Das Problem der Echtzeit-Bestandsführung im Onlineshop – Podcast Folge 91
Der mittelständische Handel wird immer mehr zum Multichannel Händler, was auch dringend notwendig ist. In diesem Beitrag haben wir bereits die ersten Schritte zum Aufbau eines Multi Channel Business beschrieben, jetzt geht es um ein häufig auftretendes Problem: Der Echtzeit Bestandsführung.
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Die Ernüchterung nach dem go live: Das Wirrwarr der Bestandsführung
Man kann schon fast die Uhr danach stellen: Der Onlineshop ist live, die Artikel sind eingestellt und alles wird jetzt durch soziale Medien und andere Marketingmaßnahmen befeuert. Der große Moment steht bevor: Die erste Kundin hat gekauft. Yeah, jetzt geht es los! Der hybride Händler geht jetzt in den Laden, holt das Produkt aus dem Regal und verschickt es an die Kundin. Mit dem Erstellen einer Rechnung wird es aus der Warenwirtschaft ausgebucht und somit ist die Bestandsführung wieder korrigiert. Und was ist mit dem Onlineshop? Angenommen, es war das letzte Exemplar und just in der gleichen Minute wird es noch einmal gekauft! Noch besser: 2 Minuten, bevor man das Produkt aus dem Regal nehmen will, hat es ein anderer Kunde stationär gekauft. Nichts ist peinlicher als nach einem erfolgreichen Kaufabschluss der Kundin zu sagen, dass es nicht geliefert wird.
Bei mehreren Filialen wird es dann komplex
Jetzt drehen wir an der Komplexitätsschraube, Stufe 1:
Unser stationärer Laden hat 3 Filialen. Damit wird es noch unübersichtlicher, denn da muss ich nicht nur den Bestand aktuell haben, sondern auch den Ort, an dem sich der Bestand befindet. Wir haben noch nie (auch nicht bei Riesen-Händlern) ein Warenwirtschaftsystem gesehen, in dem die Bestände wirklich stimmen. Also nicht entmutigen lassen, wenn es bei Euch auch nicht so ist. Erst recht nicht, wenn man mehrere Filialen betreibt.
Komplexitätsschraube, Stufe 2:
Ihr habe ein Sortiment, dass auch noch schnell wechselt, wie z.B. Fashion. Wir zeigen die Komplexität einmal auf:
- Produkt-Ebene: Es gibt eine Bluse von Hersteller xy, Modell ABC
- Varianten-Ebene: Es gibt sie in blau, rot und gelb
- Größen-Ebene: Sie ist in Größe XS, S, M und L
- Bestands-Größen-Ebene: 10 Stück in XS, 15 Stück in S, 20 Stück in M und 10 Stück in L
- In Filiale 1 sind: 3 Stück in XS, 5 Stück in S, 7 Stück in M und 3 Stück in L
- In Filiale 2 sind: 4 Stück in XS, 5 Stück in S, 6 Stück in M und 4 Stück in L
- In Filiale 3 sind: 3 Stück in XS, 5 Stück in S, 7 Stück in M und 3 Stück in L
- Kanal Ebene: Man verkauft im Laden, im eigenen Onlineshop und auf einem Marktplatz
Jetzt heißt Komplexität rausnehmen
Lösung 1 – Online-Lagerpriorität: Nur Produkte online verkaufen, die nicht im echten Laden stehen. Damit kauft man sich gerade bei einem schnellwechselnden Sortiment ein anderes Problem ein: Überhänge am Ende der Saison mit entsprechenden Abschriften. Also nicht zu empfehlen, es sei denn, es handelt sich um absolute Ankerprodukte wie Toilettenpapier etc.
Lösung 2 – Serialisierung der Produkte: Eine große Hilfe ist die individuelle Kenntlichmachung von Produkten über die GTIN (das ist der frühere EAN Code) hinaus. Das kann durch einen QR Code geschehen, eleganter ist es aber durch RFID Funketiketten, die mittlerweile sehr preiswert sind. Jeder Artikel hat eine individuelle Kennung und ist somit sehr einfach auffindbar. Das löst das Problem des Wiederfindens in den Filialen, aber nicht die Problematik, den Abgleich im Onlineshop sicherzustellen. Unserer Erfahrung nach aber ein wichtiger Schritt bei Multi-Store Formaten.
Lösung 3 – Schnittstelle Onlineshop – Marktplatz – Warenwirtschaft: Der fast (aber auch nur fast) sicherste Weg, Ordnung in das Chaos zu bekommen. Dazu sind zumindest vier Schnittstellen nötig, die einen kontinuierlichen Datenaustausch gewährleisten müssen:
- Produktdaten
- Adressdaten
- Bestandsdaten
müssen aus der Warenwirtschaft als führendes System (der sogn. „Place oft Truth“) in den Onlineshop übertragen werden. In umgekehrter Richtung müssen dann die Bestelldaten aus dem Shop in die Warenwirtschaft gelangen, um so die Bestände zu korrigieren.
Das ist das Mindeste, um einen einwandfreien Wareninformationsfluss zu gewährleisten. Besser wäre es noch, wenn der Onlineshop auch die Daten des Kunden übermittelt, um damit dann eine Recommendation Engine (Generierung von Kaufvorschlägen) zu befüllen. Darüber hinaus gibt es weitere Nutzen für die Kunden: So können sie in ihre Bestellhistorie sehen und Rechnungen ausdrucken.
Die Systeme bieten oft keine Interoperabilität
Die vorgenannte Funktion ist allerdings keine Selbstverständlichkeit. Viele Systeme bieten zur Echtzeit-Bestandsführung diese Möglichkeit nicht, die Bestände müssen händisch gepflegt werden – eine Aufgabe, die schnell eine halbe Stelle ausfüllen kann. Ältere Systeme bieten die Möglichkeit eines Datenexports überhaupt nicht.
Auf Shopseite sieht es nicht anders aus: einfache Miet- oder Javascript-Shops haben oft gar keine Schnittstellen. Oft muss dann der Betreiber des Shops diese mit hohem Kostenaufwand selbst entwickeln lassen. Das zieht dann neben dem Anfangsinvest oft hohe Kosten nach sich, da man selbst für die technischen Updates und die IT Sicherheit selbst gerade stehen muss.
Was ist zu tun?
Es gibt 2 Möglichkeiten:
- Wenn eh ein Wechsel der Systemlandschaft ansteht, macht es Sinn, diese direkt als Gesamtpaket WaWi / Shoplösung einzukaufen. Dann sollte das Thema Bestandsführung Geschichte sein. Da diese Lösungen für jede Branche verschieden sind sollte man sich hier an Branchenspezialisten wenden.
- Es gibt eine Lösung, die sich Cloudstock nennt und genau diese Problematik lösen kann. Entwickelt wurde sie von einem Händler, der genau diese Problematik gelöst hat und diese nun mit dem Lösungsanbieter anderen Händlern anbietet. Mehr dazu im Interview, viel Spaß beim Hören!
Unser Sponsor: Offerista
Als kompetentes Shopper Marketing Network erreicht die Offerista Group monatlich bis zu 39,5 Millionen Verbraucher und verhilft dem stationären Handel zu mehr Ladenbesuchen durch digitale Angebotskommunikation. Dank der hohen Reichweite und innovativen technischen Lösungen generieren wir in der DACH-Region einen monatlichen Umsatzbeitrag von über 161 Millionen Euro. Somit stellen wir das erfolgreichste Verbraucher-Netzwerk für digitales Handelsmarketing im deutschsprachigen Raum.
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[…] Ein Händler, der eine weit verbreitete Branchenlösung für Fashion Stores einsetzt, hat sich einen Onlineshop von einem der führenden Baukastenanbieter eingerichtet. Gerade wenn man die Produkte aus dem physischen Store auch online anbietet, ist eine Echtzeit Bestandsführung überlebenswichtig. Es war beim besten Willen nicht zu realisieren, ein Grundsatzproblem der gesamten Branche. Man braucht dazu eine Middleware, die das in der Cloud organisiert (wir berichteten hier) […]
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