Studie: 75 % im Handel denken über Kündigung nach
Obwohl der Großteil der operativen Mitarbeitenden im Handel zufrieden mit der derzeitigen Tätigkeit ist (65 %), haben sie offensichtlich das Gefühl, dass ihre Bedürfnisse woanders besser erfüllt werden könnten. Denn 75 Prozent der Befragten haben im vergangenen Jahr darüber nachgedacht zu kündigen. Das ist eine Steigerung von 23 Prozent im Vergleich zu 2023 bzw. 30 Prozent im Vergleich zu 2022. Verglichen mit den anderen Branchen (Gastronomie und Logistik), ist dies der höchste Wert. 87 Prozent sind überzeugt, dass sie aufgrund ihrer Fähigkeiten schnell eine neue Position finden würden.
Die Beschleunigung dieser Entwicklung sollte im Handel für Aufmerksamkeit sorgen. Denn offensichtlich verstärkt sich der Wechselwille bei gleichzeitig wenig Sorge darum, ob ein neuer Arbeitsplatz gefunden werden kann.
Fehlende Wertschätzung und mehr Gehalt
Die Gründe für eine mögliche Kündigung sind unter anderem zu wenig Wertschätzung durch den Arbeitgebenden (33 %), fehlende Möglichkeiten zur Weiterentwicklung (28 %) sowie eine fehlende Work-Life-Balance (21 %). Auf Platz eins jedoch: der Wunsch nach mehr Gehalt (47 %).
Das Thema Gehalt treibt die Mitarbeitenden im Handel auch auf einer anderen Ebene um: So geben die Personen, die arbeitsbedingten Stress erleben (77 %) als Hauptgrund an, dass ihr Einkommen nicht ausreichen würde, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten (42 %). Dies ist für sich alleinstehend schon ein besorgniserregender Wert. Im Vergleich zu Gastronomie (25 %) und Logistik (30 %) wird zusätzlich deutlich, dass der Handel in den Augen der eigenen Mitarbeitenden schlecht zahlt. Und das im Vergleich zu Branchen, die nicht gerade für ihre exorbitant hohen Gehälter bekannt sind.
WhatsApp wichtigster interner Kommunikationskanal
Alle drei Branchen nutzen für die Kommunikation mit Kolleg:innen und Vorgesetzten am häufigsten WhatsApp. Der Handel liegt dabei mit 75 Prozent weit vor der Gastronomie (60 %) und der Logistik (71 %). Im Rahmen dieser Studie ist keine Aussage dazu möglich, ob diese Nutzung von den Handelsunternehmen gewünscht, gesteuert und insbesondere aus Datensicherheitsaspekten entsprechend kontrolliert ist.
Vielleicht ist es auch eine Nutzung, die sich eingespielt hat und von den Unternehmen „durch Wegsehen geduldet“ ist. Unternehmensinterna ohne Weiteres über einen Kanal wie WhatsApp, der nicht DSGVO-konform ist, auszutauschen, treibt jedenfalls Datenschützer:innen und IT-Sicherheitsexpert:innen regelmäßig den Schweiß auf die Stirn.
Akzeptanz von Zukunftstechnologien
In dieser Befragung gab es einen Fragenkomplex zu Zukunftstechnologien, aus dem ich auf einige interessante Zahlen eingehen möchte:
19 Prozent der Mitarbeitenden im Handel kennen sich nach eigenen Angaben nicht mit Künstlicher Intelligenz (KI) aus. Gastronomie (16 %) und Logistik (15 %) scheinen hier weiter zu sein.
Auch bei der Frage, ob die Teilnehmenden wissen, was KI im Kontext ihrer Arbeit leisten kann, gaben 23 Prozent der Handelsmitarbeitenden an, dies nicht zu wissen. Logistik (17 %) und Gastronomie (16 %) schneiden auch hier besser ab.
Dies zieht sich auch durch andere Fragen, bei denen gerade der Handel eher zurückhaltend gegenüber Zukunftstechnologien ist:
Ich wünschte, mein Arbeitgeber würde die Digitalisierung (z. B. den Einsatz von KI) stärker vorantreiben.
- Handel: 6 %
- Logistik und Gastronomie: 11 %
Meine Arbeit wird durch Zukunftstechnologien schneller/effizienter erledigt.
- Handel: 50 %
- Logistik: 57 %
- Gastronomie: 60 %
Ich mache mir Sorgen, dass durch die Technologie Arbeitsplätze in meinem Fachbereich wegfallen könnten.
- Handel: 70 %
- Logistik: 67 %
- Gastronomie: 56 %
Diese Ergebnisse belegen, dass im Handel die Akzeptanz digitaler Lösungen geringer ist, als in den hier herangezogenen Vergleichsbranchen. In dieser Untersuchung wurden Angestellte befragt, die mit ihren Antworten bestätigen, dass Tempo und Nutzung von Zukunftstechnologien intensiver sein könnten. Hierfür sind jedoch nicht die Menschen auf den operativen Ebenen verantwortlich, sondern die Führungskräfte, deren Aufgabe es auch ist, die Mitarbeitenden mitzunehmen.
Eine Maßnahme dafür wären Weiterbildungsangebote, die den Menschen helfen. Doch leider schneidet auch hier der Handel im Vergleich schlechter ab.
Die Weiterbildungen, die mir angeboten werden, sind standardisiert und helfen mir nicht bei meiner Arbeit.
- Handel: 45 %
- Logistik: 33 %
- Gastronomie: 20 %
Mein Unternehmen macht mich auf Weiterbildungsmöglichkeiten aufmerksam.
- Handel: 20 %
- Gastronomie: 32 %
- Logistik: 34 %
Erik Fjellborg, Gründer und CEO von Quinyx zu den Zahlen: „Operative Mitarbeitende sehen den Wert der Digitalisierung und der Flexibilität, werden von ihren Unternehmen jedoch häufig ausgebremst. Beispielsweise sind 34 Prozent der Meinung, dass ihre Arbeitgebenden nicht genug Technologie zur Verfügung stellen. In Zeiten des Arbeitskräftemangels können Unternehmen es sich jedoch nicht leisten, die Wünsche ihrer Mitarbeitenden zu ignorieren. Das zeigen auch unsere Zahlen zum Kündigungswunsch und der fehlenden Wertschätzung. Es ist daher an der Zeit, auf die Bedürfnisse der operativen Mitarbeitenden einzugehen und sie zu fördern – das zahlt sich nicht nur in puncto Produktivität aus, sondern auch bei der Loyalität dem Unternehmen gegenüber.”
Hier bei Zukunft des Einkaufens haben wir bereits eine Reihe zu New Work gestartet. Mit ihr möchten wir Wege aufzeigen, wie dies gelingen kann.
Über die Befragung: Bereits zum fünften Mal beleuchtet Quinyx, einer der führenden Anbieter von KI-gestütztem Workforce Management, in der Trendstudie „The State of the Frontline Workforce” die Herausforderungen, Bedürfnisse und Wünsche von Angestellten in Unternehmen mit Schichtdienst. Die thematischen Schwerpunkte bilden dieses Jahr die Erwartungen und die Gefühlslage der sogenannten Frontline Workers, ihre Gesundheit sowie der Umgang mit Zukunftstechnologien. Für die von Februar bis April 2024 durchgeführte Umfrage wurden rund 1.800 Angestellte aus Dienstleistungsbranchen (Einzelhandel, Gastgewerbe, Logistik) in Deutschland befragt.
Beitragsbild: Jason Leung auf Unsplash
Ihr Kommentar
An Diskussion beteiligen?Hinterlassen Sie gern einen Kommentar!