Auf Marke- oder doch lieber Eigenmarke setzen?
„Handel ist Wandel!“
Im Handel ist immer etwas in Bewegung und damit einhergehend auch die Vermarktungsform von Artikeln. Insbesondere in der aktuellen wirtschaftlichen Situation, welche von politischer Instabilität durch Krieg, Inflation, Pandemie und Produktengpässen gekennzeichnet ist, entwickeln Kunde:innen eine Preissensibilität. Dementsprechend möchte ich Ihnen im heutigen Newsletters zu Marken- und Eigenmarken einiges mitteilen.
Dr. Robert Poschacher sagte als Mitglied der Geschäftsleitung bei Alnatura in 2013: „Kund:innen verbinden sich mit Marken, die Emotionen und Werte vermitteln – Wem die Marke gehört, ist von untergeordnetem Interesse.“
Der Frage, ob diese Aussage auch heute noch gilt, möchte ich in diesem Beitrag nachgehen. Zuvor jedoch möchte ich Ihnen die Entstehung von Marken und Eigenmarken im Folgenden kurz aufzeigen:
Seit wann gibt es Marken?
Handelsmarken wurden bereits im Mittelalter, im 13. Jahrhundert als Haus- und Hofmarken (Vorgängern von Handelsmarken) vertrieben.
Im 17. und 18. Jahrhundert kamen erste Teehandels- und Kaffeehandelsmarken auf, denn Handelsmarken ermöglichten eine Identifizierung von Waren eines Herstellers.
Während des 19. Jahrhunderts, der Zeit der Industrialisierung, als die Massenproduktion von Produkten möglich war, entstanden Marken wie Coca-Cola oder Maggi, welche heute noch bekannt sind. Bereits damals verfolgten die Unternehmen das Ziel, ihren Namen bekannt zu machen, damit dieser sich bei den Konsument:innen als gute Qualität und Vertrauen manifestierte.
Das 20. Jahrhundert entwickelte sich zum Jahrhundert der Markenartikel. Innerhalb der Wirtschaft und Gesellschaft entwickelten sich Marken zu „der“ Vermarktungsform. In dieser Zeit kamen Marken wie Bahlsen, Schwarzkopf, Persil, Kellogg´s Melitta, Labello, Haribo oder Nivea auf den Markt.
Bis heute, ins 21. Jahrhundert, verzeichnen Marken einen wesentlichen Anteil im Handel. Ebenfalls haben sich aus meiner Sicht auch Personenmarken aus Musik, Film, Mode oder Sport zu Marken entwickelt, wie Claudia Schiffer beispielsweise. Durch den langanhaltenden Internetboom sind auch Internetmarken entstanden wie Ebay oder Amazon.
Wann entstanden Eigenmarken?
Die ersten Eigenmarken entstanden im Lebensmitteleinzelhandel zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als Marken bereits zu boomen begannen. Edeka ließ 1911 Ihren Firmennamen eintragen und kennzeichnet seine Produkte als Eigenmarke. REWE führte seine ersten Eigenmarken nach Edeka, erst im Jahre 1948 ein.
Der richtige Durchbruch von Eigenmarken begann jedoch erst dann, als die Discounter mit voller Wucht in den Markt drangen. ALDI mit der ersten Filiale in Dortmund im Jahre 1962 und Lidl im Jahre 1973. Das Konzept der Discounter sah eine einfache Einrichtung, Produkte mit schlichter Verpackung und vor allen Dingen keiner Werbung vor.
Diese Einsparungen ermöglichten den Discountern gute Qualität zum günstigen Preis auf der Fläche anzubieten.
Der Lebensmitteleinzelhandel zog circa 1982 durch REWE mit seinem Ja! Label auf Eigenmarken nach, gefolgt von Edeka, Real oder Tengelmann mit beispielsweise GUT&GÜNSTIG oder TiP.
Weshalb spielen Eigenmarken im Handel überhaupt eine Rolle?
Nachdem sich die Slogans der Eigenmarken in den Köpfen der Verbraucher:innen manifestiert hatten, begannen die Eigenmarken für Händler:innen überproportional an Bedeutung zu gewinnen. Folgende Gründe des starken Wachstums liegen beispielsweise an:
- Eigenmarken die ein Alleinstellungsmerkmal darstellen
- Eigenmarken erlangen durch eine klar positionierte Werbung ein Image im Markt
- der Ertrag der Eigenmarke ist in der Regel höher
- Einkaufsmenge, Preisverhandlung, Produktinhalte, Produkt- oder Verpackungsdarstellung am POS etc. einer Eigenmarke liegt in der Hand der Händlers:innen
- das Preis-Leistungs-Verhältnis ist gut für die Shopper:in
- die Produktinnovation kann durch die Händler:in getrieben werden
- die Verkaufspreishoheit liegt bei Händler:innen
- die Händler:innen stehen nicht in Abhängigkeit eines Markenlieferanten
In welchen Branchen finden sich Eigenmarken?
Eigenmarken sind nicht nur in der Lebensmittelbranche, sondern auch für andere Händler:innnen, welche sich der Wettbewerbsfähigkeit entziehen wollen, sinnvoll.
Drogeriemärkte wie DM haben einen sehr hohen Anteil an Eigenmarke, mit beispielsweise Balea. Oder der Toom Baumarkt mit B1. Aber auch in der Modebranche oder in der Unterhaltungsbranche spielen Eigenmarken eine Rolle.
Anbei eine Übersicht über die Hersteller- (Marke) und Handelsmarken (Eigenmarke) Anteile von 2015 bis 2020 aus der Schriftreihe Handelsmanagement der Dualen Hochschule Baden-Württemberg.
Was macht Händler:innen aus Shopper:innensicht attraktiv?
Deshalb ist äußerstes Fingerspitzengefühl bei der Ausweitung von Eigenmarken gefragt. Je mehr Eigenmarken im Regal platziert sind, je weniger Platz stehen Marken zur Verfügung. Dies könnte dazu führen, dass Hersteller Ihre eigenen Absatzkanäle forcieren wie Online-Shops oder Flagship-Stores, so wie Apple oder Nike es uns bereits vormachen.
Aus meiner Sicht wäre eine Strategie zu verfolgen, welche Eigenmarke und Marke vereint, da beide auf das Händler:innenimage einzahlen. Warum?
- kein:e Händler:in hat „die Kunden:in“ im Geschäft, sondern viele verschiedene Kunden:innen mit unterschiedlichsten Ansprüchen
- kleinpreisige Artikel des täglichen Bedarfs werden oft in Eigenmarke günstig eingekauft
- hochpreisige, langlebige Artikel werden meist in Marke eingekauft
Aus Händler:innensicht ist zu bedenken, dass Eigenmarken zwar viele Vorteile, aber auch nicht unerhebliche Verpflichtungen mit sich bringen:
- Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben
- Gewährleistungsansprüche
- Eintrag ins Markenregister
- und vieles mehr
Wer eine Eigenmarke aufbauen möchte, braucht einen langen Atem und genügend Budget. Eine Eigenmarke sollte auf eine langfristige und gut durchdachte Unternehmensstrategie fußen.
Quelle Beitragsbild: Marke & Eigenmarke
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