Der größte Irrtum bei Innovationen im Handel
Jetzt muss ich aufpassen: Ruckzuck lande ich mit diesem Beitrag in der Rubrik „Alter weißer Mann, der immer alles schlecht redet und eh nicht mehr in unserer Zeit lebt“. Das weiß ich, ist mir aber auch egal, denn ich rede hier nicht von zeitgemäßen Innovationen, sondern von Menschen.
Wir starten mit einem Rückblick
Fangen wir mal mit einem Thema an, das ein wenig skurril klingt: Mit Retail Archäologie. Was ist damit gemeint? Nun, wir schauen uns einmal Projekte an, die im Handel bereits mehrfach umgesetzt wurden und leider keine Kunden begeistern konnten. Wir haben selber, als Verantwortliche für Innovationen bei dem seinerzeit größten Händler Europas, ganz viel dazu beigetragen. 2008 (Ja, bereits 14 Jahre her) wurden Themen wie Mobile- und Fingerprint-Payment, Einkaufen mit dem Handy, verschiedenste Self Checkouts und RFID im Frische- und Fleischbereich umgesetzt. Hier mal ein Eindruck, was damals über 60.000 Besucher aus über 40 Ländern in das angegliederte Besucherzentrum des Future Stores zog:
Leider sind wenige dieser Entwicklungen in den Jahren danach umgesetzt worden, manche bis heute noch nicht. Wir haben uns lange gefragt, warum das so ist und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass wir Lösungen entwickelt haben, weil sie gehen. Nicht, weil die Menschen Sie wollten.
Ein Umdenken war dringend nötig
Die Erkenntnis hat bei uns zu einem Umdenken geführt: Wir brauchten dringend Erkenntnisse aus der Wissenschaft, warum Menschen Innovationen akzeptieren und wie man sie erfolgreich an den Start bringt. So sind wir losgelaufen, haben uns mit sehr vielen Neurowissenschaftlern zusammengesetzt und mit ihnen mögliche Vorgehensweisen entwickelt.
Wichtiger aber: Wir konzentrieren uns immer an den Bedürfnissen der Menschen, denn das sind die Grundlagen für die Bedarfe, die daraus entstehen. Seitdem ist unser oberstes Gebot die Methode GMV. Sie steht für gesunden Menschenverstand und ist auch im Namen unseres Unternehmens verankert, mit der wir Innovationen im Handel begleiten: Die gmvteam GmbH.
Neue Wege, neue Macher
Seitdem betrachten wir die Lösungen, die möglich sind, aus einem vollkommen anderen Blickwinkel: Welche Bedürfnisse von Menschen werden damit angesprochen. Hilfreich dabei kann die Limbic Map® sein, die eine erste Leitlinie darstellt. Seit dem wir die Menschen und ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellen, ist jedes Konzept erfolgreich multipliziert worden.
Täglich grüßt das Murmeltier
Jetzt kommt der angekündigte „Alte Mann Effekt“: Ich komme oft in Kontakt mit Gründern, die mit viel Enthusiasmus Konzepte entwickelt haben. Das reicht von intelligenten Shopping Cart (Hui, wieder ganz aktuell, hier ab min. 18:00 bereits vor 20 Jahren erprobt), über digitale Screens zur Conversion Optimierung bis hin zu Marktplatzlösungen, die angeblich Amazon das Fürchten lehren. Millionen von Förder- und Investorengeldern finanzieren mittlerweile sehr seltsame Dinge.
Da wir lange schon im Business sind fällt uns dann schnell auf, dass es so etwas bereits schon mal gab. Dann erfolgt unser Hinweis auf die notwendige Retail.Archäologie mit der Frage, was man denn nun besser macht als die Entwickler damals, um nicht genau so zu enden. Blöde Frage, will keiner Hören, muss aber beantwortet werden.
Auch die Großen begehen diesen Irrtum
Ich war vor Kurzem auf einer Konferenz, auf der ein Vertreter einer großen Handelskette das gesamte Innovationsportfolio vorgestellt hat. Alles schon mal gesehen, nur bunter und mit besseren Folien als damals. Ich habe es aus verständlichen Gründen vermieden, die vorgenannte Frage zu stellen.
Zusammengefasst muss ich feststellen, dass sich in dem Innovationsbereich in dem Thema der Kundenzentrierung nicht viel getan hat. Lösungen werden umgesetzt, weil sie gehen. Und weil man sie will – egal, ob der Kunde sie überhaupt akzeptiert.
Machts Besser!
Beitragsbild von Gerd Altmann auf Pixabay
Hallo Frank,
manches war damals vielleicht auch einfach zu früh dran und die Shopper waren noch nicht so weit. Aber in Großen und Ganzen hast du recht. Nur – für neue Entscheider sind halt auch die Fehler die bereits gemacht wurden neu ;-). Schade nur, wenn andere mit Ihren Arbeitsplätzen diese Fehler „finanzieren“.
viele Grüße
Stimmt Gerald! Eines meiner größten Erkenntnisse war: Ist das jetzt der richtige Zeitpunkt? Aber wie gesagt: Manchmal führt einen eine Recherche zu dem, der es schon mal gemacht hat. Wenn man mit diesen Menschen dann spricht, kennt man die Hindernisse und kann diese umgehen. Es bleibt also spannend!