ZDE Podcast 106: Zoll leicht gemacht für importierende Händler mit Janine Lampprecht
Sie werden immer mehr: nicht nur nationale, sondern auch internationale Paketsendungen. Was bedeutet das für den internationalen Handel? Wie kann ich auch als kleiner Händler oder Händlerin Waren importieren? Zolltarifnummer, Zertifikate, Genehmigungen – Janine Lampprecht, Geschäftsführerin von Grenzlotsen bringt Licht ins Dunkel.
Außerdem spricht Handelsexpertin Marilyn Repp mit ihrem Podcast-Gast über die Digitalisierung des Zolls. Wie digital ist der Zoll? Wohin geht die Reise?
Außerdem Thema im Talk: ab 1.7.2021 gibt es eine Gesetzesänderung. Die Zollfreigrenze bis 22 Euro wird nämlich abgeschafft. Ziel der Maßnahme: Mehrwertsteuerbetrug soll verhindert und damit ausländische und inländische Versandhändler gleichgestellt werden. Was das für die Zukunft des internationalen Paketaufkommens und für den Handel in Deutschland bedeutet erklärt Janine Lampprecht im Zukunft des Einkaufens Podcast.
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Globalisierter Handel: Zoll und Import
Ein sommerliches Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe des Zukunft des Einkaufens Podcast. Mein Name ist Marilyn Repp. Ich beschäftige mich mit Innovation, Digitalisierung und Trends im Handel und heute beschäftigen wir uns mit dem weitreichenden Thema globalisierter, weltweiter Handel mit dem Schwerpunkt Zoll und Import.
Ab dem 1. Juli 2021 gibt es eine Gesetzesänderung, über die wir heute sprechen werden. Pakete mit Kleinstmengen unter 22€ müssen dann elektronisch verzollt werden. Das betrifft also dutzende von Millionen von Sendungen und wir werden hier heute darüber sprechen, wie auch kleinere Händlerinnen und Händler in diesen Prozess einsteigen können, wie sie Waren importieren, wie das Ganze funktioniert, also wie erstelle ich zum Beispiel eine Zolltarifnummern. Es gibt Zertifikate und Genehmigungen, alles was das bürokratische Herz begehrt. Und wir werden auch darüber sprechen, wie digital die Zollprozesse heute schon sind und wo die Reise dann auch in Zukunft hingeht. Es werden ja nicht weniger Pakete, sondern immer mehr. Und einen Überblick über alle diese Themen und auch einen Einblick in die Prozesse, die gemacht werden müssen, wird uns hier Janine Lampprecht geben. Sie berät nämlich mit ihrem Unternehmen Händlerinnen und Händler die importieren und sie gibt Einblicke, worauf man hierbei achten muss.
Marilyn Repp: Janine Lampprecht, hallo.
Janine Lampprecht: Hallo, herzlich willkommen.
Marilyn Repp: Du bist Gründerin und Geschäftsführerin der Grenzlotsen. Das finde ich ist ein sehr passender Name, da hier so ein bisschen gelotst wird, durch den Dschungel der Regulieren rund um das Thema Zoll und Einfuhr. Bitte stelle dich einfach einmal selbst vor und sag ein paar Worte zu deiner Gründung, deinem Unternehmen.
Janine Lampprecht: Grenzlotsen ist in der Tat ein besonderer Name. Bevor ich mich 2013 selbstständig gemacht habe, war ich im Bereich Luftfahrt im mittelständigen Unternehmen tätig und habe dort auch Import, Export und Zoll gemacht, und wollte einen anderen Namen als Import, Export oder Außenwirtschaftsconsulting. Der Name ist dann durch einen Wettbewerb entstanden. Mein Mann sagte damals, dass wenn ich einmal über Grenzen hinaus international tätig sein wolle, doch einen englischen Namen benötigen würde. Ich habe damals gelacht und gesagt, dass ich froh sei, wenn ich ein bisschen Beraten und Unternehmen unterstützen kann. Letztendlich hat er doch Recht behalten, da wir in den letzten Jahren doch größer geworden sind, auch über Grenzen hinaus, und für englischsprachige Kunden der Name Grenzlotsen etwas befremdlich ist. Ganz grob helfen wir Unternehmen, Waren über die Grenzen zu bringen. Ob Händler, Produzenten, also über all dort, wo Waren über die Grenzen gehen helfen wir und wollen das Ganze möglichst einfach und ohne Ärger und Verzögerung gestalten. Das machen wir mittlerweile mit 14 Kolleginnen und Kollegen. Wir wollen jedoch noch weiter wachsen und die Zollprozesse digitalisieren, welche oft noch sehr Papier lastig und wenig digital und dadurch oft langwierig und mit Ärger verbunden sind und zu Verzögerungen führen.
Marilyn Repp: Wenn ich jetzt als kleiner Händler, kleine Händlerin sage, da gibt es in Asien etwas, was ich importieren und hier auf dem Markt verkaufen möchte. Auf was muss ich da achten, wenn ich ganz blauäugig da einsteige?
Janine Lampprecht: Also ich glaube zum Einen ist natürlich, wenn man explizit Asien nimmt, sicherzustellen, dass die Qualität ausreichend ist. Mein Cousin beispielsweise, der ebenfalls selbstständig ist und Kinderrutschen importieren wollte, hatte weniger Probleme mit dem Import, als dass die Qualität der Produkte zu wünschen übrig ließ. Wo wir unterstützen und Schwierigkeiten sehen ist alle Daten für den Import zu haben. Dazu zählt zum Beispiel die Zolltarifnummer und wie bestimme ich diese. Denn danach bemessen sich zu zahlende Steuern und Zölle. Besonders bei Lebensmitteln gibt es Zertifikate, Beschränkungen und Genehmigungen die man im Vorfeld einholen muss. Damit man also weiß, was für Kosten auf einen zukommen, ist es wichtig, diese Daten zu sammeln und richtig zu verarbeiten.
Marilyn Repp: Hört sich jetzt erst einmal sehr komplex an und eher etwas für größere Unternehmen oder wie siehst du das?
Janine Lampprecht: Viele große Unternehmen haben natürlich Zollabteilungen, die sich ausschließlich darum kümmern. Unsere Idee ist tatsächlich, dass wir es auch kleineren Unternehmen einfacher machen wollen und wenn man sich wirklich im Vorfeld über so ein paar Eckpfeiler Gedanken macht, auch wenn es sich nach viel anhört, also wenn man es präventiv macht, ist es garnicht so aufwendig und kompliziert. Wenn die Daten dann so aufbereitet sind, dass man in den folgenden Prozessen profitieren kann, dann sinkt auch der Aufwand bei weiteren Importen.
Marilyn Repp: Klingt wie immer. Wenn man einmal im Prozess drin war und es einmal gemacht hat, dann verliert der Berg plötzlich an Höhe und Unüberwindbarkeit und dann bekommt man das gut hin und fragt sich, warum man so viel Angst davor hatte. Aber so ist das immer mit Herausforderungen im Leben, aber ihr unterstützt und begleitet da professionell. Vielleicht kannst du noch ein paar Worte zu dem Thema Paketaufkommen sagen. Wir leben in einer globalisierten Welt, in der immer mehr importiert und exportiert wird, alles vernetzt sich und wird digitaler. Welche Problematiken gehen damit einher?
Janine Lampprecht: Also es gibt ja jetzt zum 1. Juli eine Gesetzesänderung, dass auch Sendungen mit Kleinstmengen unter 22€ elektronisch verzollt werden müssen. Und da ist es tatsächlich so, dass da ein wahnsinniger Anstieg von Paketsendungen erwartet wird. Man rechnet dort mit circa 150 Millionen Sendungen unter 22€, die dann alle zusätzlich elektronisch abgefertigt werden müssen. Das ist alleine schon auf Grund der Massen eine Herausforderung und dazu kommen dann so Dinge, dass zum Beispiel die Datenqualität schlecht ist und Sendungen beim Zoll hängen bleiben, auf Grund unsauberer Daten. Ich glaube da ist auch auf allen Seiten eine sehr große Unsicherheit, wie das wirklich ablaufen soll. Also sowohl auf Seiten der Zollverwaltung, als auch bei den entsprechenden Wirtschaftsbeteiligten. Auch den eCommerce wird es treffen, da viele Privatkunden sich Waren auch aus China bestellen, die alle elektronisch durch den Zoll abgefertigt werden müssen mit Zollanmeldung. Das wird sicherlich zu Problemen führen, zu Verzögerungen, dass die Pakete nicht rechtzeitig ankommen und dafür gibt es noch keine guten digitalen Lösungen. Auch da versuchen wir gerade mit unseren Ideen weiter zu digitalisieren, zu überlegen, wie man da Lösungen schaffen kann. Die Komplexität besteht glaube ich darin, dass es so viele Beteiligte in diesen Prozessen gibt, die man unter einen Hut bringen muss und auch der Staat, beziehungsweise die Behörden als beteiligte Schnittstelle mit drin hängen, was es nicht einfacher macht.
Marilyn Repp: Du hast das Thema Digitalisierung angesprochen. Wie digital sind denn die Prozesse da überhaupt schon und was meinst du, wie es sich da in Zukunft entwickeln wird? Normalerweise ist es ja so, dass staatliche Stellen bisher noch nicht so durchdigitalisiert sind und es noch nicht so richtig flutscht. Wie sieht es da beim Zoll aus?
Janine Lampprecht: Ich würde auch sagen, dass es da viel zu tun gibt und viel Potenzial für Lösungen gegeben ist. Was glaube ich gerade in der Branche viel versucht wird ist mit Technologien wie künstlicher Intelligenz Daten automatisiert zu überprüfen. Und auch in Unternehmen wird versucht auf Basis von Regeln gewisse Abläufe zu verbessern, so dass beispielsweise Zolltarifnummern gezielter vergeben werden können und die Prozesse beschleunigt werden.
In der Summe ist noch wahnsinnig viel zu tun. Wenn ich jetzt als Privatperson zum Beispiel bei Amazon eine Sendung bestelle, sehe ich nicht transparent, ob es aus einem Drittland kommt und was für zusätzliche Kosten anfallen. Das bleibt eine Überraschung und über 30% der Leute bestellen nicht über ausländische Onlineshops, da diese Transparenz fehlt, mit welchen Abgaben zu rechnen ist. Dazu kommt noch, dass dieser Verzollungsprozess für Privatperson eine Hemmschwelle ist, wenn sie dann mit einem Zettel aus dem eigenen Briefkasten zum Zollamt müssen, um dort zu bezahlen oder es der Postbote direkt an der Haustür verlangt. Das ist einfach nicht zeitgemäß, wo doch heute schon sehr viel über Paypal und Co. abgewickelt wird. Da muss sich einiges tun und ich denke da wird sich auch einiges bewegen, aber eben durch diese unterschiedlichen Beteiligten und viele Regularien ist eine hohe Komplexität gegeben. Bin ich beispielsweise ein Händler mit Sitz in den USA und einem Onlineshop und möchte etwas direkt aus China nach Deutschland liefern lassen, kann ich dies nicht selbst nach Deutschland importieren, sondern benötige einen Vertreter, der für mich vor der Zollverwaltung in Haftung geht.
Marilyn Repp: Ja da sind wir jetzt schon im internationalen Außenwirtschaftsrecht, das ist wahrscheinlich auch noch einmal ein weites Feld für Händler. Was sagst du zu Plattformen wie beispielsweise Wish, auf denen extrem viel Ware sehr günstig bestellt werden kann, die dann doch nicht ganz den Erwartungen entspricht?
Janine Lampprecht: Also genau die werden eben auch von dieser gesetzlichen Änderung zum 1. Juli 21 stark betroffen sein, denn hier wird gesagt es gibt eine Wettbewerbsverzerrung, wenn die 2€ Handyhülle nicht versteuert wird und unter Umständen auch keine Zollgebühren erhoben werden. Aber aktuell würde diese Handyhülle, weil sie dann eben durch diesen Zollanmeldeprozess muss, neben den 19% Einfuhrumsatzsteuer und Abgaben noch Nebenkosten mit sich bringen, die eben so teuer wären, weil dieser Prozess noch nicht so einfach und automatisiert funktioniert. Da gibt es dann Dienstleister und es muss angemeldet werden und damit wird es immer unattraktiver, diese Produkte zu bestellen oder zumindest wird sich dort jetzt was tun auf Grund dieser gesetzlichen Änderung.
Marilyn Repp: Ja es gibt ja natürlich auch viele schwarze Schafe, die diese Abgaben umgehen, was weitgehend auch funktioniert. Gerade im Onlinehandel gibt es viele Händler, die sich nicht an die Vorgaben halten, aber in Konkurrenz treten und somit eine Wettbewerbsverzerrung hervorrufen. Das wird eine große Herausforderung für das Thema Digitalisierung, aber es dauert alles sehr lang.
Janine Lampprecht: Gefühlt ja. In der Branche Zoll in der ich unterwegs bin versuchen viele Lösungen zu schaffen und Dinge auszuprobieren, aber es scheint noch sehr schwierig zu sein, obwohl es immer wieder gute Ansätze gibt. Insbesondere aber diese Zollabwicklung, der Zollabwicklungsprozess, da wird es noch etwas zäh. Ich sehe das Ganze jedoch als Chance und als Ansporn, da mitzumachen. Wir selber als Grenzlotsen haben letzten Jahr operativ Zollanmeldungen für Kunden strategisch mit dazu genommen, da wir die operativen Abläufe erleben wollen und aus diesem Ärger und dem Tagesgeschäft, mit allen seinen Ecken und Kanten, Stück für Stück gute Ideen entwickeln möchten, um diese Abläufe zu digitalisieren. In erster Linie wollen wir damit eine Lösung für uns selber schaffen, also ein digitales Produkt bei dem wir sagen können, dass das gut funktioniert, dies aber dann auch anderen Zolldienstleistern zur Verfügung stellen. Mein Ansatz ist jedoch der zu sagen, dass ich am besten aus dem eigenen Tagesgeschäft digitalisieren kann.
Marilyn Repp: Sehr schön. Dann wir haben wir ja schon einmal einen Blick in die mittelfristige Zukunft geworfen. Auch beim Zoll wird alles digitaler und hoffentlich auch einfacher und verständlicher, auch für kleinere Händler, werden.
Janine Lampprecht: Wie auch eingangs gesagt sollte man, wenn man weiß, dass man über eine Grenze geht, das Thema Zoll nicht als große Sorge ansehen, wenn man ein paar Punkte beachtet und eine gute Datenstruktur aufbaut. Dann wird es auch nicht kompliziert oder bleibt im Zoll stecken, denn meistens bleibt es stecken, wenn der Zoll sagt, er könne mit der Warenbeschreibung nichts anfangen oder er zweifle den Wert oder die Zolltarifnummer an.
Marilyn Repp: Das ist doch ein ganz tolles Schlusswort gewesen. Liebe Janine, vielen Dank für deinen Beitrag heute und ich wünsche euch alles Gute für euren weiteren Weg in der digitalen Zollwelt und auch für eure Dachmarke und die verschiedenen Lösungen, die ihr entwickelt.
Janine Lampprecht: Vielen Dank. Hat mich sehr gefreut.
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