Die Onlineshopper sind clickfaul geworden
Mehr als zehn Jahre lang verzeichnete der Onlinehandel ein stetiges Wachstum. Von 2008 bis 2019 betrug die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate laut dem Kölner Handelsforschungsinstitut EHI etwa 10,7 Prozent. Dann kamen die Jahre 2020 und 2021, geprägt von den Zwangsschließungen im stationären Einzelhandel aufgrund der Corona-Pandemie, was das Onlinegeschäft noch weiter ankurbelte. In diesen beiden Jahren stiegen die Wachstumsraten auf erst 33 und dann 16 Prozent.
Die Euphorie aus dieser Zeit ist mittlerweile verflogen
Die E-Commerce-Händler in Deutschland sehen sich nicht mehr im Zeichen des Wachstums. Laut der neuesten Studie des EHI sind die Umsätze im vergangenen Jahr um 2,8 Prozent auf 77,7 Milliarden Euro gesunken (inflationsbereinigt könnte der Rückgang noch deutlicher sein). Diese Zahl bezieht sich zwar nur auf die 1000 umsatzstärksten Online-Shops, die an Endverbraucher verkaufen, dürfte jedoch für über 90 Prozent der gesamten Umsätze stehen.
Online folgt der Verbraucherstimmung
Dieser Rückgang ist in den 15 Jahren, in denen das EHI solche Studien durchgeführt hat, ein Novum. Für das Jahr 2023 könnte die Bilanz sogar noch schlechter ausfallen. Das EHI hat drei Szenarien analysiert. Im besten Fall, der noch Wachstum für das dritte und vierte Quartal 2023 vorsieht, könnte am Jahresende ein Minus von 4,2 Prozent stehen. Im schlimmsten Fall könnten die Umsätze um rund ein Sechstel schrumpfen, insbesondere wenn der Rückgang aus dem ersten Halbjahr (minus 13,7 Prozent) sich weiter beschleunigt.
Dieser Rückgang ist wahrscheinlich auf die steigende Sparneigung der Verbraucher, die von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) festgestellt wurde, und die anhaltende Konsumschwäche aufgrund hoher Energie- und Lebensmittelpreise zurückzuführen. Ein weiterer Faktor ist die Angst vor einer Rezession. Wenn Menschen Geld ausgeben, tendieren sie dazu, es eher für Urlaube, Konzerte und andere Veranstaltungen auszugeben als für größere Anschaffungen wie Möbel, die während der Pandemie als Ersatz für verpasste Freizeitaktivitäten dienten. Auch Ikea verzeichnete einen deutlichen Umsatzrückgang (minus 25 Prozent) im Onlinegeschäft.
Die Generalisten verlieren
Es gibt jedoch Gewinner und Verlierer im E-Commerce. Große Marktteilnehmer haben tendenziell Marktanteile verloren, während einige kleinere Unternehmen überdurchschnittlich gewachsen sind. Die Verkäufer von Möbeln und Haushaltswaren (minus 19,2 Prozent), Unterhaltungselektronik (minus 16 Prozent) und die sogenannten Generalisten (minus 8,6 Prozent) verzeichneten die stärksten Umsatzrückgänge.
Im Jahr 2022 verzeichneten die vier größten Online-Shops teils erhebliche Umsatzverluste: Amazon verlor mehr als acht Prozent, Otto fast zwölf Prozent, Media-Markt sogar fast 29 Prozent. Zalando hingegen kam mit einem Minus von vier Prozent vergleichsweise glimpflich davon. Die großen Gewinner unter den Top 20 sind Apple und Breuninger, die jeweils um etwa 18 bzw. 16 Prozent zulegten.
Nach Branchen aufgeteilt verzeichneten Haushaltsgeräte (plus 30,8 Prozent), Lebensmittel und Getränke (plus 15,1 Prozent) sowie Taschen und Accessoires (plus 14,9 Prozent) das stärkste Wachstum.
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