Haben statistische Methoden Trump zum Wahlsieg verholfen? Hintergründe für die Verwendung von Big Data im Marketing
Gastautorin Daniela Schneider:
Hat Michael Kosinski von Cambridge Analytica dem US-Präsidenten Donald Trump tatsächlich zum Sieg verholfen?
Letzte Woche machte ein Artikel über Michael Kosinski Furore, in welchem behauptet wurde, seine statistischen Methoden hätten Trump zum Wahlsieg verholfen.
Mein Kollege, Dr. Alex Kreikenberg, Wirtschaftspsychologe, geht aus psychologischer Sicht tiefer darauf ein und zeigt auf, was das für Entscheider aus dem Marketing bedeutet:
„Die Geschichte ist maximal zur Hälfte wahr, auch wenn die bei Kosinksis angewandte Ocean Methode funktioniert – zumindest was die Statistik angeht. Was jedoch nicht funktioniert – und deshalb hege ich Zweifel an der Aussage – ist der Rückschluß von dem, was Menschen in Facebook „liken”, auf ihre Motive, warum sie diese „Likes” geben.“
„Like ist nicht immer Like“
Er gibt ein Beispiel:Die 16 Jährige Julia „liked“die Marke “Louis Vuitton”, Julia ist aber nicht in der für “Louis Vuitton” relevanten Zielgruppe. Sie „liked“ es, weil ihre Freundinnen es „liken“ und Julia gerne zu dieser Peer Group dazugehören will. Ob die Werte der Marke und das, was diese verkörpert, dem Lebensmodell von Julia entsprechen (also ihrem Persönlichkeitsprofil), ist fraglich.
Ausserdem sagt Alex:
„Zudem gibt die Konsumgüterindustrie jedes Jahr Millionen für Facebook-Werbung aus und beeinflusst damit Menschen. Produkte, die kostenlos verschenkt werden oder sonstige Promotions führen oft zu einer großen Anzahl an Likes, deren schiere Größe eher dem Ansehen des Marketing Managers helfen, als Produkte sinnvoll und relevant zu bewerben. Man schafft damit Markenkontakte ähnlich der Außenwerbung (Exposure To Brand Phase des Buying Cycles).
Das Motiv, unter welchem das Like gemacht wurde, stellt kein echtes Bedürfnis dar, das dem Persönlichkeitsprofil des Facebook Anwenders entspricht. Aus psychologischer Sicht schaltet das Gehirn ab, wenn die Relevanz fehlt, und so verläuft dann eine Markenbotschaft recht schnell ins Leere.
Es lässt sich weder ein zielgerichtetes Targeting, noch den im Artikel beschriebenen persönlichkeits-bezogenen Content für ein Targeting ableiten. Deshalb sind die Beispiele in dem Artikel zur Trump Wahl eher vage formuliert, und es gibt keinen wissenschaftlichen Beweis oder eine Stellungnahme von Cambridge Analytica.
Vertrauen ist ein Faktor
Ein Faktor, der möglicherweise schon eher das Wahlverhalten beeinflusst haben könnte, ist der Faktor Vertrauen / Selbstvertrauen über die Wahlhelfer: Sage den Nutzern, daß du mit Hilfe einer wissenschaftlichen Methode (Wissenschaft fördert Vertrauen) vorher bestimmen kannst, was der Mensch für ein Gegenüber ist und wie er handeln wird. Und gebe ihnen einen Leitfaden, wie du Dein Gegenüber beeinflussen kannst. Die Art, wie die Nutzer mit neuem Selbstvertrauen dem Gegenüber agieren und was sie sagen werden, ändert sich daraufhin fundamental.
Es gibt Studien über das Datingverhalten von Menschen und wie sich deren Verhalten unter der Einwirkung von Vertrauen verändert. Es reichte schon, wenn ein potenzieller Kandidat sagt, daß er einen attraktiv fände. Die Menschen in den Studien wurden offener, und fanden das Gegenüber ebenfalls attraktiver. Selbstvertrauen wurde aufgebaut, es kam dadurch eher zu weiteren Dates,
Übertragen auf die Wahl könnte das heißen: Das Verhalten der Wahlhelfer hat hier (wenn überhaupt) Menschen zu ihren Handlungen bewegt, da die Wahlhelfer durch eine veränderte selbstbewußte Einstellung kompetenter gewirkt haben könnten.“
Die Datengrundlage ist der Schlüssel
Im Kern geht es hier um ganz normale CRM- & Marketingansätze aus dem Bereich Big Data, die viele Unternehmen einsetzen. Der einzige Unterschied zur USA Wahl war, daß man intensiv Daten gekauft und aggregiert hat und so vor allem eine ganz neue Datengrundlage bekommen hat. Dies wären in Europa und gerade in Deutschland nicht so ohne weiteres möglich.
Das Fazit
Alex ergänzt:
„Im Gegensatz zu der in Kosinskis Artikel beschrieben Analyse, auf Basis der Ocean Methode in Kombination mit „Likes“, ist die einzig aussagekräftige Methode für predictive Analytics eine Kombination aus einem verhaltensorientierten und einem psychometrischen Ansatz. Diese Methode dient zur Messung der Vertrauenswürdigkeit von Marken, und damit zu deren Kundenbindung, sie ist zwar komplex, führt aber zu guten Ergebnissen:
Im Ergebnis wird das menschliche Vertrauen eines Kunden in eine Marke oder ein Produkt zur jeweiligen Kaufphase, in der er sich befindet, sichtbar gemacht. So können Marketingexperten zum richtigen Zeitpunkt die richtigen und relevanten Informationen den jeweiligen Kunden unterbreiten, und so das Vertrauen der Kunden in die Marke aufbauen.“
Denn letztendlich ist menschliches Vertrauen für den Erfolg von Kaufentscheidungen wesentlich relevanter als schlichte „Likes.“
Gastautoren:
Daniela Schneider, BearingPoint (Danielas Profil auf LinkedIn)
Dr. Alex Kreikenberg, BearingPoint (Alex Profil auf LinkedIn)
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