Rettet Instore Experience den stationären Handel?
Über Instore Experience, oder „Erlebnis pro qm“, wie Nicole Srock.Stanley, CEO der renommierten Retail Design Agentur dan pearlman es nennt, wird zur Zeit viel geschrieben und diskutiert. Händler, insbesondere auch in den USA, probieren alles Mögliche aus, um den Kunden an den POS zu holen und dort so zu unterhalten, dass er erstens kauft und zweitens wiederkommt.
Smarte, digitale Spiegel setzt der Rebecca Minkoff Store in New York ein, um dem Kunden in der Umkleide andere Produkte anzubieten und ein Glass Champagner. In Cincinnati nutzt der Lebensmitteleinzelhändler Jungle Jim’s International Market Animatronics, um den Kunden zu amüsieren.
Hier in Deutschland gibt es Mediamarkt, die in ihrem Saturn Flagship Store in Ingolstadt Roboter zur Wegeleitung und zur Unterhaltung einsetzen. Aber nicht nur Digitales geht: Am POS werden Kochklassen und Schminkschulungen durchgeführt, Prominente zu Auftritten oder Lesungen eingeladen.
Personal Shopper kaufen gezielt ein. Der Ideenreichtum kreativer Händler ist schier unerschöpflich.
Nur mit der Messung der Wirkung solcher, durchaus kostspieligen Maßnahmen, ist es oft schwierig, insbesondere da die Auswirkungen meist erst langfristig zu erkennen sind.
In den USA beschäftigt sich jetzt eine der angesehensten Business Schools mit dem Thema, genauer gesagt das der Wharton University angeschlossen Jay H. Baker Retailing Center und auch wenn es keine harten Daten und Fakten gibt, gibt es doch interessante Erkenntnisse und auch Empfehlungen.
Richtig eingesetzt funktioniert Instore Experience
So warnt Barbara Kahn, Direktorin des Baker Retailing Centers, dass nicht alle In-Store-Erlebnisse gleich seien. Einfach Technologie einzusetzen sei eben nicht genug, sondern vielmehr sollten Einzelhändler „etwas schaffen, das von Wert ist … ein Erlebnis, für welches Kunden einen Umweg machen würden, um daran teilzunehmen.“
Wie zum Beispiel Events, auf denen Sondersortimente schnell verkauft werden und Menschen vor Ort sein müssen, um die begehrte Ware zu bekommen. Ein Mittel, welches ähnlich sehr effektiv von H&M mit den Designerkollektionen eingesetzt wird.
Die Institutsleiterin weist darauf hin, dass in dem Preis- und Promotion getriebenen Handelsumfeld der Einsatz von Erlebnis den Fokus des Kunden von dem Preis ablenke.
Oder doch eher Daten?
Ihr Kollege, Wharton Marketing Professor Peter Fader ist nicht ganz so überzeugt von dem absoluten Wert der In-Store-Erfahrungen. Er befürchtet ein „Erlebnis Wettrüsten“ der konkurrierenden Einzelhändler, was dann nur zu einer gesteigerten Anspruchshaltung des Kunden führen würde und damit kein Differenzierungsmerkmal mehr sei.
Fader empfiehlt Einzelhändlern eher, sich auf Daten und Analysen zu konzentrieren: Um die Lebenszeitwerte ihrer Kunden zu verstehen und Wege zu finden Instore Experience nur für High Potential Kunden zu schaffen, die für das Unternehmen wertvoller sind.
Er spricht sich dafür aus, verschiedene Käufer unterschiedlich zu behandeln und „Pain Points“ der Kunden an Ort und Stelle zu lösen, anstatt zu versuchen die Masse zu begeistern. Er sagt: „Einen magischen Spiegel im Ankleideraum kann jeder haben, aber ein tiefes Verständnis für Deine Kunden … das kannst Du einfach nicht kaufen.“
Der stationäre Handel der Zukunft nur ein Showroom?
David Bell, ebenfalls Professor an der Wharton School, propagiert eine erfolgreiche Zukunft für den Omni Channel Händler, der stationär den Fokus auf Kundendienst und nicht sofortige Warenbereitstellung legt.
Er glaubt, exzellenten Service zu liefern und das Inventar auf einmal zu verwalten, sei völlig ineffizient. Er sieht für die Zukunft physische Läden vorher, die nur wenige Key Items präsentieren und personalisierte Kundeninteraktionen anbieten. Die Käufe würden dann online abgeschlossen und die Ware an den Kunden versandt.
Der stationäre Handel wird überleben
Ganz unabhängig von den Empfehlungen und Vorhersagen, die die Experten propagieren. Alle sind sich einig, dass der stationäre Handel auch in Zukunft existieren wird. Einkaufen sei eben auch zunehmend eine Freizeitaktivität und würde genau so wenig verschwinden wie die Lichtspielhäuser, deren Sterben über Jahre vorhergesagt wurde.
Wen es interessiert, kann den gesamten Artikel, erschienen auf der Webseite der Universität, hier nachlesen.
Ihr Kommentar
An Diskussion beteiligen?Hinterlassen Sie gern einen Kommentar!