Was sind die Top-Faktoren für ein resilientes Handelskonzept?
Nie war es wichtiger, einen besonderen Fokus auf die Resilienzfaktoren des Handels zu legen. In einem Workshop des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz haben namhafte Expertinnen und Experten diese Faktoren Identifiziert. Wir fassen die Ergebnisse zusammen.
Resilienz ist eine Folge
Resilienz ist seit der Pandemie ein Modewort geworden, das in verschiedenen Branchen eine eigene Bedeutung hat. Was aber allen gemein ist: der Begriff Widerstandsfähigkeit. Ein resilientes Handelskonzept hat verschiedene Erfolgsfaktoren, die dazu beitragen können, dass ein Unternehmen auch in schwierigen Zeiten erfolgreich bleibt. Hier sind die Faktoren, die von den Expertinnen und Experten genannt wurden:
Diversifikation:
Ein Unternehmen, das in verschiedenen Bereichen tätig ist oder in verschiedenen Regionen aktiv ist, hat ein geringeres Risiko, durch Veränderungen in einem einzigen Bereich oder einer Region schwer getroffen zu werden. Eine breitere Kundenbasis oder Produktlinie kann auch helfen, die Auswirkungen von wirtschaftlichen Schwankungen zu minimieren. So kann eine ständige Anpassung des Sortiments an die sich schnell wechselnden Kundenwünsche ein entscheidender Erfolgsfaktor werden. Spätestens alle 18 Monate sollte eine ausgiebige Sortimentsanalyse erfolgen.
Das gleiche gilt für die Zielgruppenanalyse, die in der gleichen Frequenz stattfinden sollte und ein elementarer Baustein der Kundenzentrierung ist.
Flexibilität:
Ein Unternehmen, das schnell auf Veränderungen in der Wirtschaft reagieren kann, ist besser in der Lage, sich an neue Gegebenheiten anzupassen und seine Geschäftsstrategie entsprechend weiterzuentwickeln. Dazu gehört auch die Fähigkeit, schnell auf veränderte Bedingungen zu reagieren. Flexibilität ist ein Kernbaustein unternehmerischer Kompetenz: Die Fähigkeit, Chancen zu erkennen, zu ergreifen und kreative Prozesse zu planen und zu verwalten.
Gerade im Handel muss diese Fähigkeit besonders ausgeprägt sein. Die ständig wechselnden Anforderungen haben an Dynamik stark zugenommen: Die Pandemie mit dem Lockdown, die Inflation und Energiekrise mit einsprechenden Kaufkraftverschiebungen sowie der aktuelle Fachkräftemangel verlangen die höchste Flexibilität von den Beteiligten.
Kundenorientierung:
Ein Unternehmen, das sich auf die Bedürfnisse seiner Kunden konzentriert und ihnen hochwertige Produkte und Dienstleistungen bietet, hat eine bessere Chance, auch in schwierigen Zeiten erfolgreich zu sein. Kundenorientierung bedeutet auch, engen Kontakt zu Kunden zu halten, um frühzeitig Veränderungen in deren Bedürfnissen zu erkennen.
Hier bietet sich ein großes Potenzialfeld, das in Zukunft ausgebaut werden muss: Das Wissen über die Bedürfnisse der Menschen und die individuelle Ansprache erfordern sehr viel Empathie und Kommunikationsbereitschaft. Damit ist man beim Thema Digitalisierung angelangt, die dabei eine große Hilfe sein kann.
Finanzielle Stabilität:
Ein Unternehmen mit einer soliden Finanzlage hat eine größere Chance, in schwierigen Zeiten zu überleben. Dazu gehört auch eine angemessene Kapitalausstattung und eine gute Liquidität. Daher ist gerade für den Handel eine nachhaltige Liquiditäts- und Anlageplanung in prosperierenden Zeiten sehr wichtig.
Die Vergangenheit hat aber gezeigt, dass selbst große Finanzpolster sehr schnell aufgebraucht wurden. Um die finanzielle Stabilität zu erhalten, gehört zu einem resilienten Unternehmen auch die Fähigkeit, passende Förder- und Unterstützungsprogramme zu identifizieren und zu nutzen.
Sichtbarkeit
Für den nachhaltigen Erfolg spielt aber vor allem ein Thema eine wichtige Rolle: Die Sichtbarkeit, vornehmlich im digitalen Bereich. Egal ob kleines stationäres Geschäft, Mehrkanalvertrieb über Filialen oder Pure Player im Online-Shop: Die Sichtbarkeit eines Händlers im Internet muss gegeben sein – und diese kann man durch eine Vielzahl an Online-Marketingmaßnahmen erreichen. Einträge in Online-Karten und Branchenverzeichnisse, Webseite und Soziale Medien sowie ein passendes Suchmaschinenmarketing katapultieren den Handel direkt in das Sichtfenster der potenziellen Kund:innen.
Das bedeutet aber auch, dass der Handel im Bereich des Marketings entweder neue Werbepartner finden oder auf Grund der Größe neue Fertigkeiten dazulernen muss – eine Aufgabe, die man nicht unterschätzen sollte.
Mitarbeiterbindung:
Mitarbeiter:innen, die engagiert und motiviert sind, tragen wesentlich zum Erfolg eines Unternehmens bei. Ein Unternehmen, das in die Mitarbeiterbindung investiert, kann sicherstellen, dass es auch in schwierigen Zeiten auf ein engagiertes und erfahrenes Team zurückgreifen kann. Mitarbeiterbindung ist zugleich auch Kostenersparnis: Eine hohe Mitarbeiterfluktuation ist teuer. Neue Mitarbeiter:innen müssen angeworben, eingearbeitet und geschult werden. Dies erfordert Zeit und Ressourcen, die von anderen Aufgaben abgezogen werden müssen.
Eine hohe Mitarbeiterbindung trägt zur Kontinuität im Unternehmen bei. Erfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kennen die Abläufe, Prozesse und Kunden besser und können dadurch schneller und effektiver arbeiten. Zudem können sie ihr Know-how und ihre Erfahrungen an neue Mitarbeiter weitergeben. Sie identifizieren sich mit ihrem Unternehmen und fühlen sich geschätzt, sind motivierter und engagierter.
Nicht zuletzt haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen entscheidenden Einfluss auf die Zufriedenheit der Kundschaft. Durch eine hohe Mitarbeiterbindung können langfristige Beziehungen zu Kund:innen aufgebaut werden, die sich positiv auf das Unternehmen auswirken.
Digitale Kompetenz:
Mittlerweile kein Geheimnis mehr, aber trotzdem erkennt man oft genug noch deutlichen Nachholbedarf gerade im mittelständischem Handel. Eines vorab: Digitalisierung ist Chefsache, das kann man nicht delegieren. Den operativen Teil: Ja. Den strategischen Teil: Auf keinen Fall!
Man muss sich als Führungskraft mit den Möglichkeiten der Digitalisierung auskennen und deren Implikation in die verschiedenen Bereichen des Unternehmens verstehen. Zahlreiche Unterstützungsmöglichkeiten stehen den Händlern zur Verfügung, wie z.B. die Mittelstand-Digital Zentren der Bundesregierung oder die Digitalcoaches in NRW.
Unsere Empfehlung
Jede Händlerin und jeder Händler sollte seine individuelle Resilienz an den genannten Faktoren und in regelmäßigen Abständen messen. In jedem Unternehmen gibt es klassische Kennzahlen, an denen man sich orientiert: Kosten, Erlöse oder Kundenzufriedenheit, um nur einige zu nennen. Das ist in der Regel der Blick in den Rückspiegel, wo hingegen die hier genannten Faktoren die Projektion in die Zukunft aufzeigen.
Beitragsbild von Rosy auf Pixabay
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