Die 3 wichtigsten Einsatzbereiche, um den Point of Sale mit digitalen Komponenten zu verbinden
Händler sind nicht länger die Versorger der Nation, sondern stehen vor der Herausforderung in volle Regale verkaufen zu müssen. Erlebniseinkaufen war das neue Buzzword der letzten Jahre und hat sich vielerorts langsam in die Köpfe eingebrannt. An jeder Ecke bemühen sich Händler, Erlebnisräume auch durch Digitalisierungen zu schaffen, um am Ende vor einem finanziellen Mount Everest zu stehen. Dabei sind Sie ausgerüstet mit einem einfachen Seil und einer Spitzhacke.
Die Frage nach dem richtigen Weg ist nicht leicht zu beantworten. Sicher ist jedoch, dass man mit schnellen, unüberlegten Schritten und sturer Durchsetzungsgewalt nicht nur schnell die Puste verliert, sondern auch schlussendlich keinen Millimeter vorankommt. Sowohl physisch, als auch digital. Das ganze Prinzip der Digitalisierung kann nur dann den Weg frei machen, wenn das Gesamtbild betrachtet wird und das besteht nicht darin wahllos los zu digitalisieren, sondern ein synergetisches System aufzubauen, dass langfristig und nachhaltig agiert und auf der Verkaufsfläche unterstützt.
Um das Konzept der synergetischen Digitalisierung, bestehend aus den Bereichen Backstore, Frontstore und digitalem Marketing, zu verstehen, ist es besonders wichtig, die Kund*innen in den Vordergrund zu stellen und rückwirkend zu erarbeiten, welche Technologien am Point of Sale eine effektive Lösung erbringen.
1. Die Basis für ein digitales Gesamtkonzept beginnt fern ab des Point of Sales
Für jeden erfolgreichen Aufstieg ist die richtige Ausrüstung maßgebend. Und trotzdem bevorzugen viele weiterhin mit Seil und Spitzhacke loszuziehen. Dabei bietet die Digitalisierung heutzutage einen vielfältigen und weitreichenden Markt, um sich eine sichere Basis aufzubauen. Dazu gehört der Umschwung zum digitalen Backoffice.
Trotz verfügbarer Technologien zur Reduzierung oder vollständiger Vermeidung von Papier halten immer noch über 80% der Unternehmen an veralteten Ablagesystemen fest und besetzen somit wertvolle Ressourcen, die ganz neue Arbeitsstrukturen und finanzielle Ersparnisse freischalten würden. Allein 3% des Umsatzes eines Unternehmens geht für Druck- und Ablagevorgänge verloren. Darin nicht mit einbezogen sind die Kosten des Papiers selbst, Ablage, Versand und Aufbewahrung. Es zeigt sich deutlich, dass die Zeit die Mitarbeiter mit unproduktiven Papierprozessen verschwenden, dem Unternehmen viel Geld kosten
Diese langwierigen manuellen Prozesse reduzieren die Effizienz der Betriebsabläufe und vermindern die Kontrolle über Dokumente: Es entstehen Verzögerungen und Fehler, wenn Papierdokumente zwischen wichtigen Unternehmensbereichen wie Beschaffung, Buchhaltung, Vertrieb und Personalwesen (HR) hin- und herbewegt werden. So kann bereits ein kleiner Fehler beim Abheften, zu noch längeren Verzögerungen führen. Ein Umstieg zum digitalen Backoffice kann nur jedem ans Herz gelegt werden.
Eine weitere große Entwicklung, die sich auf internationaler Ebene im Handel herauskristallisiert, ist das Thema rund um Retail Analytics. Schon die diesjährige EuroShop hat gezeigt wie wichtig es für Händler ist, zu wissen wann, wo und wie Kund*innen Ihre Zeit auf der Ladenfläche verbringen. Einfache, datenschutzkonforme Technologien ermöglichen es diese Zählungen vorzunehmen, um die generierten Daten anschließend mit den Informationen aus dem Warenwirtschaftssystem abzugleichen und somit eine kundenorientierte Produktplatzierung vorzunehmen und Erfolgsquoten von Events oder Aktionen zu kontrollieren. Das bietet nicht nur dem Kunden ein besseres Einkaufserlebnis, sondern minimiert auch unnötige Ausgaben.
2. Frontstore Technologien als Basis für modernen Handel
Die Frontstore Technologien sollten vor allem auf den Kunden ausgelegt sein und den Faktor Convenience (Bequemlichkeit) in Kombination mit Erlebnis am Point of Sale bedienen. Eine Umfrage von bitkom hat ergeben, dass sich von den 1.087 Internetnutzern ab 16 Jahren, 73 Prozent der Deutschen mehr digitale Technologien beim Einkaufen im stationären Handel wünschen.
Vorreiter sind da das freie WLAN (40 Prozent), Loyalitäts- und Bonusprogramme (37 Prozent) sowie Echtzeit-Informationen auf Smartphones, die zeigen welche Produkte in einem Geschäft gerade vorrätig sind (35 Prozent). Auch das Thema Nachhaltigkeit führt zu einem gesteigerten Interesse der Kund*innen mehr über die Herstellungs- und Produktionsbedingungen zu erfahren (28 Prozent). Mithilfe von QR-Codes lassen sich diese Informationen am besten hinterlegen. Dies lässt sich vor allem mit Augmented Reality Lösungen, die ebenfalls auf QR Codes basieren, verbinden. Somit können größere Waren von Kund*innen über Smartphones visualisiert und sogar mit nach Hause genommen werden. Das spart Platz im Laden und bietet eine extra Absicherung für Kund*innen vor dem Kauf. Gleichzeitig reduzieren sich die Rückgaben durch Fehlkäufe.
Was heutzutage jedoch immer mehr Zuspruch aufgrund des hohen Convenience Faktors gewinnt, sind Paymentsysteme die das kontaktlose Bezahlen ermöglichen. Diese NFC-fähigen POS-Terminals können die ganze Bandbreite an Trägermedien (Smartphone, Smartwatch, Debit- oder Kreditkarte) auslesen. Einzige Voraussetzung ist, dass Bezahlsysteme wie beispielsweise girocard, Mastercard oder Visa im Geschäft akzeptiert werden. Das verschafft den Vorteil eines schnellen, einfachen und hygienischen Bezahlvorgangs und verringert die unbeliebte Wartezeit an der Kasse.
3. Generierung der relevanten Aufmerksamkeit durch digitales Marketing
Die dritte Komponente der synergetischen Digitalisierung umfasst das digitale Marketing. Das muss nicht zwangsweise nur im digitalen Raum stattfinden, sondern kann auch durch Displaywerbung an öffentlichen Orten und somit offline geschehen. Da es aber schlussendlich um die Messbarkeit aller Maßnahmen geht, empfiehlt sich die Umsetzung eher im Web. Der wohl wichtigste Faktor ist hier SEO – die Suchmaschinenoptimierung. Eine Onlinepräsenz wird neben dem physischen Geschäft schon sehr lange dringend empfohlen, allerdings muss die Webseite auch gut zu finden sein.
Nun besitzt auch heutzutage noch nicht jeder Ladeninhaber eine eigene Webseite, und das ist auch gut so. Besonders für kleine Einzelhändler, sind Aufwand und Kosten für ein solches Unterfangen komplett kontraproduktiv und ergeben langfristig weder Nutzen noch Gewinn. Jedoch gibt es dafür schon einige Jahre lang eine einfache Lösung: das Google My Business Profil. Nach einem ähnlichen Prinzip wie Facebook kann man eine Geschäftsseite kostenlos anlegen und somit seine Onlinepräsenz regelmäßig mit aktuellen Kurzmeldungen über Produkte und Aktionen stärken.
Eine ebenso einfache Lösung zur Erstellung einer kleinen Webseite bietet die E-Commerce-Software von Shopify. Innerhalb weniger Tage kann mit einfachen Einstellungen schnell ein Onlineshop erstellt und gleichzeitig über Social-Media-Kanäle Produkte angeboten werden. Diese einzigartige Social Media Implementierung gibt es in dieser Form bis jetzt nur bei Shopify.
Wer noch einen Schritt weiter gehen möchte, hat über Google Local Inventory sogar die Möglichkeit seine Produkte bei Suchanfragen direkt anzeigen zu lassen. Über 70 Prozent der Einkäufe werden online vorbereitet. Konkret: Der Kunde gibt in das Google Suchfeld seinen Kaufwunsch ein und in der Regel erscheinen in den Suchergebnissen die Onlineangebote der großen Pure Player.
Seit gut 2 Jahren bietet Google mit Local Inventory die Möglichkeit, auch als kleiner Händler ohne Onlineshop, als lokaler Anbieter zu erscheinen. Genau dann, wenn der potenzielle Kunde einen Kaufwunsch äußert, zeigt man ihm, dass er seinen Wunsch in wenigen hundert Metern Entfernung erfüllen kann. Dafür muss der Händler allerdings ein wenig Zeit investieren und seine Bestände und Preise abgleichen.
Mit der richtigen Kombination ans Ziel
Um die synergetische Digitalisierungsmethode erfolgreich umzusetzen, sollten alle drei Aspekte mit individuell ausgewählten Technologien abgedeckt werden. Nur wenn alle Digitalisierungsmaßnahmen aufeinander aufbauen, sind sie sinnvoll eingesetzt. Somit können sich Einzelhändler eine gute Basisausrüstung im Backoffice zurechtlegen und mit den Frontstore-Technologien und dem digitalen Marketing eine auf Kund*innen ausgelegte Roadmap erarbeiten, die den Aufstieg zum Gipfel noch vor allen anderen möglich macht.
Artikel zuerst erschienen in: InsightX
Über die Autorin: Stefanie Otto arbeitet als Junior Projektmanagerin mit Spezialisierung im Bereich Handel und Retail Technology bei der gmvteam GmbH, der Düsseldorfer Innovationsagentur für Handel und Stadtentwicklung.
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