen.
Fazit
Ganz neu ist der Gedanke der digitalen Kassenzettel am PoS auf keinen Fall. Wie schon erwähnt waren andere Unternehmen bereits am Markt aktiv, jedoch ohne krönenden Erfolg. Aber vielleicht ist jetzt die große Chance gekommen, um es erfolgreich zu implementieren. Umweltdiskussionen sind im vollen Gange, die Nutzung von Smartphones ist heute Alltag und jeder ist auf der Suche nach Zeiteinsparungen durch digitale Services.
Dies wird jedoch nur gelingen, wenn dem Kunden ein oder mehrere Mehrwerte angeboten werden. Darauf muss der Fokus bei der Entwicklung von spannende Business Cases rund um digitale Kassenzettel am PoS liegen.
Möglicherweise werden die aktuellen Lösungen auch in andere Geschäftsmodelle integriert, z.B. als Mehrwert-Service in der Fintech-Branche oder bei Loyalty- und Affiliate-Anbietern.
In jedem Fall wäre es der Umwelt zu wünschen, dass wir nicht jedes Jahr eine exorbitante Zahl an Bäumen fällen, nur um einen temporären Kaufnachweis zu haben.
Über den Autor: Alexander Süßel ist seit 2007 als Digital Consultant aktiv. Die Umsetzung von Digitalisierungsprojekten in den Bereichen User Engagement, Loyalty & CRM sind seine Fokusthemen. Diese Expertise hat er u.a. bei Loyalty Prime, Wirecard, Department One, Brand Loyalty sowie Sensorberg als IT Projektleiter und Business Development Manager eingebracht.
Ja, wünschenswert ist es. Nicht nur wegen der Umwelt, aber auch wegen Datenschutz. Die klassischen Kundenkarten gleichen ja nahezu einer Spionage des Kunden.
Wir bei HUBweb GmbH machen hingegen den Kunden zum Datensammler. Er behält die Kassenzetteldaten in einem eigenen, komplett abgetrennten Datentresor und hat die volle Datenhoheit.
Das Beste dabei – einstieg in 2 Sekunden und zwar ANONYM. Ein win-win für beide Seiten.
Mit In-Shop Navigation muss er dafür sogar nicht einmal zur Kasse kommen.
Es wäre schön, wenn Deutschland den Datenschutzwahn mal zum Vorteil bei der Digitalisierung nutzt und als Vorreiter herauskommt.