Verkauf auf Temu: Huch, das jetzt auch noch?
Jetzt gehen wir mal ein Tabu-Thema an: Temu, verhasst als eine Plattform, die mit Tricks und der Ausnutzung von Lücken die Chancengleichheit im Retail aushebelt, wird ausgerechnet von uns jetzt promotet? Davon sind wir weit entfernt, sehen uns aber in der Pflicht, neutral die Chancen und Risiken für unsere Händlerschaft zu beleuchten. Los geht´s!
Ist Temu für mich offen?
Wir selbst haben noch keine Informationen über deutsche Händler, die ihre Produkte dort anbieten. Temu hat jedoch angekündigt, den Marktplatz für Händler aus Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Großbritannien und den Niederlanden zu öffnen, um das sogenannte „Local-to-Local“-Modell zu fördern. Dieses Modell zielt darauf ab, Lieferzeiten zu verkürzen und den europäischen Markt effizienter zu bedienen. Interessierte deutsche Unternehmen können sich für eine Teilnahme am Local-to-Local-Programm bewerben, wobei 2 Voraussetzungen erfüllt sein müssen: Die gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und der Sitz in den o.g. Ländern. Derzeit erfolgt die Registrierung auf Temu ausschließlich auf Einladungsbasis. Interessierte Händler können jedoch ihre Bereitschaft zur Teilnahme signalisieren und auf eine Einladung hoffen.
Was bringt mir der Verkauf auf Temu?
Ein wesentlicher Vorteil von Temu ist die enorme Reichweite. Die Plattform bietet Zugang zu einer riesigen internationalen Kundengruppe, auch in Deutschland. Für Händler, die sich international etablieren möchten, stellt sie eine attraktive Möglichkeit dar, neue Märkte zu testen. Der Einstieg ist vergleichsweise einfach: Die Anmeldeprozesse sind unkompliziert, und das Onboarding erfolgt zügig. Zudem unterstützt Temu Händler bei der Produktpräsentation und bietet verschiedene Promotions, um die Sichtbarkeit der Produkte zu erhöhen. Auch die Verkaufsgebühren sind im Vergleich zu anderen Marktplätzen oft geringer, was insbesondere für Händler mit hohen Stückzahlen interessant sein kann.
Wo ist bitte der Haken?
Den Vorteilen stehen jedoch auch klare Nachteile gegenüber. Die aggressive Preisstrategie von Temu zwingt Händler dazu, mit sehr niedrigen Margen zu kalkulieren. Die Konkurrenz auf der Plattform ist groß, insbesondere durch Anbieter aus dem asiatischen Raum. Deutsche Händler, die hochwertige Produkte vertreiben, könnten Schwierigkeiten haben, sich gegen die Preiskonkurrenz zu behaupten. Zudem haben Händler auf Temu wenig Kontrolle über die Markenpräsentation, da die Plattform selbst stark in Preis- und Produktgestaltung eingreift. Auch die Retouren- und Serviceabwicklung kann herausfordernd sein, da Temu großen Wert auf Kundenzufriedenheit legt und dies zu hohen Rückabwicklungen führen kann.
Dann doch lieber auf Amazon? Oder besser nicht?
Im Vergleich zu Amazon zeigt sich ein klarer Unterschied in der Markensteuerung und Preisgestaltung. Während Amazon es Händlern ermöglicht, ihre Produkte individuell zu präsentieren und den Preis weitgehend selbst zu bestimmen, greift Temu stärker in die Produkt- und Preisgestaltung ein. Amazon bietet mehr Flexibilität bei der Markenführung, wohingegen Temu mit seiner Niedrigpreisstrategie vor allem auf Masse setzt. Zudem genießen Händler bei Amazon einen direkteren Kundenkontakt. Über Amazon haben Händler die Möglichkeit, aktiv mit ihren Kunden zu kommunizieren, etwa durch direkte Nachrichten oder personalisierte Angebote. Diese Form des Austauschs kann helfen, Kundenbeziehungen aufzubauen und zu pflegen. Bei Temu hingegen ist dieser direkte Kundenkontakt deutlich eingeschränkter. Die Plattform übernimmt viele Aspekte der Kommunikation und Serviceabwicklung, wodurch Händler weniger Einfluss auf die Interaktion mit ihren Kunden haben. Das erschwert es, auf individuelle Kundenwünsche einzugehen oder eine persönliche Bindung aufzubauen.
Wie kann ich starten?
Wer dennoch auf Temu verkaufen möchte, sollte einige Schritte beachten. Grundlage ist zuerst einmal die bereits erwähnte Einladung. Zunächst erfolgt die Registrierung über die offizielle Temu-Website, wobei grundlegende Informationen zum Unternehmen und zu den Produkten abgefragt werden. Anschließend werden die Produkte gelistet, inklusive detaillierter Beschreibungen, Preise und Bilder. Eine wettbewerbsfähige Preisgestaltung ist essenziell, um im Markt sichtbar zu bleiben. Gleichzeitig sollte eine Strategie zur Qualitätssicherung und für den Umgang mit Retouren etabliert werden. Um die Sichtbarkeit zu erhöhen, empfiehlt es sich, die von Temu angebotenen Werbemöglichkeiten aktiv zu nutzen. Ein kontinuierliches Monitoring der Verkaufszahlen und Kundenrückmeldungen ist ebenfalls notwendig, um das Angebot fortlaufend zu optimieren.
Fazit: Lohnt sich der Verkauf auf Temu?
Abschließend bleibt die Frage, ob sich der Verkauf auf Temu für Euch lohnt. Für Unternehmen, die auf preisgünstige Produkte und große Lagerbestände setzen, kann Temu eine spannende Möglichkeit sein, neue internationale Kunden zu gewinnen. Besonders für Händler, die mit hohen Stückzahlen und niedrigen Margen arbeiten, bietet die Plattform Potenzial. Für Anbieter hochwertiger Produkte und für jene, die auf individuelles Markenimage und persönliche Beratung setzen, ist Temu jedoch weniger attraktiv. Die starke Preiskonkurrenz und eingeschränkte Markensteuerung erschweren eine klare Positionierung. Unser Fazit: Wer auf Temu verkaufen will, sollte die eigenen Produkte und Margen genau prüfen und realistisch kalkulieren. Ein Testlauf mit ausgewählten Produkten kann helfen, das Potenzial besser einzuschätzen, Versuch macht klug klug. Langfristig sollten jedoch alternative Vertriebskanäle nicht aus dem Blick verloren werden.
Es bleibt also spannend!
Beitragsbild von Fathromi Ramdlon auf Pixabay
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