ZDE Podcast 163: Die Zukunft der Kundenbindungsprogramme
Jede:r braut sein eigenes Süppchen – so könnte man die aktuelle Landschaft der Kundenbindungsprogramme zusammenfassen. Überall sammelt die Kundin Punkte, es stapeln sich die Treuepunkte- und die Mitgliedskarten. Geht das nicht irgendwie digital? Und wenn ja: kann man seine Punkte in Zukunft verschenken oder verkaufen? Mit NFT wurde ein Datenstandard geschaffen, der diese Silos verlassen kann. In Zukunft könnten Kund:innen also ihre Punkte in ihrer Wallet – ihrem digitalen Geldbeutel – sammeln. Dorothee Ebert, Partnerin bei KPMG kennt sich mit Kundenbindungsprogrammen aus und teilt im Podcast ihre Einschätzung zum Thema.
Hier einmal zum Nachlesen:
Hallo, Servus und Herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe des „Zukunft des Einkaufens“ Podcast. Mein Name ist Marilyn Repp. Ich beschäftige mich schon seit langem mit Innovation, Trends und Digitalisierung im Handel. Und ich bin nebenbei, neben diesem Podcast sozusagen, auch noch beim Handelsverband tätig. Ich leite dort das „Mittelstand Digital Zentrum Handel“ mit und dort beschäftigen wir uns auch mit Digitalisierung im Handel. Wir unterstützen dort mittelständische Unternehmen kostenlos bei der Digitalisierung. Das Ganze ist finanziert vom Bundeswirtschaftsministerium. Und ja, ich beschäftige mich seit vielen Monaten vor allem mit dem Thema Metaverse Web3 und Blockchain im Handel und gucke da ganz genau hin: welche Chancen gibt es? Aber auch welche Best Practice Cases gibt es aus dem Handel? Was bringt das Ganze gerade auch für Mittelständler? Und wo kann man jetzt schon einsteigen? Innovation im Handel ist also genau mein Thema und man kann mich auch buchen als Speaker für Veranstaltungen. Dazu könnt ihr mir sehr gerne schreiben. Ihr findet auf „Zukunft des Einkaufens“ auch den Kontakt. Und heute geht es um das ganze Thema „Kundenbindung und Kundenbindungsprogramme“. Da liest man ja immer wieder einiges dazu. Es gibt immer neue Auswertungen, welche Zielgruppen überhaupt in Kundenbindungsprogrammen an Bord sind, wie erreicht man welche Zielgruppen und wie sieht dann überhaupt die Zukunft der Kundenbindungsprogramme aus? Darüber spreche ich heute mit einem tollen Gast, nämlich der Dorothee Ebert von KPMG. Sie kennt sich super aus mit dem Thema und wir steigen gleich ein ins Thema. Ganz viel Spaß beim Podcast.
Marilyn Repp: So, dann sage ich Herzlich willkommen, liebe Dorothee. Dorothee Ebert von KPMG. Du bist Partnerin bei KPMG und dort für den Retail Bereich zuständig, aber du kannst dich am besten selbst vorstellen.
Dorothee Ebert: Ja. Danke dir für die Einladung. Genau. Dorothee Ebert mein Name. Ich bin im wohlklingenden Bereich Customer Consulting unterwegs. Das heißt, ich mache alle kundenzentrierten Themen, Customer Experience Themen, Marketing, Vertrieb und das eben seit sehr, sehr langer Zeit im Handel. Auch der eine oder andere Konsumgüterhersteller dazwischen aber, so meine Heimat, ist der Handel. Der deutsche Handel vor allem.
Marilyn Repp: Ja, vielen Dank. Wir möchten uns heute dem ganzen Thema „Kundenbindung, Kundenbindungsprogrammen“ widmen. Wie kommt es dazu? Was ist da so? Oder was habt ihr da irgendwie an Content? Oder begleitet ihr Unternehmen dabei? Wie sieht das aus?
Dorothee Ebert: Ja, genau absolut. Gut, also ich meine, Kundenbindung ist ja im Grunde so, man kann schon sagen, es ist eigentlich so ein bisschen ein alter Hut. Alle beschäftigen sich immer mal wieder mit Kundenbindung, weil jeder natürlich die Zahlen kennt und weiß, dass der Schlüssel in der Loyalität der Kunden liegt. Und trotzdem ist man immer wieder überrascht, wie, ja wie wenig dann teilweise Unternehmen auch wissen über ihre Kunden. Oder was sie dann auch irgendwie an Daten haben oder nicht Daten haben. Und genau das begleiten wir, sowohl einmal in Projekten, den einen oder anderen Händler, das gut zu machen oder vielleicht noch besser zu machen. Und haben natürlich auch immer wieder so gewisse Studien, die wir rausgeben. Jetzt auch gerade wieder ein Consumer Barometer zum Thema Loyalität, weil wir das Thema natürlich auch immer gerne ein bisschen so von der Zahlenseite aufarbeiten. Das ist ja in der DNA einer KPMG ganz tief drin.
Marilyn Repp: Na klar. Und wie sieht es denn jetzt ganz konkret mit den Kundenbindungsprogrammen aus in Deutschland? Also ich habe ja so ein bisschen das Gefühl, diese ganz bekannten Dinger wie Payback oder DeutschlandCard, ist vielleicht auch eher was für die ältere Zielgruppe. Und genau, ist das nur so ein Feeling oder wie sind die Jungen da unterwegs? Die jungen Zielgruppen sind ja immer wichtig, gerade wenn es um längerfristige Bindungen geht. Und genau wie dröselt sich das so auf?
Dorothee Ebert: Ja genau, Kundenbindung in Deutschland ist natürlich auf der einen Seite, also gerade die Programme sind sehr stark dominiert vom LEH und auch von Drogerien. Das ist auch irgendwie logisch, weil das sind natürlich auch die Handelsbereiche, wo du die größte Frequenz hast, wo die Leute sowieso am häufigsten unterwegs sind. Vielleicht auch ein Stück weit großer Wettbewerb und wo es sich natürlich dann einfach auch lohnt, aus Kundenperspektive, sich an solchen Programmen zu beteiligen, weil man auch relativ schnell einen Mehrwert auch daraus ziehen kann. Und da haben wir jetzt die letzten, wie soll ich sagen, die letzte Dekade war das natürlich sehr stark dominiert von den Multi Partner Programmen, du hast das Payback angesprochen und wir sehen aber jetzt so ein bisschen die Entwicklung natürlich stärker zu proprietären Systemen. Also die Schwarz-Gruppe hat da mit der Lidl plus App, aber auch jetzt mit der Kaufland Card, da sicherlich ein Block eingerammt. REWE geht aus Payback raus, macht auch was Eigenes. Aber auch vielleicht Händler aus dem Fashionbereich, wo man es jetzt nicht so erwarten würde, wie ein Kik, machen ihre eigenen Loyalitätsprogramme. Also sprich, da tut sich schon tatsächlich einiges. Die Frage nach dem Alter hattest du gestellt. Wir sehen das in unseren Studien, dass eigentlich zunächst mal Kundenbindungsprogramme von allen Kundengruppen gut genutzt werden. Also auch Jüngere nutzen tatsächlich Kundenbindungsprogramme. Dann aber natürlich eher in der digitalen Form, also Apps oder dann auch Wallets, beispielsweise. Weniger jetzt so die die Plastikkarte, die wir alle noch irgendwie im Portemonnaie kennen. Und es muss halt attraktiv sein. Aber das ist ja, glaube ich eh der Schlüssel für alle Kundenbindungsprogramme, dass sie attraktiv dann auch für die Zielgruppen sind.
Marilyn Repp: Okay, du sagst, es geht in Richtung proprietäre Systeme. Ich wusste nicht, dass man das so nennt. Das bedeutet, dass jeder Händler ein eigenes System macht. Das ist ja super KundInnen unfreundlich oder nicht?
Dorothee Ebert: Ach genau. Also das ist wirklich so ein bisschen ein zweischneidiges Schwert an der Stelle. Aus Kundenperspektive würdest du dir wahrscheinlich eine App wünschen, die du irgendwie einmal vorhälst. Wo du dann alle, also immer überall den besten Preis, das beste Angebot und die beste Experience bekommst. Aus Händlerperspektive dreht sich das natürlich um, weil da hättest du ja sehr gerne die Daten zu deinen Kunden, also Verhaltensdaten, Transaktionsdaten usw. Und die bekommst du einfach nicht in der gleichen Granularität, wenn du Teil in so einem Multi Partnerprogramm bist. Und das ist jetzt glaube ich echt so ein bisschen die Krux, wo auch jetzt der Markt sich so ein bisschen dreht. Wie schafft man es als Händler ein cooles Programm aufzusetzen, was genug Attraktivität bietet, dass der Kunde es nutzt? Weil klar, ich meine, wir alle haben genug Apps auf unserem Handy und genug Plastikkarten irgendwie im Portemonnaie. Da musst du dir schon sehr genau überlegen, ob du da jetzt noch eine brauchst und willst.
Marilyn Repp: Genau. Wie ist das? Geht das dann in Richtung Apps? Also ich muss ehrlich sagen, ich lade mir nicht so gerne Apps runter und die browserbasierten Anwendungen, glaube ich, sind auch auf dem Vormarsch. Siehst du da auch so einen Trend?
Dorothee Ebert: Ja, also man kann eigentlich über die ganze Zeit schon erkennen, dass es eben stärker, also zunächst überhaupt erst mal stärker digitalisiert wird. Wie ich gesagt habe, weg von der Plastikkarte, hin zur App. Wir entdecken aber auch, dass es, und da sind wir jetzt wirklich eher bei den jüngeren Gruppen, die Frage schon so ein bisschen dahin geht: Kann ich das nicht direkt in meinem Wallet haben? Kann ich nicht da so eine Multicard haben, wo dann irgendwie alles gespeichert ist und ich dann jetzt nicht jedes Mal mich einloggen muss und irgendwie Nutzerdaten hinterlegen? Dann kaufst du einmal oder zweimal im Jahr, dann hast du dein Login nicht parat und so. Also das ist tatsächlich, aus Customer Experience Sicht, ist es echt schwierig, da einen guten Weg zu finden, dass der Kunde sehr niedrigschwellig deine Kundenbindungsprogramm benutzen kann, ohne dass du da jetzt dich einfach so einen großen Verband anschließt und am Ende keine Daten bekommst. Aber der Weg ist schon möglich. Also das wirklich so niedrigschwellig wie möglich zu gestalten, vielleicht auch mit einem Login über Andere oder ich weiß nicht, an Apple oder wie auch immer gekoppelt. Da wird ja vieles ausprobiert. Aber das sehen wir schon, beispielsweise jetzt auch in der aktuellen Studie. 41 % der Kundinnen und Kunden da draußen nutzen die Kundenbindungsprogramme nicht, weil es ihnen zu aufwendig ist. Aber ganz klar, das ist einfach ein riesen Schlüssel: macht es den Kundinnen so einfach wie möglich, die Dinger zu nutzen. Ansonsten ist es halt wirklich rausgeschmissenes Geld.
Marilyn Repp: Ja, danke. Also genau so geht es mir irgendwie in meinem privaten Umfeld auch. Ich habe wirklich keine Lust, mir eine App irgendwie herunterzuladen von irgendeinem Händler oder so. Tut mir echt total leid, aber das ist irgendwie wie so ein Eingriff in mein Smartphone. Das möchte ich irgendwie nicht. Und wenn ich direkt einen Vorteil haben kann, wo ich einfach nur den QR Code scanne oder so, dann mache ich das schon viel eher. Und wie du sagst, das ganze Thema Login und ja, dass ich dann da ein Profil anlege, ist auch total überholt meiner Meinung nach. Und es gibt ja inzwischen auch so Login Formate, wo man einfach einen Code zugeschickt bekommt aufs Handy. Du versuchst da reinzukommen, kriegst den Code auf dein Handy oder irgendwie auch in dein E-Mail Postfach und dann bist du drin. Und genau, das ist glaube ich, der Schlüssel, dass es wirklich so einfach wie möglich für die KundInnen gemacht wird.
Dorothee Ebert: Absolut. Ja, ja, absolut. Das ist, glaube ich, ein ganz, ganz großer Punkt. Und da wird sich oft auch zu wenig mit beschäftigt, also wirklich aus Kundenperspektive heraus gedacht. Wann nutzen die das? Wie hoch ist der Vorteil, dass ich das nutze? Und wie niedrigschwellig kann ich sozusagen auch den Zugang gestalten? Das ist ein riesen Schlüssel, der dann wirklich auch diese Nutzung im Kundenbindungsprogramm voranzutreiben. Weil nur dafür machst du es ja. Also für so einen einmal Effekt, sage ich jetzt mal ganz platt, kannst du einfach Marktforschung machen. Es geht ja wirklich darum, kontinuierlich auch zu schauen, was interessiert die Kundinnen, wie ist deren Verhalten, welche Transaktionen werden getätigt, wann wird unter Angebotskonditionen eingekauft, wann zum Normalpreis? Da gibt es ja zig Möglichkeiten, was man dann auch wirklich machen kann. Aber das funktioniert halt nur, wenn es kontinuierlich genutzt wird.
Marilyn Repp: Ja, liebe Dorothee, wir sitzen bald zusammen auf einem Podium und zwar auf der „OMR Onlinemarketing Rockstars“ Fest, auf dem Festival. Und zwar am 9. Mai. Und da geht es um das ganze Thema „Metaverse und Web3 und Blockchain für den Handel“. Und das ist ja auch so ein bisschen mein Thema, das ich so fahre in den letzten Monaten oder im ganzen letzten Jahr eigentlich und so ein bisschen gucke: Was bedeutet denn die Blockchain Technologie für den Handel? Und ich muss dir ehrlich sagen, ich glaube, die Zukunft der Kundenbindung wird laufen über die Blockchain, über die Wallet. Die Wallet ist ja quasi der digitale Geldbeutel und da kann ich quasi, also das ist meine digitale Identität, mit der ich, glaube ich, in Zukunft unterwegs sein werde im Internet. Und wir haben ja jetzt im Moment unterschiedliche Accounts und Passwörter und Identitäten sozusagen. Überall müssen wir uns neu einloggen, da haben wir das Passwort vergessen. Super nervig. Ich habe 1000 Accounts, die ich hier irgendwie managen muss. Und das wird in Zukunft einfacher gehen, wenn wir dann quasi eine Wallet haben, mit der wir unser Abbild, unserer Identität im digitalen Raum. Und mit dieser Wallet können wir dann von Website zu Website gehen und da schleppen wir quasi alles, was wir sind mit oder alle NFTs, die wir haben. Und diese NFTs können eben auch ein Mittel sein, um Kunden und den Handel zusammenzubringen. Siehst du das denn auch so? Und glaubst du auch, wir werden über die Wallet, also Kundenbindung funktionieren lassen? Ich sehe das so. Wie siehst du das?
Dorothee Ebert: Es ist eine schöne Suggestivfrage. Nein, aber ich kann da total zustimmen. Also glaube ich auch, dass die, dass die Entwicklung ganz klar dahin gehen wird. Wir sehen ja auch schon, dass einige damit experimentieren und Erfahrungen sammeln. Starbucks hatte das ja ganz groß angekündigt, auch letztes Jahr, dass das neueste Programm jetzt auch auf NFTs umgestellt wird. Uns Beiden ist, glaube ich, auch der Use Case von Deiters, also dem Kostümverleih, sehr präsent und auch wirklich ein super schönes Beispiel, wie man tatsächlich das Thema Kundenbindung auch nochmal ein bisschen anders denken kann. Das ist auch immer ein bisschen mein Plädoyer, ob wir jetzt von Metaverse sprechen oder nicht, aber wirklich eher aus dem Communitygedanken heraus, aus dem Vernetzungsgedanken, aus dem: Wie kann ich wirklich für meine Kunden auch einen Vorteil schaffen? Und im zweiten Schritt geht es dann darum, irgendwie Rabatte und Coupons und Punkte usw. Und diese Entwicklung, glaube ich, können wir wunderschön mit Web3 oder Metaverse oder wie immer du es nennen möchtest, verbinden. Also, um ehrlich zu sein, das ist ein großes Experimentierfeld im Moment. Ich kann dir jetzt nicht irgendwie die 20 Cases nennen, wo ich sage: und genau da funktioniert die Kundenbindung gerade auf Basis dieser Blockchain Technologie am allerbesten. Aber so wie du es gerade skizziert hast, die Vorteile liegen einfach auf der Hand und es bringt mich auch wieder zu dem Punkt zurück: mach es für den Kunden so einfach wie möglich. Mach es so niedrigschwellig wie möglich, vielleicht so immersiv, also sozusagen, so weit in meine Realität eingebettet wie möglich. Und all das, glaube ich, bietet die Technologie, die du heute einfach nicht hast, wenn du erst ein Plastikkärtchen aus dem Portemonnaie ziehen musst, an irgendeinen Scanner halten und dann im Nachhinein auch ja nicht in real time, sondern zeitversetzt, dann irgendwelche Benefits bekommst. Dann meistens über ein anderes Medium, wieder über dein Handy oder du musst dich irgendwo einloggen, im Internet oder irgendwo am Desktop. Also das ist ja alles noch nicht an dem Punkt, wo man sagt, es ist Teil meiner Lebenswelt und es ist für mich, es gehört einfach dazu, so wie viele andere Dinge auch. Und insofern glaube ich auch daran, dass man wirklich mit Blockchain und allen, sozusagen, anverwandten Technologien, die sich da einreihen, total viele kreative Sachen auch schaffen kann im Bereich der Kundenbindung.
Marilyn Repp: Ja. Du hattest gerade den Deiters Case angesprochen. Für die HörerInnen da draußen, die den nicht kennen. Eine ganz kurze Zusammenfassung. Ich habe mit der Corinna von Deiters auch eine Podcastaufnahme gemacht vor einigen Monaten. Die kann man natürlich gerne nochmal anhören und die verlinke ich auch in den Shownotes. Kurz zusammengefasst: Deiters ist ein mittelständischer Verkleidungsfachhändler, sozusagen, aus NRW. Die haben inzwischen 31 Stores, stationäre Ladengeschäfte, auch ein Onlineshop. Aber die wollten sich eben digitaler aufstellen und haben ein NFT Projekt gestartet, auch um eine Community, eine Party Community, loszutreten. Und auch, um jüngere Zielgruppen zu erreichen. Und das ist wirklich wunderbar geglückt. Die haben einen Club sozusagen gegründet, der heißt „Dressed Ape Costume Club“. Total witziger Name, finde ich. Und da kann man sich eben ein NFT kaufen und dann ist man Teil der Community. Und der Händler hat eben die Vorteile, wie gesagt, jüngere Zielgruppen zu erreichen, eine total aktive Community zu haben, die sich total aktiv untereinander austauschen, die zum Beispiel auch Feedback, ausführliches Feedback zum Sortiment geben, von sich aus Sortiments Vorschläge in den Channels machen und auch von sich aus diskutieren, wo der neue Store eröffnet werden soll, also welche Locations da vielleicht geeignet sein könnten. Also wirklich tolles Feedback aus der Community und die Konversionsrate ist sehr hoch bei diesen Communitymitgliedern. Wer noch mehr Einblicke haben will, wie gesagt gerne in den Podcast hören. Aber das finde ich, ist schon echt ein tolles Beispiel und es ist wirklich sehr erfolgreich, das kann man sagen, glaube ich, jetzt nach einem Jahr. Dieser Case ist wirklich gut gelaufen und es macht Spaß, sich das anzugucken, gerade weil es mittelständischer Händler ist. Das finde ich auch immer so spannend. Die meisten großen Innovationsthemen kommen ja dann doch auch immer eher von größeren Unternehmen und deswegen finde ich es immer cool, wenn Kleinunternehmen bei so was starten. Dorothee, wir haben noch ein zweites Thema, was ich gerne mit dir ansprechen möchte. Ich interviewe ja hier beim „Zukunft des Einkaufes“-Podcast ausschließlich Frauen. Das hat einen Grund, weil ansonsten natürlich die Männer immer die größere Bühne haben, sage ich mal und du hast ein Buch geschrieben rund um das Thema. Vielleicht kannst du das noch mal kurz skizzieren. Wie heißt das? Worum geht’s?
Dorothee Ebert: Ja, genau. Ich habe ein Buch geschrieben, das nennt sich „Nie mehr Ladies first“. Also mit einer ganz leichten Ironie auch im Titel drin. Und es dreht sich im Grunde um das Thema „unconscious bias“. Also ich erkläre das gleich einmal, was sich dahinter verbirgt. Und hat viel mit der Frage zu tun „Warum kommen wir eigentlich in der ganzen Gleichberechtigungsdebatte nicht wirklich weiter, obwohl wir so viel machen?“ Und mein Verständnis jetzt über die letzten Jahre, mache ja sehr viel Einblick in sehr, sehr viele Unternehmen da draußen, Händler und Andere. Und es ist einfach, dass es unheimlich viele Bemühungen gibt, gerade jetzt auch Frauen beispielsweise in Führungspositionen zu bringen. Es gibt Mentorenprogramme, es gibt Coachings, es gibt Quoten, es gibt wahnsinnig viel. Und trotzdem, wenn wir uns mal die Zahlen angucken, ist es jetzt nicht so, dass wir da jetzt unbedingt euphorisch ausrasten müssten. Ja, es ist immer, es stagniert noch auf einem sehr niedrigen Niveau. Wir sehen ein paar Entwicklungen, aber round about sind wir immer so bei ungefähr 20 % Frauen in Führungspositionen. Und ich habe mir die Frage gestellt: „Warum ist das eigentlich so?“ Ich habe das Gefühl, dass schon die meisten Unternehmen verstanden haben, dass Diversität wichtig ist und Diversität natürlich auch weit über Gender hinweg. Aber dass es wichtig ist. Das Thema ist erkannt, es ist omnipräsent, wenn du so möchtest, in allen Diskussionen. Und trotzdem passiert so wenig. Und ich bin dann eigentlich immer mehr auf das Thema gekommen. Es liegt gar nicht so sehr an den bewussten Themen, also das, was wir aussprechen können, sondern es liegt unheimlich viel in unserem Unterbewusstsein. Wir werden alle mit bestimmten Stereotypen sozialisiert. Was können Frauen gut, was können Frauen nicht so gut? Was können Männer super, was können Männer nicht so gut? Und es geht schon ganz, ganz früh los in der Kindheit. Und diese Stereotypen, die schleppen wir dann alle mit uns mit. Und damit meine ich jetzt ganz bewusst Männer und Frauen. Also das heißt, wir haben alle eine ganz konkrete Vorstellung davon, was das eine Geschlecht besonders gut macht und nicht so gut macht. Und leider sind diese Stereotypen oft darauf abgezielt, dass Frauen, wird Führung etwas weniger zugetraut. Frauen werden oft assoziiert mit Assistenztätigkeiten. Also ich wette an alle Frauen da draußen, dass jeder oder jede schon mal ans Flipchart gebeten wurde mit dem netten Hinweis, dass sie ja bestimmt die bessere Handschrift hat, die hübschere Handschrift. Das sind alles so Punkte. Und ganz ehrlich und das ist mir wichtig, ich glaube, keiner, der das in dem Moment ausgesprochen hat, hat das Böse gemeint. Das ist nicht irgendwie in dem Moment gesagt worden, um die Frau irgendwie zu diskreditieren, sondern das ist unterbewusst tatsächlich die Meinung. Und übrigens denken das auch ganz viele Frauen, dass sie die hübschere Handschrift haben und deshalb es total logisch ist, dass sie irgendwie ein Protokoll schreiben. Oder am Flipchart mit malen und genau da wollte ich ran. Und was ich jetzt gemacht habe, ist im Grunde eine Sammlung von, man kann es so ein bisschen nennen, Anekdoten, Dingen, die mir aber auch vielen Frauen, mit denen ich gesprochen habe, aufgefallen sind. Und habe das einmal so ein bisschen aufgearbeitet. Hab jeweils geguckt, aus der wissenschaftlichen Perspektive, welche „unconscious bias“, also welche kognitive Verzerrung, welcher Stereotyp verbirgt sich eigentlich dahinter? Und was können wir besser machen? Was können wir tatsächlich machen, damit wir diese „unconscious bias“, diese Stereotypen überwinden? Und dann in der Debatte und auch im Handeln einfach weiterkommen?
Marilyn Repp: Du sprichst den Handel an. Wie siehst du die Branche so insgesamt hier aufgestellt? Ich nehme den Handel immer als relativ konservative Branche wahr.
Dorothee Ebert: Ja und sie ist halt immer noch sehr männlich. Das muss man ganz klar sagen. Dann ist dein Podcast ja da eine Ausnahme und eine Bubble, in der man sich befindet. Aber auch da, ich finde, der Blick auf die Zahlen hilft an der Stelle einfach immer wieder. Wir haben am Ende des Tages im Handel auch nur ungefähr 20 % Frauen in Führungspositionen. Und wenn du ins Topmanagement schaust, dann sind es so ungefähr 14. Das heißt, da sind wir in guter Gesellschaft von mittelständischen Unternehmen im Dax siehts ja mit Quote usw. ein ganz klein bisschen besser aus. Aber per se ist die Führungsstruktur und die Geschlechterverteilung sehr ähnlich, wie sonst auch in der deutschen Wirtschaft. Was ich allerdings frappierend finde ist, an sich ist Handel ja ein relativ weibliches Thema. Es gibt ja Studien, die sagen, dass bis zu 80 % der Konsumentscheidungen von Frauen getroffen werden. Weil ja auch viele Konsumentscheidungen für Männer oder mit Männern am Ende ja irgendwie von Frauen auch mit getroffen werden. Und das finde ich total interessant, dass dann trotzdem in der Branche die Branche nicht auch in ihrem in ihrer Führungsstruktur schon viel weiblicher ist.
Marilyn Repp: Verkäuferinnen gibt es wahrscheinlich schon häufiger als Verkäufer?
Dorothee Ebert: Ja, ja, genau das. Das ist aber auch wieder was Klassisches, was wir auch in vielen anderen Branchen sehen: Welche Berufe werden eher weiblich assoziiert? Und da gehört tatsächlich dann auch Verkäuferinnen dazu, die sind empathischer, die können sich besser einfühlen in die Kundin, die sind dann vielleicht auch näher dran usw. Ob das so ist oder nicht, müsste man wahrscheinlich auch mal wissenschaftlich erheben. Aber das ist, das ist tatsächlich so. Deshalb gucke ich eben auch im Moment sehr stark auf das Thema Führung und Führungsmannschaft. Und die ist ja nach wie vor eben sehr männlich dominiert.
Marilyn Repp: So, wie bekommen wir denn jetzt die Männer dazu, dein Buch zu lesen? Ich könnte mir vorstellen, dass dann doch auch eher Frauen das lesen, weil sie sich halt davon betroffen fühlen. Weil sie diese Geschichten alle kennen, die du da wahrscheinlich zum Besten gibt. Ja, und wie bekommen wir jetzt die Männer dazu, das zu lesen?
Dorothee Ebert: Ja, gute Frage. Ich glaube, dass tatsächlich alle Frauen die es gelesen haben, vielleicht das einfach mal an ein, zwei Männer weitergeben. Ich habe also, was mir ganz wichtig war bei dem Buch, ich will da jetzt nicht mit erhobenem Zeigefinger irgendwie stehen und sagen: so Leute, so läuft das alles nicht und ihr bösen, bösen Männer usw. Das ist überhaupt nicht die Idee. Und so ist das Buch auch nicht geschrieben. So ist auch nicht die Tonalität. Und die Männer, die es gelesen haben, und es sind doch schon einige, die haben mir das auch tatsächlich zurückgespielt, dass sie wahnsinnig viele Aha-Momente in diesem Buch hatten. Also Dinge, über die sie so noch gar nicht nachgedacht haben. Dinge, die sie dann auf einmal entweder zu Hause diskutiert haben, die sie mit ihren KollegInnen diskutiert haben, im Führungskreis diskutiert haben, weil sie auf einmal merken, es ist ja keine Wahrnehmung da gewesen für diese Punkte. Ich habe den Titel ja bewusst auch genannt „nie mehr ladies first“, weil eins dieser schönen Beispiele ist: Warum müssen eigentlich immer die Vorstellungsrunden mit den Frauen beginnen? Also warum immer Ladies first? Ich weiß, dass man das Gefühl hat, es ist was wahnsinnig Höfliches. Ja, und wir sind ja alle so sozialisiert worden, man oder die Meiste, man hält der Frau die Tür auf, man lässt der Frau den Vortritt. Und natürlich ist es sehr höflich, dann auch der Frau sozusagen die Möglichkeit zu geben, sich zu erst vorzustellen in den Vorstellungsrunden. Was jetzt vielleicht im Privaten auch total nett ist, führt aber im Business so ein bisschen dazu, dass du die Frauen immer ein Stück weit ausklammerst aus der aus der Runde. Und du machst schon direkt zu Beginn von so einer Vorstellungsrunde das Geschlecht zum Thema, obwohl es eigentlich gar keins ist. Also am Ende ist es ja völlig irrelevant, wer die Vorstellungsrunde beginnt. Aber du bist immer irgendwie ein bisschen die Andere und ich habe also absurdeste Situationen erlebt, was diese Vorstellungsrunden angehen. Wo du erst mal ein, zwei Frauen sich vorstellen lässt. Meistens sind sie ja auch gar nicht so viele im Call und danach geht es irgendwie nach Hierarchie oder umgekehrt Hierarchie oder wie auch immer. Also da gibt es eine andere Logik. Das heißt aber, dass die Geschäftsführerin sich irgendwie zuerst mit der Praktikantin zusammen vorgestellt hat, weil Frau, und dann kommt irgendwie die richtige Vorstellungsrunde nach Hierarchie. Und es ist irgendwie absurd. Und was tatsächlich mir einige Herren auch zurückgespielt haben, ich habe das Beispiel gebracht: Wenn es doch wirklich höflich wäre und es wirklich ein reiner Ausdruck von Höflichkeit, dann könnte man doch auch mal einer anderen Gruppe irgendwie den Vortritt lassen. Dann könnte man doch auch mal irgendwie sagen: ich bitte jetzt erst mal alle, alle Farbigen oder jetzt erstmal alle Schwaben oder? Also sprich, ich würde ja auch sonst auch keine andere Gruppe rausstellen. Und ich finde, solche Beispiele bringe ich eben in dem Buch, um so ein bisschen aufzuzeigen, dass man bestimmte Dinge vielleicht einfach sein lassen und damit schon ein gutes Stück weiterkommen. So, und ich würde mich tatsächlich wirklich sehr freuen, wenn es noch viel, viel mehr Männer lesen, weil die diese diese Aha-Momente, genau das möchte ich erzeugen. Ich will keinem sagen, wie er jetzt hier sein Leben zu leben hat und was er zu tun hat. Ich möchte einfach nur dafür sensibilisieren, dass manche Sachen, auch wenn sie gut gemeint sind, oft den gegenteiligen Effekt haben. Und ich merke das auch jetzt in meinem Umfeld, also ich werde selten gebeten, Ladies first noch mal mich vorzustellen und das ist ja schon mal ein kleiner Schritt in die richtige Richtung.
Marilyn Repp: Ein kleiner Effekt, den du da schon ausgelöst hast. Ich muss mir das Buch noch holen und durchlesen. Vielen Dank noch Mal für die Erinnerung an der Stelle. Und, liebe Dorothee, wir sind jetzt auch schon am Ende angekommen. Ich möchte mich sehr herzlich bedanken für diesen Einblick in das Thema Kundenbindung und Kundenbindung in der Zukunft und auch in das Thema Führung der Zukunft. Wir arbeiten Beide dran, dass sich der Frauenanteil gerade im Handel in Führung erhöht. Und ja, möchtest du noch was sagen?
Dorothee Ebert: Also vielen Dank, wie gesagt, für die Einladung. Hat mir viel Spaß gemacht. Und genau, lasst uns gemeinsam schauen, wie wir noch mehr Frauen in Führungspositionen im Handel bringen. Ich glaube, wir sind auf einem sehr guten Weg. Vielleicht um das auch noch abschließend zu sagen. Es war, glaube ich auch, die Zeiten waren nie so gut für Frauen, auch Karriere zu machen, vor allem auch im Handel Karriere zu machen. Und es muss aber trotzdem noch das eine oder andere passieren, dass wir von der wirklichen Gleichberechtigung sprechen können.
Marilyn Repp: Vielen Dank, liebe Dorothee, dass du heute da warst im Podcast.
Dorothee Ebert: Ich danke dir.
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Shownotes
ZDE Podcast 147: Deiters hat die Kundenkarte der Zukunft
KPMG Consumer Barometer: Loyalty Apps
Dorothee Ebert: Nie mehr Ladies first
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