Erlebnis pro Quadratmeter: Mehr Relevanz beim Konsumenten
Vom Homo Sapiens zu Homo Ludens
Wir leben in einer spannenden Zeit: Aus dem Homo Sapiens wird der Homo Ludens – der Mensch, der sich spielerisch durch die Welt bewegt und diese maßgeblich individuell gestalten will. Der moderne Homo Ludens braucht ja eigentlich nichts mehr. Jenseits der notwendigen Bedarfsdeckung will er dennoch stetig neu inspiriert werden. Er will nach Lust und Laune ein Erlebnis und vor allem strebt er danach, seinen Lifestyle zu pflegen und weiter zu individualisieren.
Deswegen begibt er sich wie einst unsere Vorfahren, die Jäger und Sammler, auf die Suche nach der Komplettierung seiner Lebenswelt und ergänzt sie durch den Konsum relevanter Produkte, Dienstleistungen und Erlebnisse. Gerne präsentiert er dann seine Beute in Form von Fotos und Selfies auf den relevanten Social Media Kanälen und genießt das Feedback seiner Follower zum neuesten Shopping-Fund.
Wahres Shopping-Glück entwickelt sich heute nicht nur mit der physischen Präsenz des neu erworbenen It-Pieces, sondern auch über die Likes und Kommentare aus unserer digitalen Referenzgruppe.
Den neuen Konsumenten begeistern
Insbesondere der Handel kann dem Konsumenten derartige Sehnsüchte und Shopping-Wünsche erfüllen, indem er mit besonderen Retailformaten begeistert. Für den Handel bietet sich die Chance, eine Deutungshoheit für einen bestimmten Lifestyle aufzubauen oder Marken, die für einen bestimmten Lifestyle stehen.
Dies kann ein Konzept sein, welches sich als Hüter eines traditionellen Lebensstils versteht, genauso wie ein Concept Store für die Avantgarde. Marken müssen dabei beständig an ihrer Relevanz für den Kunden arbeiten. Dies geschieht durch eine klare Werteorientierung, eine kuratorische Haltung, eine eindeutige Wiedererkennbarkeit. Diese Gesetzmäßigkeiten gelten selbstverständlich unabhängig davon, ob ein Händler Online-, Offline- oder Multichannel-Retailer ist.
Inszenierung ist der Schlüssel zum Erfolg im Retail und in den Social Media Kanälen
Die Essenz eines Retail Marke wird dabei aber vor allem im stationären Laden erlebbar, denn hier kann über die Ansprache aller Sinne ein ganzheitliches Erlebnis erschaffen werden. Die Formel ist dabei ganz einfach: Je beeindruckender das Erlebnis pro Quadratmeter, umso größer der kommerzielle und mediale Erfolg.
Deshalb kommt es innerhalb eines stationären Stores ganz massiv auf die Inszenierung der einzelnen Produkte in einer bestimmten Lifestyle-Welt an. Der gesamte Laden bis hin zum kleinsten Produkt muss eine Geschichte erzählen, welche emotional berührt und verführt. Während früher die Formel für erfolgreichen stationären Handel lautete „mehr Umsatz pro Quadratmeter“, sprechen wir heute von „mehr Erlebnis pro Quadratmeter“.
Dabei gilt: Ist der Kunde begeistert, profitiert der Händler doppelt, nämlich wirtschaftlich und medial. Eine schöne Messgröße, ob ein neues Retailformat erfolgreich ist, kann deshalb auch seine mediale Präsenz auf allen bekannten Social Media Kanälen sein.
Wie es geht … und wie es nicht geht…
Ein gelungenes Beispiel für die Inszenierung eines Stores – sowohl im Hinblick auf das tatsächlich Shopping-Erlebnis vor Ort als auch auf dessen mediale Wirkung – ist für mich der Concept Store „Hallesches Haus“ in Berlin. Hier werden sorgfältig kuratierte Produkte liebevoll arrangiert und Instagram fähig inszeniert.
Ein weniger gelungenes Beispiel wäre aus meiner Sicht der M&M Flagship Store in London, der bei der Inszenierung stark auf die Fotowirkung setzt und quasi überinszeniert an jeder Ecke danach schreit, fotografiert zu werden. Die Folge: der Kunde wird visuell überfordert.
Der Schlüssel ist die Choreografie von Spannung und Entspannung
Bei der Inszenierung im stationären Handel muss deshalb unbedingt auf eine Rhythmisierung von Spannung und Entspannung geachtet werden. In diesen choreografischen Fluss darf sich dann der besondere Moment der Aufmerksamkeit und des Innehaltens für das Erinnerungsfoto oder den Selfie harmonisch einfügen.
Der Schlüssel dabei ist, dass jeder Raum immer ein Objekt benötigt, was als Marken-Super-Sign fungiert und damit die Botschaft sendet: Fotografiere mich! Wird diese Aufforderung durch den Konsumenten angenommen, ist das als klarer Erfolg für den Retailer zu werten.
Postet der Konsument dieses Bild und damit eine Momentaufnahme seines Lebens im Idealfall auf Instagram und in anderen sozialen Netzwerken, demonstriert er seinen Lifestyle und ist zugleich Markenbotschafter für die Retailmarke.
Lernen aus der Freizeitindustrie
Auch hier kann der Retail wieder einmal aus der Freizeitindustrie lernen, denn jede typische Freizeitattraktion setzt immer auf einen zentralen Ort für das Erinnerungsfoto. Der Grundsatz lautet hier: Pro Attraction/Category ein Foto-Point!
Beherzigt der Handel diese Grundsätze, ist er in der Freizeitindustrie angekommen.
Nicole Srock.Stanley ist Founder und CEO der dan pearlman Markenarchitektur GmbH in Berlin und Retail Expertin
Trackbacks & Pingbacks
[…] erlebnisorientierte Produktinszenierung – hierzu besonders zu beachten übrigens auch der Artikel von Nicole Srock-Stanley, Gründerin der renommierten Markenagentur Dan […]
Ihr Kommentar
An Diskussion beteiligen?Hinterlassen Sie gern einen Kommentar!