ZDE Podcast 176: Rechtliches zum Thema Abmahnung (und noch mehr)
Gerade der Handel, speziell wenn er online verkauft, hat immer ein rechtliches Risiko. Sehr schnell kann man sich bei den Themen Urheberrecht, Artikelbeschreibung oder unlauterer Werbung eine Abmahnung einfangen. Wir fragen den Juristen Prof. Dr. Hans-Hermann Dirksen, wie man sich schützen kann.
Direkt zur Folge:
Die Folge zum Nachlesen
Frank Rehme: Und da ist wieder eine neue Folge unseres Retail Innovation Radios. Mein Name ist Frank Rehme. Ich beschäftige mich schon seit vielen Jahren mit dem Thema Innovation und Innovation im Handel und wer mehr über mich wissen will, soll einfach mal den Namen googeln. Aber ich möchte euch um etwas bitten, nämlich um jetzt mal einmal kurz zuzuhören: bei uns auf Zukunft des Einkaufens kann man nicht nur werben, sondern man kann uns auch unterstützen und das sogar ohne Geld. Wenn ihr unser Format gut findet, dann abonniert doch unseren Newsletter, gebt uns möglichst viele Sterne in dem Podcatcher, in dem ihr uns immer hört oder ihr könnt auch euren Kolleginnen und Kollegen von uns erzählen, dass sie auch von uns erfahren und möglicherweise auch unser Format folgen. Wer mehr tun will, der kann auf unsere Webseite gehen, da gibt es den Part Unterstützer ganz oben in der Menüleiste und da gibt es einen Unterstützerbereich und da könnt ihr uns kleine Beträge in den Hut werfen und bekommt dafür auch einige Goodies. Schaut mal nach und wir würden uns freuen, wenn ihr an der Stelle weiter macht. Ansonsten kann man uns, also unsere ganzen Autoren hier auch gerne für Vorträge buchen, die sind gerne bereit und kommen auch gerne bei euch vorbei. Aber jetzt geht’s zum Interview. Feuer frei. Los geht’s.
Intro: Zukunft des Einkaufens – der Podcast für Innovation im Handel.
Frank Rehme: Zukunft des Einkaufens Podcast, Folge, ich glaube mittlerweile sind wir irgendwo in den 170 drin. Ich habe gar nicht mehr mitgezählt, sind so viele und deshalb heute ganz spannendes Thema: Ich habe nämlich den Hans-Hermann Dirksen am Telefon. Hans-Hermann Dirksen ist Professor für das Thema Recht, aber das wird er uns gleich nochmal genauer erklären. Hans-Hermann Dirksen, willkommen bei uns im Podcast.
Hans-Hermann Dirksen: Vielen Dank, vielen Dank. Das freut mich sehr. Ich bin sehr gespannt auf unser Gespräch.
Frank Rehme: Ja, stellen Sie sich doch mit ein paar Sätzen mal vor. Ich kann das natürlich nur immer so amateurhaft machen, aber Sie sind da professioneller an der Ecke.
Hans-Hermann Dirksen: Ja, das ist folgendermaßen: Ich bin also Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei in Frankfurt. Wir haben das Thema Digitalisierung und Datenschutz hauptsächlich im Blick, dazu gehören natürlich sehr viel eben Lizenzverträge, Cloudverträge. Da kommt natürlich das ganze Thema E-Commerce Auftritt im Internet, entsprechend AGBs, Nutzungsbedingungen. Wenn die Leute irgendeine App programmieren, dann kommen sie zu uns und sagen: Hey, was brauchen wir denn jetzt für Unterlagen dafür, Dokumente? Und natürlich dann das ganze Thema Datenschutz. Sie können eigentlich heute IT-Recht, Sie können IT-Verträge oder auch im E-Commerce eigentlich nichts mehr aufziehen, ohne da noch mal einen Seitenblick auf den Datenschutz zu richten und eben zu schauen, wie das funktioniert. Sie machen einen Cloud-Vertrag. Erste Frage: Ja was packen Sie in die Cloud denn rein? Ja, ein CRM. Also irgendwie so ein Register mit persönlichen Daten, da sind wir sofort im Spiel.
Frank Rehme: Da sind natürlich ganz, ganz große Fragestellungen, die wir praktisch von unseren Händlern auch immer kriegen und in unseren Projekten, die wir mit Händlern machen, natürlich auch immer sehen. Und für mich war ein großes Alarmzeichen, als mir ein Händler sagte: Ich mache online gar nichts mehr, ich hatte mal eine Abmahnung bekommen und war so verschreckt. Irgendwo hatte der Inhaltsangaben von Produkten vertauscht. Also nicht, ich sage mal hier, 95 Prozent Wolle, 5 Prozent Elastan. Das war vertauscht, 5 Prozent Elastan, 95 Prozent Wolle, also nur die Reihenfolge stimmte nicht. Und dafür hat er schon eine Abmahnung kassiert und er war so verblendet und dann kam auch noch die DSGVO dabei. Und er hat dann gesagt: Nee sorry, aber da bin ich jetzt raus, ich kann hier nicht große, ja ich sage mal Anwaltskanzlei, nur um ein paar Euro Umsatz im Bereich E-Commerce zu machen, hier beschäftigen. Und das schreckt natürlich ab. Da sind bei mir echt die Alarmglocken losgegangen. Aber dabei muss man ja gar nicht jetzt so viel Angst davor haben. Man kann solche Dinge ja mittlerweile alle regeln, oder?
Hans-Hermann Dirksen: Ist richtig, also wenn Sie eine Webseite aufsetzen, wenn Sie den Online-Shop aufsetzen, ist es eben empfehlenswert, das im Vorfeld alles mal durchchecken zu lassen. Da nimmt man vielleicht im Vorfeld mal ein paar Euro in die Hand und lässt das eben durchchecken. Und dann gibt es eben die üblichen Themen, die man da einmal durchschauen muss. Also einmal die schon von Ihnen erwähnte Produktbeschreibung, die natürlich gerade auch im Food-Bereich ein bisschen problematisch ist oder wenn Sie alkoholische Getränke, Produkte verkaufen, dann kommt noch mal was dann dazu. Dann natürlich das Urheberrecht. Da haben wir vor allem auch die Bildrechte oft dran. Und eben großes, zunehmendes Thema eben das Markenrecht. Also wenn Sie tatsächlich eine Marke haben, mit der Sie das Produkt eben bewerben, muss man da eben auch aufpassen, dass das entsprechend eben geschützt und abgesichert ist.
Frank Rehme: Ja, da sind wir ja bei dem ganz großen Thema, was Sie gesagt haben: Hier Urheberrecht, Bildrechte. Da tun sich ja viele Händler auch schwer, in diese Richtung den richtigen Weg zu gehen, weil mal eben schnell sich ein Bild von einem Hersteller zu holen, ist problematisch. Aber auch ein Bild selbst zu machen von einem, ich sag mal Adidas-Schuh an der Ecke, den man dann, ich sag mal, seiner Frau anzieht und ein paar Fotos von macht. Und Adidas hat aber die Regel, dass die Schuhe nur in einem ganz bestimmten Kontext gezeigt werden dürfen. Da geht dann schon die Vorstellung von dem, was pragmatisch ist, von dem, was rechtlich sauber ist, auch auseinander.
Hans-Hermann Dirksen: Richtig, richtig, richtig. Also die großen Hersteller achten natürlich sehr darauf und es kommt eben sehr darauf an, das ist ganz spannend: Wir haben neulich mal ein Video gemacht mit einem Frankfurter Künstler und er hatte eine Mütze auf von der SGE, also der Eintracht Frankfurt und dann haben wir überlegt: Ja, was ist denn nun, muss er denn die Mütze nun absetzen? Ist ja eine Marke. Oder darf er die aufbehalten? Aber es kommt dann darauf an, inwiefern tatsächlich eben mit diesem Produkt in irgendeiner Form Werbung gemacht wird oder mit dieser Marke. Das war bei diesem Interview-Video nicht der Fall, deswegen konnte er die Kapp aufbehalten. Aber wenn Sie natürlich, sagen wir mal, das als Werbeträger verwenden, um das in die Werbung einzubinden, dann kann es natürlich schnell sein, dass man eben sich eine Abmahnung einfängt. Dann müsste man das eben abdecken oder einen anderen Schuh verwenden. Wenn Sie natürlich ein Adidas-Vertriebshändler sind, dann werden Sie von Adidas eine Lizenz bekommen, dass Sie dann eben auch die Marken abbilden können. Das muss man sich dann im Vorfeld angucken und dann kann man da Ärger vermeiden.
Frank Rehme: Jetzt haben wir ja diese großen Themen wie auch Datenschutzerklärung. Das ist ja auch so eine Geschichte. Da gibt es ja, ich sage mal, irgendwelche Roboter irgendwo im Web, wo viele sich da bedienen. Aber so richtig empfehlenswert ist dieses eigentlich ja auch nicht.
Hans-Hermann Dirksen: Also die Problematik ist, dass bei den Datenschutzerklärungen sich immer mal was ändert und dass man zum anderen eben auch genau gucken muss, welche, ich sage mal, technischen Helferleihen auf der Webseite sich so tummeln. Also wenn ich jemanden habe, der überhaupt keine Videos eingebunden hat, dann kann ich das natürlich alles aus der Datenschutzerklärung rausschmeißen. Oder ich habe eben vielleicht jemanden, der hat kein Google Analytics, dann muss ich das eben auch nicht verwenden. Aber, man muss das eben individuell so ein bisschen anschauen. Jetzt ganz aktuell hat sich beim Datenschutz das ja geändert, dass wir wieder einen Angemessenheitsbeschluss mit Amerika haben, die sogenannte Privacy Framework. Nach dem wir ja drei Jahre Rechtsunsicherheit hatten, weil der Privacy Shield ja vom Europäischen Gerichtshof als unwirksam erklärt wurde. Da waren wir jetzt drei Jahre lang in so einer Grauzone. Was ist denn, wenn wir mit Amazon und Google zusammenarbeiten oder die verwenden auf unserer Webseite oder als Cloud-Speicher verwenden? Jetzt gibt es den neuen Framework. Da müssen wir natürlich in der Datenschutzerklärung überall bei diesen amerikanischen Helferleihen eintragen, dass sie sich unter diesen Framework zertifiziert haben und damit diesen EU-Angemessenheitsbeschluss unterfallen. Das ist eine kleine Geschichte, muss aber in die Datenschutzerklärung mit reingeschrieben werden. Insofern muss man dafür Vorsorge tragen, dass die Datenschutzerklärung eben immer aktuell bleibt und eben einen Dienstleister hat, der das eben auch im Blick hat. Also, das darf nicht ihre Aufgabe sein, dass sie dann immer gucken müssen: Oh, hat sich jetzt was geändert im Datenschutzbereich? Sondern der Dienstleister sollte, wenn er dann eben auch schon einen Saläer bekommt, dann auch darauf achten, dass das eben immer aktuell gehalten wird und da dann auch Abmahngefahren eben insofern minimiert werden.
Frank Rehme: Es gibt ja auch Verbände oder Vereinigungen, die da dementsprechend helfen. Hier Händlerbund ist ein Stichwort, die ja da auch einiges tun. Aber hochinteressant fand ich jetzt gerade, Herr Dirksen, und zwar das, was sie sagt mit diesem Framework. Ich wusste noch gar nicht, dass, ich fühlte mich immer noch in dieser Grauzone, weil wir sind auch in der Google Cloud natürlich auch mit Kunden Daten und das ist jetzt mittlerweile geregelt. Das wusste ich noch gar nicht und sicherlich viele unserer Hörerinnen und Hörer wussten da auch noch nicht Bescheid, weil ich empfehle immer gerne Cloud Services einfach aus Kostengründen und dass die Händler sich nicht mit IT beschäftigen sollen, sondern lieber Kunden glücklich machen sollen, statt eigene Server zu betreiben. Deshalb empfehle ich immer gerne eine Cloud. Und das ist jetzt, Gott sei Dank, in irgendwelchen trockenen Tücher?
Hans-Hermann Dirksen: Ja, das ist tatsächlich so. Man hat diesen Privacy Framework aufgesetzt. Tatsächlich, eines der großen Probleme war ja, dass sie eben als Europäer keine Möglichkeit haben, einen solchen Eingriff in ihre Daten, der in Amerika stattfindet, in irgendeiner Form zu kontrollieren, beziehungsweise mit Rechtsmitteln dagegen vorzugehen. Da hat man dann eine Einrichtung geschaffen, wo man dann auch sich eben direkt beschweren kann und das waren einige solcher Regelungen, dass auch die Möglichkeiten der Geheimdienste etwas beschränkt werden und die rechtlichen Voraussetzungen, um überhaupt nach solchen Daten nachzufragen, etwas erhöht worden sind. Und daraufhin hat man eben diesen Privacy Framework, diese Verordnung oder diese Regelung geschaffen, sodass aktuell dieses Thema durch ist. Nur auch das wird, so sind da die Auguren am Voraussagen, tatsächlich etwas Zeitliches sein, weil der bekannte Herr Schrems, der ja schon gegen den Privacy Shield und vorher auch vor das Safe Habe Abkommen tatsächlich schon vorgegangen ist, auch jetzt hiergegen wieder vorgehen wird. Mit der Argumentation: Naja, solange es immer noch die Möglichkeit gibt in Amerika aufgrund des Privacy Acts eben auf Daten zuzugreifen, sind auch die Möglichkeiten, das ein bisschen schwieriger zu machen und ein Beschwerdeorgan zu schaffen, ändert im Grunde nichts daran, dass die Dienste in Amerika doch zugreifen können. Sodass viele sagen, das ist eigentlich nur eine Mogelpackung und viele auch damit rechnen, dass der EuGH, also der Europäische Gerichtshof, das wieder kippen wird. Aber das wird immerhin mal jetzt zwei, drei Jahre dauern und solange haben wir Ruhe im Karton. Und insofern müssen wir uns um diese Fragen zunächst erst mal nicht kümmern und um ihre Frage noch konkret zu beantworten: Ja, Sie können jetzt alle Dienste, die die amerikanischen Unternehmen anbieten und unter dem Privacy Framework sich haben zertifizieren lassen, da muss man einmal nachgucken auf der entsprechenden Webseite, die kann man im Moment problemlos wieder verwenden.
Frank Rehme: Eine sehr, sehr wichtige Information finde ich, weil das in der Branche noch nicht so richtig angekommen ist und natürlich da für eine große Erleichterung sorgt auch. Also vielen Dank nochmal für diese Zusatzinfo, die hatten wir gar nicht eigentlich auf der Karte gehabt, aber ja, so ein Zusatznutzen ist auch immer gut. Ja, wir haben auch nochmal dieses ganze Thema Widerruf. Ist ja auch immer so ein Thema, Widerrufsbelehrung, muss ja auch letztendlich irgendwo sauber erklärt werden. Worauf ist da eigentlich so zu achten?
Hans-Hermann Dirksen: Beim Widerruf ist tatsächlich, das ist ja eine Regelung, die sich spezifisch an Verbraucher richtet, beim Widerruf ist darauf zu achten, dass eben die entsprechend eben auch angeboten wird im Webseitenauftritt. Man kann die entweder in die allgemeinen Geschäftsbedingungen mit aufnehmen oder man kann dann extra Reiter dafür anlegen, wo man die Widerrufsbelehrung reinsetzt. Die sollte wirklich tatsächlich genau gemäß den Vorschriften geschaffen werden, das ist immer so ein bisschen eine Herausforderung. Und wenn sie nämlich nicht korrekt geschrieben ist, dann verlängert sie sich unendlich lange weiter. Das ist der eine Punkt. Und der zweite Punkt ist, dass man immer ein bisschen gucken muss, dass viele Anbieter natürlich versuchen, dass der Kunde auf seinen Widerruf verzichtet. Tatsächlich ist es ja so, und das hat auch einen guten Sinn, weil tatsächlich ist es ja so, dass eigentlich, wenn sie eine Leistung erbringen, die sie nicht wieder zurückholen können, sie sagen, sie machen irgendwie eine Erklärung, sie machen eine Schulung, ein Coaching, irgendwie was. Wenn sie das erbracht haben und nach zwei Wochen macht er dann den Widerruf, ja, dann können sie die Leistung ja nicht wieder zurückfordern, weil die ja erbracht worden ist. Und deswegen gibt es diese Möglichkeit eben darauf zu verzichten, den Widerruf auszuüben, verbunden mit der Bitte, dann die Leistung auch sofort zu erbringen. Haben wir zum Beispiel sehr häufig auch im Immobilienmarklerbereich. Ja, also sie wollen nicht zwei Wochen warten, sondern wollen das Haus jetzt sofort gleich angucken oder die Wohnung. Dann muss man eben diesen Verzicht erklären. Und diese Verzichtserklärung muss man eben auch adäquat einbinden, dass tatsächlich eben ordnungsgemäß darauf verzichtet wird und dann kann man die Leistung auch erbringen. Das passt schon. Aber das sind so diese beiden Punkte und vielleicht ein dritter Punkt. Es gibt tatsächlich auch Produkte, wo ein Widerruf ausgeschlossen ist, und zwar alle Produkte, die eben bezogen auf eine persönliche Nachfrage oder eine persönliche Spezifizierung speziell für dieses Produkt oder für diesen Kunden angefertigt wurden. Ja, also wenn ich sage: Komm, schnitz mir mal irgendwie, weiß ich nicht, irgendwas aus Holz. Und ich schnitz dem das, fertige das persönlich für ihn an, dann kann das nicht widerrufen werden. Ganz spannend, da gab es neulich eine Entscheidung, da ging es darum, dass ein bestimmtes Teil, irgendein Produkt oder ein Spielzeug oder so, wurde aus verschiedenen Farben zusammengesetzt. Ja, und dann konnte der Kunde sagen, ich will die Ente jetzt in rot haben oder ich will die in blau oder in grün haben. Und da hatte man so einzelne Versatzstücke, wie man die Ente dann zusammengestellt hat. Und dann hat der Anbieter eben, als jemand das zurückgegeben hat, gesagt: Nee, das geht aber nicht, weil wir haben das jetzt nach deinen persönlichen Wünschen angefertigt. Und da hat das Gericht dann gesagt: Nee, nee, nee, also wenn es da um solche einfachen Stücke geht, die man flopp, flopp einfach wieder auseinanderziehen kann, also dann ist das jetzt nicht persönlich angefertigt und da musst du das Ding eben wieder zurücknehmen. Also eine interessante Nuance: Ich tu das zwar persönlich für jemanden zusammenstellen, aber es ist doch nicht so personifiziert, dass es nur für den Betreffenden extra und allein hergestellt wurde und damit dann eben dann doch der Widerruf möglich ist, in diesem spezifischen Fall.
Frank Rehme: Ja, ich sag mal, für viele Hände ist ja dieses Thema der personalisierten Produkte auch so ein Alleinstellungsmerkmal für die Zukunft. Keine gelernten Preise, weil es gibt es ja nur einmal. Da muss man dann dementsprechend schauen, dass man da wiederrufstechnisch dann sauber aufgestellt ist.
Hans-Hermann Dirksen: Genau.
Frank Rehme: Jetzt mal eine Frage nochmal zu dem Thema Abmahnung. Also ich selber habe schon zwei Stück insgesamt in meinem Leben hier kassiert als Unternehmer. Das erste Mal aus, ja, ich sag mal, Unwissenheit. Und zwar haben wir einen Workshop gemacht mit einer Stadt. Wir hatten an einer Metaplanwand einen Stadtplan aufgehängt und von dem Gesamtworkshop ein Foto gemacht. Also man sah dann so auf so gut einem Drittel des Fotos dann diese Metaplanwand mit dem Stadtplan. Und wir sind vom Stadtplan Rechte-Inhaber dann abgemahnt worden, weil dieses Foto im Internet stand und war natürlich überhaupt gar kein Detail von diesem Stadtplan zu erkennen, gar nichts also. Man sah aber, dass der von einem bestimmten Hersteller war und haben dann da dementsprechend dann auch uns geeinigt dann mit ihm. Und beim zweiten Mal war es wirklich Dummheit, also wirklich totale Dummheit: ein Foto genommen, irgendwoher aus dem Internet. Und das haben wir dann aber auch ganz schnell geregelt, weil wir gesagt haben: Okay, komm, Strafe muss sein. Aber wie empfehlen Sie denn jetzt Händlern damit umzugehen, wenn so eine Abmahnung reinkommt? Weil wie meine Erfahrung war, die kommen erstmal mit wirklich Fantasiebeträgen durch die Tür. Wie kann ich mich denn am besten da verhalten? Was mache ich am besten?
Hans-Hermann Dirksen: Richtig, also der Trick dabei ist eben immer eine sehr, sehr kurze Zeitspanne, eine sehr kurze Frist nur vorzuschreiben, eine Woche, zehn Tage, damit man natürlich Angst macht und sagt: Also, wenn du bis da nicht unterschrieben hast, dann hole ich eine einstweilige Verfügung. Und die einstweilige Verfügung ist immer blöd, weil die einstweilige Verfügung hat dann einen Sofortvollzug. Und wenn sie diesen Sofortvollzug nicht durchführen, dann rummst es wirklich richtig im Karton, was dann die entsprechenden Strafen betrifft. Also die Beträge sind dann wirklich sehr, sehr hoch. Das heißt also, Sie haben eine kurze Frist zu reagieren und müssen überlegen, was in der Zeit eben getan werden kann. Als erstes muss man sich natürlich anschauen, ist derjenige, wenn es jetzt nicht so ein Verbraucherverein ist, wie Sie vorhin schon erwähnt haben, ist das überhaupt ein Wettbewerber von mir. Ist das also jemand, der auf demselben Bereich tätig ist wie ich? Denn abmahnen darf man tatsächlich eben als Wettbewerber. Und deswegen nur, deswegen muss man eben schauen, ob er ein Wettbewerber ist und ob das Produkt tatsächlich auch von ihm wirklich im Wettbewerb verwendet wird. Also der verkauft einmal eine Wärmedecke pro Jahr, dann ist es kein Wettbewerber, auch wenn er das Produkt eben im Angebot hat. Das muss man sich angucken. Zweiter Punkt ist, ob er tatsächlich der Rechte-Inhaber ist dessen, was er da abmahnt? Wenn es um eine Abmahnung im Bereich des geistigen Eigentums geht, wenn es um eine Abmahnung im Bereich des E-Commerce geht, zum Beispiel Sie haben sich, wie man immer so schön sagt, eines Alleinstellungsmerkmal berühmt. Also: Ich bin der beste Händler von ganz Frankfurt. Ja, dann muss man eben schauen, ob das tatsächlich eben ein abmahnwürdiger Verstoß ist, diese Darstellung. Deswegen kommt es immer sehr drauf an: Ist es ein Markenmissbrauch? Ist es ein AGB Verstoß? Hat man irgendwas behauptet, was nicht richtig ist? Man muss erst mal gucken, was überhaupt das Ziel der Abmahnung ist und ob die Abmahnung berechtigt ist. Oft ist es tatsächlich so, dass die Abmahnung schon berechtigt ist, also ich habe selten Fälle gehabt, wo das völlig aus der Luft begriffen ist. Und dann muss man eben im zweiten Schritt gucken: Kann ich diesen Verstoß ablegen? Kann ich diesen Verstoß beenden? Wenn Sie zum Beispiel eine Marketingaktion haben und das ist jetzt zwei, drei Wochen her, dann sagen Sie: Ja, peng, brauche ich eh nicht mehr, dann nehme ich das eben runter von der Webseite. Schwieriger ist es, wenn es etwas ist, was sozusagen Ihr Hauptverkaufsprodukt ist. Und Sie sagen: Also ich kann da eigentlich nicht drauf verzichten. Ja, dann wird die Sache schwierig, weil wenn es dann wirklich sich um einen Verstoß handelt, ist es dann natürlich ungünstig. So, das wäre die zweite große Prüfungsfrage. Die dritte Prüfung wäre dann: Was wird dann jetzt in der Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung von Ihnen verlangt? Also Sie bekommen ja einmal die Abmahnung, da steht dann alles Mögliche drin, was Sie da falsch gemacht haben in den letzten zehn Jahren, mal übertrieben gesagt. Und dann kommt die Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung, wo Sie eben unterschreiben sollen, dass Sie das eben aufhören zu tun und auch nie wieder machen, mit auch einer entsprechenden Vertragsstrafe Androhung, falls Sie es dann wieder tun. So, da muss man dann erst mal gucken, dass was da drin steht, auch wirklich Umfang dieser von Ihnen verletzten Pflicht darstellt oder ob die noch zehn andere Sachen fordern, die überhaupt gar nicht von Ihnen zu erfüllen wären. Ja, also ich darf nie wieder Obst verkaufen, wenn Sie eigentlich, ich sag mal jetzt fälschlich nur Äpfel verkauft haben. Dann geht das viel zu weit und das Problem dieser Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung, das ist ja ein Vertrag. Man fragt sich immer, was ist denn das eigentlich? Das ist ein Vertrag und Verträge haben nun mal oftmals eine Wirkung bis zu 30 Jahren. Das heißt also, um bei dem Beispiel zu bleiben: Sie dürfen 30 Jahre keinen Obst mehr verkaufen. Obwohl der überhaupt gar keinen Anspruch darauf hat und deswegen müssen Sie im nächsten Step genau prüfen, ob das, was in der Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung drin steht, auch wirklich das ist, was man von Ihnen verlangen und fordern kann. Deswegen muss man eben schauen, ob man diese Unterlassungserklärung nicht eben modifiziert. Viele sagen: Ach kommen hier 2000 Euro für ein Anwalt, alles gut, unterschreib ich und fertig. Aber unterschreiben dann eben und verpflichten sich zu viel mehr und wenn Sie dann dagegen verstoßen, ich habe so ein Fall gerade gehabt, ging es um Formulierungen in der AGB, dann kommen Sie natürlich gnadenlos an und sagen hier: Zack, Vertragsstrafe, 20.000, 30.000, was auch immer. Thema Vertragsstrafe, da müssen Sie auch gucken, denn die Höhe der Vertragsstrafe, die kann man mit einem sogenannten Hamburger Brauch regeln. Das heißt, man schreibt keine Geldsumme rein, sondern schreibt abstrakt hin: Wenn ich dagegen verstoße, dann regeln wir das so, dass der Verletzte eine Summe nennen darf und dass ich die dann gerichtlich überprüfen lassen kann. Ja, so, und dann haben Sie jetzt nicht drin Vertragsstrafe 20.000, weil wenn Sie das verletzen, werden die 20.000 eben die fallen dann an. Wenn Sie keine Summe drin haben, dann kann man sich trefflich noch über die Summe streiten und dann kann man das Problem eben in der Form ein bisschen in den Griff kriegen. Also deswegen, man muss immer davor warnen, dass man dann in Panik verfällt und sagt: Oh oh, schnell, schnell, schnell, lassen uns das alles regeln. Manches Mal kann man sogar mit der Gegenseite Kontakt aufnehmen. Ja, also wir unterscheiden immer zwischen den seriösen Firmen, die im Prinzip eigentlich nur wollen, dass der Markt wieder sauber ist, wenn Sie auch eine Markenverletzung begangen haben. Und ich sage mal den, die es einfach auf Sie abgesehen haben, weil sie sich über Sie ärgern und die dann sehr viel unangenehmer sind. Und oft kann man da mit der Gegenseite, vor allem mit den Anwälten, Kontakt aufnehmen und kann sagen: Passt mal auf Freunde, wie machen wir das jetzt? Aber da muss man sich natürlich erstmal trauen und auch ein bisschen die Erfahrung haben. Und deswegen gibt es da doch eine ganze Reihe von Dingen, die man berücksichtigen kann, um auch bei einer, ich sag mal, aussichtslosen Abmahnung, weil sie den Fehler halt wirklich begangen haben, doch dann irgendwie das Ganze doch zu mindern, was eben den Schaden und die Konsequenzen betrifft.
Frank Rehme: Ja, also man sieht an Ihren Ausführungen, da ist so eine Komplexität hinter. Da lohnt sich natürlich in jedem Fall der Weg zum Fachanwalt, denn man soll sich als Händler um seine Kunden kümmern und diese rechtlichen Geschichten dann von den Leuten auch klären lassen, die sich damit auskennen. Ja, ich sage vielen Dank, die Zeit ist auch schon wieder rum. Vielen Dank für Ihr geballtes Wissen in diesem ganzen Bereich. Wenn irgendwo Fragen noch sind, ich verlinke Sie mal hier in den Show-Notes, Sie sind ja auch auf LinkedIn sehr aktiv und dort kann man Sie auch finden, wer dann dementsprechend mal Probleme hat, kann sich dann auch gerne an Sie wenden. Und ich sage ja, alles Gute für die Zukunft und vielen Dank für Ihre Auskünfte.
Hans-Hermann Dirksen: Ja, ich bedanke mich auch, das war sehr spannend und es ist auch ein Thema, was tatsächlich Spaß macht als Anwalt, das zu betreiben. Weil die Herausforderung der Digitalisierung im Internet natürlich eine ganz spannende Sache ist und man da viele Möglichkeiten hat und deswegen ist das ein Thema, was auch immer wieder, also gerade Abmahnungen zu verteidigen, das macht wirklich Spaß, auch wenn man es mal vielleicht nicht so sagen soll, aber das ist tatsächlich so, wenn man immer guckt: Ah, wo kann man da vielleicht noch eine Lücke finden, wo kann man da noch mal was machen und so. Vielen Dank, hat mich sehr gefreut.
Frank Rehme: Ja, ein hochinteressantes Thema. Ich glaube, wir werden noch viel davon in Zukunft hören, wer mehr wissen will oder auch mal was zum Nachlesen haben will, der kann gerne unsere Show-Notes nachgucken oder auch die Transkription noch mal nachlesen, da steht noch mal alles drin, ist alles auf Zukunft des Einkaufens unter dem entsprechenden Podcast dann auch zu finden. Ansonsten wünsche ich euch wie immer viel Erfolg bei all dem, was ihr tut und vor allen Dingen fette Beute.
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