Loyalty Check: Globus Kundenkarte – „eher ernüchternd“
Wieder einmal hat eine neue Kundenkarte das Licht der Welt erblickt. Die Globus Kundenkarte wurde Anfang September 2017 vorgestellt. Immer mehr Unternehmen entscheiden sich für dieses Marketinginstrument, um in den heutigen digitalen Welten mehr über ihre Kunden zu erfahren und wieder zu den Online-Händlern aufzuschließen.
Wir nutzen die Gelegenheit, das Loyalty Konzept der Globus Kundenkarte ausschnittsweise, kritisch von einem neutralen Standpunkt aus zu analysieren. Diese Methodik wird oft in der frühen Konzeptphase bei Unternehmen eingesetzt, um zunächst einen Wettbewerbs-/Funktionsvergleich zu haben und im besten Fall aus einzelnen Bausteinen des Loyalty Konzepts zu lernen.
Wer noch mehr über Kundenbindung und Loyalty Programme erfahren und unseren Gast-Autor persönlich kennen lernen möchte, dem sei unser Workshop „Loyalty für Handel und Industrie“ empfohlen.
Einordnung in das Wettbewerbsumfeld
Globus befindet sich im hart umkämpften und stark konzentrierten Lebensmitteleinzelhandel. Die überwiegende Mehrheit der Wettbewerber setzen bereits seit langem Kundenkarten ein, vorwiegend sogenannte Multi-Koalitionsprogramme wie Deutschland Card oder Payback. Vom Start weg sind alle 46 SB-Warenhäuser von Globus mit von der Partie.
Die Hauptzielgruppe eines Großverbrauchermarkts sind Familien mit Kindern, die. mit einem Wocheneinkauf den Großteil des Bedarfs abdecken. Globus ist in den letzten Jahren immer wieder für den besten Kundenservice ausgezeichnet worden (Kundenmonitor Deutschland). Somit ist es spannend zu sehen, ob diese Kundenfokussierung auch Einfluss bei der Entwicklung der Globus Kundenkarte gefunden hat.
Jedoch ist das Unternehmen ein später Nachzügler mit diesem Marketinginstrument und es wird von Anfang an eine attraktive Kundenkarte benötigt, um sich vom Wettbewerb abzuheben.
Zielsetzungen einer Kundenkarte
Eine Kundenkarte ist immer langfristig ausgerichtet. Es dauert eine gewisse Zeit bis ein ausreichend großer Mitgliederstamm gewonnen ist, um aussagekräftige Analysen durchführen zu können.
Eine Hauptaufgabe der Kundenkarte ist, den bisher anonymen Kunden transparent zu machen, indem sein Kaufverhalten mit personalisierten Daten verbunden wird. Dies führt zu zielgenauen Kundenanalysen, insbesondere für das Marketing. Meist fühlen sich Gold- und Silberkunden, also Kunden mit einem hohen Kundenwert, von einer Kundenkarte angesprochen.
Unternehmen werden versuchen, diese Kundengruppen weiter auszubauen und positiv zu entwickeln, um die Erträge zu festigen. Darüber hinaus haben treue Kunden oftmals eine geringere Preissensibilität, so das ein ständiger Wechsel der Einkaufsstätte auf Basis von Sonderangeboten nicht so ausgeprägt ist.
Awareness Aufbau zum Start der Globus Kundenkarte
Bei der gelaunchten Kundenkarte handelt es sich um ein Stand Alone Programm, d.h. Kunden können die Karte in allen Globus SB Warenhäusern nutzen. Um die Kundenkarte seinem Publikum bekannt zu machen, gilt es am Anfang gehörig die Werbetrommel zu rühren.
Zum Start sind in den Märkten großflächig Banner, Plakate und Flyer aufgestellt, auch im Handzettel ist die neue Kundenkarte sehr präsent. An den digitalen Touchpoints wie z.B. Webseite, Facebook, Instagram sind prominente Ankündigungen erfolgt. Dies ist zum Start des Programms sehr wichtig, um eine hohe Aufmerksamkeit zu erzielen und eine kritische Masse an Mitgliedern zu gewinnen. Gleichzeitig sollten alle Mitarbeiter auf diesen Kurs getrimmt sein. Aktives Verkaufen, auch am POS, ist elementar.
Die Erstanmeldung
Wie einfach ist es, am Programm teilzunehmen? Erster Anlaufpunkt war die Webseite. Hier gibt es zahlreiche erste Infos zum Thema und auch die Möglichkeit, sich online zu registrieren. Jedoch gibt es einen Haken: Zur Registrierung benötigen wir vorab eine Kundenkarte und diese ist aktuell nur vor Ort in einem der Globus Märkte erhältlich. Wir schließen daraus, dass die Zielgruppe zunächst Bestandskunden sein sollen.
Die Karte wird als physische Loyalty Karte herausgegeben, eine digitalisierte Karte für die Speicherung im Smartphone gibt es zum Start nicht. Somit besteht bereits zum Start eine erste Herausforderung bei der Teilnehmer Akzeptanz. Bekommt die Kundenkarte einen Platz in meinem Portemonnaie?
Jeder Kunde wird abwägen, ob Globus eine hohe Relevanz für ihn besitzt und natürlich, ob die angebotenen Mehrwerte ausreichen.
Eine digitale Kundenkarte ist jedoch durch einen Umweg möglich. Mit Stocard, kann ich die Globus Kundenkarte durch Abfotografieren schnell registrieren und habe sie in der Stocard-App immer dabei. Fraglich nur, ob dies auch vom Kassenpersonal akzeptiert wird?
Prämien und Mehrwerte sind entscheidend
Aus Kundensicht ist natürlich der zu erhaltene Mehrwert entscheidend, um sich beim Programm zu registrieren und es auch regelmäßig zu nutzen.
Für die kumulierten Monatsumsätze kann der Kunde im Folgemonat Einlösungen an den Globus Tankstelle vornehmen. Hierbei gibt es eine 4 stufige Systematik. Die Einstiegsstufe liegt bei 1ct Ersparnis auf den Literpreis (bis 50€ Monatsumsatz) und die Profi Stufe liegt bei 4 ct Ersparnis auf den Literpreis (ab 300€ Monatsumsatz).
Kommen wir gleich zum Thema Prämienwertigkeit. Zunächst ist eine Einsparung beim Tanken für die meisten Kunden interessant, jedoch wird diese Systematik bereits bei anderen Tankstellenbetreibern angeboten. Zum Beispiel kann ich mit der ADAC Mitgliedschaft bis zu 2ct pro Liter an Shell Tankstellen sparen. Es kann also sein, dass der eine oder andere Kunde diese Prämie nicht als wertig einstuft.
Außerdem muss der Kunde sein Tankverhalten immer so steuern, dass der Tank leer ist, wenn er bei Globus einkaufen geht. Darüber hinaus hat diese Prämie aus Neuromarketing Sicht keine lange Erinnerungsdauer beim Teilnehmer. Deshalb werden von anderen Loyalty Programmen gerne physische Prämien mit Erinnerungsmomenten eingesetzt, so dass der Kunde sich auch noch Tage oder Wochen danach erinnern kann, wann, wo und von wem er die Prämie erhalten hat.
Weitere Mehrwerte bietet das Programm durch ein Benefits- bzw. Vorteilsprogramm an. Dies ist im Endeffekt ein Affiliate System mit nationalen, regionalen und lokalen Coupon Angeboten. Solche Systeme können für die Händler eine gute Möglichkeit sein, die Programme zu refinanzieren.
Mit jeder Nutzung eines Vorteilcoupons, erhält Globus eine Affiliate Provision. Aus Sicht des Kunden ist das Vorteilsprogramm meist nur attraktiv, wenn er exklusive Vorteile erhält. Prüft man die Vorteilcoupons bei Globus, wird schnell ersichtlich, dass die Exklusivität nicht vorhanden ist. Es kann also passieren, dass der Kunde das Vorteilsprogramm nicht als echten Mehrwert betrachtet.
Die Globus-Prämienwelt hat noch Entwicklungspotzenzial.
Klar, hat eine Prämienwelt auch eine Budgetauswirkung. Aber Prämien sind große Anreize, um beim Loyalty teilzunehmen. Für mich wäre es wichtig, dass viele weitere Prämien im Portfolio auswählbar sind. Entweder kostenfrei oder mit einer vergünstigten Zuzahlungsmechanik, ähnlich wie bei den Treuepunktprogrammen vom Handel.
Auch der regelmäßige Austausch von Prämien, und der Einsatz von kurzfristigen, saisonbezogenen Prämien machen ein Programm attraktiver. Ebenso kann die Prämienwelt aus dem Sortiment angereichert werden, z.B. mit Couponbögen oder Produktsamples von der Industrie.
Da wir die Globus Kundenkarte direkt zum Start prüfen, bin ich gespannt, ob und wie das Prämienportfolio in den nächsten Monaten Änderungen erfahren wird. Eine Tankprämie wird kaum für das Engagement über mehrere Monate ausreichen.
Programm schnell erlebbar machen
Um bei den Kunden gerade am Anfang Begeisterung zu wecken sollte jedes Loyalty Programm schnelle Erfolgserlebnisse bieten. Diese sollen beim Kunden Neugierde wecken und Zufriedenheit und Bindung erzeugen.
Bei der Globus Kundenkarte wurde hierfür ein Willkommensgeschenk gewählt. Mit Abholung der Kundenkarte erhält der Kunde eine Sachprämie (Geschirrhandtuch). Das Präsent war ungebrandet, jedoch die Verpackung war im CI. Auf der einen Seite ist unter Kostengesichtspunkten die Auswahl optimal. Bei möglichen Überbeständen kann die Sachprämie wieder zurückgegeben werden und die persönliche Übergabe erspart Aufwendungen für das Fulfillment. Auf der anderen Seite ist ein versendetes Willkommenspaket nach wenigen Tagen ein absoluter Wow Effekt beim Kunden.
Die hier getroffene Prämienauswahl ist universell gehalten, dies soll heißen, dass die Prämie in allen Haushalten bereits eingesetzt wird und somit für alle Mitglieder interessant ist. Ein Branding der Prämie hätte einen gewissen Vorteil. Immer wieder wäre Globus sichtbar und es setzt im Unterbewusstsein ein Markenbindungseffekt ein, der ggf. auf die Einkaufsstättenpräferenz Auswirkung haben könnte. Gleichzeitig besteht auch die Möglichkeit des Empfehlungsmarketings, wenn Freunde und Bekannte auf Besuch vorbeikommen.
Das Online Kundenkonto
Das Mitglied möchte immer wieder wissen wie sein aktuelles Kundenkonto aussieht. Auch bei Globus kann das Mitglied seinen persönlichen Kontostand in einem eigenen Bereich online abfragen. Diese Funktion wurde in der bestehenden Händlerwebseite eingebunden. Die Seite ist mobil optimiert und lässt dies auch von unterwegs zu.
Auffallend ist nur die etwas holprige Usability: Es ist nicht ganz einfach, den Registrierungs- oder Login Button zu finden. Sollte man das Vorteilsprogramm nutzen wollen, muss sogar nochmals ein eigener Anmeldeprozess durchlaufen werden.
Ziel sollte es jedoch sein, dass ein Mitglied einfach durch die Webseite geführt wird und keine Suchaufgaben erledigen muss. Ein vermisstes Feature ist der bonifizierte Kassenbon. Globus liegen ja die Daten vor, aber der Kunde kann seinen Kassenzettel nicht einsehen.
Ein Kundenkonto kann gut genutzt werden, um Kundenprofile zu verfeinern. Für jede Profilerweiterung kann ich dem Mitglied eine kleine Incentivierung hinterlassen z.B. einen Couponbogen für den nächsten Einkauf. Es bleibt abzuwarten, ob und wie das Online Kundenkonto weiterentwickelt wird.
Fazit des Quick Checks
Dieser neutrale Loyalty Programm Check ist nur ein Ausschnitt gewesen. Hierbei wurden zunächst die relevantesten Bausteine zur Einführung von Loyalty Konzepten ausgewählt. Sicherlich können noch weitere Themenabschnitte analysiert werden, wie z.B. Kundenkommunikation (Campaigning), Status Level Programm, Business Intelligence, Engagement Optionen mittels Gamification oder Einbindung von innovativen IT-Loyalty Systemen.
Die Methode „neutraler Check – kritische Würdigung“ wende ich gerne beim Kick Off von neuen Loyalty Projekten an, um viele interessante Erkenntnisse zu gewinnen und daraus auch A/B Optionen oder Standpunkte für das zu entwickelnde Programm zu diskutieren.
Mein Fazit zu der neu eingeführten Globus Kundenkarte ist eher ernüchternd. Mir fehlt aktuell insbesondere der Anreiz, um am Programm teilzunehmen. Immerhin möchte der Händler mehr über mich erfahren und dafür ist eine Tankprämie mit ein paar Vorteilsangeboten, welche nicht kostenfrei sind, sondern weitere Einkäufe nach sich ziehen, nicht attraktiv genug.
Über den Autor: Seit 2007 ist Alexander Süßel in der Loyaltybranche als Consultant tätig, mit den Schwerpunkten Mobile Couponing & Mobile Loyalty. Aktuell ist er bei dem Münchener SaaS Anbieter Loyalty Prime in verschiedenen Kundenprojekten tätig. In den vergangenen Jahren unterstützte er in den Bereichen FMCG und Retail erfolgreich verschiedene Loyalty-Dienstleister wie z.B. Brand Loyalty, Department One und CH Couponing House ein. Alexander Süßel ist einer von zwei Experten, die den ZDE-Workshop „Loyalty für Handel und Industrie“ leiten.
Mehr zu Kundenbindungssystemen, Loyalty und CRM in unserem Workshop „Loyalty für Handel und Industrie“ am 24. November 2017 in Düsseldorf.
Beitragsbild: Nick Youngson
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