7 Denkanstösse zur Digitalisierung: #6 Kommunikation
Damals, im digitalen Pleistozän, hatten wir in den Unternehmen eine Marketing- und eine PR-Abteilung. Das Marketing machte die Prospekte und Anzeigen und die PR sprach mit der Presse. Es war eindeutig, dass Informationen aus unserem Haus so unglaublich spannend waren, dass wir sie in aller Breite auf alle hinaus geblasen haben. Je lauter, je besser. Selten haben wir uns darum gekümmert, ob die Botschaft vernommen, verstanden und behalten wurde. Wir haben das schon immer so gemacht. Weiter so!
Dann kam dieses Internet und mit ihm eine Demokratisierung der Kommunikationskanäle. Die Empfänger erhielten eine eigene Stimme und es entstanden Möglichkeiten für sie, sich dem Trommelfeuer der spannenden Informationen aus Unternehmen zu entziehen. Das veranlasste Unternehmen, noch mehr, noch lauter, noch penetranter mit der eigenen Botschaft zu werden. Ein Wettrüsten begann, dessen Ende heute noch nicht erreicht ist. Heute nutzt ungefähr ein Viertel der Deutschen Adblocker und es werden täglich mehr.
Immer neue Plattformen
Unternehmen schiften ihre Budgets von Print zu Online, zu Social, zu Influencern und nun auch von dort teilweise wieder woanders hin, wie Unilever gerade angekündigt hat. Die Suche nach dem Zugang zum potenziellen Käufer ist scheinbar endlos und mit jeder neuen Plattform, mit jedem sich im digitalen Raum entwickelnden „Kanal“ wird das Arsenal der Kommunikationsexperten größer. Immer mehr, in ihren Nutzern und Mechanismen extrem unterschiedliche Plattformen (um den Begriff „Kanal“ zu vermeiden) müssen bespielt werden und steigern die für die Kommunikation notwendigen Ressourcen.
Kunden sind anspruchsvoll
Gleichzeitig haben sich die Erwartungen der Kunden stark verändert. Die Kontaktaufnahme zum Unternehmen soll schnell und unkompliziert sein, möglichst über jede Plattform. Standard-Transaktionen, wie z.B. die Abfrage des aktuellen Lagerbestands in einer bestimmten Filiale, sollte ebenso einfach und in Echtzeit möglich sein. Die Kommunikation soll an dem einen Touchpoint aufgenommen, auf einem weiteren fortgeführt und an einem weiteren beendet werden können, d.h. sie soll friktionsfrei sein.
Kunden erwarten Transparenz über den Prozess, wie z.B. den Status oder Bearbeitungszeitrahmen bei einer Bewerbung. Unternehmen, mit denen der Kunde zu tun hat, sollen nicht nur die bestmögliche Service- und Beratungsqualität bieten, sondern auch ständig erreichbar sein.
Natürlich wird eine direkte Kontaktmöglichkeit ebenso erwartet, wie an bestimmten Stellen im Prozess ein persönlicher Ansprechpartner.
Unternehmen, die dies vernachlässigen werden merken, dass ihr Wettbewerber immer nur eine Tür, einen Klick entfernt ist. Und bietet dieser einen besseren, bequemeren oder unkomplizierteren Zugang, besteht die Gefahr, dass der Kunde wechselt.
Für manche Unternehmen entsprechen solche Anforderungen einer Quadratur des Kreises und sie stehen angesichts beschränkter Ressourcen vor riesigen Herausforderungen. Wie also umgehen mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf die Kommunikation, nicht nur mit Kunden, sondern mit allen Stakeholdern (z.B. Mitarbeiter, Lieferanten, Gesellschafter)?
Dialog statt Senden
Zunächst muss sich das Denken, das Wissen über Kommunikation ändern. Die Zeiten, in denen Unternehmen die klassische One-To-Many-Kommunikation anwenden konnten, sind vorbei. Heute verfügt der adressierte Kunde über eine Vielzahl von Möglichkeiten, nicht nur von den Unternehmen zu hören, sondern ihnen auch zu antworten. Dies geschieht öffentlich, egal ob auf Twitter, Facebook oder anderswo. Das Verhalten der Unternehmen wird also jederzeit von sehr vielen Menschen wahrgenommen, Service- oder Kommunikationspannen erhalten dadurch eine enorme Dynamik.
Unternehmen müssen in einer digitalisierten Welt verinnerlichen, dass sie nicht mehr „senden“ sondern ihren Kunden oder Stakeholdern auf Augenhöhe im Dialog begegnen müssen. Zuhören, Verstehen und Wertschätzen sind die Tugenden, die Kommunikationsabteilungen heute aufweisen sollten. Hinzu kommt, den gefühlten Kontrollverlust über einen erheblichen Teil der Kommunikation zu akzeptieren.
Kontrollverlust akzeptieren
In den digitalen Medien wird in jedem Fall über das Unternehmen, seine Produkte, seinen Service gesprochen. Diese Gespräche sollte das Unternehmen nicht nur monitoren sondern auch begleiten und mit Rat und Tat den Austausch wertschätzend unterstützen, auch wenn es Beschwerden oder Klagen gibt. Nicht dominieren, nicht übernehmen, denn beides würde negativ auf das Unternehmen zurück fallen. Der Umgang eines Unternehmens mit den eigenen Fehlern wird von den Menschen sehr genau wahrgenommen und bewertet und macht einen guten Teil der Sympathie für das Unternehmen oder die Marke aus.
Auf allen Hochzeiten tanzen?
Muss nun jeder Händler auf jeder Plattform präsent sein? Nein, natürlich nicht. Es kommt wie immer darauf an, welche Ziele man verfolgt, wo die derzeitigen und die zukünftigen Kunden sind und welche Ressourcen zur Verfügung stehen.
Wenn das eigene Geschäftsmodell heute und morgen ganz ohne Kommunikation im digitalen Raum auskommt, dann auch gern das. Doch man sollte sich davor hüten, von sich persönlich auf andere zu schließen. Nur weil man selbst vielleicht Instagram nicht nutzt, heißt es nicht, dass dies die eigenen (zukünftigen) Kunden auch nicht tun. Der berühmte Wurm soll ja bekanntlich dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Darüber hinaus verzichtet man vielleicht auch auf Chancen, die man ohne den digitalen Raum nicht hat.
Use Case: Thomann
Ein Beispiel für gute und breit aufgestellte Kommunikation ist das Musikhaus Thomann, ein stationärer Einzelhändler. Nicht nur werden die (potenziellen) Kunden auf verschiedenen Plattformen angesprochen, es werden auch die Vorteile jeder Plattform genutzt. Die Personen sind sichtbar, ihre Kommunikation authentisch. Man kann förmlich spüren, wie die Mitarbeiter für Musik und Instrumente brennen.
Fragen, die Sie sich stellen sollten
- Bin ich und ist mein Unternehmen wirklich bereit, auf allen Hierarchieebenen mit allen Stakeholdern auf Augenhöhe zu kommunizieren?
- Kenne ich das Verhalten und die Erwartungen meiner heutigen und zukünftigen Kunden?
- Bin ich mit meinem Angebot (Ware, Services, Informationen) dort, wo meine Kunden heute/morgen sind?
- Welche Chancen nehme ich nicht wahr, wenn ich auf digitale Kommunikationskanäle verzichte?
Digitalisierung verändert die DNA der Unternehmen
Wie sehr die Digitalisierung die bekannten Strukturen, Prozesse, Herangehensweisen und Denkmuster von Unternehmen und ihren MitarbeiterInnen beeinflusst und verändert, möchten wir mit dieser siebenteiligen Serie zeigen:
Einleitung: Digitalisierung ist kein IT Projekt
- (Markt-)Perspektive
- Unternehmenskultur
- Organisation
- Planung
- Angebot
- Kommunikation
- Menschen
Abschließend werden wir die Beiträge in einem Whitepaper zusammen fassen und zum kostenfreien Download in unserem Download-Bereich zur Verfügung stellen.
Beitragsbild: Omnichannel – Stock Photo – Montri Nipitvittaya/Shutterstock
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