‚To Blog Or Not To Blog‘ – 6 Beispiele für Corporate Blogs im Handel
Es ist lange her, dass Jean-Remy von Matt 2006 Blogs als die „Klowände des Internets“ bezeichnet hat. Genau in diesem Jahr begann ich zu bloggen und tue es – wie man hier gerade sieht – bis heute. Doch wie steht es um Corporate Blogs im Handel?
Ziele von Corporate Blogs
Weblogs haben sich in diesen 13 Jahren sehr weiterentwickelt und bieten Unternehmen ein optimales Tool für die Kommunikation sowohl nach innen als auch nach aussen. Hierbei erfüllen Corporate Blogs verschiedene Funktionen und zahlen auf unterschiedliche Ziele ein.
- Markenbekanntheit steigern
- Employer Branding
- SEO und Traffic
- Lead-Generierung
- Aufbau einer Community, Kundennähe und -bindung
- Transparenz
- Zeigen der eigenen Expertise, Knowledge Sharing
- Personifizierung einer sonst abstrakten Organisation
- Identifikation der eigenen Mitarbeiter mit dem Unternehmen
- Absatzsteigerung
- Unterstützung der PR
- Herausgeben eines Newsletters
Der eigene Content Hub
Ein eigenes Blog fungiert dabei als „Content Hub“, bündelt die eigenen Inhalte, die von hier aus wieder über Social Media ausgespielt werden können und führt auch von eben diesen Social Media Plattformen immer wieder zurück auf die eigenen Webseiten.
Im Gegensatz zu externen Plattformen bietet das eigene Blog die höchstmögliche Kontrolle über die Inhalte – wohlgemerkt die Inhalte, nicht die Interaktion oder Diskussion. Hier müssen Unternehmen lernen, los- und zuzulassen, denn erst ein lebendiger und offener Austausch ermöglicht das Erreichen einiger der genannten Ziele.
Immer wieder kommt die Frage auf, ob es nun „das Blog“ oder „der Blog“ heißt. Die First Mover halten sich an „das Blog“, da der Begriff sich ursprünglich aus „Web Log“ abgeleitet hat, also einer Art Internet/Web-Logbuch. Und da es „das Logbuch“ heißt, müsse es eben auch „das Blog“ sein. Weiter verbreitet ist allerdings „der Blog“. Erlaubt ist natürlich beides.
Auch verändert sich der Gebrauch des Wortes „Blog“ dahingehend, dass zunehmend gesagt wird „ich habe ein Blog geschrieben“, allerdings in der Bedeutung, dass hier ein Artikel, meist in einem Blog, geschrieben wurde.
B2B, B2C oder doch B2B2C?
Corporate Blogs sind sowohl in der Kommunikation von Unternehmen untereinander (B2B) also auch in der Kommunikation mit dem Konsumenten (B2C) ein mächtiges Tool. Vorgehen, Inhalte und Zielsetzungen unterscheiden sich jedoch.
B2B | B2C |
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Nutzung von Fachsprache Empfänger erwartet Expertise Längere, detaillierte Inhalte, um eigenes Know-how zu zeigen „Wird sich das Produkt gut verkaufen?“ Längerer Kaufentscheidungsprozess Nach Abschluss, längere Geschäftsbeziehung | Einfachere Sprache, wenn Laien Empfänger erwartet guten Deal und Unterhaltung Inhalte auf den Punkt „Welchen Nutzen habe ich?“ Kürzerer Kaufentscheidungsprozess Oftmals endet Beziehung nach Kauf |
Eine weitere Variante tritt auf, wenn ein Unternehmen A seinem Unternehmenskunden B bei der Kommunikation zu deren Kunden (Konsumenten) hilft, also ein B2B2C-Konstrukt entsteht. Hier bindet Unternehmen A seinen Kunden B, indem es B Inhalte zur Verfügung stellt, die B wiederum in der Kommunikation zu seinen Kunden C nutzen kann.
Formen von Corporate Blogs
Corporate Blogs lassen sich in vier Reinformen einteilen. Ich folge hier der Struktur von Dr. Kerstin Hoffmann.
Mitarbeiter Blog | CEO Blog |
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Themen Blog | Knowledge Sharing Blog |
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Diese Reinformen gibt es, aber häufig treten Vermischungen in den Corporate Blogs auf. Dies ist kein Problem, solang die Kommunikation nicht verwässert und zu häufig die jeweilige Zielgruppe für sie irrelevante Inhalte erhält. Hier muss immer wieder hinterfragt werden, für wen der Content relevant ist und für wen nicht, und nur die Gruppen mit dem Content zu versorgen, der auch in ihren Fokus passt.
Best Practices rund um den stationären Handel
Im stationären Handel ist das Corporate Blogging noch nicht so verbreitet wie in anderen Branchen. Doch es gibt Beispiele für Corporate Blogs im Handel.
1. Die Backschwestern
Die Backschwestern sind Andrea und Susanne Juchem, Geschäftsführerinnen der Juchem Gruppe. Sie werden beim Bloggen von weiteren Mitarbeiterinnen des Unternehmens unterstützt und schaffen es, ein lebendiges und ansprechendes Blog zu führen. Die Begeisterung für das Backen und Bloggen spürt man in jedem Beitrag, alle relevanten Social Media Plattformen werden bespielt, z.B. auf Facebook auch mit Kursen, die im eigenen „Backschwestern-Laden“ in Eppelborn durchgeführt werden. Damit gelingt auch die Verbindung von online zu offline. Ein rundum gelungenes Themen-Blog.
2. Der t.blog
Im t.blog des Musikalienfachhändlers Thomann bloggen Meon, Dominic und Franzi, Mitarbeiter von Thomann und alle selbst Musiker. Die Leidenschaft für das was sie tun ist in jedem Artikel zu spüren und sie zeigen sich als Personen ganz offen mit sympathischen Steckbriefen. Die Beiträge reichen von Kaufberatungen und Tutorials über Musikerportraits und Unterhaltung bis hin zu den Hinweisen zu den vielfältigen Kursen und Events, die vor Ort im Shop in Burgebrach durchgeführt werden. Ein tolles Blog, das der eigenen Zielgruppe der Musikbegeisterten gerecht wird.
3. Blogduft
Ein weiteres Blog kommt von Liebe in Hannover, einer „Lifestylewelt“ mit Kosmetik, Mode, Accessoires und einem Beauty Garden im Haupthaus in Hannover. Beratung und Service stehen für das Unternehmen im Vordergrund und so finden sich im Blog Kosmetik-Trends, Lifestyle-Artikel und Produktpräsentationen. Leider erfährt man im Blog nichts über die Autor*innen oder die Menschen in den Läden. Da es keinen Online-Shop gibt, werden Leser*innen nicht direkt zum Kauf animiert, sondern zum Besuch in einem der vier Läden. Genau hier sehe ich Verbesserungsbedarf, denn wenn das Einkaufs- und Beauty-Erlebnis am POS im Vordergrund steht, sollten die Personen erkenn- und vielleicht schon ein wenig kennenlernbar sein, damit man vor Ort fast auf alte Bekannte treffen kann.
4. Der Shopblogger
Hier bloggt der Chef selbst. Björn Harste ist selbst Kaufmann und Chef des Neustädter Frischmarkts in Bremen und schreibt als Der Shopblogger herzhaft erfrischend über seinen Alltag im Supermarkt. Ohne jegliche Chef- oder sonstigen Allüren lässt er seine Leser*innen teilhaben, egal ob ein Missgeschick passiert ist oder er seinen Supermarkt renoviert. Fast 20.000 Einträge weist sein Blog bereits auf. Harste befüllt sein Blog tatsächlich wie ein Logbuch. Unterhaltsam und wunderbar authentisch und ein Lehrstück für persönliches, authentisches Bloggen als Chef.
5. Geschmackssachen
Das Corporate Blog „Geschmackssachen“ kommt von der AEG und beschreibt sich selbst als „Essen, Kochen und die Welt des Genusses“. Das Blog ist professionell gemacht und hält sich wohltuend mit der Produktwerbung zurück, wobei sie nicht gänzlich fehlt. Bei den meisten Artikeln ist die/der Autor*in erkennbar und AEG schafft es, nicht nur eigene Redakteur*innen schreiben zu lassen, sondern bindet auch andere mit ein. So schreiben auch einige bekannte Foodblogger und Spitzenköche, die auch in Portraits und Interviews vorgestellt werden. Damit ist dieses Blog das Einzige in dieser Auswahl, dass die Szene rund um das Thema versucht einzubeziehen und damit Teil davon zu werden.
Update August 2019: Das Blog sieht zurzeit etwas verwaist aus. Wir werden es weiter beobachten.
6. Westfalen Blog
Das Westfalen Blog ist ein klassisches und gut gemachtes Mitarbeiter-Blog und aus diesem Grund ist dies Blog eines Unternehmens der Energiewirtschaft mit in diese Auswahl geraten. Die rund 2.000 Mitarbeiter der Westfalen AG haben hier einen Anlaufpunkt und erfahren von ihren Kollegen mehr über das eigene Unternehmen. Viele Mitarbeiter*innen haben bereits in diesem Blog geschrieben und geben so ganz persönliche Einblicke in ihren Job und das Unternehmen. Ein wirklich gut gemachtes Mitarbeiter-Blog.
Die erfolgreichsten Corporate Blogs. Really?
Anfang 2018 haben die Tochter der Nachrichtenagentur dpa und Faktenkontor die relevantesten Corporate Blogs aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ausgewertet. Heraus gekommen ist eine Liste der angeblich besten Corporate Blogs.
Ein etwas genauerer Blick in dieses Ranking offenbart jedoch, dass hier munter alle möglichen Arten von Weblogs zusammengewürfelt wurden. So findet sich mit dem Spitzenreiter Mercedes-Benz-Passion-Blog ganz oben ein Blog, dass gar nicht von Mercedes Benz betrieben wird, sondern eher ein Fan-Blog ist. Auch sind einige Fachzeitschriften bzw. Publikationen großer Verlagshäuser dabei, die wir nicht den Corporate Blogs zurechnen würden.
Dennoch wollten wir dieses Ranking nicht vorenthalten, lädt es doch zu weiterem Stöbern in den Blogs ein.
Fazit
Es gibt noch viel Entwicklungspotenzial bei den Corporate Blogs im Handel. Natürlich ist es keine leichte Aufgabe, ein gutes und lebendiges Blog ins Leben zu rufen und vor allem am Leben zu erhalten. Doch der Nutzen, den der Handel gerade auch lokal und regional daraus ziehen könnte, ist enorm. Und da verwundert es doch, dass nur so wenige aktiv sind.
Hersteller und Marken sind an manchen Stellen weiter, aber auch hier ist noch Luft nach oben. Insbesondere sollten Hersteller bedenken, dass es nicht darum geht, wieder eine Produktbeschreibung nur in anderer Form online zu stellen und mit dem Online-Shop zu verlinken. Es geht darum, Geschichten zu erzählen, Mehrwerte für die Kunden zu schaffen und sie so an sich zu binden. Nicht leicht, aber machbar. Und wie wäre es denn mal mit dem gemeinsamen Bloggen zusammen mit dem stationären Handel?
Städte oder Regionen konzentrieren sich zurzeit ausschließlich auf den Tourismus. Hier gibt es einige schöne Bespiele für gute Blogs. Doch für die eigenen Bürger, den Handel und die Gewerbetreibenden vor Ort geschieht in Sachen Corporate Blogging nicht viel. Hier wird viel Potenzial verschenkt. Warum eigentlich?
Haben Sie noch Beispiele für gute Blogs rund um den stationären Handel, Hersteller und Städte/Regionen? Dann immer her damit in den Kommentaren!
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