Der Kunde bestimmt – Handel in 2025 (3)
Die Art und Weise, wie wir einkaufen und mit dem Handel interagieren, hat sich in den letzten zehn Jahren völlig verändert. Und die Art und Weise wird sich in Zukunft weiter verändern. Wie werden wir dann im Jahr 2025 einkaufen? Wie sieht das Kundenerlebnis dann aus? Eine Antwort auf diese Fragen ist aber jetzt schon klar: Der Kunde bestimmt – Handel in 2025.
Vielfältige Produktauswahl und zahlreiches Händlerangebot
Konsumenten*innen sind heute schon „smarte Könige“. Nie war die Produkt- und Händlerauswahl vielfältiger als heute. Dabei adäquate Angebote zu machen, ist für Produkt- und Markenhersteller und Händler eine neue Herausforderung. Die Zeiten, in denen Markenhersteller primär ihre Alleinstellungsmerkmale herausstellen konnten, um bei potenziellen Käufern*innen zu punkten, sind zu Ende.
Der Kunde bestimmt: Unzufrieden? Der nächste Händler steht bereit
Der Kunde*in kann jederzeit zu einer Alternative greifen, wenn er mit dem Händler unzufrieden war. Werden die Erwartungen von Käufern*innen an den Ablauf ihres Kaufs enttäuscht, bleibt das nicht ohne Folgen: Das Angebot an Marktplätzen und Geschäften ist mittlerweile so groß, dass der Kunde*in jederzeit zu einer Alternative greifen kann, wenn er mit einem Anbieter unzufrieden war.
In der kommenden Zeit wird nur der Händler erfolgreich sein, der sein Angebot im Hinblick auf Zeitersparnis (Comfort), zusätzlichen Komfort (Convenience) und Erlebnis (Experience) für die Käufer*innen verbessert. Und das gilt Online wie Offline. Doch das ist leichter gesagt als getan, unterscheiden sich doch die Bedürfnisse der Kunde*innen, die sich heute nicht mehr einfach in homogene Zielgruppen aufteilen lassen.
Der Kunde bestimmt: unterschiedliche Shopping- und Einkaufstpyen
Weil sich Kunden*innen heute nicht mehr in identische Profile und Wünsche einsortieren lassen, unterscheidet sich auch ihr Kaufverhalten abhängig von Produkten, Kanälen und Händlern. Es ist bei Beauty und Gesundheit anders als bei Spielzeug und wiederum anders beim Heimwerkerbedarf. Für den Händler bedeutet das: Wer seine aktuellen und zukünftigen Kunden kennt, kann sie persönlich ansprechen und an sich binden. Allerdings besteht die Herausforderung darin, die aktuellen und zukünftigen Kunden genau zu analysieren und sie dann so persönlich wie möglich anzusprechen. Dabei kann es helfen, Kunden*innen anhand ihrer Einkaufsgewohnheiten in Gruppen zu unterteilen, obwohl die Typisierung auch von Einkaufssituation zu Einkaufssituation variieren kann. Diese Typisierung ist unabhängig davon, ob der Kunde*in stationär oder online einkauft.
Der treue und zuverlässige Bestandskunde
Der zuverlässige Bestandskunde ist der „Liebling“ des Händlers. Er setzt sich stark mit den Produkten, Aktionen und Angeboten des stationären Geschäftes auseinander, kauft gerne und regelmäßig ein und hat sogar den Newsletter abonniert oder liest den wöchentlichen Handzettel des Händlers. Daher ist der treue Bestandskunde auch einer der wichtigsten Umsatztreiber. Doch auch er muss bei Laune gehalten werden, um nicht langfristig das Interesse zu verlieren. Gewinnspiele und kleine Belohnungen für Newsletter-Abonnenten oder auch personalisierte Angebote können dabei helfen. Auch eine zeitliche Bevorzugung funktioniert sehr gut: Bekommt er einen Rabattcode per Newsletter vor den anderen Käufern*innen, fühlt er sich wertgeschätzt. Er möchte auch persönlich mit Namen angesprochen werden – im Geschäft wie auch bei der elektronischen Kommunikation – und zugeschnittene Empfehlungen anhand seiner letzten Käufe und seines Surfverhaltens bekommen.
Der Spontan- und Impulskäufer
Der Spontankäufer steigt häufig über Suchmaschinen-Anzeigen direkt auf der Produktdetailseite ein und kauft “spontan”, also nur bei einem guten Angebot. Oft kennt er das Geschäft vorab nicht, aber das bedeutet nicht, dass er kein Interesse daran hat. Auch als Inspirationsquelle für zukünftige Käufe nutzt er Online-Shops gerne. Wer diesen Kunden länger im Shop halten will, muss besondere Maßnahmen anwenden. Zum Beispiel: Den Einstieg über Shopping-Anzeigen: So können auf der Produktdetailseite zusätzliche Produkte gezeigt werden, die zum Kauf anregen oder eben genau das Angebot bieten, nach dem er gegebenenfalls gar nicht direkt gesucht hat. Um ihn letztendlich an den Shop zu binden, kann ihm beim Ausstieg noch ein Newsletter-Abonnement angeboten werden.
Der Wiederkäufer
Er liebt es, Zeit in Geschäften zu verbringen und sich inspirieren zu lassen. Er schaut eigentlich nur, ist aber gewillt zu kaufen, wenn ihm etwas gefällt, was er sieht. Mal kauft er etwas, dann wieder längere Zeit nicht. Der Wiederkäufer ist zwar mit dem Geschäft vertraut, kauft jedoch dort nur unregelmäßig ein. Wie lässt sich der Wiederkäufer zu Käufen animieren? Das funktioniert am besten über das Anzeigen von Neuheiten, beliebte Produkte oder der zuletzt gekauften oder auch angesehenen Produkte sowie dem Vorschlag passender Upselling-Produkte. Auch die Ausgabe und Nutzung einer Kundenkarte kann zu vermehrten Käufen anregen. Hinzu können Werbekampagnen, die an den Kunden*innen geschickt werden, dabei helfen ihn fester an das Geschäft zu binden.
Der informierte Produktexperte
Der informierte Produktexperte weiß genau, was er will, ist zielorientiert und verlangt ein Geschäft, der ihm schnell das Gewünschte bereitstellt. Er ist über die Produkte, die er kaufen will, bestens informiert. Teilweise sogar besser als der Händler selbst. Für ihn stehen die Produkte, nicht der Kauf im Vordergrund. Der informierte Produktexperte recherchiert sehr viel über die Produkte, vorzugsweise online. Er liest Produktbewertungen, Kommentare und Rezensionen in sozialen Medien oder in den Online-Shops und recherchiert in Foren und Diskussionsgruppen. Um einen Produktexperten in das stationäre Geschäft zu locken, helfen informative Artikelbeschreibungen auf der Webseite des Händlers, aber auch Verkäufer im Geschäft, die er als Produktexperten akzeptiert. Eine längerfristige Binding kann über persönliche Produktempfehlungen, Weiterempfehlungen von anderen und Produktbewertungen erfolgen.
Der Schnäppchen- und Angebotsjäger
Er liebt Angebote und Rabatte. Er kauft günstig ein und vergleicht ständig die Preise der Artikel. Wo immer ein Schnäppchen wartet, ist er nicht weit. Er hat keine Bindung zu einem speziellen Geschäft. Er nimmt sich Zeit nach den besten Deals zu suchen. Gleichwohl lässt er sich über geschickt in der Vordergrund gestellte Preisreduzierungen, Gutscheine oder Coupons zu Kauf animieren. Auch „Nimm 3, Zahl 2“-Aktionen können ihn dazu animieren, den Vorteil beim Kauf mitzunehmen.
Multioptionales Kaufverhalten dominiert
Bei ein und demselben Kunden*in können mehrere Verhaltensmuster auftreten. Er kann in verschiedenen Einkaufssituationen gestresst, gehetzt, reizüberflutet, emotionsgeladen, neugierig, interessiert, ausgabefreudig, preissensibel, spontan oder verzweifelt sein. Dadurch wird das Einkaufen und der Konsumententyp für den Händler und Verkäufer instabil und nicht vorhersehbar. Es kann in unterschiedlichsten Situation in verschiedene Richtungen gehen. Die Käufer*innen nutzen es als eine Art der Selbstinszenierung. Es ist heute modern, individuell zu sein, verschiedene „Gesichter“ zu haben und sich unterschiedlich zu geben.
Kenntnis der Kunden*innen wird immer wichtiger
Um Kunden*innen zu Stammkunden oder zu Wiederkäufern zu machen, bedarf es ganz klar einer personalisierten Ansprache. Kundenindividuelle Angebote zu schneidern, bindet diese langfristig. Händler sollten deshalb die Kunden*innen und die Customer Journey kennen und wissen, an welchen Touchpoints ihre Kunden*innen welche Service erwarten.
Dem Handel bieten sich hierzu vielfältige Möglichkeiten: Er muss nur die entsprechenden Daten auswerten. Kundenbedürfnisse lassen sich aus Kaufhistorie, Angaben zu Umtausch und Reklamationen oder aus Anfragen herausfiltern. 91 Prozent der Konsumenten sind eher geneigt Marken von Herstellern zu kaufen, die relevante Angebote und Empfehlungen erkennen, erinnern und liefern. Markenhersteller müssen weg von Kommunikation hin zu Dialog und Gespräch.
Steigende Anzahl von Touchpoints in der Customer Journey
Allerdings kommt für den Handel – für den Kunden ein Vorteil – erschwerend hinzu, dass die Zahl der möglichen Touchpoints bei der Einkaufsreise (Customer Journey) gestiegen sind. Käufer*innen können sich auf den unterschiedlichsten Wegen inspirieren lassen: Sie nutzen Preis- und Produktsuchmaschinen, bummeln durch Einkaufszentren, sehen im Fernsehen einen Werbespot, finden eine Broschüre in einem Magazin, erhalten ein Mailing. Hinzu kommen in der digitalen Welt konstant neue, noch nie zuvor dagewesene Touchpoints hinzu.
Eine umfangreiche Beschreibung von neuen Touchpoints und im Rahmen der Customer Journey bietet das Buch „Digital Connection: Die bessere Customer Journey mit smarten Technologien – Strategie und Praxisbeispiele„.
Der Kunde bestimmt: Individualisierung ist Trumpf
Das heißt, das sich das Umfeld, in dem sich der Kunde*innen bewegt, sich ständig verändert, zunehmend komplexer und interaktiver wird. Kunden haben unterschiedliche Bedürfnisse entlang der Customer Journey und innerhalb des Kundendialogs. Unterschiedliche Touchpoints müssen mittels differenzierter Kommunikationsstrategien bedient werden. Dies alles jedoch ohne das alte und teilweise immer noch genutzte „Prinzip Gießkanne“. Sprechen wir heutzutage von einer erfolgreichen Customer Journey, dann sprechen wir vor allem von einer individualisierten, relevanten Kommunikation und Kundeninteraktionen zur richtigen Zeit am richtigen Ort mit der richtigen Nachricht. Für eine Marke beziehungsweise einen Händler ist es wichtig, in den unterschiedlichsten Situation präsent und greifbar zu sein. Dementsprechend wächst die Chance, aus einem potenziellen Konsumenten einen realen Kunden zu machen, mit der Zahl der Kanäle, auf denen der Händler beziehungsweise die Marke präsent ist. Omnipräsenz ist gefragt.
Personalisierte Angebote regen zum Kauf an
Wenn die Kunden personalisiert umworben werden, führt das zu einer stärkeren Kauffrequenz. Weiterhin achten die Kunden*innen dann weniger auf den Preis. Zur Individualisierung und Personalisierung gehört aber auch der Mensch, sprich der Verkäufer*in im stationären Einzelhandel. Dort spielt der Kunde als Mensch noch eine Rolle. Das macht den stationären Einzelhandel einzigartig und menschlich. Diesen Wettbewerbsvorteil auch tatsächlich auszuspielen ist der große Vorteil des Einzelhandels.
Zukünftiges Einkaufserlebnis steigert den Einkaufskomfort
Laut einer Studie von Elastic Path wünschen sich 67% der Käufer*innen sich eine Einkaufserfahrung, die den Einkaufskomfort steigert. Die technologische Zukunft ist längst in allen Lebensbereichen angekommen, in Form von Voice-Commerce, SMS-Zahlungen, Chatbots und Augmented Reality. Und die Käufer sind bereit, sie anzunehmen und zu nutzen.
Aber Einzelhändler können nicht einfach Technologien einsetzen und dabei nicht die Problembereiche der Kunden*innen beim Einkauf lösen:
- Lange Kassenschlangen: 57% der Kunden*innen erleben dies, aber nur 35% der Händler glauben, dass es ein Problem ist
- Produkte sind nicht vorrätig: 55% der Kunden*innen erleben dies, aber nur 39% der Händler glauben, dass es ein Problem ist
- Lange Wartezeiten im Kundenservice: 42% der Kunden*innen erleben dies, aber nur 36% der Händler glauben, dass es ein Problem ist
- Nicht hilfreiche/nicht informierte Mitarbeiter: 38% der Kunden*innen erleben dies, aber nur 20% der Händler glauben, dass es ein Problem ist
- Lieferung am selben Tag (75%)
- Die Möglichkeit, von einem Mobiltelefon zu kaufen (63%) und die Möglichkeit, von einer Smartwatch zu kaufen (50%)
- Amazon Alexa Unterstützung (56%)
Die Erwartungen des zukünftigen Kunden haben wir auch in dem Beitrag „New Retail: Was sich die Kunden vom stationären Handel wünschen“ beschrieben.
Der Kunde bestimmt: Mehr Kaufbereitschaft bei mehr Service
Das Experience-Zeitalter hat begonnen und der Kunde*in bestimmt. Wenn der Handel und die Markenunternehmen nicht in der Lage sind, die Kundenbedürfnisse durchgängig online und offline umfassend zu erfüllen, werden sie geschäftlich verlieren, im schlimmsten Fall alles. Mangelnde Anpassung an Markterfordernisse bringen immer wieder Marken zu Fall, wie zum Beispiel das Verschwinden von Toys R Us zeigt.
Käufer*innen haben in den letzten Jahren mehr Einfluss und Macht gewonnen – und werden diese nicht mehr zurückgeben. Käufer*innen werden immer anspruchsvoller. Die Messlatte für ein hervorragendes individuelles Kundenerlebnis, die Customer Experience, wird immer höher. Wer dieses erfüllt, wird belohnt. Händler, die nicht nur Services von der Stange anbieten und liefern, werden einen höheren Umsatz generieren. Service und die Priorisierung der Kundenbedürfnisse bilden für große und kleine Händler einen Wettbewerbsvorteil von wachsender Bedeutung. Denn Kunden*innen, die nach dem Kaufabschluss eine durchgängig positive Erfahrung machen, behalten die Marke und den Händler in guter Erinnerung – und kommen gerne wieder.
Weitere Beiträge zum Handel in 2025
Das Thema Handel in 2025 erscheint in einer Reihe von Artikeln. Sie beleuchten das Thema aus verschiedenen Perspektiven:
- Die Generationenlücke – Handel in 2025 (1)
- New Retail aus China – Handel in 2025 (2)
- Mit allen fünf Sinnen Einkaufen – Handel in 2025 (4)
- Individualität und Nachhaltigkeit bestimmen den Handel in 2025 (5)
- Showrooming, Abos und Services bestimmen den Handel in 2025 (6)
- Erlebnis-Einzelhandel bestimmt den Handeln in 2025 (7)
Trackbacks & Pingbacks
[…] Der Kunde bestimmt – Handel in 2025 (3) […]
Ihr Kommentar
An Diskussion beteiligen?Hinterlassen Sie gern einen Kommentar!