Wer ist vom Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) betroffen?
Das Thema Nachhaltigkeit ist mittlerweile allgegenwärtig im täglichen Leben. Im privaten Umfeld legen immer mehr Menschen Wert darauf, aber auch im Handel nimmt Nachhaltigkeit eine immer größer werdende Rolle ein. So auch im Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG).
Bevor ich Ihnen diverse Informationen zum Gesetz gebe, erhalten Sie vorab zur Begrifflichkeit Nachhaltigkeit ein paar Details: Nachhaltigkeit fußt auf einem Modell mit drei Dimensionen und wurde 1998 von der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags „Schutz des Menschen und der Umwelt“ wie folgt beschrieben: „…die Konzeption einer dauerhaft zukunftsfähigen Entwicklung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Dimension menschlicher Existenz.“ Die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit stehen miteinander in Wechselwirkung und müssen langfristig ausgewogen sein.
Ökologische Nachhaltigkeit beschreibt den weitsichtigen und rücksichtsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen. Eine Lebensweise, die keinen Raubbau an der Natur betreibt und natürliche Lebensgrundlagen nur in dem Maße beansprucht, wie diese sich regenerieren.
Ökonomische Nachhaltigkeit beschreibt die Maximierung des ökonomischen Ertrags bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der benötigten Eingangsressourcen. Die Gesellschaft soll so leben, dass nachkommende Generationen weiterhin ohne Einbußen eine Wirtschaftsweise vorfindet, die dauerhaft betrieben werden kann.
Soziale Nachhaltigkeit beschreibt die bewusste Organisation von sozialen und kulturellen Systemen.
Wann tritt das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz in Kraft?
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz tritt am 01.01.2023 in Kraft.
Für welche Unternehmen greift das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz überhaupt?
Es gilt grundsätzlich für alle Unternehmen mit Sitz in Deutschland. Ab 2023 gilt es für Unternehmen, die mindestens 3.000 Mitarbeiter haben. Ab 2024 gilt es bereits für Unternehmen, die mindestens 1.000 Mitarbeiter haben.
Was ist das Ziel des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz?
Ziel des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ist es, entlang der ganzen Wertschöpfungskette, Menschenrechte einzuhalten.
Hintergrund ist, dass die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen, wie beispielsweise Kinder- oder Zwangsarbeit, immer noch vorherrschen und die globale Beschaffung und Produktion zu Schäden an Umwelt und der Gesundheit führen.
Wo beginnt und endet die Lieferkette eigentlich?
Eine Lieferkette, im englischen Supply Chain genannt, betrifft den ganzen Prozess entlang der Wertschöpfungskette. Von einer Bestellung bis hin zur Lieferung und Bezahlung eines Produkts oder Dienstleistung. Die Lieferkette umfasst auch die Planung, Durchführung und Kontrolle von Aktivitäten, welche in Verbindung stehen, mit Material- und Informationseinfluss, also vom Einkauf der Rohstoffe bis hin zur endgültigen Lieferung des fertigen Produkts an den Endkunden. Das betrifft mehrstufige, vor- und nachgelagerte Verbindungen zwischen verschiedensten Unternehmen. Von der Rohstoffgewinnung, über Veredelungsstufen, bis hin zum Endverbraucher.
Welche Reichweite hat das Gesetz entlang der Lieferkette?
Unternehmen tragen die Verantwortung im Grundsatz über die gesamte Lieferkette hinweg. Die Sorgfaltspflichten gelten jedoch nur für:
- den eigenen Geschäftsbereich
- unmittelbare Zulieferer
- mittelbare Zulieferer, alsbald dem Unternehmen substantiierende Kenntnis über Verstöße vorliegen. Es greift also eine abgestufte Unternehmensverantwortung, je nach Grad der Einflussmöglichkeit eines Unternehmens.
Im § 2, Abs. 7 wird ein unmittelbarer Zulieferer als Vertragspartner benannt, dessen Zulieferungen für die Herstellung des Produkts oder zur Erbringung und Inanspruchnahme der betroffenen Dienstleistungen notwendig sind.
In § 2, Abs. 8 erklärt einen mittelbaren Zulieferer als jedes Unternehmen, das kein unmittelbarer Zulieferer ist und dessen Zulieferungen, für die Herstellung des Produkts des Unternehmens oder zur Erbringung und Inanspruchnahme der betreffenden Dienstleistung notwendig ist.
Welchen Pflichten unterliegen die, vom Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz betroffenen, Unternehmen ab dem 01.01.2023?
- ein Risikomanagement ist einzurichten
- Risikoanalysen sind regelmäßig durchzuführen
- betriebsinterne Zuständigkeiten, für die Achtung der Menschenrechte und für die Kontrolle des Verfahrens, sind festzulegen
- Präventionsmaßnahmen sind zu ergreifen und Maßnahmen zur Abhilfe bei identifizierten Risiken sind sicherzustellen
- ein betriebsinternes oder die Teilnahme an einem externen Beschwerdeverfahren ist ebenfalls sicherzustellen
- die Transparenz in der Dokumentation der Sorgfaltspflichten ist zu gewährleisten
- eine jährliche Berichterstattung der Sorgfaltspflichten ist zu erfüllen
Das Lieferkettenmanagement eines Unternehmens erfolgt durch eine Behörde, welche über die entsprechenden Durchsetzungsinstrumente verfügt. Die zuständige Behörde ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Sie kann:
- die Geschäftsräume eines Unternehmens betreten
- Auskünfte verlangen und Unterlagen einsehen
- Handlungen für die Erfüllung von Pflichten vornehmen
- Zwangsgelder durchsetzen
Was passiert bei Nichteinhaltung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes?
Zivilrechtliche Maßnahmen gibt es keine, aber:
- Zwangsgeld bis 50.000 €
- natürliche Personen mit einem Bußgeld bis zu 800.000 € (bis zu einem Jahresumsatz von 8 Mio.€ Jahresumsatz)
- juristische Personen oder Personenvereinigungen bis zu 2 % vom Jahresumsatz (bei Unternehmen mit mehr als 400 Mio.€ Jahresumsatz)
- sofern Bußgelder von 175.000 oder mehr bereits verhängt wurden, findet ein Ausschluss des Unternehmens, von bis zu 3 Jahren ,bei der Vergabe öffentlicher Aufträge statt
Warum ist es überhaupt zu dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz gekommen?
Der UN-Menschenrechtsrat hat 2011 die UN-Leitprinzipien (UNLP) für Wirtschaft und Menschenrechte auf den Weg gebracht. Darin wurden drei Säulen verabschiedet:
- jeder Staat verpflichtet Unternehmen und Institutionen dazu, politische und rechtliche Rahmenbedingungen, zum Schutz der Menschenrechte und Arbeitsnormen, zu gewährleisten
- um negative Auswirkungen der Unternehmen auf Menschenrechte zu vermeiden, sollen diese ein Verfahren etablieren, damit die Unternehmen ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht auch nachkommen
- ist es zu einer Menschenrechtsverletzung durch ein Unternehmen gekommen, muss den Personen einen Zugang zu staatlichen oder nicht staatlichen Beschwerdestellen ermöglicht werden
Die Bundesregierung hat 2016, zur Umsetzung der UN-Leitprinzipien, einen Nationalen Aktionsplan (NAP) beschlossen. Dieser formuliert einerseits die stattliche Pflicht zum Schutz der Menschenrechte und anderseits die Erwartung an Unternehmen, die Menschenrechte, entlang der Liefer- und Wertschöpfungsketten durch Prozesse, sicherzustellen.
Der Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte hatte von 2017 bis 2020 zum Ziel (für mindestens 50% aller in Deutschland ansässigen Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten), dass Unternehmen Prozesse integriert haben, welche die Anwendung der menschlichen Sorgfaltspflicht sicherstellt.
Die freiwillige Soziale Verantwortung der Unternehmen, im englischen Corporate Social Resposibility genannt, wurde verfehlt. Deshalb die verbindliche, gesetzliche Verpflichtung von menschenrechtlichen und umweltbezogenen Vorgaben, in Form des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.
Auf der Seite des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung können Sie Details zu den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und dem nationalen Aktionsplan nachlesen.
4 Handlungsempfehlungen meinerseits:
- informieren Sie sich ausgiebig zu allen Einzelheiten. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bietet diverse Möglichkeiten dazu
- prüfen Sie, ob Ihr Unternehmen vom Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz tatsächlich betroffen ist oder nicht
- setzen Sie sich bereits heute mit dem Thema auseinander. Insbesondere bei Nonfood Artikeln, da diese rund 1 Jahr im Voraus geordert werden müssen. Lösen Sie erst dann eine Bestellung für Produkte aus, wenn Sie alle Pflichten des Gesetzes definitiv erfüllt haben
- holen Sie sich rechtzeitig Unterstützung. Es gibt diverse Unternehmen, welche sich auf das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz spezialisiert haben (mit einem der Unternehmen habe ich bereits gesprochen)
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